Titel: | Die Anwendung des Krappextractes im Zeugdruck; von P. Schützenberger. |
Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. CXI., S. 439 |
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CXI.
Die Anwendung des Krappextractes im Zeugdruck;
von P. Schützenberger.
Schützenberger, über die Anwendung des Krappextractes im
Zeugdruck.
Trotz der Entdeckung der Theerfarben und der künstlichen Darstellung des Alizarins
aus dem Anthracen hat doch der Krapp vor der Hand seine hervorragende Stellung in
der Zeugdruckerei bewahrt, sowohl wegen der schönen Nuancen, die er mit
Thonerde- und Eisenbeizen liefert, wie wegen der außerordentlichen Aechtheit
der von ihm gelieferten Farben. Die Herstellung von Krappartikeln hat seit Beginn
dieses Jahrhunderts außerordentliche Fortschritte gemacht, theils in Folge
mechanischer Verbesserungen in der Zeugdruckerei, namentlich durch Anwendung von
mehrfarbigen Walzendruckmaschinen, theils aber auch in Folge der besseren
Bekanntschaft mit den beim Beizen, Färben und Aviviren verwendeten Stoffen, sowie
deren rationellerer Verwendung. Hier sind vor Allem die verschiedenen
Vorbereitungsweisen der Krappwurzel zu erwähnen. Früher verwendete man letztere
einfach getrocknet und gemahlen; da aber die Wurzel neben dem Farbstoffe noch viele
fremde Körper enthält, so hat man sich vielfach bemüht, die letzteren zu entfernen,
und dieß hat auf die Darstellung der Krappblumen, des Garancins und des Alizarins
geführt. Diese Präparate enthalten aber sämmtlich neben den Farbstoffen noch eine
bedeutende Menge des Faserstoffes und ihr Färbevermögen ist daher nur 7–8mal
so groß wie das des Krapps; sie können nach den alten Methoden nur zum Färben, nicht aber direct zum
Drucken Verwendung finden. Man hat sich nun bereits seit längerer Zeit bemüht, die
Krappfarbstoffe durch Druck auf die Zeuge aufzubringen. So stellten schon 1827 Robiquet, Colin, Lagier und Persoz Versuche in dieser Richtung an und 1837 gelang es Gastard in Colmar, Zeuge nach einem Verfahren mit Krapp
zu drucken, welches 1855 von Alb. Hartmann verbessert und
in beschränktem Maaßstab in der Fabrik von Schwartz-Huguenin angewendet wurde. Die in den Details
verschiedenen Methoden liefen doch alle darauf hinaus, daß die Stoffe gleichmäßig
mit Beize bedeckt wurden und daß dann ein Krappextract aufgedruckt wurde, das in
einem geeigneten Mittel, wie Ammoniak, Soda oder Seife, gelöst war, worauf dann
gedämpft wurde. Das gleichmäßige Beizen der Stoffe ist in der Praxis wenig
vortheilhaft und kann nur mit an sich farblosen Thonerde-Präparaten
geschehen; außerdem waren die bis dahin in den Handel gebrachten Krappextracte zu
unrein, um constante Resultate zu ergeben und namentlich um den gleichzeitigen Druck
einer zugleich die Beize und den Farbstoff enthaltenden Dampffarbe zu gestatten. Die
Extracte waren größtentheils durch Ausziehen von Krappblumen oder Garancin mit
Holzgeist oder Alkohol bereitet, besaßen eine etwa 50mal größere Färbekraft als
Krapp und enthielten ziemlich 60 Proc. unwirksamer harziger Bestandtheile. Erwähnung
verdient namentlich das Colorin von Lagier und Thomas, ein sehr reiches Product,
das aber nicht im Handel geblieben ist, da die Zeit für Verwendung von
Krappextracten noch nicht günstig war. E. Kopp gab zuerst
ein Verfahren an und führte es praktisch aus, welches die industrielle Gewinnung von
reinem Farbstoff gestattete und gleichzeitig den Vortheil besaß, die beiden
Hauptfarbstoffe des Krapps, nämlich das Alizarin und Purpurin, getrennt zu liefern.
Kopp's Purpurin hat bis jetzt nur beschränkte
Verwendung gefunden, das aus dem grünen Alizarin durch Petroleumöle gewonnene gelbe
Alizarin hat sich dagegen rasch verbreitet.E. Kopp: Verfahren zur Darstellung des Purpurins,
sowie des grünen und gelben Alizarins aus dem Elsasser Krapp, im polytechn.
Journal, 1864, Bd. CLXXII S. 293 und 296; dessen Verfahren zur Darstellung
des gelben Alizarins aus dem käuflichen grünen Alizarin, in Bd. CLXXIV S.
60.
Fast gleichzeitig wurde in Cosmanos in Böhmen und in der Fabrik von Scheurer in Thann (Elsaß) erfolgreich, wenn auch erst
nach langen Versuchen, die schwierige Aufgabe gelöst, Alizarin direct auf nicht
gebeizte Zeuge zu drucken. Die nothwendigen Bedingungen für den Erfolg dieses
Verfahrens sind: 1) Anwendung eines sehr reichen und sehr reinen Krappextractes;
2) Ersatz der früher angewendeten, mit Alaun dargestellten, also schwefelsaures Kali
oder schwefelsaures Ammoniak enthaltenden Beizen durch reine essigsaure Thonerde,
die durch Auflösen von ausgewaschener gallertartiger Thonerde in Essigsäure oder
durch doppelte Zersetzung von schwefelsaurer Thonerde und essigsaurem Bleioxyd
erhalten wird; 3) Anwendung eines geeigneten Lösungsmittels für den Farbstoff (wegen
der Gegenwart von essigsaurer Thonerde darf dasselbe nicht alkalisch seyn,
gewöhnlich verwendet man krystallisirte Essigsäure); 4) Anwendung gewisser
Substanzen, wie Zinnpräparate, fette Säuren oder Kalksalze, welche der Farbe eine
gewisse hygroskopische Beschaffenheit geben und deren Nuance modificiren. Die so
zusammengesetzte und auf geeignete Weise verdickte Farbe (der Farbstoff muß in sehr
vertheiltem Zustande vorhanden seyn) wird gleichzeitig mit den anderen aufgedruckt;
der bedruckte Zeug wird dann einige Zeit lang in einem warmen und feuchten
Trockenraum aufgehängt, endlich gedämpft und, wenn dieß zulässig ist, geseift. Für
Violett wird die essigsaure Thonerde durch essigsaures Eisen ersetzt. Man hat die
Bemerkung gemacht, daß die Weißen Flecke, welche sich nach dem Färben in Zeugen mit
Fasern von „todter“ oder nicht reifer Baumwolle zeigen, bei
diesem Verfahren nicht auftreten. – Reines Alizarin gibt sehr schönes
Violett, aber zu sehr in's Violett ziehendes Roth. Schönes Roth läßt sich nur mit
solchen Extracten erhalten, die gleichzeitig Alizarin und Purpurin und selbst eine
gewisse Menge gelben Farbstoff in geeigneten Mischungsverhältnissen enthalten.
Dagegen gaben solche Extracte ein trübes Violett. Die Farben, mit denen man das
Applicationsroth am erfolgreichsten anwendet, sind Anilinschwarz, Chromorange und
die ächten Albuminfarben, wie Guignet'sches Grün etc.
Nach dem gegenwärtigen Zustande der Kenntnisse kann man annehmen, daß die in Wasser
wenig oder gar nicht löslichen Krappfarbstoffe in den frischen Wurzeln in Form von
löslichen und durch Gährungsmittel, Säuren und Alkalien leicht zersetzbaren
Glucosiden präexistiren. Die Farbstoffe, deren Existenz zur Zeit außer Frage
gestellt zu seyn scheint, sind: 1) Alizarin, von Robiquet
und Colin entdeckt; 2) Purpurin, von Persoz, Runge, Debus, Wolff und Adolph Strecker und Schützenberger
untersucht; 3) Pseudopurpurin; 4) Orangefarbstoff, beide von Schützenberger in Kopp's Purpurin aufgefunden;
und 5) Purpuroxanthin, der gelbe Farbstoff welchen Schützenberger ebenfalls aus dem käuflichen Purpurin isolirt hat. –
Diese krystallisirbaren Farbstoffe unterscheiden sich von einander durch ihre
physikalischen Eigenschaften, namentlich durch die Absorptionsstreifen welche sie im
Spectroskop zeigen,
durch ihre Löslichkeit in verschiedenen neutralen oder alkalischen Lösungsmitteln,
durch ihre Zusammensetzung und endlich durch ihre färbenden Eigenschaften, wie
nachstehende Tabelle zeigt:
Textabbildung Bd. 197, S. 441
Name; Absorptionsstreifen
alkalischer Lösung; Krystallisirung; Verhalten gegen Wärme; Verhalten gegen
Alkalien; Verhalten gegen Benzin; Verhalten gegen Alkohol; Alizarin; Absorptions
streifen in der Nähe des Roth; Lange orangefarbene Nadeln (durch Sublimation);
Sublimirt leicht; Blaupurpurfarbene Lösung; Löslich; Löslich mehr in der Wärme
als in der Kälte; Purpurin; Ein Streifen in der Nähe des Roth und ein anderer in
der Nähe des Gelb; Rothe Nadeln (sublimirt und aus Alkoholkrystallisirt);
Sublimirt, indem es sich großentheils zersetzt; Pseudopurpurin; Feine
ziegelrothe Nadeln (aus Benzin krystallisirt); Rothe Lösungen; Sehr wenig
löslich, selbst in der Wärme; Orangefarbstoff; Keine Streifen; Klümpchen
(krystallisirt aus Alkohol); Zersetzlich und gibt Purpurin; Unlöslich; Sehr
leicht löslich; Purpuroxanthin; Gelbe Nadeln (sublimirt aus Alkohol u. Benzin);
Sublimirt; Gelbe Lösung
Verhalten in der Färberei.
Alizarin.
Purpurin undOrangefarbstoff.
Pseudopurpurin.
Purpuroxanthin.
Solide Farben, die der Seife und dem
Königswasser widerstehen.
Solide Farben, die der Seife und dem
Königswasser ziemlich gut widerstehen.
Farben, die durch Seife
und Königswasser
vollständig vertilgt werden.
Wenig ächte Nüancen.
In's Violett ziehendes Roth.
Sehr lebhaftes Roth.
Etwas ziegelfarbenes Roth.
Orangegelb mit Thonerde.
Sehr reines Violett.
Trübes und grauliches Violett.
Blasses Violett.
Blasses Grau mit Eisenbeizen.
Die letztere Tabelle zeigt, daß die verschiedenen Krappfarbstoffe sich durch ihr
Verhalten in der Färberei deutlich unterscheiden. Das Purpurin und der
Orangefarbstoff, der ein Hydrat des Purpurins darstellt, zeigen in dieser Beziehung
keinen Unterschied, doch läßt die leichte Löslichkeit des letzteren Körpers in
Alkohol keinen Zweifel darüber, daß man es hier mit verschiedenen Körpern zu thun
hat. Die Aechtheit der von den verschiedenen Farbstoffen gelieferten Nüancen scheint
in umgekehrtem Verhältniß zu dem im Verhältniß zum Wasserstoff überschüssigen
Sauerstoff zu stehen. Je mehr der Sauerstoff zunimmt, desto mehr gehen die Farben
aus Violettroth in reines Roth, dann in Ziegelroth, und aus reinem Violett in
schmutziges und graues Violett über. Eine genaue Beachtung dieser Verschiedenheiten
gestattet dem Fabrikanten, je nach seinen Zwecken die verschiedenen Farbstoffe in
geeigneten Verhältnissen zu mischen, und liefert auch die Erklärung für die
Verschiedenheit des Krapps von verschiedenem Ursprung. So ist die geringe Aechtheit
der Farben aus Elsasser Krapp nicht nur durch die Abwesenheit von Kreide in
letzterem verursacht, sondern hauptsächlich durch einen starken Gehalt von
Pseudopurpurin, welches im Avignonkrapp fehlt. So liefert auch das Garancin weniger
ächte Nüancen als die Krappblume. Man hat den Grund dafür in der Gegenwart einer
kleinen Menge Schwefelsäure gesucht, die an dem Faserstoff trotz andauernder
Waschung haften bleibt. Es ist aber weit wahrscheinlicher, daß der Farbstoff, der in
der Krappblume mit Kalk verbunden ist, der Purpuringruppe angehört und daß man ihn
dadurch, daß man ihn durch eine Säure frei macht, zwar farbkräftiger macht, aber
unter Verminderung der Aechtheit; das Purpurin hat mehr Verwandtschaft zu den Basen
als das Alizarin. (Musterzeitung für Färberei etc., 1870, Nr. 30.)