Titel: | Ueber die Verwendung geschabter Flächen beim Maschinenbau. |
Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. XCIX., S. 396 |
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XCIX.
Ueber die Verwendung geschabter Flächen beim
Maschinenbau.
Ueber Verwendung geschabter Flächen beim Maschinenbau.
Ueber die Frage, ob geschabte Flächen unentbehrlich sind, spricht sich die Schrift
„Modern Practice of American Machinists and
Engineers“ folgendermaßen aus: Bei Besprechung dieser Frage
weisen wir von vorn herein die Ansicht zurück, als ob wir beabsichtigen, die
Verwendung geschabter Flächen gänzlich zu verwerfen; es ist uns nur das Bedenken
gekommen, ob nicht ein guter Theil der Zeit und Mühe welche auf Ausarbeiten
geschabter Oberflächen verwendet wird, ohne Nachtheil für die Arbeit selbst erspart
werden könnte. Der Werth einer völlig richtigen Fläche an einem Ventilsitze oder an
den Vförmigen Führungen der Dreh- und Hobelbänke ist ohne Zweifel groß; aber
wenn die Arbeit schlecht ausgeführt ist, so wird der Nutzen derselben zum Mindesten
fraglich. Wir haben die unmaßgebliche Ansicht, daß kaum Ein Mann unter Zwanzig im
Stande ist, eine völlig richtige Fläche zu schaben. Es ist dieß eine Kunst für sich,
welcher bisweilen hier zu Lande (in Amerika) verhältnißmäßig wenig Aufmerksamkeit
geschenkt worden ist. Die gewöhnliche Methode besteht darin, eine alte Feile irgend
welcher Art (außer rund und vierkantig) zu nehmen, die Spitze nach Art eines Meißels
flach auszuschmieden, sie auf dem Steine rechtwinkelig anzuschleifen, und dann auf
dem Eisen überall wegzukratzen, wo man sieht daß Berührung vorhanden ist. Hierbei
läuft man jederzeit Gefahr, daß der Arbeiter nicht durch vorhergehende Erfahrung für
sein Werk geschickt gemacht ist, einen Schatten auf dem Eisen fälschlich für eine
Berührungsstelle hält, und in Folge dieses Mißverständnisses eine schon vorhandene
Vertiefung noch tiefer schabt. Jeder welcher mit der Sache bekannt ist, wird wissen,
wie wenig man sich darauf verlassen kann, in dieser Weise eine richtig ebene
Oberfläche zu erhalten. Es würde da viel besser gewesen seyn, die unnütz vergeudete
Zeit zu sparen, und dem guten Hobeln und der künftigen Benutzung die Ausgleichung
der Ungenauigkeiten zu überlassen.
Eine bessere Methode zur Herstellung eines Schabers ist, demselben die Gestalt eines
venetianischen Stilettes zu geben, oder ihn nach dem Querschnitte einen Buchecker,
d.h. dreiseitig mit concaven Flächen zu gestalten. Mit einem solchen Werkzeuge, gut
gehärtet und geschlissen, kann die feinste Arbeit gemacht werden. Ein flacher
Schaber ist ein Unding,
nur geeignet Löcher zu graben oder die Arbeit für den dreiseitigen aus dem Groben
vorzuarbeiten; derselbe ist geneigt Risse zu machen, und wenn solche vorkommen, so
ist es mit sauberer Arbeit vorbei, falls man dieselben nicht ausfeilt; eine sehr
hübsche Aufgabe, nachdem man eine annähernde Genauigkeit erreicht hat. Die meisten
geschabten Flächen sind nur eine Combination von Kratzern, glänzenden Flecken und
Unrichtigkeit, und obwohl zu ihrer Ausführung viel Zeit verschwendet wird, tragen
sie nichts zum mechanischen Werthe der Arbeit bei. Wir möchten wohl fragen, ob
Schieberspiegel von 180 Quadratzoll, d.h. von 15 zu 12 Zoll, durch Schaben
verbessert werden. In einigen Locomotivfabriken werden Schieber und Schieberspiegel
nur abgehobelt, so daß der Strich bei beiden sich kreuzt, und die Schieber ohne
Weiteres in Betrieb genommen. Das beobachtete Resultat ist, daß in wenigen Tagen der
Schieber sich selbst eine Sitzfläche geschaffen hat, welche weit dauerhafter ist als
eine schlecht geschabte. Wir gehen nicht so weit, wie manche Leute, welche behaupten
daß geschabte Schieberflächen ein positiver Nachtheil sind, insofern sich die Poren
des Metalles mit einem festen Schmutz füllen, welcher in Zukunft zum Schaden der
Maschine wirkt. Ein gut vollendeter Schieberspiegel oder dergleichen Drehbankwangen
sind ohne Zweifel von hohem Werth, und wir müssen, um gerecht zu seyn, anerkennen
daß die englischen Arbeiter viel Fleiß auf diese Specialität verwenden; im
Allgemeinen übertreffen sie unsere Arbeiter bei Weitem.Auch unsere deutschen Arbeiter möchten über den Werth der geschabten Flächen
eine gute Meinung haben, und das gleiche Lob, wie die englischen, verdienen.
Was würden wohl deutsche Bahnverwaltungen zu oben erwähnter
Schieberadjustirung, resp. Nichtadjustirung, sagen? Es gibt übrigens keinen Grund, um die Ausführung gut gearbeiteter geschabter
Flächen zu unterlassen; aber unsere Beobachtungen haben uns überzeugt, daß, so wie
die Arbeit meist gethan wird, die darauf verwendete Zeit besser benutzt werden
könnte. (Scientific American, April 1870, S. 253;
polytechnisches Centralblatt, 1870 S. 897.)