Titel: | Neues Verfahren zur Verarbeitung schwefel-, antimon- und arsenikhaltiger Kupfer-, Blei-, Nickel- und Silbererze auf nassem Wege; von Prof. E. Kopp in Turin. |
Fundstelle: | Band 199, Jahrgang 1871, Nr. CII., S. 401 |
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CII.
Neues Verfahren zur Verarbeitung
schwefel-, antimon- und arsenikhaltiger Kupfer-, Blei-,
Nickel- und Silbererze auf nassem Wege; von Prof. E. Kopp in
Turin.
Aus dem Moniteur scientifique, August 1870, S. 705; durch
das polytechnische Centralblatt, 1870 S. 1426.
Kopp's Verfahren, gewisse Silber, Kupfer und Nickel führende
Erze.
Italien ist reich an metallführenden Erzen; aber wegen Mangels an fossilen
Brennstoffen ist das Brennmaterial daselbst sehr theuer, und deßhalb können arme
oder minder reiche Erze daselbst nach dem gewöhnlichen Verfahren auf trockenem Wege
nicht mit Vortheil verarbeitet werden. Dieß gilt besonders von gewissen Silber,
Kupfer und Nickel führenden Erzen, welche in einem sehr vorwaltenden kieseligen
Gestein (Granit, Gneiß, Schiefer etc.) eingebettet sind. Der Verf. hat daher ein
Verfahren aufzufinden gesucht, diese Erze aus nassem Wege zu gute zu machen, und
glaubt in dem Eisenchlorid (und schwefelsauren Eisenoxyd) ein hierzu geeignetes
Mittel gefunden zu haben.
Das Eisenchlorid gibt leicht Chlor ab, indem es in Eisenchlorür übergeht; vermöge
dieser Eigenschaft bildet es eines der kräftigsten Chlorirungs- und (indem
das Chlor sich mit Wasserstoff verbindet) Oxydationsmittel. Kocht man Eisenchlorid (oder
statt dessen eine Mischung von schwefelsaurem Eisenoxyd und Chlornatrium) mit
Schwefelkies, Anderthalb-Schwefeleisen, Kupferkies, Nickelspeise,
Schwefelantimon, Schwefelarsenik, Bleiglanz oder Zinkblende, so werden diese Körper
in kurzer Zeit stark angegriffen; Kupfer, Antimon, Arsenik, Nickel, Blei, Zink lösen
sich auf, und oft wird Schwefel abgeschieden.
Eine ganz ähnliche Reaction erfolgt auch bei gewöhnlicher Temperatur und bei Zutritt
der Luft, nur mit dem Unterschiede daß kein oder fast kein Schwefel abgeschieden
wird, und daß man die Einwirkung mehrere Tage und zuweilen selbst Wochen lang dauern
lassen muß. Man verwandelt das Mineral in ein gröbliches Pulver, bildet daraus
Haufen, und befeuchtet dieselben mit der Eisenchloridlösung. Man erhält die Masse
beständig feucht, indem man das verdunstete Wasser von Zeit zu Zeit ersetzt. In
vielen Fällen wird die Wirkung dadurch befördert, daß man zuweilen etwas
Schwefelsäure oder Salzsäure zusetzt. Die Haufen macht man im Kleinen auf
Porzellantellern, damit die etwa ablaufende Flüssigkeit sich darauf sammelt; von
Zeit zu Zeit werden sie umgearbeitet und neu gebildet, damit andere Theile an die
Oberfläche kommen.
Wenn man schwefelsäurefreies Eisenchlorid und Kochsalz anwendet, so kann man sich
leicht davon überzeugen, daß nach Verlauf einer gewissen Zeit (zuweilen schon nach
24 Stunden) die von dem Mineral ablaufende Flüssigkeit eine erhebliche Menge
schwefelsaure Salze enthält. Wenn Zweifach- oder
Anderthalb-Schwefeleisen vorhanden ist, so kann natürlich eine beträchtliche
Menge schwefelsaures Natron entstehen: die Flüssigkeit wird überdieß durch
Schwefelsäure sauer, und dieß befördert die Reaction. Diese wird durch Oxydation
mittelst des Sauerstoffes der Luft unterhalten; das Eisenchlorid oder schwefelsaure
Eisenoxyd geht, indem es die Schwefelmetalle angreift, in Eisenchlorür oder
schwefelsaures Eisenoxydul über; diese werden durch den Sauerstoff der Luft wieder
oxydirt (aus dem Eisenchlorür entstehen dabei Eisenchlorid und Eisenoxyd, welches
letztere sich in Schwefelsäure oder Salzsäure auflöst) und wirken dann auf's Neue.
Ein Zusatz von etwas Säure ist dann günstig und fast nothwendig, wenn man die
Entstehung eines unlöslichen Eisenoxydsalzes bemerkt.
Wenn man ein silberhaltiges Mineral auf diese Art behandelt, so kann man in der
Flüssigkeit nach einiger Zeit Silber nachweisen, welches offenbar als Chlorsilber,
durch Vermittelung des Chlornatriums aufgelöst, darin enthalten ist. Aber bei
einigen Versuchen schien das Silber wieder ausgefällt zu werden, wahrscheinlich im
metallischen Zustande; denn es verschwand wieder aus der Lösung. Vielleicht erklärt
sich dieß durch die Reaction des Eisenchlorürs oder schwefelsauren Eisenoxyduls, welches das
Chlorsilber reducirte. Aber in diesen Fällen konnte man durch Behandlung der Masse
mit Quecksilber ein Amalgam bekommen, welches bei der Destillation ein kleines
Silberkorn zurückließ.
Wenn es sich um die Behandlung eines kupferhaltigen Erzes handelt, kann das Kupfer
immer durch Eisen als Cementkupfer aus der Flüssigkeit gefällt werden.
Aber ein allgemeineres Verfahren der Fällung der aufgelösten Metalle wird in der
Anwendung von Schwefelnatrium oder statt dessen Schwefelcalcium
(Calciumpolysulfuret) bestehen. Wenn man mit Vorsicht operirt, kann man das Arsenik,
das Antimon, das Silber, das Nickel, das Kupfer und selbst das Zink dadurch als
Schwefelmetalle niederschlagen, bevor zugleich erhebliche Quantitäten von Eisen
gefällt werden. Das mit niedergeschlagene Schwefeleisen kann man durch Behandlung
des Niederschlages mit wässeriger schwefliger Säure, welche das Schwefeleisen unter
Bildung von unterschwefligsaurem Eisenoxydul auflöst, beseitigen.
Der Anwendung des vorstehend angegebenen Verfahrens im Großen dürften keine
unüberwindlichen Schwierigkeiten entgegen stehen. Fast allenthalben kann man sich
durch Rösten von Schwefelkies in einem einfachen Apparat leicht eine Auflösung von
schwefliger Säure in Wasser verschaffen; an der Luft geht die darin enthaltene
schweflige Säure bald in Schwefelsäure über. Die gerösteten Kiese, von Zeit zu Zeit
befeuchtet, liefern, nach Verlauf einer gewissen Zeit eine beträchtliche Quantität
schwefelsaures Eisenoxyd, welches man durch Auslaugen daraus gewinnen kann. Durch
Vermischen von Kochsalz mit dem schwefelsauren Eisenoxyd erhält man das
erforderliche Eisenchlorid.
Das Schwefelnatrium kann man durch Reduction von schwefelsaurem Natron mit Kohle
darstellen. Schwefelsaures Natron wird bei dem Verfahren selbst in reichlicher Menge
entstehen; will man es aber direct bereiten, so braucht man nur ein Gemenge von
Schwefelkies und Kochsalz bei Gegenwart von Wasserdampf zu rösten.
Ein trockenes und warmes Klima, wie dasjenige Italiens, wird für dieses Verfahren
günstig seyn. Die Flüssigkeiten, aus denen man die Metalle gefällt hat, benutzt man
wieder zum Befeuchten der Haufen; sie concentriren sich dabei beständig und
begünstigen so die Reaction, und zuletzt kann man durch Krystallisation
beträchtliche Mengen von schwefelsaurem Natron daraus gewinnen, welches leicht zu
reinigen ist.
Ein Erz von sehr complexer Natur, welches ungefähr 67 Proc. Gangart (45
Schiefergestein mit etwas kohlensaurer Kalk- und Talkerde und 22
Schwerspath), 17,2 Schwefelblei, 1,2 Antimon, 0,9 Arsenik, 13 Schwefeleisen und 0,002 bis
0,004 Silber enthielt, war, nachdem es 6 Wochen lang bei 30 bis 40° C. der
Einwirkung von 15 Proc. seines Gewichtes Kochsalz und 5 Proc. Eisenchlorid
ausgesetzt gewesen war, fast vollständig zersetzt. Die Metalle waren nach und nach
als Schwefelverbindungen gefällt worden.
Bei einem solchen Erz verursacht das Blei wegen der geringen Löslichkeit seiner
Chlorverbindung Schwierigkeiten. Operirt man dagegen mit einem Erz, welches
hauptsächlich Eisen, Kupfer oder Nickel enthält, so finden diese Schwierigkeiten
nicht statt.
Aus den vorstehenden Versuchen läßt sich schließen, daß das wohlfeilste Verfahren,
die kleine Menge Kupfer, welche in den behufs der Schwefelsäure-Fabrication verbrannten Kiesen oft enthalten ist, zu gewinnen, darin besteht, daß
man die beim Verbrennen der Kiese verbliebenen Rückstände, nachdem sie eine Zeit
lang der Luft und Feuchtigkeit ausgesetzt gewesen sind, mit einer Lösung von
Kochsalz besprengt. Die Reaction vollzieht sich sehr schnell, und das Kupfer geht
vollständig als Chlorkupfer in Lösung. Dadurch, daß man der Kochsalzlösung ein wenig
Salzsäure hinzufügt, welche direct Eisenchlorid bildet, kann der Proceß noch
beschleunigt werden.