Titel: | Chemisch-technische Notizen; von Prof. Dr. H. Schwarz in Graz. |
Autor: | H. Schwarz |
Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. XXXIV., S. 154 |
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XXXIV.
Chemisch-technische Notizen; von Prof. Dr.
H. Schwarz in
Graz.
Schwarz, chemisch-technische Notizen.
1) Ueber ein abweichendes Verhalten des
Mahrenberger Magnesits.
Bei Versuchen über die Darstellung des Sorel' schen
Magnesiacementes kam ich dazu, auch den in Mahrenberg in Steiermark in großen Mengen
vorkommenden Magnesit zu versuchen. Derselbe ist grau, durchscheinend und
krystallinisch; ausgebildete Krystalle fehlen, es zeigen sich aber dieselben
Durchgänge wie bei Kalkspath. Derselbe enthält nach der Analyse in 100 Theilen:
kohlensaure Magnesia
92,52
kohlensauren Kalk
3,55
kohlensaures Eisenoxydul
3,79
unaufgelösten Sand
0,14
––––––
100,00
Beim Glühen entweichen 50,49 Proc. Kohlensäure. Indem dabei das kohlensaure
Eisenoxydul in Oxyd übergeht, wird natürlich ein kleiner Theil des entstehenden
Kohlensäureverlustes durch aufgenommenen Sauerstoff wieder compensirt. Wenn dieß
berücksichtigt wird, so muß die vorhandene kohlensaure Magnesia 48,41 Proc., der
kohlensaure Kalk 1,51 Proc., das kohlensaure Eisenoxydul 1,17 Proc. (Summa 51,09
Proc.) Kohlensäure verlieren.
Merkwürdiger Weise erhärtete die so erhaltene gebrannte Magnesia mit der
Chlormagnesiumlösung nicht, sondern blieb tagelang weich, während ein gleiches
Präparat aus dem amorphen Frankensteiner Magnesit rasch erstarrte. Dieser letztere
ist bedeutend reiner, fast vollkommen frei von Kalk und Eisen, und sehr schön weiß.
Er ergab nach der Analyse 98,47 Proc. kohlensaure Magnesia und 1,53 Proc.
kieselartiges Gestein (Serpentin), und verlor beim vollständigen Brennen 51,57 Proc.
Kohlensäure.
Ich glaubte anfangs, das Nichterhärten rühre von der Gegenwart von Kalk respective
Eisen her, indem der vorhandene gebrannte Kalk das Chlormagnesium zerlege, das
erzeugte Chlorcalcium aber an der Luft zerfließe und nicht von der Magnesia gebunden
werden könne. Indessen der amorphe Magnesit von Friedau (mit 2,38 Proc. Kalk und
0,43 Proc. Eisenoxyd in dem gebrannten Präparat) erhärtet schnell und sicher, und
ein Zusatz von kohlensaurem Kalk und kohlensaurem Eisenoxydul (Spatheisenstein) zu
gepulvertem Frankensteiner Magnesit, und nachträgliches Brennen gab eine Mischung,
die dem gebrannten Mahrenberger Magnesit in der Zusammensetzung vollkommen gleich
war und doch ebenso schnell wie der gebrannte reine Magnesit erhärtete.
Es lag also der Gedanke nahe, daß sich der Mahrenberger und Frankensteiner Magnesit
ebenso zu einander verhalten wie der Kalkspath zum Arragonit, und daß hierin trotz
der gleichen Zusammensetzung das verschiedene Verhalten zum Chlormagnesium begründet
sey.
War dieß der Fall, so stand auch zu erwarten daß die beiden Varietäten verschiedenes
specifisches Gewicht zeigen würden.
Der Kalkspath hat bekanntlich das specifische Gewicht 2,700 nach Karsten, der Arragonit das von 2,945 nach Breithaupt.
Bei der Bestimmung des spec. Gewichtes im Pyknometer zeigte der Mahrenberger
krystallisirte Magnesit, bei 15°C., als grobes Pulver 2,9909, als feines
Pulver 2,994 spec. Gewicht. Der amorphe Frankensteiner Magnesit besaß ein spec.
Gewicht von 2,990, also keine irgend erhebliche Differenz. Das in ersterem
enthaltene kohlensaure Eisenoxydul vom spec. Gewicht 3,7–3,9 muß zur
Erhöhung, der in der Form des Kalkspaths vorhandene kohlensaure Kalk zur
Erniedrigung des spec. Gewichtes etwa in gleichem Maaße beitragen, so daß eben nur
das spec. Gewicht des krystallisirten Magnesits gefunden wird. Dieses ist demnach
mit dem des amorphen übereinstimmend.
2) Ueber den Wocheinit.
In der Wochein in Krain sind reiche Lager des sogen. Bauxits, des bekannten
Thonerdehydrats aufgefunden worden, welche theils mit Eisenoxyd verunreinigt, roth
gefärbt, auch gebändert, theils fast eisenfrei vorkommen. Diese letztere Varietät,
welche in reichlicher Menge vorkommt, läßt sich, wie Versuche im Großen gezeigt
haben, mit großem Vortheil als Chamottezusatz zu feuerfestem Thon verwenden und das
Gemisch zu Ziegeln, Tiegeln u.s.w. verarbeiten, die den äußersten Hitzegraden
erfolgreich Widerstand leisten. Dünnwandige Wannen daraus sind an den heißesten
Stellen einer Siemens'schen Glasofenfeuerung mehrere Tage
ganz unverändert geblieben, indem die Masse weder abschmolz noch erweichte.
Zwei Theile gebrannter Wocheinit, mäßig fein gepulvert und dann mit 1–2
Theilen frischem Göttweiher Thon versetzt, ergaben die besten Resultate. Zur
alleinigen Verwendung ist die Masse zu wenig plastisch, selbst wenn man sie vorher
pulvert und siebt. Sie dürfte besonders für Gußstahlschmelztiegel und andere die
höchsten Grade der Feuerfestigkeit erfordernde Verwendungen bald eine bedeutende
Rolle spielen. Es erklärt sich die Feuerfestigkeit übrigens leicht durch die
Zusammensetzung. Eine Probe des hellgrauen Wocheinits ergab nämlich bei der Analyse
in 100 Theilen:
Thonerde
56,32
Kieselsäure
11,28
Eisenoxyd
1,60
Wasser
24,20
–––––
98,90
Daneben Spuren von kohlensaurem Kalk, Mangan u.s.w. Man darf sich durch den Gehalt
von 1,60 Proc. Eisenoxyd nicht irre machen lassen, indem dieses nur bei einem
relativ hohen Kieselsäuregehalt flußbefördernd wirkt. Die ausgezeichneten Richters'schen Untersuchungen haben den wesentlichen
Einfluß, den das Ueberwiegen der Thonerde auf die Feuerfestigkeit bei den höchsten
Hitzegraden hat, zur Evidenz nachgewiesen. Es leuchtet ein, daß diese Sorte
Wocheinit ein vortreffliches Mittel ist, um durch ihren Zusatz den Thonerdegehalt
anderer feuerfester Thone und damit die Feuerfestigkeit bei den höchsten Hitzegraden
nach Belieben zu steigern.
Durch bloßes Kochen mit Aetznatronlauge, besonders unter Druck im Papin'schen Topfe, werden 30–35 Proc. Thonerde
gelöst. Durch Glühen mit NaO, CO² erhielt ich 53 Proc. reine Thonerde in Lösung. Durch Kochsalz
im Wasserdampfstrome und durch Schmelzen mit schwefelsaurem Natron allein wurde
keine Aufschließung und Bildung von Thonerde-Natron bewirkt; dagegen erfolgte
die Zersetzung des letzteren Salzes schon bei mäßiger Rothgluth, sobald man der
Mischung auf ein Aequivalent Thonerde und ein Aequivalent schwefelsaures Natron noch
ein Aequivalent Kohle (Holzkohlenpulver) zufügte. Aus 100 Theilen Wocheinit wurden
so 38 Theile Thonerde und die entsprechende Menge kohlensaures Natron gewonnen. Bei
inniger Mischung und längerer Dauer des Glühens dürsten die Resultate noch günstiger
ausfallen.
Die Zersetzung geht nach der Formel:
Al²O³ + NaO + SO³ + C = Al²O³
+ NaO + SO² + CO
vor sich.
Es entwickelt sich eine reichliche Menge schweflige Säure und Kohlenoxydgas. Noch
leichter erfolgt die Zersetzung des salpetersauren Natrons durch den Wocheinit. Es
wird Salpetersäurehydrat und Thonerdenatron gebildet. Mäßig verdünnte Schwefelsäure
mit Wocheinitpulver zusammengebracht und schwach erwärmt, bilden unter starker
Erhitzung schwefelsaure Thonerde in reichlicher Menge, die sich leicht durch heißes
Wasser ausziehen und von der ungelöst gebliebenen Kieselsäure trennen läßt. Leider
löst sich auch das Eisenoxyd mit auf. Die erhaltene schwefelsaure Thonerde ist daher
nicht so rein, als die auf dem Umwege durch Glühen von kohlensaurem Natron mit
Wocheinit, Lösen des Thonerdenatrons, Zersetzen desselben mit Kohlensäure und
Auflösen der gefällten Thonerde in Schwefelsäure gewonnene.
Man kann übrigens durch Eindampfen der schwefelsauren Thonerde zur Krystallisation
und Ablaufenlassen der Krystalle auf porösen Flächen von Gypsguß (oder besser
schwach gebrannten Thonsteinen) den Eisengehalt fast vollständig entfernen. Ein
Versuch, das Eisen durch Glühen des Wocheinits unlöslicher zu machen, oder es durch
Glühen mit Salmiak als Eisenchlorid zu verflüchtigen, gelang nicht, oder nur
unvollkommen.
3) Ueber Darstellung des chromsauren
Kalis.
Dieselbe findet jetzt vielfältig in der Art statt, daß man höchst fein zertheilten
Chromeisenstein mit Kalkpulver und schwefelsaurem Kali im Flammofen längere Zeit bei
mäßiger Rothgluth behandelt. Der Chromeisenstein wird geglüht, um ihn mürbe zu
machen, abgelöscht, gepocht, unter Kollersteinen gemahlen, dann in einem Luftstrom
geworfen und dadurch sortirt, endlich auch wohl naß gemahlen und geschlämmt. Den
möglichst reinen Kalk bringt man durch Eintauchen in Wasser zum Zerfallen, mengt ihn mit dem
gemahlenen Chromeisenstein und dem gepulverten schwefelsauren Kali, und macht dann
das Gemisch mit einer concentrirten heißen Lösung des schwefelsauren Kalis an. Indem
man diesen Brei in hölzerne, cylindrische Formen stampft und die erhaltenen Stücke
dann längere Zeit im Flammofen mit oxydirender Flamme behandelt, wird ein großer
Theil des Chromoxydes in Chromsäure verwandelt.
Man kocht die zerkleinerte Masse aus, und setzt der gelben Lauge so lange
Schwefelsäure zu, bis das neutrale Chromsalz in saures übergeführt ist, welches sich
beim Erkalten absetzt. Das beim Abdampfen aus der Mutterlauge fallende schwefelsaure
Kali kehrt in den Kreis der Fabrication zurück. Bei guter Leitung der Operation soll
nur wenig Chromoxyd im Rückstande bleiben.
Als ich, um diese Reaction zu prüfen, 1/2 Aequivalent geglühtes Chromoxyd mit 1
Aequivalent Kalk und 1 Aequivalent schwefelsaurem Kali mengte, und das trockene
Gemisch im offenen Platintiegel über der Gasflamme glühte, zeigten sich nur 38 Proc.
des Chromoxydes zu Chromsäure oxydirt. Als ich das Glühen in der Muffel bei mäßiger
Rothgluth wiederholte, fand ich 71,8 Proc. des Chromoxydes oxydirt. Das vorherige
Anfeuchten gab kein erheblich besseres Resultat. Auch ohne die Gegenwart des
schwefelsauren Kalis erfolgt schon durch die Affinität des Kalkes allein die
Oxydation.
1 Aeq. Cr²O³ und 2 Aeq. CaO, möglichst innig gemischt und in der Muffel
roth geglüht, geben ein hellgelbes Pulver, welches so viel Chromsäure enthält als 85
Proc. des angewendeten Chromoxydes entspricht.Ein vorhergehendes Anfeuchten vermehrt die Berührungspunkte und erscheint
daher nöthig. Eine trockene Mischung ergab, daß sich 79 Proc.
Cr²O³ oxydirt hatten. Das schwefelsaure Kali
bewirkt daher vielleicht erst beim Auflösen die Bildung des chromsauren Kalis, indem
gleichzeitig schwefelsaurer Kalt entsteht. Man könnte es dann beim Glühen ganz
weglassen und den chromsauren Kalk direct durch saures schwefelsaures Kali
zersetzen:
2 (CaO + Cr²O³) + KaO + 2 SO³ = KaO + 2
Cr²O³ + 2 (CaO + SO³).
Der chromsaure Kalk ist im Wasser löslicher als der
schwefelsaure Kalk, dem er sonst sehr ähnelt. Bekanntlich stehen sich Chromsäure und
Schwefelsäure in ihrem Verhalten zu einigen Basen und ihrer Verwandtschaftskraft
sehr nahe. Eine mit chromsaurem Kalk gesättigte kalte Lösung enthält 2,88 Proc.
desselben; ein Theil ist demnach in circa 34 Theilen
Wasser löslich. Es gehört indessen längere Zeit dazu, um diese geglühte Masse
vollkommen zu lösen. Man könnte dieselbe in der Färberei z.B. als pulverförmigen Zusatz
beim Anilinschwarz, auch vielleicht bei den Catechu- und anderen
Gerbstofffarben brauchen, vielleicht auch zum Blauholzschwarz, indem man ein Gemisch
davon mit Blauholzextract aufdruckte und nun an feuchter Luft hängen ließe oder
dämpfte. Ich bin ferner davon überzeugt, daß die von Spence angegebene Methode, den chromsauren Kalk dadurch zur Chlorerzeugung
zu verwenden, daß man ihn mit Salzsäure kocht und das entstandene Chromchlorid durch
Fällen mit Kalküberschuß und Calciniren in der Muffel wieder in chromsauren Kalk
verwandelt, auf ganz rationeller Basis beruht.
4) Ueber die Zersetzung des Chlorkaliums
durch schwefelsaure Magnesia.
Diese Zersetzung geht bekanntlich nicht ganz glatt vor sich. Anstatt daß sich
schwerlösliches schwefelsaures Kali und zerfließliches Chlormagnesium bilden, nach
der Formel ClKa + MgO + SO³ = KaO + SO³ + ClMg, entstehen Doppelsalze,
einerseits von schwefelsaurem Kali mit schwefelsaurer Magnesia, andererseits von
Chlorkalium mit Chlormagnesium. Als ich 1 Aeq. Chlorkalium und 1 Aeq. Bittersalz
mischte, auflöste und allmählich abdampfte, erhielt ich zuerst eine gut ausgebildete
Krystallisation, welche enthielt:
gefunden
berechnet
KaO
22,18 Proc.
1 Aeq. KaO
23,38 Proc.
MgO
9,69 „
1 „ MgO
9,96 „
SO³
40,82 „
2
„ SO³
39,80 „
Wasser
26,72 „
6 „ HO
26,86 „
–––––––––
–––––––––
99,41
100,00
also das bekannte Kali-Magnesia-Doppelsalz.
Durch Umkrystallisiren dieses Doppelsalzes aus ungenügender Menge Wasser erhielt
ich:
a) einen Rückstand von reinem schwefelsauren Kali (mit
46,07 Proc. Schwefelsäure statt 45,42 wie es das Aequivalentverhältniß
verlangt);
b) aus der Lösung eine erste Krystallisation, welche aus
dem unveränderten Doppelsalze KaO + SO³, Mg + SO³ + 6 Aq bestand, mit 39 Proc. Schwefelsäure und 26,89
Proc. Wasser;
c) es folgte ein Salz, in welchem entsprechend dem
ausgeschiedenen schwefelsauren Kali nun die schwefelsaure Magnesia vorwaltete,
dasselbe enthielt:
KaO + SO³
25,12 Proc.
MgO + SO³Wasser
36,21 „38,65 „
5,66 beim Glühen32,49 bis 100° C
weggehend
–––––––––
99,98
Bei einem Salz voll der Zusammensetzung
KaO + SO³2 MgO + SO³
+ 2 HO + 12 HO würde die Zusammensetzung fordern:
KaO + SO³
26,17 Proc.
2 MgO + SO³
36,01 „
2 HO
5,40 „
12 Aq
32,41 „
Man könnte indessen auch annehmen, daß hier nur ein Gemisch von dem
Kali-Magnesia Doppelsalze mit Bittersalz vorliege. Es mühte demnach durch
wiederholte fractionirte Auflösung und Krystallisation endlich eine Trennung von
schwefelsaurem Kali und schwefelsaurer Magnesia zu erreichen seyn.
Die von dem ersten Doppelsalze abgegossene Flüssigkeit lieferte bei weiterem
Abdampfen eine Krystallisation, welche nach gehörigem Abtrocknen auf einem größeren
Ziegelsteine bei der Analyse ergab:
gefunden
berechnet
Schwefelsaures Kali
37,83 Proc.
2 Aeq.
40,18 Proc.
Chlorkalium
36,78 „
2 „
34,44 „
Chlormagnesium
10,56 „
1 „
10,86 „
Krystallwasser
14,43 „
7 „
14,53 „
Ebenso gut könnte man natürlich gruppiren
KaO + SO³ + MgO + SO³ + 6 Aq + 3 ClKa,
und die ziemlich bedeutende Differenz der Analyse wäre dann
durch Beimengung von Chlorkalium und etwas Feuchtigkeit zu erklären. Es scheint, daß
hier zuerst ein Gemisch des Kali-Magnesia-Doppelsalzes gleichzeitig
mit Carnallit herauskrystallisirt, das aber beim Liegenlassen auf dem Stein, indem
das hygroskopische Chlormagnesium in denselben eindringt, Chlorkalium zurückläßt.
Die folgenden Krystallisationen enthielten hauptsächlich Carnallit, die letzte
Mutterlauge fast reines Chlormagnesium.
Daß natürlich hier nur Salzgemische, nicht genau definirte Verbindungen vorliegen,
leuchtet ein. Ich wollte nur ein Bild davon geben, wie sich die aus 1 Aeq.
schwefelsaurer Magnesia und 1 Aeq. Chlormagnesium entstehenden Verbindungen nach und
nach abscheiden.