Titel: | Vorschlag eines neuen Bathometers; von Dr. H. Emsmann, Professor zu Stettin. |
Autor: | August Hugo Emsmann [GND] |
Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. XL., S. 185 |
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XL.
Vorschlag eines neuen Bathometers; von Dr.
H. Emsmann, Professor zu
Stettin.
Emsmann, Vorschlag eines neuen Bathometers.
Die bis jetzt besten Apparate zum Sondiren großer Meerestiefen sind die Bathometer
von Brooke und von Aimé. Bei dem Brooke'schen Bathometer geht
bekanntlich (man vergl. Maury, die physische Geographie
des Meeres, deutsch von Böttger, Leipzig 1856, S. 197)
die in einen Stab endigende Sonde mitten durch eine massive Eisenkugel, welche beim
Aufstoßen des Stabes auf den Meeresgrund sich auslöst und abgleitet. Jeder Versuch
kostet eine Kugel. Bei dem Bathometer von Aimé
hakt sich das Senkblei aus, sobald man an dem tragenden Seile einen Bleiring
hinabfallen läßt. Der Verlust des Senkbleies tritt hier ebenso ein, wie vorher der
Verlust der Kugel. (Man vergl. den Artikel Bathometer in:
Physikalisches Handwörterbuch von A. H. Emsmann, Leipzig
1865, wo beide Apparate abgebildet sind.) Bei dem ersten Apparate befördert das an
dem Seile hängende Gewicht der Kugel, bei dem zweiten das des Senkbleies beim
Herablassen das Unterfinken, während durch die Gewichtsverringerung in Folge des
Abfallens der Kugel, resp. des Senkbleies das Heraufziehen wesentlich erleichtert
wird.
Beide Apparate sind unstreitig sehr sinnreich, was auch in hohem Grade von dem
Bathometer gilt, welches die Gebrüder S. E. und G. L. Morse (polytechn. Journal, 1869, Bd. CXCII S. 103) in Vorschlag gebracht
haben. Dieses Bathometer sinkt ohne Leine, löst beim Aufstoßen auf den Grund das
anhängende Gewicht aus und steigt durch den dadurch größer gewordenen Auftrieb
empor, während aus dem Stande des Quecksilbers in einer Glasröhre, welche mit dem
Apparate durch eine a. a. O. näher angegebene Einrichtung in Verbindung steht, auf
die erreichte Tiefe geschlossen wird. Auch hier geht das Gewicht verloren. Mein
Vorschlag bezweckt nun bei den mit einem Seile versehenen Bathometern – und
auch bei dem Morse'schen Apparate dürfte das Princip ausführbar seyn –
den jedesmaligen Verlust des beschwerenden Körpers zu vermeiden, wie sich aus
Folgendem ergeben wird.
Bei dem Herablassen des Bathometers kommt es darauf an, daß der Apparat bis zur
größten Tiefe mehr wiegt, als das von demselben verdrängte Wasser; beim Heraufziehen
ist es im Gegentheil wünschenswerth, daß der Apparat ein geringeres Gewicht, als das
von ihm verdrängte Wasser besitzt, um einen Auftrieb zu erhalten.
Denken wir uns an der Stange des Brooke'schen Bathometers
statt der Kugel einen metallenen Hohl-Cylinder, durch dessen Achse eine Röhre
zur Aufnahme der Stange geht, aufgesetzt. Der Boden des Cylinders erhalte außen
einen halbkugelförmigen oder kegelförmigen mit Blei ausgefüllten Ansatz, um beim
Untersinken das Wasser leichter zu zertheilen und um in möglichst kleinem Raume das
nöthige Gewicht zu gewinnen. An der Stange seyen zwei Verdickungen in etwas größerem
Abstande, als die Röhrenlänge des aufgesteckten Cylinders beträgt, so daß dieser
sich auf der Stange hin- und herschieben läßt, aber nicht abfallen kann. Der
obere Cylinderrand trage nach innen zu seiner Verstärkung einen metallenen Ring und
dieser stehe mit der Röhre durch metallene Speichen in fester Verbindung; im Inneren
des Cylinders werde aber ein Kolben angebracht, der an der Röhre und Cylinderwand
luftdicht anschließt. Dicht über dem Boden sey in der Cylinderwand eine durch eine
Schraube luftdicht verschließbare Oeffnung, so daß erstens bei Abnahme der Schraube
der Kolben unter Entweichung der Luft durch die entstandene Oeffnung bis nahe an den
Boden herabgedrückt werden kann, und zweitens um durch diese Oeffnung in den Raum
zwischen dem Boden und Kolben eine – weiterhin noch zu erwähnende –
Ladung einführen zu können. In dieser Stellung des Kolbens und nach eingebrachter
Ladung ist der Cylinder zum Einsenken fertig, wobei nur noch zu bemerken ist, daß
derselbe genau dieselbe Aufhängung haben kann, wie die Kugel bei dem Brooke'schen Bathometer.
Sowie die Stange den Grund berührt, wird eine Auslösung des Cylinders eintreten und
derselbe bis auf die unter ihm an der Stange angebrachte Verdickung herabfallen. Nun
geht mein Vorschlag weiter dahin, daß in diesem Augenblicke ein durch den Boden des
Cylinders luftdicht hindurch gehender und etwas hervorragender Stift durch Aufstoßen
auf die Verdickung des Stabes die Explosion eines zwischen dem Boden und dem Kolben
eingeschlossenen Stoffes bewirkt, so daß der Kolben bis zu dem Ringe und den
Speichen am oberen Rande des Cylinders emporgetrieben wird. Hierdurch würde das
Gewicht des Apparates nicht vermehrt, wohl aber sein Volumen bedeutend, und da nun
der Apparat an seinem
Gewichte so viel verliert, wie die jetzt von ihm verdrängte Wassermasse, so läßt
sich leicht bemessen, wie groß der Cylinder seyn muß, damit derselbe bei oben
stehendem Kolben weniger wiege, als die Wassermenge welche mit ihm dann dasselbe
Volumen einnimmt.
Man könnte vielleicht auch das Emporgehen des Kolbens durch Auslösen einer starken
Feder oder einer ähnlichen Vorrichtung zu Stande bringen; doch würde dadurch das
Ganze zu complicirt werden.
Der Ausführung meines Vorschlages dürften keine wesentlichen Schwierigkeiten
entgegenstehen. Ein einziger Uebelstand möchte sich beim Herausnehmen aus dem Wasser
einstellen, weil dann der Apparat durch seyn ganzes Gewicht wirkt; doch würde eine
vorsichtige Behandlung, die bei Versuchen mit dem Bathometer an sich zu üben ist,
dieß leicht überwinden.
Es sollte mich freuen, wenn mein Vorschlag bei den betheiligten Kreisen Anklang fände
und sich bewährte.
Stettin, im September 1870.