Titel: | Ueber die Bestimmung des Gehaltes der Manganerze (Braunsteine) an Hyperoxyd; von John Pattinson. |
Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. CVII., S. 422 |
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CVII.
Ueber die Bestimmung des Gehaltes der Manganerze
(Braunsteine) an Hyperoxyd; von John Pattinson.
Aus Chemical News,
vol. XXI p. 267; Juni 1870.
Pattinson, über Probiren den Manganerze auf ihren Gehalt an
Hyperoxyd.
Bekanntlich weichen die Resultate welche verschiedene Analytiker bei der Untersuchung
derselben Braunsteinsorten erhalten, sehr von einander ab, was natürlich eine Quelle
großer Unannehmlichkeiten sowohl für die Verkäufer, als für die Käufer jener Erze
ist. Teschemacher und Smith
fanden bei ihren Versuchen zur Ermittelung der Ursache dieser Abweichungen, daß
viele jetzt in den Handel kommende Braunsteinsorten magnetisches Eisenoxyd (Eisenoxyduloxyd) enthalten. Diese Substanz soll
durch einen Theil des im Erze enthaltenen Hyperoxydes vollständig oxydirt werden,
wenn zum Probiren die sogen. „Eisenmethode“ angewendet wird;
dieß soll dagegen nicht der Fall seyn, wenn man die Will-Fresenius'sche oder sogen.
„Oxalsäuremethode“ befolgt; mit anderen Worten, das erstere
Verfahren soll nur die verwerthbare Menge des im
Braunstein enthaltenen Manganhyperoxydes, die Will-Fresenius'sche Methode dagegen den absoluten Gehalt an
Hyperoxyd angeben. Für manche Fälle kann diese Theorie möglicher Weise Gültigkeit
haben; sicherlich aber ist der angegebene Grund nicht der einzige, weßhalb das
Verfahren von Will und Fresenius beim Probiren mancher Braunsteinsorten höhere Resultate gibt als
das „Eisenverfahren.“ Ich selbst habe bei der Untersuchung
verschiedener Manganerze, welche beträchtliche Mengen von magnetischem Eisenoxyd
enthielten, niemals eine Sorte angetroffen, deren magnetisches Eisenoxyd bei
Anwendung des Verfahrens von Will und Fresenius nicht vollständig auf Kosten ihres
Manganhyperoxydgehaltes oxydirt worden wäre.
Fassen wir zunächst den Vorgang in's Auge, wenn die Oxalsäuremethode in Gegenwart von
Eisenoxydul angewendet wird. Wenn das Eisenoxydul im löslichen
Zustande ist, so wird es durch den Sauerstoff des Manganhyperoxydes
vollständig oxydirt und die Probe ergibt einen relativ geringeren Hyperoxydgehalt
des untersuchten Manganerzes. Dieß wurde durch folgenden Versuch bewiesen: 30 Gran
eines weichen, leicht zersetzbaren, von magnetischem Eisenoxyd freien Braunsteines,
dessen Hyperoxydgehalt beim Probiren mit Oxalsäure zu 63,36 Procent sich ergeben
hatte, wurden mit 70 Gran neutralem oxalsaurem Kali, 20 Gr. schwefelsaurem Eisenoxydul,
dessen Eisenoxydulgehalt 3,90 Gr. betrug, und etwas Wasser in der gewöhnlichen Weise
nach der Methode von Will und Fresenius behandelt. Der dem Kohlensäureverluste entsprechende
Hyperoxydgehalt war 53,13; demnach hatte das im zugesetzten Eisenvitriol enthaltene
Eisenoxydul 10,23 Procent Hyperoxyd zur Verwandlung in Oxyd für sich verbraucht. Der
Theorie nach sind zur Umwandlung der ganzen Eisenmenge in Oxyd 10,21 Procent
Hyperoxyd erforderlich.
Eine andere Wirkung tritt ein, wenn das im Braunstein enthaltene Eisenoxydul in unlöslichem Zustande ist, wenn also z.B. magnetisches
Eisenoxyd zugegen ist. In diesem Falle wird das Oxydul nur in dem Maaße höher
oxydirt, als es aufgelöst wird. Möglicherweise existiren magnetisches Eisenoxyd
enthaltende Braunsteine, die das Hyperoxyd in einem Zustande enthalten, in welchem
es von Oxalsäure so leicht zersetzt wird, daß es vollständig zersetzt werden kann,
bevor vom magnetischen Oxyd etwas aufgelöst wird. In diesem Falle würde die Probe
den absoluten Hyperoxydgehalt des Braunsteines angeben.
Daß dieß wirklich eintreten kann, ergibt sich aus dem folgenden Versuche. 25 Gran
eines dem zum vorigen Versuche benutzten ähnlichen Braunsteines, dessen
Hyperoxydgehalt sowohl durch die Eisenprobe, als auch durch die Oxalsäureprobe zu
63,60 Procent bestimmt worden war, wurden mit 60 Gr. neutralem oxalsaurem Kali, 5
Gr. höchst fein gepulvertem magnetischem Eisenoxyd, dessen Oxydulgehalt zu 18,6
Procent bestimmt worden war, und etwas Wasser in den Apparat von Will und Fresenius gebracht
und dann die Probe in der üblichen Weise ausgeführt. Der Kohlensäureverlust ergab
einen Hyperoxydgehalt von 63,50 Procent, also 0,1 Proc. weniger als der Braunstein
ohne das magnetische Oxyd gegeben hatte. Das magnetische Oxyd war jedoch nur sehr
wenig, wenn überhaupt angegriffen worden. Es wurde dann eine weitere Quantität
Schwefelsäure zugesetzt und das Ganze erwärmt, bis das magnetische Oxyd vollständig
in Lösung übergegangen war. Hierauf wurde die Menge des in der Lösung vorhandenen
Eisens mittelst einer Normallösung von zweifach-chromsaurem Kali bestimmt;
die Menge desselben betrug 1,08 Gr.; die Quantität in den 5 Gr. magnetischen Oxydes
dagegen betrug 0,93 Gr. Der Ueberschuß erklärt sich durch die Thatsache, daß die
Gegenwart von Oxalsäure bei der Eisenprobe mit dem Chromsäuresalze störend
einwirkt.
Ich sagte, es sey möglich daß Erze von der oben erwähnten Beschaffenheit existiren
– Erze bei denen die Will-Fresenius'sche Probe den absoluten Hyperoxydgehalt
angibt; ich selbst habe aber derartige Braunsteinsorten niemals angetroffen. In
denjenigen welche magnetisches Oxyd enthielten, war dasselbe so innig durch ihre ganze
Masse vertheilt, ihr Hyperoxyd dagegen in einem so schwierig zu zersetzenden
Zustande vorhanden, daß das magnetische Oxyd schon vor der erfolgten Zersetzung des
Manganhyperoxydes oder doch gleichzeitig mit derselben vollständig aufgelöst wurde.
Dieß ließ sich leicht nachweisen durch Prüfung der erhaltenen Mangan- und
Eisenlösung auf Eisenoxydul, indem man der Flüssigkeit einige Tropfen einer Lösung
von Kaliumeisencyanid zusetzte. Offenbar hätte durch diese Probe, wenn nach
vollständiger Zersetzung des Braunsteines nicht der ganze Oxydulgehalt des
magnetischen Oxydes durch das Manganhyperoxyd in Oxyd verwandelt worden wäre, die
Gegenwart von Eisenoxydul nachgewiesen werden müssen. Ich fand
in keinem einzigen Falle in den resultirenden Lösungen eine Spur von
Eisenoxydulsalz. Demzufolge wurde in allen mir vorgekommenen Fällen ein
Antheil des im Braunsteine enthaltenen Hyperoxydes zur vollständigen Oxydirung des
beigemengten magnetischen Eisenoxydes (Eisenoxyduloxydes oder Magneteisensteines)
verbraucht, und die Will-Fresenius'sche Probe gibt
in diesen Fällen den absoluten Hyperoxydgehalt der
Manganerze nicht an.
Meiner Ansicht nach lassen sich die mit den verschiedenen Probirmethoden erhaltenen
abweichenden Resultate viel wahrscheinlicher durch die große Schwierigkeit erklären,
womit die vollständige Zersetzung dieser harten, magnetisches Eisenoxyd enthaltenden
Braunsteine im Will-Fresenius'schen Apparate
verbunden ist. Um deren Zersetzung zu bewerkstelligen, ist es erforderlich eine
bedeutende Menge Schwefelsäure zuzusetzen und längere Zeit hindurch äußere Hitze
anzuwenden. Während dieses länger fortgesetzten Erhitzens entweicht mit der
Kohlensäure wahrscheinlich auch Wasserdampf, und der Gehalt des geprüften Erzes an
Hyperoxyd fällt daher höher aus, als er in Wirklichkeit ist.
Welche Erklärungsweise nun auch die richtige seyn mag, so führen doch beide zu
demselben Schlusse, daß die Will-Fresenius'sche
Probirmethode bei derartigen harten Braunsteinsorten ungenaue Resultate gibt und für
solche Erze aufgegeben werden muß. Für weiche, leicht zersetzbare Manganerze sind
hingegen die mit dieser Probirmethode erhaltenen Zahlen meiner Ansicht nach sehr
genau; da aber jetzt mehrere von den anderen Sorten in größeren Mengen auf den Markt
kommen, so bedürfen wir eines Verfahrens mittelst dessen wir im Stande sind, den
Hyperoxydgehalt aller Classen und Sorten von Manganerzen genau zu bestimmen.
In einer im November v. J. der Newcastler chemischen Gesellschaft vorgetragenen
Abhandlung „über die Bestimmung des Hyperoxydes in den
Manganerzen“ haben E. Sherer und G. Rumpf gezeigt, daß sie nach der Eisenmethode, sowie
dieselbe von ihnen ausgeführt wurde, ungenaue und unregelmäßige Resultate erhielten.
Sie hatten Clavierdraht angewendet, der in einem Chlorwasserstoffsäure enthaltenden
Kolben aufgelöst worden war; den Braunstein hatten sie in einer Glasröhre
hinzugesetzt und die Vorsichtsmaßregel angewendet, in dem Kolben während des ganzen
Processes eine Atmosphäre von Kohlensäure zu unterhalten, um jede Oxydation durch
die atmosphärische Luft zu verhüten. Sie schrieben die Unregelmäßigkeit der von
ihnen erhaltenen Resultate – wie ich glaube, mit Recht – dem Umstande
zu, daß zuweilen Antheile des feinzerriebenen Braunsteines an die Oberfläche der
Flüssigkeit gerissen werden und hier Chlor entwickeln, welches entweicht ohne mit
dem in Lösung vorhandenen Eisenoxydulsalze in Berührung zu kommen. Daß aber dieses
Verfahren bei Beobachtung der zur Vermeidung jenes Entweichens von Chlor
erforderlichen Vorsichtsmaßregeln richtige Resultate geben kann, haben die Verfasser
selbst nachgewiesen. Auch bemerkt Fresenius in seiner
„Anleitung zur quantitativen Analyse“ daß die bei Anwendung
dieses Verfahrens von ihm erhaltenen Resultate mit denen welche er bei Befolgung der
Will-Fresenius'schen Methode erhielt, genau
übereinstimmten. Sherer und Rumpf gelangen zu dem Schlusse, daß unter den von ihnen versuchten
Probirmethoden die Bunsen'sche die richtigsten Resultate
gab, und daß dieselbe viel einfacher und rascher ansführbar ist als die
Eisenmethode, wenn bei der letzteren die nöthigen Vorsichtsmaßregeln zur Erzielung
genauer Ergebnisse angewandt werden.
Bei der Discussion welche sich nach dem Vortrage von Sherer und Rumpf entspann, bemerkte ich, daß
ich seit einiger Zeit in meinem Laboratorium eine Abänderung des Eisenverfahrens
eingeführt habe, bei welcher diese Fehlerquelle vermieden wird, so daß man
vollkommen genaue und übereinstimmende Resultate erhält. Nach meiner Ansicht ist
dieses Verfahren leichter ausführbar als die Bunsen'sche
Methode (indem es keine so große Geschicklichkeit erfordert); ich beschreibe diese
Modification des Eisenverfahrens im Folgenden.
In einem Kolben von 20 Unzen Inhalt übergießt man 30 Gran reinen Eisendrahtes mit 3
Unzen verdünnter Schwefelsäure (aus 3 Th. Wasser und 1 Th. Vitriolöl bereitet). Den
Kolben verschließt man mit einem Korkstopfen, durch den ein zweimal rechtwinkelich
gebogenes Glasrohr geht, und erhitzt ihn über einer Gasflamme, bis sich das Eisen
aufgelöst hat. Das eingesetzte gebogene Rohr taucht mit seinem freien Ende in ein
kleines, etwas Wasser enthaltendes Gefäß. Nach vollständig erfolgter Lösung des
Eisens bringt man 30 Gran von der feingepulverten und getrockneten Braunsteinprobe
in den Kolben, setzt den Kork wieder auf, erhitzt den Inhalt über einer Gasflamme
vorsichtig zum ruhigen Kochen und unterhält diese Temperatur, bis man sieht daß sich
der schwarze Theil des Pulvers ganz aufgelöst hat. Hierauf läßt man das Wasser aus
dem kleineren Gefäße durch das gebogene Rohr in den größeren Kolben hinübertreten,
spült jenes Gefäß sowie das Glasrohr und den Kork mit destillirtem Wasser gut ab,
und bringt den Kolbeninhalt durch Zusatz von mehr Wasser auf das Volum von 8 bis 10
Unzen. Dann wird die Menge des unoxydirt (als Oxydul) in der Lösung zurückbleibenden
Eisens mittelst einer Normallösung von zweifach-chromsaurem Kali bestimmt.
Dieses Eisen von der Gesammtmenge des angewendeten Eisens abgezogen, gibt den Betrag
des durch das Manganhyperoxd in Oxyd verwandelten Eisens, woraus sich der
Hyperoxydgehalt des geprüften Braunsteines berechnen läßt.
Angenommen, es seyen 4 Gran Eisen unoxydirt zurückgeblieben, so sind 30 – 4 =
26 Gr. Eisen durch die 30 Gr. Braunstein oxydirt worden. Nun ist
56 :
44
=
26 : 20,43
(Eisen) (Manganhyperoxyd)
(Eisen) (Manganhyperoxyd)
der Betrag des in den 30 Gr. Erz enthaltenen Hyperoxydes;
folglich ist der Procentgehalt des geprüften Braunsteines = 68,10.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die einzigen Unterschiede zwischen diesem und
dem gewöhnlichen, in den Lehrbüchern beschriebenen Eisenverfahren in der Benutzung
von Schwefelsäure anstatt Chlorwasserstoffsäure und im Weglassen des
Kohlensäurestromes bestehen. Diese Abänderungen setzen uns aber in Stand, die von
Sherer und Rumpf
bezeichnete Fehlerquelle zu vermeiden, sowie den ziemlich complicirten und immerhin
störenden Apparat zur Unterhaltung eines Kohlensäurestromes entbehren zu können.
Um die Genauigkeit dieser Methode zu bestimmen, behandelte ich mehrere Proben von
weichem und leicht zu zersetzendem Braunstein, welchen ich frei von magnetischem
Eisenoxyd gefunden hatte, nach der Methode von Will und
Fresenius und verglich die Resultate mit den bei
Anwendung des modificirten Eisenverfahrens erhaltenen. Die Resultate waren:
Mit dem Will-Fresenius'schenVerfahren.
Mit dem Eisenverfahren.
1)
63,36 Procent
63,43
Procent
2)
82,34 „
82,34 „
3) 74,00 „
73,98 „
4) 63,32 „
63,25 „
Daß sich mittelst des Eisenverfahrens Resultate erzielen lassen, welche mit einander
sehr nahe übereinstimmen, geht daraus hervor, daß von 85 nach dieser Methode doppelt
ausgeführten Proben 22 in den beiden Resultaten genau übereinstimmten, während bei
54 der Doppelproben Differenzen von 0,1 Procent, bei 8 derselben von 0,2 Procent und
nur bei einer eine Differenz von 0,2 Procent in den beiden Resultaten sich
zeigten.
Ich habe mich überzeugt, daß bei der Anwendung von Schwefelsäure anstatt
Chlorwasserstoffsäure der Kohlensäurestrom wegbleiben kann, weil die Lösung des
Eisens in Schwefelsäure durch die Berührung mit atmosphärischer Luft innerhalb der
zur Ausführung einer Probe erforderlichen Zeit nicht merklich oxydirt wird. Eine
Portion Braunstein wurde geprüft, nachdem die Eisenlösung in einer
Kohlensäure-Atmosphäre erkaltet und jeder Luftzutritt mit größter Sorgfalt
dabei vermieden worden war; dieselbe zeigte bei zwei besonderen Versuchen einen
Hyperoxydgehalt von 63,98 Procent. Eine andere Portion desselben Braunsteines wurde
probirt, nachdem eine andere Portion Eisen einfach an der Luft erkaltet war und vor
Zusatz des Braunsteines eine Stunde lang an der Luft gestanden hatte; ihr Gehalt
ergab sich als ganz derselbe wie bei der in einer Kohlensäure-Atmosphäre
erkalteten Probe = 63,98 Proc. Nach neunzehnstündigem Stehen an der Luft ergab eine
dritte Portion des Erzes den Gehalt von 63,96 Proc. Es bestand somit keine für die
Praxis beachtenswerthe Differenz in der Menge des als Oxydul in diesen Lösungen
enthaltenen Eisens. Bei einem anderen Versuche zeigte ein Manganerz welches, als die
zu seiner Prüfung verwendete Eisenlösung in einer Kohlensäure-Atmosphäre
erkaltet war, 64,45 Procent Hyperoxyd ergeben hatte, den Gehalt von 64,50 Proc.,
nachdem die Eisenlösung sechs Stunden an der Luft gestanden hatte, und nachdem sie
48 Stunden der Luft ausgesetzt worden war, einen Gehalt von 64,69 Proc. Im letzteren
Falle hatte sich das Eisen allerdings in geringem Grade oxydirt, in der sechs
Stunden lang exponirt gewesenen Lösung jedoch nicht.
Entsprechende Resultate wurden wiederholt bei anderen Versuchen erhalten.
Die Lösung von Eisen in Chlorwasserstoffsäure oxydirt sich hingegen weit rascher. Ich
löste 7 Gran Eisendraht in Chlorwasserstoffsäure und ließ die Lösung in einem Kolben
mit einem Kork durch welchen ein offenes Glasrohr gesteckt war, achtzehn Stunden
lang an der Luft stehen, worauf sie einen Eisengehalt (als Oxydulsalz) von 6,2 Gr.
zeigte. Eine Lösung von 7 Gr. desselben Drahtes in Schwefelsäure dagegen, welche
unter denselben Umständen eben so lange der Einwirkung der Luft ausgesetzt wurde,
gab einen Eisengehalt von 6,995 Gr. (als Oxydulsalz).
Die Drahtsorte welche sich nach meiner Erfahrung zu diesen Analysen am besten eignet,
ist der von Drahtarbeitern angewendete sogen. „geglühte“ Draht,
zu dessen Anfertigung nur die reinsten Eisensorten benutzt werden. Ich habe
denselben sorgfältig untersucht, und zwar sowohl mit reiner Oxalsäure und reinem
Kalibichromat, als auch durch Erhitzen in einer Atmosphäre von Chlorgas, und
gefunden daß er bis auf beiläufig ein Zehntel eines Procent absolut rein ist.
Demnach kann er für alle praktischen Zwecke des Probirers als rein betrachtet
werden. Man kann sich solchen Draht ohne Schwierigkeit in größeren Mengen und von
gleichartiger Qualität verschaffen. Ich habe derartigen Draht von solcher Dicke
untersucht, daß 22 dicht an einander gelegte Stücke einen 1 Zoll breiten Raum
bedecken, und gefunden daß dieser starke Draht denselben Grad von Reinheit besitzt,
wie Draht von welchem beiläufig 85 Stücke die Breite von einem Zoll einnehmen. Ich
gebe der dünnen Sorte den Vorzug, weil sie sich besser zerschneiden läßt und
leichter auflöst. Clavierdraht, welcher aus Stahl angefertigt wird, eignet sich
nicht, falls nicht für seinen Kohlenstoffgehalt eine Correctur gemacht wird; es kam
mir derartiger Draht vor, welcher nur 98,50 Proc. reines Eisen enthält. Der Geruch
des beim Auflösen sich entwickelnden Wasserstoffgases ist ein gutes Kennzeichen der
Reinheit des Eisens. Bei Stahldraht ist der Geruch nach gekohltem Wasserstoff sehr
stark, bei geglühtem Eisendraht aber sehr schwach. Jede neue Partie Eisendraht muß
man vor ihrer Verwendung zum Probiren von Manganerzen stets auf ihre Reinheit
prüfen. Hat man einmal Draht von bekannter Reinheit erhalten, so lassen sich alle
später zu beziehenden Posten leicht und genau Probiren, indem man die Menge von
Manganhyperoxyd und somit von Eisen, welche dieselbe Braunsteinsorte beim Probiren
mit der neuen Drahtsorte ergibt, mit dem Betrage vergleicht, welchen sie beim
Probiren mit Draht von bekannter Reinheit anzeigt.
Der Draht läßt sich von allem anhaftenden Oxyd und Schmutz leicht reinigen, indem man
ihn einigemal durch feines Smirgelpapier und dann durch ein Tuch zieht. Zu seiner
Lösung in Schwefelsäure ist ungefähr eine Viertelstunde Zeit erforderlich.
Krystallisirten Eisenvitriol oder schwefelsaures Eisenoxydul-Ammoniak wende
ich wegen der Unsicherheit ihrer Zusammensetzung nicht gern an; ich habe beide Salze
noch niemals in so reinem Zustande angetroffen wie den Eisendraht. Ueberdieß ist mit
der Benutzung derselben kein besonderer Vortheil verbunden; der Eisendraht läßt sich
ebenso leicht abwägen als Krystalle von Eisenvitriol. Ich habe eine Normallösung von
schwefelsaurem
Eisenoxydul versucht; dieselbe hält sich aber keineswegs so gut, daß ihre Verwendung
zu empfehlen wäre.
Durch die Anwendung des kleinen Kolbens in Verbindung mit dem gebogenen Rohre soll
jeder Verlust an Eisen durch Fortreißen desselben mit dem Wasserstoffgase und dem
Wasserdampfe verhütet werden. Zuweilen fand ich, daß auf diese Weise eine geringe
Spur von Eisen durch das Rohr übergeführt wurde; dasselbe wurde aber von dem in dem
kleineren Gefäße enthaltenen Wasser zurückgehalten, so daß es beim Abspülen des
Glasrohres in den größeren Kolben zurückkehrte.
Die zur Zersetzung des Manganerzes erforderliche Zeit hängt von der Härte der zu
prüfenden Sorte ab; dieses Probirverfahren gibt somit sicheren Aufschluß über die
Beschaffenheit des Erzes in letzterer Hinsicht. Weiche Braunsteinsorten zersetzen
sich binnen einer bis zwei Minuten, während sehr harte Erze dazu fünfzehn Minuten
und darüber erfordern. Die Zersetzung kann durch Zusatz von mehr Vitriolöl
beschleunigt werden; doch muß dieß geschehen nachdem das Eisen bereits in Lösung
gebracht ist, weil das letztere von einer stärkeren Säure als der oben angegebenen
nicht rasch aufgelöst wird.
Die von mir angewendete Normallösung des zweifach-chromsauren Kalis bereite
ich von solcher Stärke, daß 1000 Granmaaße 10 Gran Eisen höher zu oxydiren vermögen.
Sie wird zum Probiren der verdünnten Lösung in der gewöhnlichen Weise
angewendet.
Hat man Grund anzunehmen, daß der zu probirende Braunstein über 78 Procent Hyperoxyd
enthält, so muß man natürlich weniger als 30 Gran Erz oder mehr als 30 Gran Eisen
anwenden, da diese Quantitäten für einen Hyperoxydgehalt unter beiläufig 78 Procent
berechnet sind.
Um die Berechnung der Resultate zu erleichtern und abzukürzen, habe ich eine Tabelle
hergestellt, in welcher die verschiedenen, je fünf Gran der Bichromatlösung
entsprechenden Procentgehalte der Erze angegeben sind, unter der Voraussetzung daß
30 Gr. Eisen und 30 Gr. Braunstein zur Probe verwendet werden.
Zum Schlusse will ich bezüglich Bunsen's Probirmethode
bemerken, daß mir dieselbe, so weit ich sie bisher angewendet habe, nur ungenügende
und wandelbare Resultate gegeben hat; ich habe jedoch meine Untersuchungen über
diese Methode noch nicht beendigt.