Titel: | Ueber Curcumin, den Farbstoff der Curcumawurzel; von F. W. Daube. |
Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. XCII., S. 359 |
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XCII.
Ueber Curcumin, den Farbstoff der Curcumawurzel;
von F. W. Daube.
Aus den Berichten der deutschen chemischen
Gesellschaft zu Berlin, 1870, Nr. 11.
Daube, über den Farbstoff der Curcumawurzel.
Der Farbstoff der Curcumawurzel ist bisher noch nicht im reinen Zustande dargestellt
worden; man bezeichnete mit dem Namen Curcumin einen gelb färbenden, harzartigen
Körper von wenig charakteristischen Eigenschaften.
Es ist mir jetzt gelungen, reines krystallisirtes Curcumin darzustellen, und gebe ich
nachstehend die Methode der Darstellung und die Eigenschaften des reinen
Körpers.
Die gröblich zerkleinerte Curcumawurzel wird zunächst durch einen starken Dampfstrom
von dem ätherischen Oel befreit, mit heißem Wasser gewaschen, so lange sich dieses
noch färbt, abgepreßt und getrocknet. Die in dieser Weise gereinigte Wurzel wird mit
siedendem Benzol ausgezogen; man bedient sich dazu am zweckmäßigsten eines größeren
Mohr'schen Extractionsapparates, der einer Temperatur
nahe dem Siedepunkte des Benzols ausgesetzt wird. Die heiße benzolische Lösung
scheidet beim Erkalten lebhaft orangerothe Krusten von Rohcurcumin aus. –
Eine besondere Schwierigkeit zur Gewinnung des letzteren liegt darin, daß das
Curcumin in Benzol nur sehr wenig löslich ist, 1 Theil davon bedarf 2000 Theile
Benzol zur Lösung, es ist jedoch die Anwendung des Benzols nicht zu vermeiden, weil
nur darin die in der Wurzel noch befindlichen harzigen Körper unlöslich sind. Was
man bisher als Curcumin bezeichnete, ist ein Gemenge von reinem Curcumin mit
mehreren Harzen. – Die Krusten von Rohcurcumin werden auf Fließpapier
abgepreßt und in kaltem Weingeist aufgenommen, wobei kleine Mengen eines gelben
flockigen Körpers zurückbleiben. Die filtrirte Lösung wird mit einer weingeistigen
Lösung von Bleiacetat gefällt; dabei löst sich aber ein großer Theil der
Bleiverbindungen in der freiwerdenden Essigsäure; zweckmäßig setzt man deßhalb
vorsichtig BleiessigBieiessig zu, so aber, daß die Lösung noch schwach sauer reagirt. Der ziegelrothe
Niederschlag von Bleicurcumin wird mit Weingeist gewaschen, in Wasser vertheilt und
durch einen Strom Schwefelwasserstoff zerlegt. Dem Schwefelblei wird dann der
Farbstoff durch siedenden Weingeist entzogen und die weingeistige Lösung langsamem
Verdunsten überlassen.
In dieser Weise dargestellt, bildet das Curcumin Krystalle, die, soweit sich über
dieselben ohne Messung ein Urtheil abgeben läßt, dem orthorhombischen System
angehören. Es sind prismatische Formen, an welchen man die Flächen eines Prismas von
circa 100° stumpfen Winkel wahrnimmt, dessen
spitze Ecken durch die Flächen eines steilen Brachydomas abgestumpft sind. Diese
Flächen stellen sich zur Hauptachse unter einem Winkel von ungefähr 42°, zwei
Hemiflächen unter sich neigen sich also unter circa
84° zusammen. An einigen Krystallen, besonders an dünnen, sind diese
Domenflächen nur schwach ausgebildet, so daß. ein großer Theil der scharfen
Seitenkanten noch erübrigt, gegen welche sie sich herunterneigen; an anderen
Krystallen sind diese Domenflächen länger ausgebildet, und es erscheint der Rest der
scharfen Seitenkanten etwas gebogen. Die Krystalle haben scharf ausgebildete Kanten,
spiegelglatte, perlmutter- bis diamantglänzende Flächen, sind entweder
einzeln oder zu Büscheln gruppirt, haben einzeln bei durchfallendem Licht eine
tiefweingelbe bis bernsteingelbe Farbe, die sich jedoch bei auffallendem Licht und
dichter gefurchten Krystallen wie orangegelb ausnimmt. Bei auffallendem Lichte nimmt
man unter dem Mikroskop einen schön blauen Lichtschein wahr, ähnlich dem des
Orthoklas, Mondstein von Ceylon oder des Mikroklin von Frederikswärn. Bei Anwendung
der Polarisation zeigt sich während der Kreisdrehung des oberen Nicols außer der
gelben Farbe kein Wechsel; dreht man bei gekreuzten Nicols die Krystalle auf dem
Objectträger in ihrer eigenen Ebene, so sieht man daß sie während einer Kreisdrehung
viermal hell und viermal dunkel werden. Daraus geht zur Genüge hervor, daß die auch
schon ohne Polarisation ganz rein aussehenden Krystalle mechanisch homogen sind und
jeder einzelne derselben wirklich nur je ein Individuum ist, nicht etwa ein
Aggregat, da sonst die Erscheinungen sich so ergeben müßten, wie sie von H. Fischer
H. Fischer, kritische, mikroskopische,
mineralogische Studien. Freiburg 1869, S. 63. beschrieben werden.
Die bekannten Fluorescenzerscheinungen der Curcumatinctur wurden an einer Lösung von
reinen Curcuminkrystallen eingehender beobachtet. Bei Untersuchung der Lösung im
prismatischen Spectrum zeigte sich das auf der freien Oberfläche der Lösung
aufgefangene Spectrum weit über H hinaus verlängert. Vom
rothen Ende des Spectrums bis gegen F hin bleiben die
Farben des auffallenden Lichtes unverändert; von da an bildet das durch
Curcuminlösung modificirte Spectrum einen graugrünen Streifen, auf welchem die
Linien H und die dem ultravioletten Theil des Spectrums ungehörigen
L, M, N, u. f. w. mit großer Deutlichkeit sichtbar
sind. Bei der prismatischen Zerlegung des modificirten Spectrums zeigte sich in der
Zusammensetzung des graugrünen Streifens, der an Stelle der blauen, violetten und
ultravioletten Strahlen auftritt, wenig Roth, während das blaue Ende fast ganz
verschwindet. Dieses secundäre, abgeleitete Spectrum entspricht am meisten dem von
Uranglas, während bei der Vergleichung mit einer nach Goppelsröder bereiteten Morinlösung die letztere sich dadurch
unterscheidet, daß das Ende deutlicher sichtbar ist.
Das Curcumin ist nicht sublimirbar; bei 165° C. beginnt es zu schmelzen und
wird in höheren Temperaturen zersetzt. Die besten Lösungsmittel für Curcumin sind
Weingeist und Aether; ein weniger gutes, aber sehr charakteristisches Lösungsmittel
ist, wie oben angeführt, das Benzol. Concentrirte Mineralsäuren nehmen wenig
Curcumin auf, aber lassen es nicht unverändert. In Alkalien löst sich der Farbstoff
mit lebhaft rothbrauner Farbe und wird durch Säuren wieder ausgefällt. Kalk-
und Barytverbindungen erzeugen rothbraune Fällungen.
Die Bleiverbindung, dargestellt durch Fällen einer alkoholischen Curcuminlösung mit
weingeistigem neutralem Bleiacetat, ist ein feurigrother Niederschlag, der sich
leicht in Essigsäure löst und durch einen Kohlensäurestrom langsam zersetzt wird,
auch schon bei der Darstellung theilweise Zersetzung erleidet. Die übrigen
Metallverbindungen ähneln der Bleiverbindung.
Die Elementaranalysen von über Schwefelsäure unter der Luftpumpe getrockneten
Krystallen ergaben im Mitel:
Kohlenstoff
67,90 Proc.
Wasserstoff
5,70 „
Sauerstoff
26,40 „
––––––––––
100,00
Diese Resultate lassen sich in die Formel C¹⁰H¹⁰O³
kleiden, welche erfordert:
C¹⁰
67,42 Proc.
H¹⁰
5,62 „
O³
26,96 „
––––––––––
100,00
Von der oben beschriebenen Bleicurcuminverbindung wurden mehrere Bleibestimmungen
nach verschiedenen Methoden gemacht; es konnte jedoch nicht mit Sicherheit daraus
auf das Moleculargewicht des Curcumins geschlossen werden. Einige Bestimmungen näherten sich der
Formel: C²⁰H¹⁸PbO⁶. Durch Einwirkung verdünnter
heißer Salpetersäure auf Curcumin erhält man Oxalsäure. Natriumamalgam entfärbt eine
weingeistige Lösung vollständig.
Die mit reinem Curcumin erzeugten Farbenreactionen sind, wie zu erwarten stand,
reiner und lebhafter als die der Curcumatinctur. Zur Prüfung der bekannten
alkalischen Reaction der Curcuma mit den Krystallen bedient man sich am besten eines
damit gefärbten (kalkfreien, schwedischen) Papieres. Lösungen von Alkalien erzeugen
braunrothe Färbungen, die beim Trocknen einen Stich in's Violette annehmen. Wäscht
man die durch Alkali veränderten Papiere mit verdünnten Säuren, so tritt immer,
einerlei durch welches Mittel die alkalische Reaction erzeugt wurde, das
ursprüngliche Gelb wieder hervor. Es bleibt nicht, wie früher angegeben wurde, eine
schmutzig olivengrüne Färbung zurück; die Beobachtung einer solchen mag daher
rühren, daß die Curcumatinctur außer reinem Curcumin noch harzige Körper enthält,
die eine derartige, durch Säuren nicht entfernbare Färbung zeigen. Die Farbänderung
des Curcuminpapieres durch Borsäure ist durchaus verschieden von der durch Alkalien
bewirkten, mehr noch die sie begleitenden Eigenschaften. Befeuchtet man
Curcuminpapier mit Borsäure, so tritt, und zwar erst nach dem Trocknen, eine
lebhafte rein orangerothe Färbung auf. Hat man das Curcuminpapier vorher angesäuert,
so ist die Borsäurefärbung dunkler. Es rührt dieß daher, daß verdünnte Mineralsäuren
beim Eintrocknen auf Curcuminpapier eine schwärzliche Färbung geben, nicht aber
dieselbe Färbung wie mit Borsäure. Wäscht man durch Borsäure verändertes
Curcuminpapier mit verdünnter Säure, so bleibt die orangerothe Färbung; läßt man
eine schwach alkalische Flüssigkeit auf das Papier einwirken, so wird eine blaue
Färbung, die aber rasch schmutzig grau wird, hervorgerufen. Bei den wenig
zahlreichen charakteristischen Reactionen auf Borsäure erscheinen diese
Unterscheidungen von der alkalischen Reaction nicht unwichtig, und mögen deßhalb
vergleichend hier zusammengestellt werden:
Veränderung des Curcuminpapieresdurch
Alkalien:
Borsäure:
I.
braunrothe Färbung, beimTrocknen violett;
I.
orangerothe Färbung, nur beimTrocknen hervortretend;
Alkalien:
Borsäure:
II.
durch verdünnte Säurenverschwindet die
Farbänderung, das ursprüngliche
Gelberscheint wieder;
II.
durch verdünnte Säurenbleibende Färbung, nie
dunklerwerdend;
III.
verdünnte Alkalien wie I.
III.
verdünnte Alkalien veränderndie orangerothe Färbg. in Blau.
Die Veränderung der Farbe, welche durch Einwirkung kalter alkalischer Lösungen auf
Curcumin hervorgerufen wird, kann durch Säuren wieder aufgehoben werden, dagegen
wirkt die Borsäure tiefergehend auf den Farbstoff ein.
E. Schlumberger
Bulletin de la Société chimique,
(2) t. V. p. 194. hat die Borsäurereaction in ihren quantitativen Verhältnissen studirt, und
ohne Einwirkung von Borsäure und concentrirter Schwefelsäure eine Substanz erhalten,
die er Rosocyanin nennt, weil sie durch die fuchsinrothe Farbe ihrer Lösungen und
durch die blaue Farbe ihrer Metallverbindungen charakterisirt ist. Ich habe jetzt
aus meinem Curcumin Rosocyanin erhalten, darf aber vorläufig noch nicht wegen meiner
Analyse interpelliren. Reines Curcumin, sowie Rosocyanin lassen sich durch
verschiedene Agentien in einen harzigen Körper von geringem Farbvermögen überführen,
der am meisten geeignet scheint, die Beziehungen zwischen Curcumin und Rosocyanin zu
erklären.
Mit der Untersuchung dieser Frage bin ich noch beschäftigt und behalte mir dieselbe
vor.
Freiburg i. B., Universitäts-Laboratorium.