Titel: | Zur Kenntniß des Aldehydgrüns; von Prof. A. W. Hofmann. |
Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. XVII., S. 78 |
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XVII.
Zur Kenntniß des Aldehydgrüns; von Prof.
A. W.
Hofmann.
Aus den Berichten der deutschen chemischen
Gesellschaft zu Berlin, 1870, Nr. 14.
Hofmann, über die Zusammensetzung des Aldehydgrüns.
Die Aufschlüsse, welche die von mir mit Hrn. C. Girard
ausgeführte Untersuchung über die Natur des JodgrünsPolytechn. Journal, 1869, Bd. CXCIV S. 66. gegeben hatte, mußten
den Wunsch rege machen, auch die Zusammensetzung des Aldehydgrüns zu ermitteln.
Durch die Güte des Hrn. Dr. H. Buff in Crefeld war ich im Besitz einer größeren Menge dieses merkwürdigen
Körpers, und habe mich in den letzten Monaten vielfach bemüht, die Zusammensetzung
desselben festzustellen.
Das bleiartige Rohproduct enthält noch Natriumsulfat und Natriumacetat; durch Waschen
mit warmem Wasser wurde es von diesen beiden, sowie allen übrigen
Mineralbestandtheilen befreit, so daß eine Probe auf dem Platinblech verbrannt
keinen feuerbeständigen Rückstand hinterließ. Es sind viele Versuche angestellt
worden, die so gereinigte Substanz zu krystallisiren oder in eine krystallisirte
Verbindung überzuführen, alle ohne Erfolg. Es blieb nichts anderes übrig, als das
ausgewaschene Grün in Alkohol zu lösen und die Lösung mit Aether zu fällen. Diese
Operation wurde zur Sicherung eines möglichst reinen Präparates mehrfach wiederholt.
Die schön grüne amorphe Substanz erwies sich schwefelhaltig; im Vacuum getrocknet
lieferte sie folgende Zahlen:
I.
II.
III.
Kohle
63,71
63,61
63,89
Wasserstoff
6,83
6,67
6,43
Schwefel
14,99
14,66
14,85
Diesen Procenten entspricht sehr nahe die Formel
C²⁷H²⁷N³S²O,
welche folgende Werthe verlangt:
Theorie
C²²
264
63,93
H²⁷
27
6,54
N³
42
10,17
S²
64
15,49
O
16
3,87
–––––
––––––
413
100,00
Man könnte sich das Aldehydgrün gebildet denken durch das Zusammentreten von 1 Mol.
Rosanilin, 1 Mol. Aldehyd und 2 Mol. Schwefelwasserstoff, welche bei der Darstellung
– Einwirkung von Aldehyd auf ein Rosanilinsalz in Gegenwart von
unterschwefligsaurem Natrium – möglicherweise zusammentreffen können
C²⁰H¹⁹N³ + C²H⁴O
+ 2H²S = C²²H²⁷N³S²O.
Ich bin indessen weit entfernt, die angeführte Formel als den wahren Ausdruck für die
Zusammensetzung des Aldehydgrüns zu betrachten. Weder in der Bildungsweise noch in
den Metamorphosen dieses Körpers habe ich bisher die nöthigen Garantien für die
Richtigkeit der gegebenen Formel finden können, und ich würde diese unfertigen
Resultate nicht veröffentlicht haben, wenn nicht die Zeitverhaltnisse mich
wahrscheinlich während einer längeren Periode verhindern werden, diese Untersuchung
weiter zu verfolgen.
Schließlich mag nur noch die Richtung angedeutet werden, in welcher ich den Schlüssel
zur Erkenntniß des Aldehydgrüns zu finden hoffe. Die Rosanilinsalze werden auch ohne
Gegenwart von Aldehyd durch Behandlung mit Natriumhyposulsit in eine schwefelhaltige
Substanz umgewandelt, deren offenbar weit einfachere Zusammensetzung – so
darf man annehmen – sich dem Versuche zugänglicher erweisen wird. Auf die
Kenntniß analoger Vorgänge gestützt, wird man alsdann leichter die bei der Analyse
des Aldehydgrüns aufgefundenen Zahlen richtig interpretiren können.