Titel: Der elektromagnetische Pantelegraph von Bernhard Meyer in Uffholtz (Elsaß).
Fundstelle: Band 197, Jahrgang 1870, Nr. CXXIV., S. 489
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CXXIV. Der elektromagnetische Pantelegraph von Bernhard Meyer in Uffholtz (Elsaß). Nach dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse, t. XL p. 197; April 1870. Mit Abbildungen auf Tab. IX. Meyer's elektromagnetische Pantelegraph. Von den vielen Auto- , Typo- und Pan-Telegraphen, welche in der jüngeren und jüngsten Zeit erfunden wurden, haben sich trotz ihrer großen Anzahl und mitunter höchst scharffinnigen Construction doch nur sehr wenige in der Praxis bewährt. Eigentlich ist es nur der Hughes'sche Apparat, welcher eine größere Verbreitung gefunden hat.Die Hauptstationen der Staatstelegraphen in Frankreich, Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Indien und Persien arbeiten mit Hughes'schen Apparaten; auch einige amerikanische Telegraphengesellschaften haben solche in Anwendung. (Eine detaillirte Beschreibung und Abbildung des Hughes'schen Typendruck-Telegraphen ist im polytechn. Journal, 1867, Bd. CLXXXIV S. 1 mitgetheilt.) Nun dürfte vielleicht auch der Meyer'sche PantelegraphEine Notiz über die Construction desselben wurde im polytechn. Journal, 1866, Bd. CLXXXII S. 482 mitgetheilt. eine allgemeine Anwendung finden, da er sich auf den Linien Paris-Lyon und Marseille-Bordeaux, wo er bereits den Caselli'schen Apparat verdrängt hat, bewährt. Schon die verhältnißmäßig große Einfachheit der Construction der Meyer'schen Apparate spricht für die erhöhte Lebensfähigkeit dieses Systemes. Die Haupttheile eines solchen Apparates – welcher in Figur 11 und 12 dargestellt ist – sind: a) die Vorrichtung zum Abgeben der Depeschen; b) die Vorrichtung zum Aufnehmen der Depeschen; c) das Laufwerk; d) der Regulator. Die Vorrichtung zum Abgeben der Depeschen besteht aus der cylindrischen metallenen Walze A, zu welcher die Luftlinie zugeleitet ist. Weiters aus der parallel zu A liegenden Schraubenspindel E, auf welcher eine Mutter D läuft, die mit der Metallzunge C, B fest verbunden ist. Diese Metallzunge ist bei s mit einer Platinspitze versehen, welche auf dem Cylinder A aufruht. Bei C, B schließt sich auch die Leitung zu einem Pole der galvanischen Batterie an. In dieser Lage wird sonach von der Luftleitung zu A, von A durch s zu B, C und von da zur Batterie der Stromgang offen seyn. Die Walze A, und Schraubenspindel E sind mit dem Laufwerke verbunden und können durch dasselbe in rasche rotirende Bewegung versetzt werden. Die Vorrichtung zum Aufnehmen der Depeschen besteht aus dem eisernen Cylinder H, auf welchem ein nach außen hervorragender Schraubengang M, N angebracht ist. Die Steigung dieser Schraube ist genau gleich dem Umfange des erwähnten Cylinders H. Die zu H parallel liegende Walze O dient um auf die Schraube M, N gleichmäßig Farbe (Druckerschwärze) zu bringen. Ein Haupttheil der Aufnehmvorrichtung ist ein großer starker natürlicher Magnet L und der im Winkelhebel G, G' angebrachte Elektromagnet. Die Hebelvorrichtung G, G' ist aus zwei gleichen paralellen und steifen, mit einander verbundenen Winkelstücken zusammengesetzt; diese drehen sich um die Achse C; die Arme G sind durch ein keilförmiges Stahlprisma verbunden. Eine allfällige Bewegung dieser Hebelvorrichtung wird bei V und V' durch die Stellschraube begrenzt. Der Elektromagnet besteht aus einem einzigen cylindrischen Eisenkern K und einer Multiplication K' mit geringem Widerstand. Das eine Ende derselben schließt zur Luftleitung, das andere zur Erdleitung an. Die Schaltung der Multiplication in der Linie ist so, daß die Pole des bei geschlossenem Stromkreise magnetisch gewordenen Eisenkernes den gleichnamigen des natürlichen Magnetes L gegenüber liegen. Es würden sonach bei geschlossener Linie die beiden Magnete sich intensiv abstoßen, und dadurch das ganze System G, G' so weit hinweg gedreht werden als dieß die Stellschraube V' zuläßt; wäre hingegen der Stromkreis unterbrochen, so würde der Elektromagnet keinen Magnetismus besitzen und sonach vom natürlichen Magnet angezogen werden, und mit ihm gleichzeitig das ganze System G, G' so weit es die Stellschraube V zuläßt. Diese ist nun so eingestellt, daß sich das Prisma T bis auf eine Entfernung welche der Dicke des zur Aufnahme verwendeten Papieres entspricht, dem Schraubengang M, N nähern kann. Ein weiterer Theil der Vorrichtung zum Aufnehmen ist ein Papierstreifen von der Breite des normalen Depeschenformates. Dieser Papierstreifen ist auf die lose Rolle F gewickelt, läuft dann über die Walze P, hernach über T und wird endlich von den Frictionsrollen I und J herausgezogen. Die rotirende Bewegung der Walzen H und O, und der Rollen P, I und J wird durch das Laufwerk bewerkstelligt. Das Laufwerk selbst besteht aus der Trommel R, auf welcher das bewegende Gewicht hängt, und den Transmissionen welche nöthig sind die Bewegung zu den bereits früher angeführten Zwecken zu übertragen. Der Regulator, ein stehendes conisches Pendel, ist ganz ähnlich eingerichtet wie bei den Hughes'schen Apparaten. Die Justirung des Regulatorpendels geschieht mit einer Mikrometerschraube. Soll am Meyer'schen Pantelegraphen eine Depesche abgegeben Werden, so ist es vor Allem nothwendig daß die Apparate der correspondirenden Stationen synchronistisch eingestellt sind. Der Vorgang beim Geben und Nehmen von Telegrammen ist nachfolgender. Die abzugebende Depesche wird mit einer isolirenden Tinte auf ein Stück Silber- oder Zinkpapier, wie solches im Handel vorkommt, geschrieben; diese Originaldepesche wird dann um den Uebertragungscylinder A gewickelt, und das Laufwerk der Apparate beider Stationen ausgelöst. In der gebenden Station bewegt sich die Zunge B, C längs der Spindel E und der Platinstift s überläuft die Originaldepesche, welche gleichzeitig mit der Walze A in Schraubenwindungen von circa 1/3 Millimeter Ganghöhe rotirt. So lange der Stift über Metallpapier läuft, bleibt der Stromkreis geschlossen und in der Aufnahmsstation das laufende Papier weiß; wenn jedoch der Stift eine Stelle passirt, welche mit isolirter Tinte beschrieben ist, so erfolgt die Unterbrechung des Stromes und der Elektromagnet K wird vom natürlichen Magnet L angezogen, d.h. das über das Zuführprisma T laufende Papier erhält ein Zeichen von einer Länge welche genau der Dauer der Unterbrechung entspricht. Die Schraube M, N übt hier dieselbe Function aus wie das Hughes'sche Typenrädchen und es muß, wenn die Dimensionen der correspondirenden Apparatbestandtheile und deren Bewegungen genau übereinstimmen, am Papierstreifen auch das correcte Bild der Originaldepesche in Farbe erscheinen. In dem von Joulin der Société industrielle de Mulhouse erstatteten Berichte wird angeführt, daß Meyer's Apparat 100 Stromschließungen in der Secunde zulasse. Auf die zwischen Paris und Lyon in Verwendung stehenden Apparate seyen anfänglich 30 Depeschen in der Minute abgegeben worden, während gegenwärtig 40 per Minute (?) expedirt würden, und die Geschwindigkeit noch vergrößert werden könne. L. K.

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