Titel: | Meidinger's Füllregulirofen. |
Fundstelle: | Band 199, Jahrgang 1871, Nr. LXXXV., S. 326 |
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LXXXV.
Meidinger's Füllregulirofen.
Mit Abbildungen.
Meidinger's Füllregulirofen.
Im Jahrgang 1870 (Bd. CXCVIII S. 356) besprachen wir einen Heizofen, den Prof. Dr. Meidinger in Carlsruhe
construirt hat, zunächst um den Wunsch des Capitän Koldewey, Führer der deutschen Nordpolexpedition, nach einem Ofen zu
entsprechen, welcher einen kleinen Raum einnimmt, eine gute Ventilation bewirkt und
bei geringem Brennmaterialverbrauch namentlich die glühende Wärmestrahlung
vermeidet. Daß Meidinger's
Construction den Anforderungen entsprochen hat, beweisen Koldewey's Erfahrungen, über welche sich
derselbe u.a. folgendermaßen ausspricht: „Ueber die Oefen kann ich mich
nicht lobend genug aussprechen. Keine arktische Reise hat so gute
Heizvorrichtungen gehabt, und daß der Gesundheitszustand während des Winters ein
so überaus vorzüglicher war, ist außer der trefflichen Ausrüstung an gutem
Proviant wesentlich den Oefen zu danken, die es nicht allein ermöglichten, in
der Cajüte fortwährend eine gleichmäßige Temperatur von 12 bis 16° R. zu
erhalten, sondern auch eine ausgezeichnete Ventilation hervorbrachten, so daß wir immer in
einer reinen und verhältnißmäßig trockenen Luft athmen konnten. Ich wüßte nicht,
daß bei den Oefen noch irgend welche Verbesserungen angebracht werden könnten;
sie haben sich meiner Ansicht nach als vollkommen erwiesen. Das Rauchrohr
braucht während des ganzen Winters kaum einmal gereinigt zu werden.“
– Auch andere Urtheile lauten gleich günstig. So erklärt z.B. die Verwaltung
der großh. Eisenbahnhauptwerkstätten in Carlsruhe, daß die beiden Meidinger'schen Oefen, mit welchen im Januar dieses
Jahres zwei Wagen III. Classe versehen wurden, sich sehr gut bewährt haben; sie
erfordern nur wenig Raum, vertheilen die Wärme gleichmäßig durch den ganzen Wagen
und seyen leicht zu bedienen. Eine Füllung reiche bei mäßiger Kälte 8 bis 9 Stunden
und wurden pro Woche und Wagen ungefähr 100 Pfd. Kohks
verbraucht.
Fig. 1., Bd. 199, S. 326
Veranlaßt durch diese günstigen Resultate geben wir nachstehend die Abbildung
dieses Ofens, dessen Vertrieb neuerdings das bekannte Magazin für Haus-
und Kücheneinrichtung von E. Cohn in Berlin,
Hausvoigteiplatz 12, in die Hand genommen hat. Der Ofen besteht aus einem
gußeisernen Füllcylinder ohne Rost und ist von einem doppelten Blechmantel
umgeben. Er wird mit Steinkohlen oder auch mit Kohks gefüllt und oben
angezündet; nach Verlauf von 1 bis 2 Stunden ist die Verbrennung unten angelangt
und geht dort weiter. Der Füllcylinder, aus einzelnen Ringen bestehend, die man
auswechseln kann, hat unten statt Rostöffnung einen Hals mit einer hermetisch
schließenden Thür, die sich zur Aschenentleerung nach oben umschlagen und zur
Regulirung des Zugesseitlich verschieben läßt; man kann so den Luftzutritt auf
das Genaueste reguliren, so daß man z.B. in der Nacht das Feuer mit 3 Pfd. Kohks
unterhalten kann. Der obere Rand des Halsringes ist mit einer sichelförmigen
Platte theilweise geschlossen, damit die durch den Hals einströmende Luft in die
Mitte des Brennstoffes eindringen muß und letztere im Hals nicht vorfallen kann.
Ueber dem unteren Ring liegen mehrere (3 bis 5) Mittelringe und zu oberst ein
Ring mit Rauchrohransatz und Deckel; die Mittelringe, deren
Horizontaldurchschnitt Fig. 2 zeigt, sind zur
Vergrößerung der Heizfläche und Haltbarkeit mit Rippen versehen.
Die Verbrennung in diesen Oefen ist rationell und deßhalb
ökonomisch;man
verbraucht pro Tag nur für 1 bis 2 Sgr.
Feuerungsmaterial bei der größten Kälte. Die Wärme wird rasch an die Ofenwände
abgegeben, der Brennstoff wird zu Kohlensäure verbrannt, wodurch eine größere Hitze
entsteht, als wenn er zu Kohlenoxyd oxydirt wird. Durch den doppelten Blechmantel
ist die lästige strahlende Hitze vermieden; man kann den äußeren Mantel stets mit
der Hand anfassen; es wirkt nur soviel Strahlung, als für unser Gefühl angenehm ist.
Die Temperatur ist im ganzen Raum gleichmäßig. Der Ofen heizt ferner kräftig, rasch
und andauernd. Die außergewöhnliche Stärke der Ofenwandungen (außer den Rippen noch
10 Millimet.) hält die Hitze länger und schützt vor dem raschen Verbrennen des
Eisens. Der Preis des Ofens wird dadurch zwar theurer, es gleicht sich dieß im
Gebrauch jedoch zehnfach wieder aus durch bessere Wirkung und längere Dauer. Das
Bestreben der meisten Ofenfabrikanten, den Ofen recht leicht, d.h. dünnwandig zu
machen, muß entschieden getadelt werden. Die dadurch erzielte billigere Fabrication
rächt sich bald durch Zerstörung des Ofens und durch die Diffusion der schädlichen
Kohlenoxydgase, die durch die dünne Ofenwand wie durch ein Sieb in's Zimmer dringen.
Der Ofen erfordert die geringste und einfachste Bedienung, ein- bis zweimal
den Tag Nachfüllung, höchstens einmal Aschenentleerung. Die Regulirung der Hitze hat
man vollkommen in seiner Gewalt, indem man einfach mit dem Fuße die Thür verschiebt.
Einmal angezündet, brennt der Ofen wochenlang. Ein Reinigen des Ofens ist nie
nöthig.
Fig. 2., Bd. 199, S. 327
Die geringe Größe, verbunden mit dem Vorzug, daß man ihn
in die Nähe der Möbel stellen kann, erfordert nur einen kleinen Raum. Außerdem
hat der Ofen eine gefällige Form. Es läßt sich ferner mit ihm eine gute
Ventilation verbinden. Wie oben bemerkt, findet durch die schornsteinartige
Wirkung des Mantels eine beständige Luftcirculation statt. Die am Boden
zurückfließende Luft strömt theilweise als Verbrennungsluft in das Feuer. Das
genügt indessen nicht. Behufs einer weiteren Abführung der verdorbenen Luft ist
das Rauchrohr unterhalb des Ofenhalses verlängert und mit Oeffnungen versehen,
die durch einfache Drehung eines Rohrstückes geöffnet oder geschlossen werden
können. Will man Ventiliren, so öffnet man das Rohr, dann strömt die Zimmerluft
ein und der Zug des Ofens wird vermindert. Frische Luft strömt durch die Wände,
Fenster etc. hinlänglich ein. Für gewöhnliche Wohnzimmer gewährt dieß eine
genügende Ventilation, die man aber noch erhöhen kann durch Zuführung eines
Luftrohres von Außen in den Mantel des Ofens, wie es bei den Oefen der
Nordpol-Expedition geschehen ist.
Um der Bedienung des Rohres enthoben zu seyn, empfiehlt sich der Ofenregulator von
Bender und Teller. Dieser
Apparat besteht im Wesentlichen aus einem Compensationsstreifen in Form einer
Spirale, die auf eine Rosette wirkt und sie öffnet oder schließt. Der
Compensationsstreifen ist gegen die Wärme sehr empfindlich, die geringste
Temperaturerhöhung wird schon ein Oeffnen der Rosette bewirken und die Verminderung
sie wieder schließen. Man kann die Compensationsspirale so einstellen, daß sie erst
bei einer bestimmten Temperatur die Rosette öffnet oder schließt. Man erreicht also
durch den kleinen Apparat eine regelmäßige Regulirung der Zimmerwärme verbunden mit
Ventilation.
Wollte man die Möglichkeit des Glühens als einen Tadel an diesem Ofen hervorheben, so
ist darauf zu erwidern, daß gerade hierin die Bedingung des raschen Heizens liegt
und man außerdem es ganz in seiner Gewalt hat, ob der Ofen glühen soll oder nicht,
je nachdem man schnell oder langsam heizen will. Vielfach wird gerade als ein Vorzug
hervorgehoben, daß das Glühen des Ofens leicht vermieden werden kann und doch der
gewünschte Wärmegrad rasch erzielt wird. Der einzige Vorwurf, den man dem Ofen
machen muß, ist der, daß man nur Steinkohlen und Kohks darin brennen kann und daß
beide bis zu einer bestimmten Größe zerkleinert werden müssen, damit das Feuer
weiter brennt. Sind die einzelnen Stücke des Brennstoffes zu groß, so bieten sie den
benachbarten zu wenig Berührungsfläche, sind sie zu klein, so ist der Luftzug
gehemmt. Am besten erhält man das richtige Korn mit Anwendung eines Doppelsiebes, in
welchem das obere mit 40 Millimet. weiten Maschen die zu groben Theile zurückhält,
das untere, mit 10 Millimet. weiten Maschen für Kohks und 20 Millimet. weiten für
Steinkohlen, den Staub durchfallen läßt, und welches zugleich mit dem Ofen bezogen
werden kann. Diese geringe, aber nicht zu unterlassende Mühe wird vollständig
aufgewogen durch die einfache Behandlung während des Brennens. Der ganze Ofen hat
überhaupt die einfachste Construction, die irgend existirt.
Die obengenannte Firma E. Cohn in Berlin liefert die Meidinger'schen Oefen zu Fabrikpreisen in fünf
verschiedenen Größen, von denen Nr. 1 für Räume bis 70 Kubikmet. Inhalt, Nr. 2 für
solche von 100, Nr. 3 für solche von 200 Kubikmet. und Nr. 4 und 5 für größere Räume
bestimmt ist. Nr. 4 und 5 haben einen offenen Cylinder (Schacht), der von oben in
den Füllcylinder eingehängt wird, um bei der vollständigen Füllung des Ofens mit
Brennstoff den Gasen den Durchgang nach dem Rauchrohre zu erleichtern; dieser
Schacht darf nur mit Kohks, nie mit Kohlen vollgefüllt werden. Ueber die
Constructionsverhältnisse etc. der Meidinger'schen Oefen
sind die wichtigsten Angaben nachstehend zusammengestellt.
Ofennummer
Nr. 1
Nr. 2
Nr. 3
Nr. 4
Nr. 5
äußerer Durchmesser des Ofens
0,31 Met.
0,31 Met.
0,38 Met.
0,46 Met.
0,40 Met.
ganze Ofenhöhe
0,92 „
1,05 „
1,32 „
1,40 „
1,63 „
lichte Weite des Feuercylinders
0,18 „
0,18 „
0,21 „
0,28 „
0,28 „
Anzahl der gerippten Mittelringe
3
4
4
3
4
Der Ofenfaßt
Kohks Pfd.Steinkohlen Pfd.
12 20
15 25
25 45
55 75
70 90
Gewicht eines completten
Ofens in Pfunden
135
158
230
320
Preis eines completten Ofens mit
Rostgabel
15 Thlr.
18 Thlr.
24 Thlr.
30 Thlr.
(Deutsche Industriezeitung, 1871. Nr. 5.)