Titel: | Verfahren, Drucksachen aller Art, wie Bleistiftzeichnungen auf eine einfache und schnelle Weise ohne Verletzung des Originales zu copiren; von C. Puscher in Nürnberg. |
Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. CX., S. 435 |
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CX.
Verfahren, Drucksachen aller Art, wie
Bleistiftzeichnungen auf eine einfache und schnelle Weise ohne Verletzung des Originales
zu copiren; von C. Puscher in Nürnberg.
Puscher, Verfahren zum Copiren von Drucksachen aller
Art.
Vor einigen Monaten beschäftigte ich mich mit der Anfertigung von
Thonerde-Natron-Seife und hatte zum Austrocknen einen solchen
Seifenkuchen auf ein Zeitungsblatt gelegt. Am anderen Morgen war ich nicht wenig
überrascht, als ich beim Aufheben des Seifenkuchens die Schrift der Zeitung auf der
unteren Seite desselben sehr schön schwarz copirt fand, ohne daß dabei weder die
Schrift noch das Papier der Zeitung gelitten hatten. Diese Erscheinung gab mir
Veranlassung zu nachstehendem Copirverfahren, welches sicher viele Künstler und
Industrielle interessirt, da dasselbe ohne jeglichen Apparat in kürzester Zeit
ausführbar ist, und Zeit- und Arbeitsersparniß erzielt.
Man bereitet sich zuerst eine Kalkseife, die ich nach
gemachten Versuchen der Thonerde-Seife vorziehe, und löst zu diesem Zweck 1
Theil gute Kernseife in 12 Theilen heißem Wasser auf. Zu dieser Seifenlösung gießt
man so lange eine sehr verdünnte Chlorcalciumlösung, als noch ein weißer
Niederschlag entsteht; ein Ueberschuß von letzterer schadet nicht. Die gefällte
weihe Kalkseife sammelt man auf einem Filter, und wäscht sie mehrmals mit Wasser
aus. Während des Auswaschens löst man durch Erwärmen 4 Theile derselben Kernseife in 24 Theilen Wasser auf und läßt die Lösung
erkalten. Nun vermischt man den dickbreiigen Niederschlag, die Kalkseife, mit dieser
Seifenlösung und erhitzt unter stetem Umrühren bis zum Kochen, bei welcher
Temperatur sich die Kalkseife in der Natron-Seifenlösung gelöst hat, eine bis
jetzt noch nicht gekannte Eigenschaft der Kalkseife. Beim Erkalten der Lösung
scheidet sich die Kalkseife in höchst fein zertheiltem Zustande aus und das Ganze
bildet nun einen weißen dicken Saft, der sich unveränderlich in geschlossenen
Gefäßen aufbewahren läßt.Um dieses Copirpräparat, welches ziemlich umständlich zu bereiten ist, für
Jedermann leicht zugänglich zu machen, hat der Verfasser Hrn. Apotheker Weigle in Nürnberg mit
den technischen Vortheilen des Verfahrens genau bekannt gemacht, so daß
derselbe jede Bestellung darauf, sowohl in Flacons zu 12 und 24 kr., wie
auch in größeren Quantitäten ausführen kann.
Mit diesem Präparat überstreicht man nun mittelst Schwämmchen gleichmäßig und kräftig
nicht zu starkes Concept- oder Maschinenpapier, letzteres auf seiner glatten
Seite, und läßt dasselbe so weit abtrocknen, bis nur noch geringe Feuchtigkeit
vorhanden, was nach Verlauf von wenigen Minuten der Fall ist. Die Rückseiten der
Papiere werden nun ebenfalls mit einem in französischem Terpenthinöl getränkten
Schwämmchen schwach bestrichen, so daß die Papiere durchsichtig erscheinen. Jetzt
legt man dieselben auf die zu copirende Illustration, Schrift etc. und Beides auf
eine harte Unterlage, z.B. auf Lithographiesteine, Glas- oder polirte
Mahlplatten, hält mit der linken Hand das Copirpapier fest und überfährt nun
mittelst eines kräftigen Falzbeines (statt des Falzbeines eignet sich auch
vortrefflich der ovale polirte knöcherne Stiel einer Zahnbürste dazu) den zu
copirenden Gegenstand so, daß alle Stellen damit berührt werden. Wenn die richtige
Tränkung mit Terpenthinöl stattgefunden hat, was man leicht durch einige Versuche
erprobt, so erhält man nach dem Verdunsten des Terpenthinöles ganz tadellose
schwarze Copien ohne Verletzung oder Schwächung des Originales in der Farbe. Sind
dagegen die Papiere zu stark mit Terpenthinöl getränkt zur Anwendung gekommen, so
werden die Copien nicht rein, sondern verschwommen; Mangel an Terpenthinöl gibt unvollkommene
oder nicht kräftig gefärbte Abdrücke. Ersterer Uebelstand läßt sich leicht dadurch
beseitigen, daß man die Papiere einige Minuten der Luft exponirt, wodurch das
Terpenthinöl verdunstet.
Der Proceß dieses Copirverfahrens gründet sich darauf, daß den Druckoriginalen nur so
viel Terpenthinöl zugeführt wird, als zur Aufweichung der Druckerschwärze hinreicht
und daß zur Annahme der letzteren zugleich ein geeigneterer Stoff als das Papier für
sich allein, vorhanden ist. Um daher ohne Nachtheile für die Copien mehr
Terpenthinöl den Papieren einzuverleiben, ist es in manchen Fällen gut, sie mit der
Kalknatron-Seifenlösung wiederholt zu überstreichen. Ich habe auf diese Weise
aus den verschiedensten technischen Journalen, aus dem Bazar, der illustrirten
Zeitung u.s.w. große Mengen von Copien erzeugt, ohne die Originale zu verletzen. Daß
hierbei die Copien in entgegengesetzter Richtung erscheinen, hat für Bilder, Pläne
und dergl. nichts Nachtheiliges; soll jedoch die Copie dem Original gleich erhalten
werden, so hat man nichts weiter nöthig, als dieselben zum richtigen Abdruck auf
angegebenes präparirtes und auf der Rückseite mit Terpenthinöl getränktes Papier zu
legen und die Manipulation mit dem Falzbein zu wiederholen. Ueberträgt man eine
solche frische Copie auf einen Lithographiestein, so bedarf letzterer nur der
Aetzung, um sofort lithographische Abdrücke von demselben nehmen zu können.
Alte Drucksachen, bei welchen die Druckerschwärze sehr ausgetrocknet ist, werden in
einem Bleikasten, wie derselbe bei dem gewöhnlichen Tintencopirverfahren im Gebrauch
ist, zwischen mit Terpenthinöl angefeuchtetes Löschpapier gelegt und beschwert
einige Stunden der Ruhe zum Aufweichen der Druckerschwärze überlassen. Nach solcher
Vorbereitung habe ich noch von 200 Jahre alten Holzstichen 6 Copien vom Original
abnehmen können, ohne letzteres in der Farbe zu schwächen oder zu beschädigen. Es
ist nicht gut, präparirte Copirpapiere im Vorrath zu machen, da sie nach dem
vollständigen Austrocknen nicht so empfindlich für die Aufnahme der Druckerschwärze
sind, als frischbereitete, die jedoch vor der Verwendung lufttrocken seyn müssen,
weil sie sich sonst durch das Ueberreiben mit dem Falzbein ausdehnen und dadurch
unvollkommene Copien liefern würden.
Farbige Drucksachen, wenn sie nur mit Buchdruckerfirniß hergestellt sind, wie
Bleistift- und Kreidezeichnungen, lassen sich ebenfalls nach obigem Verfahren
copiren.
Sollte durch nicht gehöriges Festhalten des Copirpapieres oder durch erwähnte andere
Umstände eine unvollkommene Copie entstanden seyn, so läßt sich diese mit einem in
Terpenthinöl getränkten Schwämmchen ohne Nachtheil für das Papier wieder entfernen. Die
Druckkraft der Druckerschwärze ist an den Originalen oft so groß, daß man 8 bis 12
Copien davon nehmen kann, ohne dieselben in ihrer Farbe zu schwächen. Legt man
solche Copien in kaltes Wasser, so löst dieses nur die Natronseife auf, wodurch die
weiße Farbe des Papieres gewinnt, weil die Kalkseife mit dem Druck auf dem Papiere
haften bleibt und nach dem Trocknen die Copie unverändert wiedergibt.
Ich brauche wohl kaum zu erwähnen, daß die Schärfe und Schwärze der Copien auch von
dem gleichmäßigen Druck abhängt, welchen man dem Falzbeine beim Ueberstreichen des
Copirpapieres mit der Hand gibt. Ganz vollendete Copien lassen sich daher nur
mittelst eines Satinirwalzwerkes herstellen. (Bayerische Gewerbezeitung, 1870, Nr.
16.)