Titel: | Ueber die Lichtempfindlichkeit des rothen Blutlaugensalzes; von Dr. H. Vogel. |
Fundstelle: | Band 199, Jahrgang 1871, Nr. LXXXIV., S. 323 |
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LXXXIV.
Ueber die Lichtempfindlichkeit des rothen
Blutlaugensalzes; von Dr. H.
Vogel.
Vogel, über die Lichtempfindlichkeit des rothen
Blutlaugensalzes.
Es ist bekannt, daß die Lösung des rothen Blutlaugensalzes sich alsbald zersetzt,
indem sich gelbes Blutlaugensalz und ein blauer Niederschlag, angeblich
Berlinerblau, bildet. Schon der Entdecker des rothen Blutlaugensalzes, Gmelin, beobachtete dieses. Ebenso ist bekannt, daß
organische Substanzen diese Zersetzung erheblich beschleunigen. Es scheint aber bis
jetzt der Aufmerksamkeit der Forscher entgangen zu seyn, daß das Licht eine Hauptursache der Zersetzung dieses Salzes ist.
Dieses constatirte ich
neuerdings durch eine Anzahl Experimente, die ich hier kurz anführen will.
Stellt man eine Lösung von 1 Theil frischem Ferridcyankalium in 10 Theilen Wasser an
das Tageslicht, so beobachtet man schon nach einigen Stunden Belichtung eine
dunklere Färbung der Lösung, die sich leicht durch Vergleichung mit einer im Dunkeln
aufbewahrten Probe constatiren läßt. Während die frische Lösung mit Eisenoxydsalzen
keinen Niederschlag gibt, erzeugt die belichtete Probe darin sofort einen blauen
Niederschlag, jedenfalls Berlinerblau, und mit Uransalzen die bekannte braune
Färbung des Ferrocyan-Urans; sie zeigt also die Reactionen des gelben
Blutlaugensalzes, und läßt sich demnach annehmen, daß bei der Belichtung eine
Reduction erfolgt. Wie lichtempfindlich diese Lösung des Ferridcyankaliums ist, geht
am besten daraus hervor, daß schon eine Belichtung von 30 Secunden im Sonnenschein
hinreicht, um eine Bildung von gelbem Blutlaugensalz zu bewirken, die sich durch
Eisenchlorid-Lösung constatiren läßt. Setzt man die Belichtung einige Zeit
fort, so scheidet sich mit der Zeit eine geringe Menge eines schwarzblauen
Niederschlages aus, ähnlich wie dieß auch bei der freiwilligen Zersetzung des rothen
Blutlaugensalzes bei Gegenwart organischer Körper geschieht.
In gelbem Licht habe ich keine Zersetzung der rothen Blutlaugensalzlösung constatiren
können. Ebenso wenig war ich bis jetzt im Stande, eine Zersetzung des festen Salzes im Licht zu constatiren, obwohl ich glaube,
daß letztere nach längerer Zeit unter dem chemisch intensiveren Lichte der
Sommermonate stattfindet.
Ich habe versucht, diese Reactionen zur Erzeugung von photographischen Bildern zu
benutzen. Ich ließ Papier auf einer 10procentigen Lösung von Ferridcyankalium
schwimmen und trocknete es im Dunkeln. Dieses Papier gab, unter einem Negativ
belichtet, bei kurzer Lichtwirkung nur schwache Spuren eines Bildes, die jedoch
durch Eintauchen in Eisenchlorid-Lösung kräftig blau hervortraten, indem das
durch das Licht erzeugte gelbe Blutlaugensalz mit dem Eisenchlorid Berlinerblau
bildete.Aehnliche Bilder sind in ganz anderer Weise von Herschel 1840 dargestellt worden, indem er Eisenchlorid als
lichtempfindliche Substanz benutzte und das durch das Licht gebildete
Eisenchlorür durch Behandlung mit rothem Blutlaugensalz sichtbar machte. Es
entsteht so ein Bild in Turnbullblau. Taucht man die belichteten Papiere statt in Eisenoxydlösung, in eine
Uranoxydlösung, so bildet sich ein Niederschlag von Ferrocyan-Uran, und
liefert dieser ein Bild von angenehmer brauner Farbe.
Belichtet man ein Ferridcyankaliumpapier sehr lange unter einem Negativ, so tritt schließlich
ein blasses schwarzblaues Bild auf, das sich durch bloßes Waschen in Wasser leicht
fixiren läßt.
Für die praktische Photographie sind diese Reactionen, da die Haltbarkeit der
Cyanverbindungen zweifelhaft ist, vorläufig noch nicht von Bedeutung, wohl aber für
den Fabrikanten chemischer Präparate, dem jedenfalls zu rathen ist, seine rothen
Blutlaugensalzlösungen im Dunkeln resp. nur bei Lampenlicht abdampfen und
krystallisiren zu lassen.
Für den analytischen Chemiker dürfte es sich empfehlen, die Lösungen des rothen
Blutlaugensalzes in gelben Flaschen aufzubewahren.
Vorausgesetzt ist dabei freilich, daß die Auflösung mit Hülfe völlig reinen Wassers
dargestellt ist. Sehr oft aber enthält das destillirte Wasser organische Substanzen
(ich erinnere an die Priestley'sche Materie), und diese
veranlassen eine Zersetzung des Salzes auch im Dunkeln. Es ist höchst
wahrscheinlich, daß eine ganze Reihe anderer Verbindungen, von denen man behauptet,
sie zersetzen sich freiwillig, in ähnlicher Weise wie das rothe Blutlaugensalz
lichtempfindlich sind. (Photographische Mittheilungen, Februar 1871, S. 273.)