Titel: | Versuche mit Dampf-Kochkesseln und großen eingemauerten Kesseln, sowie über Ableitung des Dampfes aus derartigen Kesseln; von Docent A. J. Fjord in Copenhagen. |
Fundstelle: | Band 199, Jahrgang 1871, Nr. LXXXIX., S. 346 |
Download: | XML |
LXXXIX.
Versuche mit Dampf-Kochkesseln und großen
eingemauerten Kesseln, sowie über Ableitung des Dampfes aus derartigen Kesseln; von
Docent A. J. Fjord in
Copenhagen.Im Auszuge aus der Tidsskrift for Landökonomi udgivet af J. C. la Cour, Kjöbenhavn
1870, mitgetheilt im Wochenblatt zu den preußischen Annalen der
Landwirthschaft, 1871, Nr. 6.
Mit Abbildungen auf Tab.
X.
Fjord, Versuche mit Dampf-Kochkesseln und großen
eingemauerten Kesseln.
Die bisherigen großen gedoppelten, unverzinnten kupfernen Kessel, zwischen deren
beiden Wänden auf etwa 1 Atmosphäre gespannter Dampf eintritt, hatten bei dem Kochen
mit Dampf im großen Communal-Hospitale zu Copenhagen große Nachtheile
gezeigt.
1) Setzt sich überall wo der kochende Inhalt des Kessels sich mit
der Luft berührt, eine, wenn auch sehr geringe Schicht Grünspan an, die, wenn
auch bei sauberer Behandlung ungefährlich, doch unbehaglich ist.
2) Diese Oxydirbarkeit des Kupfers erforderte täglich eine
bedeutende Arbeitskraft zum Putzen der Kupferfessel, deren Wandungen bald so
dünn wurden, daß sie dem Dampfdrucke nicht mehr den erforderlichen Widerstand
entgegensetzten und eine theuere Erneuerung forderten.
3) Während des stundenlangen Kochens in diesen großen, wenn auch
zugedeckten Kesseln wurde eine große Menge Dampf entwickelt und erfüllte die
Küchen- und benachbarten Räume in solcher Weise, daß der Aufenthalt darin
unangenehm und die Dauer dieser Gebäude bedroht wurde.
4) Es war nicht zu vermeiden, daß das Essen dann und wann
überkochte, die Küche beschmutzte und verloren ging.
Der Verwalter kam also auf den Gedanken, durch Kochen zwischen
Heupolstern vielen dieser Uebelstände abzuhelfen, besonders aber bedeutend
an Brennmaterial zu ersparen, wenn man, statt wie bisher 3–4 Stunden, nur 1
Stunde Dampf um die Kessel zu halten brauchte. Es wurden also die Kessel in
folgender Weise umgeändert.
A. Dampf-Kochkessel.
Der Apparat, von welchem Fig. 12 einen
Durchschnitt gibt, besteht aus einem emaillirten eisernen Doppel-Kessel, der
bis zum Rande 260 Liter hält. In der Emaille ist ein Pegel für jede 10 Liter
eingebrannt. Der äußere Kessel ist mittelst des eisernen Ringes c, c mit dem inneren fest verschraubt. Der Dampf wird
durch das Rohr d, d ein- und der verdichtete
Dampf bei k, k abgelassen. Der Deckel a, a, b ist ebenfalls aus emaillirtem Gußeisen; er
besteht aus zwei Theilen, der hintere Theil a, a dringt
0,37 Met. über den 0,85 Met. weiten Kessel vor, und ist an dem Rande des Kessels
festgeschraubt. Der Deckel selbst ist bis auf den Rand verhältnißmäßig sehr dünn,
aber in dem Rande ist eine Nuth eingegossen, ungefähr 0,03 Met. breit und tief, in
welche ein Holzring b festgeschraubt wird. Die Backen
der Nuth geben dem Deckel Stärke, und verhindern daß sich die Form des Holzringes
verändert. Wenn der Deckel zugemacht wird, hält der Holzring den Stoß ab, und
vielfache Proben haben bewiesen daß der Deckel frei auf den Kesselrand niederfallen
kann, ohne zu brechen.
Der Wärmebehälter besteht aus einem runden lackirten Holzkasten e, e, e, e, e, auf dessen Boden vier Holzklötze f, f ruhen, welche oben und unten mit mehreren Lagen
dicken Zeuges bekleidet sind. Der Kessel ruht mit vier angegossenen eisernen Lappen
g, g auf diesen Holzklötzen. Ein 0,13 Met. breiter
Holzring h, h liegt oben auf dem Wärmebehälter und trägt
den Kessel an dessen flachem Rande, mit welchem der Holzring fest verschraubt ist.
Dieser Holzring ist aus drei Holzschichten verfertigt, deren oberste, aus
Mahagonyholz, weil der Wärme und Feuchtigkeit zu gleicher Zeit ausgesetzt, durch
viele Schrauben an die unterste befestigt ist. Wenn das Essen im Kessel überkochen
sollte, läuft dasselbe über den Holzring, ohne in den Kasten eindringen zu können.
– Der Deckel des Wärmebehälters besteht, wie die Zeichnung zeigt, ebenfalls
aus zwei Theilen, deren hinterer an dem Behälter festgeschraubt, während der vordere
Theil m, m durch Scharniere an dem hinteren beweglich
ist.
Innerhalb des Holzdeckels mit 5–8 Centimeter Abstand vom Holze befindet sich
ein am Rande des Deckels befestigtes Blech n, n, n. Der
Raum zwischen dem Bleche und dem Holze ist lose mit Baumwolle oder Heu ausgestopft;
dieses Blech verhindert das Eindringen des Dampfes in die Baumwolle etc., wodurch
diese und das Holz conservirt werden.
Ebenso liegen im Wärmebehälter um den Kessel herum 5–8 Centimeter dicke
Baumwoll- oder Heukissen, um das Entweichen der Wärme zu verhüten.
Der Behälter kann leicht auseinander genommen und die Kissen herausgenommen werden,
wenn Erneuerung oder ein Nachsehen des Kessels nöthig werden sollte.
B. Eingemauerte Kessel.
Dasselbe Verfahren, die Aufsammlung und Zusammenhaltung der Wärme, wie es schon seit
alten Zeiten beim Backen des Brodes in Backöfen angewendet worden ist, hat man in
Dänemark auch auf Mauerkessel angewendet, wie Fig. 13 dasselbe
darstellt.
Diese Kessel sind hauptsächlich für kleinere Wirthschaften berechnet, welche einen
täglichen Bedarf von 100–200 Liter Essen haben.
Seit mehreren Jahren werden drei solcher Kessel in dem Hospitale zu Frederiksborg bei
Copenhagen und in mehreren Küchen landwirthschaftlicher Institute in Dänemark
benutzt.
Beim Feuern solcher Kessel findet bis zum Kochen des Inhaltes keine Dampfentwickelung
statt; muß jedoch das Kochen stundenlang fortgesetzt werden, so ist der Deckel des
Kessels bald nicht mehr im Stande den Dampf zurückzuhalten, und man läßt denselben
gewöhnlich durch einen Rauchfang sammeln und durch den Schornstein, und zwar zum
Schaden des letzteren und des Gebäudes, abziehen.
Man kann indessen allen Dampf von jedem feststehenden Kessel auf eine ganz einfache
und billige Weise fortschaffen.
Der Deckel des Kessels wird aus mit Scharnieren zusammenhängenden Theilen gemacht,
der hintere Theil b, c (Fig. 14) wird an dem
Kessel oder an dem Mauerwerk befestigt; von d aus geht
ein Dampfrohr von verzinntem Eisenblech mit seinem Ende e,
f durch die Schornsteinwand; bei e ist in dem
Rohre eine Klappe, welche geöffnet wird, wenn das Kochen beginnt. Der Durchmesser
des Dampfrohres braucht nur 0,03–0,04 Met. für Kessel von 30–300 Liter
zu seyn. Bei den Versuchskesseln im Commune-Hospital hatte man ein Dampfrohr
von 0,06 Met. Durchmesser; selbst wenn der Kessel noch so stark im Kochen war, zog
das Rohr in dem Grade allen Dampf ab, daß der Deckel sogar etwas hoch gehoben werden
konnte, ohne daß eine Spur von Dampf in die Küche kam. Das Dampfrohr darf nicht
waagrecht seyn, noch weniger abwärts gehen, es muß eine schwache Steigung haben,
braucht aber nicht in den Schornstein auszumünden, sondern man kann das Rohr ebenso
gut auf der äußeren Seite des Schornsteines entlang gehen lassen, da die Verdichtung
des Dampfes den nöthigen Zug schafft.
Mit einem der sub A beschriebenen Kessel von 232 Liter
Wasser sind drei Proben in Betreff der Schnelligkeit des
Abkühlens gemacht worden; nachdem das Wasser in's Kochen gebracht worden,
wurde der Dampfhahn geschlossen, der Deckel des Kastens jedoch erst nach
10–15 Minuten zugemacht, nachdem das Wasser nicht mehr kochte.
Alle drei Proben haben, mit höchstens 1/4 Grad Variation, das gleiche Resultat gegeben.
Als der Deckel geschlossen wurde
80
Grad
Réaumur
1/2 Stunde später
80
„
„
1 Stunde später
79,75
„
„
2 Stunden später
79,50
„
„
3
„ „
79
„
„
4
„ „
78,5
„
„
10
„ „
75,25
„
„
14
„ „
73,75
„
„
19
„ „
71,75
„
„
Da bei niedrigem Barometerstande das Wasser bei 79° R. kocht, kann man mit
voller Berechtigung sagen, daß in diesem Wärmebehälter das in's Kochen gebrachte
Essen während 3 Stunden ebenso gut gekocht wird, wie durch gewöhnliches Kochen in
gleicher Zeit, ohne daß es hierbei des geringsten weiteren Zuthuns von Brennmaterial
während dieser Zeit bedarf. Dieser Kessel ist seit Schluß 1868 in der Küche des
großen Communal-Hospitales zu Copenhagen in täglichem Gebrauche gewesen, und
sind die erlangten Resultate so günstig, daß der Magistrat von den
Bürgerrepräsentanten eine bedeutende Summe verlangt und bewilligt erhalten hat, um
eine große Anzahl solcher Kessel im Laufe dieses Sommers aufstellen zu können.
Die ökonomischen Vortheile beim Gebrauche des neuen Apparates können in Folgendem
zusammengefaßt werden:
1) Der Kessel ist weit leichter und billiger rein zu halten als
die blanken Kupferkessel.
2) Von dem Inhalte der Kessel kann so gut wie gar Nichts durch
Ueberkochen verloren gehen, da das Kochen nur kurze Zeit dauert, während die
Grütze etc. nur einmal gerührt oder die Suppe geschäumt wird;
aus demselben Grunde
3) strömt nur in ungefähr einer Viertelstunde täglich von jedem
Kessel, während der Deckel geöffnet seyn muß, Dampf in die Küche.
4) Die Maaßverhältnisse können hier, wo das unbestimmbare
Schwinden durch Ueberkochen nicht stattfindet, weit genauer als sonst abgepaßt
werden, wenn erst die Erfahrung das richtige Maaß gegeben hat.
5) Selbstverständlich muß Brennmaterial gespart werden, wenn die
Kochzeit von 3–4 auf 1–1 1/2 Stunden vermindert wird.
6) Die erste Anschaffung des Apparates ist kaum theurer, und die
Instandhaltungskosten werden bei dem eisernen Kessel mit Wärmebehälter kaum
größer seyn, als bei den Kupferkesseln, wenn sich die Emaille in einem großen
Kessel ebenso gut halten kann, wie in einem kleinen Topfe, vielleicht sogar
etwas billiger; hierauf muß jedoch erst die Erfahrung eine entscheidende Antwort
geben.
Es gibt inzwischen eine andere Methode, mittelst welcher man, ohne das Kochen in
Baumwolle oder Heu anzuwenden, und ohne das Dampfrohr zu gebrauchen, die
Dampfentwickelung sowohl bei festen Kesseln als bei Töpfen auf den gewöhnlichen
Kochherden beherrschen kann; es gilt nämlich, das Feuer dämpfen zu können, entweder
wenn das Kochen beginnt oder am besten etwas vorher, so daß nur ein äußerst
schwaches Kochen erhalten wird, und nach den Versuchen die bei dem eingemauerten
Kessel gemacht sind, muß sich dieß leicht thun lassen, wenn vor den Feuerstellen
eine gewöhnliche hermetisch schließende Thür mit Klappe zur Regulirung des Luftzuges
angebracht wird.
Die mit den Magazinöfen angestellten Versuche zeigen, daß man mit äußerst geringem
Brennmaterialverbrauch in mehreren Stunden ein schwaches Feuer auf der Höhe seiner
Intensität erhalten kann. Es würde gewiß sehr zweckmäßig seyn, die gewöhnlichen
Kochherde mit hermetisch schließenden Thüren zu versehen.