Titel: | Ueber Chlorfabrication mittelst fortwährend regenerirten Calciummanganits; von Walter Weldon. |
Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. LVIII., S. 227 |
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LVIII.
Ueber Chlorfabrication mittelst fortwährend
regenerirten Calciummanganits; von Walter Weldon.
Vorgetragen in der Versammlung der
British Association zu Liverpool. – Aus Chemical News, vol.
XXII p. 145; September 1870.
Weldon, über Chlorfabrication mittelst fortwährend regenerirten
Calciummanganits.
In der vorjährigen Versammlung unseres Vereines berichtete ich über ein neues
Verfahren zur Chlorfabrication mittelst fortwährend regenerirten Calciummanganits
(manganigsauren Kalkes, Verbindung von Mangansuperoxyd mit Kalk).Polytechn. Journal, 1869, Bd. CXCIV S. 51. Zu jener Zeit war
dieses Verfahren nur in
zwei Fabriken eingeführt. Auf den Werken des Obristlieutenant Gamble zu St. Helens (Lancashire), durch dessen höchst liberale Beihülfe
diese Fabricationsmethode weiter ausgebildet wurde, wird dieselbe seit ungefähr
einem Jahre angewendet; auch ist sie vor Kurzem bei den HHrn. Gaskell, Deacon und Comp. zu Widnes
(Lancashire) eingeführt worden. Das Verfahren wird in England jetzt in zehn Werken
angewendet, deren Anzahl sich jedoch binnen wenigen Wochen auf sechzehn erhöhen
wird; acht andere unserer chemischen Fabriken haben bereits mit der Beschaffung der
nöthigen Einrichtungen begonnen. Mit Ausnahme sehr weniger, ganz kleiner
Fabrikbesitzer hat jeder brittische Chlorfabrikant die Erlaubniß zur Benutzung des
patentirten Verfahrens sich erworben; dasselbe ist von Seiten der bedeutendsten
Fabrikanten des Continentes geschehen und sowohl in DeutschlandNamentlich in der Fabrik zu Außig und in der Silesia zu Saarau in
Schlesien. als in Frankreich sind bereits mehrere große Anlagen
errichtet, welche auch schon seit einiger Zeit in Betrieb gesetzt worden wären, wenn
nicht der Krieg alle industriellen Unternehmungen in diesen Ländern unterbrochen
hätte.
In Rücksicht auf die Verbreitung welche dieser Proceß bereits erlangt hat und
voraussichtlich noch erlangen wird, und in Erwägung der vollständigen Umwälzung
welche durch denselben in der so wichtigen Chlorfabrication hervorgerufen wird,
veranlaßte mich Dr. Roscoe,
unserem Vereine über die praktischen Resultate des neuen Verfahrens, welche sich bei
der ausgedehnteren Anwendung desselben herausgestellt haben, und über die weitere
Entwickelung desselben seit meiner vorjährigen Mittheilung in Kürze zu
berichten.
Zur Ausführung des Verfahrens dient ein Apparat, von welchem ich ein Modell vorlege.
Die zu demselben gehörenden Gefäße sind in fünf hinter einander liegenden Reihen
terrassenförmig aufgestellt, so daß die zu verarbeitende Flüssigkeit nach dem
Hinaufpumpen in das höchste derselben in alle übrigen Gefäße von selbst hinabfließen
kann. Das unterste dieser Gefäße ist eine mit einem mechanischen Rührer versehene
Cisterne (well). Die schwach saure Manganchlorürlösung,
mit welcher der Proceß begonnen wird, tritt aus den Chlorblasen, in denen sie
gewonnen wird, in diese Cisterne und wird in derselben mit sein zertheiltem
kohlensaurem Kalk behandelt, dessen Reaction durch kräftiges Umrühren befördert
wird. Nachdem die in der Lösung anfänglich vorhandene freie Säure vollständig
neutralisirt und das gleichfalls im Anfange vorhandene Eisenchlorid und
Chloraluminium vollständig zersetzt worden, wird die Flüssigkeit in Klärbehälter
(settling tanks,
„chloride of manganesesettlers“) hinaufgepumpt, welche ziemlich
den höchsten Theil des Apparates bilden; sie besteht nun in einem ganz neutralen
Gemisch von Manganchlorür und Chlorcalcium, welches beträchtliche Mengen von
schwefelsaurem Kalk nebst geringen Mengen von Eisenoxyd und Thonerde suspendirt
enthält. Diese festen Theile setzen sich in den erwähnten Behältern rasch ab, worauf
eine ganz klare und helle, schwach rosenroth gefärbte Flüssigkeit zurückbleibt.
Die klare Flüssigkeit wird nun aus den Behältern in ein unmittelbar unter denselben
angebrachtes Gefäß, den „Oxydirer“ (oxidiser) abgezogen. Dasselbe besteht gewöhnlich in einem eisernen
Cylinder – von etwa 12 Fuß Durchmesser und ungefähr 22 Fuß Höhe. Zwei Röhren
gehen bis nahe zum Boden des Oxydirers hinab; die weitere derselben führt einen von
einem Gebläse gelieferten Luftstrom in die Flüssigkeit, während durch die engere
Röhre ein Dampfstrom zugeführt wird, um die Temperatur des Inhaltes des Oxydirers
erforderlichen Falles – denn zuweilen gelangt die Manganchlorürlösung in
genügend heißem Zustande in den Oxydirer – auf ungefähr 54 bis 70°
oder 76° C. zu erhöhen. Unmittelbar über dem Oxydirgefäße steht ein Kalkmilch
enthaltendes Reservoir. Nachdem der Oxydirer mit klarer Manganchlorürlösung
beschickt und diese bis zur geeigneten Temperatur erhitzt worden, sofern sie nicht
heiß genug war, wird das Gebläse angelassen; dann läßt man möglichst rasch Kalkmilch
in den Oxydirer so lange zufließen, bis eine Probe des Gemisches, welche mittelst
eines nahe am Boden desselben angebrachten Hahnes genommen wurde, nach dem Filtriren
mit einer Chlorkalklösung nicht mehr auf Mangan reagirt. Dann wird noch eine gewisse
Menge Kalkmilch weiter zugefügt und das Einblasen von Luft fortgesetzt bis die
Oxydirung aufhört. Gewöhnlich ist dieser Punkt erreicht, wenn ungefähr 80 bis 85
Procent des vorhandenen Mangans zu Superoxyd umgewandelt worden sind. Der Inhalt des
Oxydirers bildet jetzt einen dünnen schwarzen Schlamm, und besteht aus einer
Chlorcalciumlösung, welche per Kubikfuß etwa zwei Pfund
Mangansuperoxyd, verbunden mit wechselnden Mengen von Manganoxydul und Kalk,
suspendirt enthält. Dieser dünne Schlamm wird nun aus dem Oxydirer in einen
Schlammklärer (mud settler) abgezogen (von denen eine
Reihe unter ihm steht) und in demselben sich selbst überlassen, bis ungefähr die
Hälfte seines Volums klar geworden ist. Die klar gewordene, nur aus einer
Chlorcalciumlösung bestehende Flüssigkeit wird decantirt, und der jetzt per Kubikfuß ungefähr vier Pfd. Mangansuperoxyd
enthaltende. Rückstand ist nun zur Verwendung in den Chlorblasen fertig. In
letzteren wird er mit Salzsäure behandelt, wodurch Chlor frei wird, wornach genau
dieselbe Manganlösung zurückbleibt, wie die womit der Proceß angefangen wurde. Mit dieser
Lösung beginnt man einen neuen Cyklus von Operationen, welche fortwährend
fortgesetzt werden können.
Die Menge Kalk, welche in den Oxydirer gebracht werden muß, bevor eine filtrirte
Probe seines Inhaltes aufhört Manganreaction zu geben, ist sehr verschieden. Frisch
gefälltes Manganoxydul löst sich in einer neutralen Chlorcalciumlösung ziemlich
leicht zu einer Flüssigkeit, welche sich gegen Reagentien genau wie die Lösung eines
Mangansalzes verhält. Auch löst es sich in einer Lösung von Calciumoxychlorid, d.h.
in einer Chlorcalciumlösung welche aufgelösten Kalk enthält, aber diese Lösung gibt
die gewöhnlichen Reactionen auf Mangan nicht. Deßhalb
würde, selbst wenn alle im Oxydirer dem Manganchlorür zugesetzten Kalktheile im
Stande wären auf das Manganchlorür mit gleicher Schnelligkeit einzuwirken, das
Mangan doch immer noch durch die gewöhnlichen Reagentien nachgewiesen werden können,
bis mehr als ein Aequivalent Kalk zugefügt wurde, also Kalk genug, um nicht allein
alles Manganchlorür zu zersetzen, sondern auch eine gewisse Quantität
Calciumoxychlorid zu bilden. Es kommt jedoch nie vor, daß sämmtliche Theile des
angewandten Kalkes mit gleicher Schnelligkeit auf das Manganchlorür zu wirken
vermögen. Der benutzte Kalk enthält stets eine größere oder geringere Menge von
Theilchen welche gröber sind als die übrigen und daher nicht so rasch wirken können,
wie die feineren Theile, und da die vollständige Zersetzung des Manganchlorürs so
schnell als möglich bewerkstelligt werden muß, so bleibt denjenigen Kalktheilen
welche auf dasselbe nicht augenblicklich wirken, kaum Zeit, überhaupt ihre Wirkung
auszuüben. Somit tragen jene gröberen Kalktheilchen zur Zersetzung des
Manganchlorürs sehr wenig bei, obgleich sie sich nachher in der heißen
Chlorcalciumlösung vollständig auflösen und dann bei den Reactionen welche während
des darauf folgenden Einblasens von Luft stattfinden, ihre Rolle spielen. Die
Quantität des in der angegebenen Weise gegen das Manganchlorür sich indifferent
verhaltenden Kalkes hängt von der Beschaffenheit des zu seiner Darstellung benutzten
Rohmateriales, sowie von seiner Bereitungsart ab, so daß die Kalkmenge welche der im
Oxydirer enthaltenen Manganlösung zugesetzt werden muß, bis eine filtrirte Probe der
gemischten Flüssigkeit auf Zusatz von Chlorkalklösung nicht mehr gefärbt wird, von
etwa 1,15 bis 1,45 Aequivalenten schwankt. Durch die nach Erreichung dieses Punktes
weiter zugesetzte Kalkmenge wird das Gesammtquantum auf 1,5 bis 1,6 Aequivalente
erhöht, folglich sind fünf bis sechs Zehntel von der an der Zersetzung des
Manganchlorürs wirklich theilnehmenden Kalkmenge im Ueberschusse vorhanden.
Die Resultate welche wir mit diesen Kalkverhältnissen in der letzten Zeit zu erzielen
begannen, konnten wir nach unserer früheren Erfahrung nicht erwarten. Bis vor Kurzem
noch deutete unsere Erfahrung darauf hin, daß, gleichviel welche Kalkverhältnisse im
Oxydirer angewendet werden, man keine Producte erhält, in denen weniger als ein
Aequivalent Basis oder Basen per Aequivalent
Mangansuperoxyd enthalten wäre. Jetzt aber erzielen wir regelmäßig Producte, welche
nur zwischen 0,9 und 0,7 Aequivalent Basis enthalten und bisweilen sank deren Gehalt
sogar auf 0,5 Aequivalent Basis herab. Bezüglich der Umstände welche die Entstehung
so geringe Mengen Basis enthaltender Producte bedingen, kann ich für jetzt nur
bemerken, daß wir derartige Producte regelmäßig darzustellen begonnen haben, seitdem
wir das Quantum der in einer gewissen Zeit in einen Oxydirer von gegebener Größe
injicirten Luft bedeutend vermehrten. Es kann jetzt kaum in Zweifel gezogen werden,
daß Producte mit etwas weniger als einem Aequivalent Basis unter besonderen
Umständen auch schon im Anfange dieser Fabricationsmethode erhalten worden sind;
lange Zeit kam dieß aber so selten vor, und die beobachtete Differenz war stets so
unbedeutend, daß wir dieses Resultat – wie sich jetzt ergibt etwas übereilt
– verschiedenen bei der Analyse begangenen Fehlern zuschrieben. Es steht
jedoch fest, daß Producte welche merklich weniger als ein Aequivalent Basis
enthalten, erst seit der Zeit regelmäßig erzeugt wurden, wo die Fabrikanten anstatt
einer Gebläsemaschine deren zwei für dasselbe Oxydirgefäß oder ein kräftigeres
Gebläse als früher anzuwenden ansingen.
Nach allen bisherigen Beobachtungen hinsichtlich der Zusammensetzung der neuen,
weniger als ein Aequivalent Basis enthaltenden Producte, muß ich annehmen daß
Manganite (Manganigsäuresalze) existiren, welche fast sämmtlichen bekannten
Carbonaten entsprechen. Vor einem Jahre kannten wir nur normale Manganite, welche
z.B. dem normalen kohlensauren Kalke entsprechen, und basische Manganite, welche Schindler's Zinkcarbonat und v. Bonsdorff's kohlensaurem Bleioxyd entsprechen. Ich wage jetzt die Ansicht
aufzustellen, daß auch saure Manganite, die den Bicarbonaten entsprechen, und höchst
wahrscheinlich auch Sesquimanganite oder anderthalb-manganigsaure Salze
existiren.
Daß Mangansuperoxydhydrat (MnO², HO) ebenso entschieden eine Säure ist, wie
C²O³, HO oder SO², HO, scheint mir durch die Thatsacheerwiesenewiesen, daß wenn freies Mangansuperoxydhydrat mit einem Aequivalent Manganoxydul
gekocht wird, zwischen denselben eine Reaction stattfindet, deren Product bei der
Behandlung mit atmosphärischer Luft keinen Sauerstoff absorbirt. Selbstverständlich
würde, wenn nach dem Kochen des Gemenges beider Oxyde noch freies Manganoxydul zurück
bliebe, bei nachheriger Behandlung mit Luft Sauerstoff absorbirt werden. Das Product
ist in der That genau dieselbe – gewöhnlich als Manganoxyd
(Mn²O³) bezeichnete – Verbindung, wie die welche durch
Einblasen von Luft in ein Gemisch von Manganoxydul und Wasser erzeugt wird, oder
dadurch daß man das Oxydul in irgend einer anderen Weise der Einwirkung der
Atmosphäre bei gewöhnlichen Temperaturen aussetzt. Die Thatsache, daß durch
Behandlung von Manganoxydul mit Luft auf nassem Wege, unter keinen Umständen
Mangansuperoxyd erzeugt werden kann, ohne daß ein Antheil entweder des Mangans
selbst oder irgend eines anderen Metalles gleichzeitig als Basis in die Verbindung
eintritt, zeigt uns daß sich auf diese Weise nur Manganigsäuresalze bilden
können.
Die Luftmenge welche in den Oxydirer eingeblasen werden muß, um eine bestimmte
Quantität Mangansuperoxyd zu erhalten, hängt von zahlreichen Umständen ab, besonders
aber von der Höhe der Flüssigkeitssäule und von der in einem gegebenen Volum
derselben enthaltenen Manganmenge. Innerhalb der anwendbaren Grenzen ist eine
Vergrößerung der Flüssigkeitssäule der Vergrößerung der einzublasenden Luftmenge
äquivalent, und je mehr Manganoxydultheilchen ein gegebenes Volum der Flüssigkeit
enthält, desto größer ist die Gesammtfläche welche sie der Luft zur Einwirkung
darbieten, um so größer also das Verhältniß dös injicirten
Gesammt-Sauerstoffes, welcher absorbirt wird. Das Verhältniß des absorbirten
Sauerstoffes zur eingeblasenen Quantität ist natürlich im Anfange der Operation am
größten und nimmt nachher fortwährend ab, bis endlich nach lange genug fortgesetztem
Einblasen ein Zeitpunkt eintritt wo gar kein Sauerstoff mehr absorbirt wird; das
Verhältniß der Gesammtmenge des absorbirten zu der des injicirten Sauerstoffes hängt
auch wesentlich davon ab, wie nahe man jenem Stadium der Operation gekommen ist.
In der Tabelle, welche ich hiermit vorlege, ist das Vorschreiten der Oxydation bei
drei Sätzen in verschiedenen Fabriken zusammengestellt. Die Angaben bezüglich der
Luftmengen sind nicht absolut genau, kommen aber der Wirklichkeit sehr nahe.
Einer von diesen drei Sätzen enthielt 1987 Pfd. Superoxyd, als MnO² berechnet,
welches Quantum binnen vier Stunden durch Einblasen von ungefähr 240,000 Kubikfuß
Luft erhalten worden war, so daß per Pfund erzeugten
MnO² ungefähr 120 Kubikfuß Luft aufgewendet wurden. Dieser Satz absorbirte in
der ersten Stunde 12,8 Proc. des injicirten Sauerstoffes; in der zweiten Stunde 10,5
Proc., in der dritten 8,9 Proc. und in der vierten 3,0 Proc.; von der Gesammtmenge des injicirten
Sauerstoffes waren also 8,5 Proc. absorbirt worden. Das Gewicht des im Ganzen
absorbirten Sauerstoffes war 364 Pfund; davon wurden in der ersten Stunde 136 Pfund,
in der zweiten 111 Pfd., in der dritten 95 Pfd. und in der vierten Stunde 22 Pfd.
vom Satze aufgenommen.
Bei dem folgenden Satze war die Flüssigkeitssäule höher und die Luftinjection wurde
unterbrochen bevor die Oxydirung ganz aufgehört hatte. Dieser Satz enthielt 2500
Pfd. MnO², welche in fünf Stunden dargestellt wurden, in deren Verlauf
ungefähr 175,000 Kubikfuß Luft eingeblasen wurden, so daß per Pfund MnO² nur 70 Kubikfuß Luft erforderlich waren. Die Menge
des in der ersten Stunde absorbirten Sauerstoffes betrug 20,2 Proc. der injicirten
Quantität, in der zweiten Stunde 17,5 Proc., in der dritten 16,3 Proc., in der
vierten 13,6 Proc. und in der fünften 6,1 Proc.; die Gesammtmenge des absorbirten
Sauerstoffes betrug 14,8 Proc. der injicirten Gesammtmenge. Im Ganzen waren 458 Pfd.
Sauerstoff aufgenommen worden, und zwar im Lause der ersten Stunde 125 Pfd., in der
zweiten 108 Pfd, in der dritten 101 Pfd., in der vierten 84 Pfd. und in der fünften
40 Pfd.
Beim dritten Satze war die zu oxydirende Flüssigkeitssäule gleichfalls hoch und sie
enthielt eine ungewöhnlich starke Manganchlorürlösung. Das Einblasen von Luft wurde
fortgesetzt, bis die Oxydirung vollständig erfolgt war, wozu acht Stunden
erforderlich waren; während dieser Zeit wurden 432,000 Kubikfuß Luft injicirt und
5400 Pfd. MnO² erzeugt, so daß auf 1 Pfd. desselben 80 Kubikfuß Luft
verbraucht wurden. Die Gesammtmenge des absorbirten Sauerstoffes war 13,3 Proc. der
injicirten.
Die zum Injiciren der Luft in den Oxydirer verwendete mechanische Kraft belief sich
bisher durchschnittlich auf sieben bis acht Pferdestärken per Stunde und per 100 Pfd. des erzeugten
MnO² Ich glaube jedoch, daß dieser Kraftaufwand sich bedeutend vermindern
läßt. Der Chlorgehalt einer Tonne Bleichpulver von 37 Proc. wird durch 1020 Pfd.
MnO² frei gemacht; in Folge der verschiedentlichen bei der
Chlorkalkfabrication stattfindenden Chlorverluste verbraucht man aber zur
Darstellung einer Tonne Chlorkalk gewöhnlich die Quantität Manganitschlamm welche
1100 Pfd. MnO² repräsentirt, zu dessen Production ein Kraftaufwand von 35 bis
40 Pferdestärken während zwei Stunden erforderlich ist.
Der im Oxydirer verwendete Kalk wurde bisher gewöhnlich in derselben Weise präparirt
wie der in den Chlorkalkkammern benutzte; d.h. er wurde mit einer, ein Aequivalent
so wenig als möglich übersteigenden Wassermenge gelöscht, worauf das entstandene Hydrat durch
sehr feine Siebe geschlagen ward; nur die durchgegangenen Antheile kamen zur
Verwendung. Einschließlich der abgesiebten Portionen, welche, obgleich sie nicht in
den Oxydirer kommen, bei den Selbstkosten des Verfahrens eingerechnet werden,
beträgt der Kalkverbrauch per Tonne des aus ihm
dargestellten Chlorkalkes gegenwärtig im Durchschnitt beiläufig 14 Centner. In einer
am Tyne gelegenen Fabrik hat sich derselbe aber auf 12 Ctr. reducirt und wenn wir
(was bald der Fall seyn dürfte) dahin gelangen, nur Producte zu fabriciren, die
nicht über ein halbes Aequivalent Basis enthalten, so wird sich der Kaltverbrauch
auf weniger als 10 Ctr. herabbringen lassen.
Die Menge Salzsäure welche per Tonne des mit
Manganitschlamm dargestellten Chlorkalkes erforderlich ist, variirt nach der
größeren oder geringeren Sorgfalt womit die Operationen ausgeführt werden und nach
der Umsicht, Erfahrung und Geschicklichkeit des Fabrikanten. Sie beträgt zuweilen
beträchtlich weniger, als die bei der Darstellung einer Tonne Chlorkalk mit
natürlichem Mangansuperoxyd (Braunstein) durchschnittlich erforderliche, während sie
in anderen Fällen die letztere ziemlich erreicht. Ich glaube daß in England bei
Anwendung von Braunstein eine Tonne Chlorkalk nie mit weniger Säure als der aus 60
Centner Kochfalz erzeugten, und nur in seltenen Fällen mit weniger als der aus 70
bis 80 Centner Salz gewonnenen fabricirt wird. Indessen verbraucht ein mir bekannter
Fabrikant, dessen Manganitschlamm bis jetzt keineswegs ein Minimum von Basis
enthält, und welcher eine Methode zur Behandlung desselben in Blasen befolgt, die
für den Säureconsum noch nicht die vortheilhafteste ist, nur 170 Kubikfuß Säure von
24° Twaddle (16 1/5° Baumé) per
Tonne Bleichpulver, eine Quantität welche sich aus weniger als 48 Ctr. Kochfalz
gewinnen lassen wird. Was nun ein Fabrikant zu leisten vermag, sind sicherlich alle
Fabrikanten zu leisten im Stande und ich glaube daher, daß durch das neue Verfahren
überall eine sehr bedeutende Ersparniß an Säure erzielt werden dürfte.
Der bei diesem Processe stattfindende Manganverlust schwankt gegenwärtig von ungefähr
4 Proc. bis etwa 10 Proc. Die einzige unvermeidliche Verlustquelle wird durch die in
den Manganchlorür-Klärbehältern entstehenden Niederschläge von schwefelsaurem
Kalk und anderen Substanzen bedingt. Diese Niederschläge müssen als dünner Schlamm
aus den Gefäßen entfernt werden, welchem eine bedeutende Quantität
Manganchlorürlösung einverleibt bleibt. Wenn nun dieser Schlamm nach seiner
Entfernung aus den Behältern nicht gut ausgewaschen und das Waschwasser nicht der
Manganchlorürlösung wieder zugesetzt wird, so erreicht der auf diese Weise veranlaßte Verlust an
Mangan 5 Proc. und selbst noch mehr, während derselbe durch die angegebene
Behandlung auf 2 Proc. und noch weniger vermindert werden kann. Andere Verluste
werden nur durch Undichtheiten der Gefäße und durch Verschleudern von Manganschlamm
in Folge von Nachlässigkeit der Arbeiter beim Entfernen der Chlorcalciumlösung aus
den Klärbehältern verursacht.
Die erstere dieser Verlustquellen sollte in den Fabriken niemals vorkommen; die
zweite ist jetzt aus mehreren Werken dadurch beseitigt worden, daß man die
Chlorcalciumlösung nicht mehr unmittelbar aus den Klärbehältern weglaufen, sondern
erst in Schlammgräben treten läßt, worin sich alle von der Flüssigkeit aus den
Klärgefäßen mitgerissenen Schlammtheilchen absetzen können.
Außer dem in den Manganchlorür-Klärbehältern sich ausscheidenden Niederschlage
von Gyps und anderen Substanzen bildet Chlorcalciumlösung das einzige verloren
gehende Nebenproduct von diesem Verfahren. Da diese Lösung die Gesammtmenge des
verbrauchten Kalkes und Kalksteines, und zwei Drittel des in der angewandten
Salzsäure enthaltenen Chlors repräsentirt, und da ein technisches Verfahren
natürlich um so unvollkommener ist, je mehr im Verlaufe desselben erhaltene Producte
einfach weggeworfen werden, so wendete ich im Oxydirer versuchsweise Magnesia anstatt Kalk an, und zersetzte das als
Nebenproduct erhaltene Chlormagnesium durch Erhitzen zu Magnesia, welche stets
wiederum benutzt werden kann, und zu Salzsäure. Bei dieser Abänderung des Verfahrens
kann man den ganzen Gehalt der verbrauchten Salzsäure an Chlor, unverdünnt mit
anderen Gasen gewinnen, und zwar, abgesehen von den mechanisch herbeigeführten
Verlusten, unter Verwendung von Materialien welche immer wieder zur Benutzung
kommen, mit Ausnahme von Luft und Brennmaterial. Auch diese Form des Verfahrens hat
bereits in gewissem Grade die Probe der Erfahrung im Großen bestanden und ich darf
wohl annehmen, daß wenn einst die Zeit kommt, wo es wünschenswerth wird, aus einer
gegebenen Menge Salzsäure mehr Chlor zu gewinnen, als sich aus derselben unter
Anwendung des mittelst Kalk regenerirten Mangansuperoxydes erhalten läßt, das mit
Magnesia regenerirte Superoxyd sich als dasjenige Material erweisen wird, mittelst
dessen das Chlor auf dem billigsten Wege fabricirt werden kann.