Titel: | Mallet's Verfahren zur Gewinnung des Sauerstoffes aus der atmosphärischen Luft. |
Fundstelle: | Band 199, Jahrgang 1871, Nr. XXXIV., S. 112 |
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XXXIV.
Mallet's Verfahren zur Gewinnung des
Sauerstoffes aus der atmosphärischen Luft.Aus einem Bericht von Simon Schiele in Frankfurt a. M., in
Schilling's Journal
für Gasbeleuchtung, 1870 S. 538.
Mit einer Abbildung auf Tab. IV.
Mallet's Verf. den Sauerstoff aus der Luft zu
gewinnen.
Der Ingenieur Mallet in Paris ließ sich, in der richtigen
Erkenntniß der hohen Wichtigkeit der billiger und in größeren Mengen
bewerkstelligbaren Sauerstoffgewinnung mit dem durch Tessié du Mothay Erzielten nicht genügen und gelangte zu einer
neuen Methode, den Sauerstoff durch Vermittelung eines noch billigeren Trägers –
des Wassers nämlich – der atmosphärischen Luft zu
entziehen und ihn zu isoliren. Er bediente sich hierzu lediglich mechanischer Mittel
und soll seine, noch mehr im Stillen gehaltene und in wesentlicher Verbesserung
begriffene Methode im Nachstehenden an der Hand einer Skizze beschrieben werden.
Mallet stützt sein Verfahren auf die bekannte Eigenschaft
des Wassers, daß es, wenn atmosphärische Luft durch dasselbe hindurch geleitet oder
gar gepreßt wird, einen größeren Antheil von dem Sauerstoff zurückhält, als von dem
Stickstoffe der Luft. Wiederholt man dieses Hindurchpressen von im Wasser
angesammelter sauerstoffreicher gewordener Luft in anderem Wasser, so vermehrt sich
der Sauerstoffgehalt in diesem wieder etwas und so bei jedem neuen Durchtreiben
sauerstoffreicher gemachter Luft, bis man zuletzt, nach etwa achtmaligem
Hindurchpressen derselbigen Luftmenge fast nur ganz reinen Sauerstoff erhält,
welcher alsdann zu technischem Gebrauche aufbewahrt und verwendet wird.
In der schematischen Skizze Figur 1 ist a eine von einem beliebigen Motor in Thätigkeit gesetzte
Luft-Compressionspumpe, welche in der Richtung des Pfeiles niedergehend,
gewöhnliche atmosphärische Luft, durch den unteren Boden bei p eines starken Blechcylinders A in diesen
hinein und zuerst durch eine im unteren Theile befestigte durchlöcherte Platte durch
das im (Minder enthaltene Wasser einpreßt. Das Wasser hält aus der Luft
verhältnißmäßig mehr Sauerstoff als Stickstoff zurück und es wird sich in dem oberen
Theile des Cylinders A eine Luft sammeln, welche einen
gegen die atmosphärische Luft erhöhten Stickstoffgehalt hat. Durch das über den
Cylindern liegende Röhren- und durch ein mittelst Hebelwerk von Hand
gleich- und rechtzeitig verstellbares Krahnensystem wird nun die
stickstoffreichere Luft über den Kolben der Pumpe a geführt und hilft durch ihre Spannung den Kolben in
dieser niederdrücken, während er eine neue Menge gewöhnlicher Luft wieder in den
Cylinder A treibt. Bei dem Aufgange von a drückt der Kolben die ausgenutzte, stickstoffreichere
Luft aufwärts in die umgebende Atmosphäre, wie sich das aus der Schieberstellung und
der Pfeilrichtung leicht ersehen läßt. Mittlerweile ist einerseits durch das
Wegdrücken der stickstoffreicheren Luft aus A durch das
Aufgehen des Pumpenkolbens b in dem Cylinder A eine Druckverminderung auf das Wasser in A erfolgt, welche bewirkt, daß das Wasser die nur
mechanisch zurückgehaltene sauerstoffreichere Luft losläßt und diese unter den
Kolben b gesaugt und bei dem Niedergange des Kolbens b in den Boden des Cylinders B und durch das darin enthaltene Wasser gepreßt wird. Die im Kopfe von B sich ansammelnde Luft, welche wieder stickstoffreicher
geworden ist, hilft nunmehr den Kolben
b herabdrücken und entweicht bei dem Wiederaufgange
desselben durch die Schieberstellung ausgenutzt abwärts in die Umgebung. In gleicher
Weise entnimmt Pumpe c unter Mitwirkung der gespannten
Luft im Kopfe von C die im Cylinder B im Wasser angesammelte Luft und preßt sie zum
drittenmale unter gleicher Wirkung durch das Wasser in C
u.s.w. Am Schlusse der Cylinderreihe steht aber nur eine einfachwirkende (alle
vorhergehenden sind doppeltwirkende) Pumpe, welche lediglich den Zweck hat, bei
ihrem Aufgange aus den: letzten Cylinder (hier C) die
entsprechend mehr sauerstoffhaltende Luft herauszusaugen und in den am Schlusse des
Systemes stehenden Gasbehälter von entsprechender Größe zu pressen. Hier bleibt sie
(bezüglich der fast reine Sauerstoff) bis zu ihrer Verwendung aufbewahrt.
Das Wasser, welches nur einen sehr geringen Theil (dem Raume nach nur 46/1000 bei
gewöhnlicher Temperatur) Sauerstoff aufnimmt, hält das Mehr an Sauerstoff natürlich
nur mechanisch und unter Druck zurück, und läßt denselben frei, sobald dieser Druck
geringer wird oder ganz aufhört. Es gibt dieß in den (Mindern ganz genau dieselbigen
Erscheinungen, welche der Syphon (die Selters- oder
Sodawasser-Flasche) zeigt, wenn an der vorher sorgfältig geschlossenen
Flasche der Verschluß abgenommen wird. Je nach der Höhe der Pressung, mit welcher
die Kohlensäure hineinkam, oder welche sich durch Gasentwickelung (beim Schaumwein
durch Gährung) in der Flasche erzeugte, wird das Freiwerden heftiger oder weniger
heftig in Blasenform eintreten und so lange andauern, bis die Spannung mit der der
äußeren Luft ausgeglichen ist.
Diese Methode der mechanisch physikalischen Sauerstoffgewinnung von Mallet verdient nicht minder Anerkennung, als die
chemische von Tessié du Mothay; sie wird wohl noch
eine wohlfeilere Gewinnung des Sauerstoffes zulassen und darum der Industrie noch
mehr Dienste zu leisten vermögen, als jene. Wünschen wir dem Genie und dem Fleiße
des Erfinders den besten Erfolg. Hr. Dr. Jos. Philipps, Apotheker in Cöln, hat sich mit Hrn. Mallet geeinigt und wird bei seiner neuen
Beleuchtungsweise den nach Mallet's Methode gewonnenen
Sauerstoff verwenden.Man s. Kellner's Mittheilung über Philipps' Carboxygen-Beleuchtung im
polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVI S. 510.
Die Versuche, welche mit einer solchen Mallet'schen
Sauerstoffmaschine (einem Erstlinge) angestellt und welche einer genauen chemischen
Kontrolle unterworfen worden sind, lieferten bezüglich des Sauerstoffgehaltes nach den auf einander
folgenden Pressungen von Wasser folgendes, höchst interessante Ergebniß:
Gewöhnliche atmosph.Luft
besteht aus
Ihre Zusammensetzung wird nach Pressung durch
Cylinder
1
2
3
4
5
6
7
8
Stickstoff
79
66,67
52,5
37,5
25
15
9
5
2,7
in runden und
Sauerstoff
21
33,33
47,5
62,5
75
85
91
95
97,3
Mittel-Zahlen
das heißt, nach dem Durchgang durch 8 Cylinder enthält die
Luft auf 97,3 Proc. Sauerstoff nur noch 2,7 Proc. Stickstoff, eine Menge die für die
meisten technischen Zwecke ganz und gar indifferent ist.