Titel: | Walzmühle zum Schroten und Mahlen des Getreides. |
Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. XCII., S. 379 |
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XCII.
Walzmühle zum Schroten und Mahlen des
Getreides.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Walzmühle zum Schroten und Mahlen des Getreides.
Die in Figur
23 und 24 in 1/12 der wirklichen Größe dargestellte Maschine wird bereits in
vielen Mühlen mit gutem Erfolge zum Schroten und Vermahlen des Getreides benutzt,
und empfiehlt sich namentlich durch ihre Einfachheit. Die letztere gestattet es
allerdings nicht, bei nur einmaligem Durchgange der Körner durch die Maschine ein
fertiges Mehlproduct zu erhalten, was mit einer einzigen Walzmühle, auch wenn an
derselben mehrere Walzenpaare angebracht sind, immerhin nur schwierig zu erzielen
ist. Es werden aus diesem Grunde mehrere, z.B. 6 bis 7 solcher Maschinen neben
einander aufgestellt und zwar so, daß das Product der ersten Maschine nach dem
Durchgang durch einen Sortircylinder mittelst Schnecke und Becherwerk der zweiten
Maschine zugeführt wird, welche einen ferneren Theil des Mahlgutes feiner
verarbeitet. Der nach abermaligem Sortiren bleibende Rest wird der dritten Maschine
zugeleitet und so fort, so daß die sämmtlichen aufgestellten Maschinen mit den ihren
Zusammenhang vermittelnden Schnecken und Becherwerken so zu sagen eine einzige
vollständige Maschine bilden, welche eine ganze Reihe durch ihre Feinheit
verschiedener Producte erzeugt. Was also durch eine einzige complicirte Maschine
nicht erzielt werden kann, wird durch die Verbindung mehrerer dieser sehr einfachen
Maschinen erreicht.
Was nach dem Sortiren des Productes der letzten Maschine noch übrig bleibt, wird
durch Steingänge vollends ausgearbeitet.
Hierbei ist zu erwähnen, daß das Getreide nicht überall mit dem gleichen Erfolge
durch diese Walzmühlen verarbeitet wird. Je härter das Getreide ist, um so besser
läßt es sich auf den Walzmühlen verarbeiten, und dieser Umstand erklärt es, daß
dieselben in Ungarn zuerst in größerem Maaßstabe Anwendung gefunden haben, denn jene
Eigenschaft kommt dem ungarischen Getreide in hohem Maaße zu. Weiches Getreide wird
durch die Walzen mehr zerquetscht als zerpulvert.
Die Maschine ist so einfach und so billig, daß ein Versuch überall leicht über ihre
Anwendbarkeit entscheidet. Der Kraftverbrauch derselben ist im Verhältniß zur
Leistung kleiner als bei Steingängen; auch kommen an ihr während des Betriebes keine
so umständlichen und zeitraubenden Arbeiten vor, wie das frische Behauen der Steine
bei Gängen.
Die in den bezüglichen Abbildungen dargestellte Walzmühle besteht aus den beiden
gußeisernen Gestellen A, welche durch zwei
schmiedeeiserne Traversen zusammengehalten werden, und dem hölzernen Kasten C, dessen Wandverbindungen aus der Zeichnung ersichtlich
sind, als Gerippe dienen. Auf dem oberen Rande der gußeisernen Rahmen sind die Lager
D, Fig. 24, festgeschraubt,
in welchen sich die eingedrehten Zapfen der Welle E
drehen. Auf dieser Welle ist der gußeiserne Cylinder F
festgekeilt, welcher von einer 30 Millimet. dicken Stahlhülle G umgeben ist. Diese letztere wird in heißem Zustande auf den genau
abgedrehten Cylinder aufgetrieben und bildet nach der Zusammenziehung beim Abkühlen
gleichsam ein Stück mit ihr. Die Oberfläche derselben wird der Achse parallel auf 1
bis 1 1/2 Millimet. Tiefe geriffelt. Ein möglichst harter Stein Y, Fig. 23, ist auf seiner
vorderen Seite nach dem Umfange der Welle ausgehöhlt und kann der letzteren auf dem
gußeisernen Schlitten H durch Umdrehung der Kurbel J beliebig genähert oder von ihr entfernt werden. Die
gußeiserne Schere K, welche der Kurbelachse als
Haltpunkt dient, ist auf der ebenfalls gußeisernen Traverse L festgeschraubt.
Das Getreide wird durch den Trichter M zwischen die Walze
und den Stein geführt, und geht durch den Sammler O in
einen unter der Maschine angebrachten Sortircylinder, von wo es, wie bereits
erwähnt, der zweiten Maschine mittelst Schnecke und Becherwerk zugeführt wird.
Die Entfernung des Steines von der Walze wird bei den mit einander in Verbindung
stehenden Maschinen so gewählt, daß sie stufenweise abnimmt, so daß das Getreide in
der ersten Maschine der Hauptsache nach nur in grobes Schrot verwandelt und erst in
den folgenden Maschinen nach und nach immer feiner verarbeitet wird.
Die Riemenscheibe P der Maschine hat 490 Millimet.
Durchmesser und 100 Millimet. Breite, und muß 230 bis 260 Umdrehungen in einer
Minute machen, wenn die Wirkung der Maschine die richtige seyn soll. Die Oeffnung
O¹ in dem etwas erhöhten Theile des Deckels
Q wird mit einem Drahtgitter verschlossen und dient
zur Beobachtung des richtigen Zuflusses der Körner; den nämlichen Zweck hat die Thür
des Trichters M. In der vorderen Wand des Kastens ist
eine Thür X, Fig. 24, angebracht, um
die Qualität des Productes, welches zwischen Walze und Stein hervorkommt,
untersuchen zu können.
Der Kraftverbrauch einer derartigen Walzmühle bei 250 Umdrehungen der Walze in einer
Minute beträgt ungefähr 2/3 bis 1 Pferdestärke. Das Gewicht der Eisentheile der
Maschine beträgt 780 Pfund; die Holztheile kommen auf ungefähr 130 bis 150 Francs
und der Stein auf 30 Francs zu stehen.
Statt des Steines wird oft eine Stahlschale angewendet, deren Gewicht auf ungefähr
100 Pfd. zu veranschlagen ist. G. Meißner. (Aus der „Hütte,“ 1869 S. 25, Tafel 23, durch den praktischen Maschinenconstructeur, 1870, Heft 16.)