Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 199, Jahrgang 1871, Nr. , S. 72 |
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Miscellen.
Miscellen.
Ueber Torfbenutzung.
Der Bezirk Rosenheim (in Bayern) erfreut sich bekanntlich
eines sehr wichtigen Factors einer blühenden Industrie, nämlich eines reichlich
vorhandenen billigen Brennmateriales, des Torfes, der, wenn auch nicht von dem
industriellen Werth der Steinkohlen, denselben doch für viele Zwecke nahezu, in
Manchem auch vollständig erreicht.
Die Producte unserer Waldungen werden mehr und mehr als Nutzholz verwerthet, so daß
z.B. die Kesselheizungen, Brauereien, Kalköfen und Ziegeleien etc., die früher
ausschließlich mit Holz geheizt wurden, sich mehr und mehr auf Torfbetrieb
einrichten.
In den Gemeindefluren Groß-Carolinenfeld und Kolbermoor werden auf beiläufig 2000 Tagwerk Torfgründen
ungefähr 60,000 Schachtruthen Torf gestochen und zwar durch die königl. Saline Rosenheim, sowie die chemische Fabrik Heufeld,
ausschließend, die beiden übrigen Etablissements, größtentheils ihren
Brennstoffbedarf deckend; in Holzhausen und Brannenburg und den verschiedenen Gemeinden um den
Sim-See werden annähernd weitere 20,000 Schachtruthen Torf gewonnen, zusammen
im Verkaufswerth von rund 250,000 fl.
Das Torfwerk Kolbermoor producirt ferner noch 200,000
Centner Preßtorf, bisher ausschließend zum Bahnbetrieb.
So wird auf diese Weise durch das Wachsen der Torfgewinnung die Production unserer
Wälder an Brennholz der Metallindustrie, der sie unentbehrlich ist, reservirt, und
der Preis des Brennmateriales auf einer für alle Verhältnisse günstigen Höhe
erhalten.
Außerdem concurrirt der Stichtorf, bei günstiger Situation der Torfgründe und bei
rationellem Betriebe, in hiesiger Gegend wirksam mit den Kohlen von Miesbach. Der Werth der Torfgründe hat durch die stetige
Zunahme der Torfproduction bedeutend gewonnen und es ist dadurch das Vermögen in den
betreffenden Gemeinden beträchtlich gewachsen.
Zu bedauern ist hier das Eingehen der Kugeltorf-Fabrik bei Failenbach,
besonders da das Fabricat, seiner Qualität nach, die günstigste Beurtheilung fand.
An dem Eingehen dieses Etablissements dürften nicht die im Verhältnisse zum
Brennwerth zu hohen Herstellungskosten des Kugeltorfes, sondern lediglich
finanzielle Schwierigkeiten die Schuld tragen. (?)
Es ist mit Befriedigung zu vernehmen, daß die königl. Bahnverwaltung an verschiedenen
den Torfgründen des Bezirkes nahegelegenen Stationen Torfmagazine anlegen läßt,
demnach die Torfheizung der Locomotiven auszudehnen beabsichtigt. Wie sehr dieß im
Interesse der Bahnverwaltung selbst liegt, darüber gibt folgende zuverlässige Vergleichung des
Betriebes mit Torf mit demjenigen mit Traunthaler Braunkohle ein sprechendes Beispiel:
Eine Fahrt von Rosenheim nach Salzburg kostet
mit Traunthaler Braunkohle
mit Preßtorf
120 Ctr. à 22
kr.
44 fl. – kr.
100 Ctr. à 22 kr. 36 fl. 40 kr.
mit Stichtorf
8 Sch.-Rth. à 3 fl. 12
kr.
25 fl. 36 kr.
1 Waggon für Torf
2 „ –
„
1 Hülfsheizer
1 „
24 „
––––––––––
Summa
29 fl. – kr.
Neben dieser bedeutenden Ersparniß bei Torfbrand gegenüber dem Heizen mit genannter
Braunkohle kommt aber noch ganz besonders die starke Abnutzung der Locomotiven bei
Verwendung des letzteren Brennmateriales in Betracht, die eine derartige ist, daß
z.B. von 1864 bis 1869 drei Maschinenlieferungen mit zusammen 42 Locomotiven
unbrauchbar geworden sind. Langjährige Erfahrungen über Locomotivheizung mit
Stichtorf begründen die Annahme, daß bei Verwendung des letzteren Materielles
mindestens 14 Maschinen in genanntem Zeitraum hätten erspart werden können. Nehmen
wir nun täglich 10 Fahrten zwischen Rosenheim und Salzburg an, so erreicht die Ersparniß
a)
bei Stichtorfverwendung gegen Traunthaler
Braunkohlerund jährlich
55,000 fl.
an Maschinen, 14 Maschinen (à 30,000 fl. = 420,000
fl. in 5 Jahren)
84,000 „
–––––––––
im Ganzen also die bedeutende Summe von
139,000 fl.
b)
bei Preßtorfverwendung
26,000 fl.
und
84,000 „
–––––––––
in Summa
110,400 fl.
(Aus dem Jahresbericht der Handels- und Gewerbekammer von
Oberbayern pro 1870; württembergisches Gewerbeblatt,
1870, Nr. 48.)
Fröhlich's patentirte Generatorfeuerung.
In der neuerbauten Drahtzieherei von Gray und Comp. in Sheffield ist zum ersten Male in England eine
Generatorfeuerung nach Fröhlich's Patent ausgeführt
worden, deren Einrichtung folgende ist. Der Gaserzeugungsapparat besteht aus zwei
Kammern von feuerfesten Ziegeln, die durch einen kurzen Canal am Boden mit einander
in Verbindung stehen. In der ersten Kammer wird Brennmaterial in Pulverform, das von
oben zugeführt wird und allmählich niedersinkt, mittelst Gebläseluft verbrannt, die
durch eine Anzahl Formen in der Nähe des Bodens zutritt. Die hier entstehenden
gasförmigen Verbrennungsproducte entweichen durch den Canal am Boden nach der
zweiten Kammer, welche zeitweilig durch eine Thür nahe am oberen Ende mit Kohks oder
großen Stücken nicht bituminöser Kohle versehen wird, so daß die aus der ersten
Kammer zuströmenden Gase durch eine glühende Kohkssäule aufsteigen müssen. Die Gase
werden so möglichst vollständig in Kohlenoxyd umgewandelt und können dann nach der
Verbrauchsstelle abgeleitet werden. Die Resultate dieser Feuerungsmethode werden als
höchst befriedigend bezeichnet. (Deutsche Industriezeitung, 1870, Nr. 49.)
Neue Heiz- und Wärmapparate.
Für die verschiedenen Räume, in welchen jetzt der Mensch zeitweise sich aufhalten
muß, und für die verschiedenen Zustände in welche einzelne Glieder des menschlichen
Körpers zeitweise gelangen können, ist es wünschenswerth Mittel zu besitzen die
unseren jetzigen Oefen ähnlich, aber einfacher wie diese, besonders aber leicht
transportabel sind. Zu den in Rede stehenden Räumen können wir z.B. die
Personenplätze der Eisenbahn-Waggons, zu den erwähnten Gliedern die Füße des
Menschen rechnen, welche ja oft eines besonderen Wärmmittels bedürfen. Zur
Beschaffung der in Rede
stehenden Mittel hat der hiesige Maschinenbauer Kienast
Apparate construirt, welche ihren Zweck vollkommen zu erfüllen scheinen und bereits
auf mehreren Bahnen mit bestem Erfolge angewendet werden. Ein solcher Apparat
besteht in der Hauptsache aus einem parallelopipedischen Kasten von Messing-
oder Eisenblech, welcher an zwei Stellen mit verstellbaren Zugöffnungen versehen
ist. In diesen Kasten wird ein aus Draht gefertigter Cylinder gelegt, in welchen die
Kohle, die für den Gebrauch entzündet wird, gelegt wird. Diese Kohle, das Geheimniß
des Erfinders, ist zwar aus gewöhnlicher Holzkohle zubereitet, welche aber, nachdem
sie gemahlen worden, mit Zusätzen versehen und wieder gepreßt wird, so daß sie bei
ihrer Verbrennung keine der Gesundheit schädlichen Gase entwickelt. Die Kienast'sche Fabrik stellt sowohl die Kohle, als alle
Apparate für ähnliche Zwecke her.
Dr. Rob. Schmidt in Berlin.
Deacon's
mechanische Feuerung.
G. F. Deacon hielt in der Versammlung der British Association zu Liverpool einen Vortrag über die
Wirksamkeit von Feuerungen mit mechanischer Aufschüttung und besprach bei dieser
Gelegenheit die von ihm construirte Anordnung, welche unter anderen an einem Kessel
mit zwei Feuerrohren angebracht ist.
Durch einen Rumpf gelangt das aufgeschüttete Brennmaterial in einen
Zerkleinerungsapparat, aus einem Cylinder bestehend in welchem eine gußeiserne
conische Doppelschraube sich stetig umdreht. Dieselbe ist rechts- und
linksgängig, und nimmt im Durchmesser von der Mitte nach beiden Seiten zu.
Die in der Mitte einfallenden Kohlen werden daher nach beiden Seiten abgeleitet und
auf gleichmäßiges Korn zerbröckelt.
Das Kohlenklein gelangt zu zwei Ventilatoren, deren Flügel das Brennmaterial über die
Rostfläche gleichförmig vertheilen, eine Anordnung welche schon von Stanley ausgeführt wurde. Das Ausziehen der Asche und
Schlacke erfolgt wie gewöhnlich durch den Heizer.
Durch eine entsprechende Transmission werden die Zuführschnecke und die Flügel in
Umdrehung versetzt und je nach der Stellung des Antriebsriemens auf den conischen
Scheiben kann die Geschwindigkeit der Schraube und hierdurch die Menge des in den
Ofen gelangenden Brennmateriales regulirt werden. (Engineer, September 1870, S. 226.)
Mit Draht durchnähte Riemen.
Die englische Firma T. Hepburn und Söhne stellte auf der Islingtoner Cattle Show
einfache und doppelte Riemen aus, welche mittelst biegsamen Drahtes auf die ganze
Länge durchnäht sind. Hierdurch wird die Fähigkeit des Riemens, sich um Scheiben
selbst von geringem Durchmesser zu legen, nicht vermindert, hingegen größere
Dauerhaftigkeit und Festigkeit erzielt. Bei großen Entfernungen der Scheiben kann
der mit Draht durchnähte Riemen schlaffer gelassen werden wie gewöhnlich. Diese
Riemen müssen natürlich aus sehr gut gegerbtem Leder gearbeitet seyn. (Mechanics' Magazine, December 1870, S. 424.)
Nickelplattirung für Maschinentheile.
L. A. Scofield, Oberingenieur der
„Lodona“, Dampfer der C. H. Mallory Linie zwischen
New-York und New-Orleans, lenkt die Aufmerksamkeit der
Marine-Ingenieure auf die Zweckmäßigkeit der Nickelplattirung von
Schraubenbolzen, welche den Ventilsitz in der Luftpumpe der Schiffsmaschine
befestigen und hier den Einflüssen des Einspritzwassers, des Dampfes –
nebenbei auch galvanischen Einwirkungen – ausgesetzt sind. Diese Eisenbolzen
unterlagen erfahrungsgemäß rasch dem Zerfressen und ihre Köpfe waren nach
dreimaliger Hin- und Rückfahrt auf mehr als die Hälfte reducirt.
Die Herstellung dieser Bolzen aus Metall (Legirung) behufs größerer Dauerhaftigkeit
erwies sich, wegen der unzulänglichen Festigkeit derselben, unausführbar.
Schließlich wurde der Bolzenkopf mit Nickel überzogen und das Resultat war ein sehr
günstiges. Derselbe war nach dreimonatlicher Fahrt nur matt angelaufen, ohne daß die
Nickelhaut irgend Schaden gelitten hätte.
Es scheint demnach in solchen Fällen ein Nickelüberzug einen vollkommenen Schutz zu
gewähren. (Scientific American, Juli 1870, S. 50.)
Ablöschen der Hohofenschlacke.
Zum Ablöschen der Hohofenschlacke hat G. D'Adelswärd,
Ingenieur der Prieuré-Eisenwerke in Longwy, folgende Anordnung
construirt. In einem mit Wasser gefüllten, im Hüttenboden versenkten Reservoir wird
durch eine hydraulische Pumpe eine große Platte auf- und abbewegt, auf welche
ein Schlackenhund längs Schienen zugeführt werden kann. In der Höhenlage dieser
Platte liegt dieselbe im Niveau des Hüttenbodens und die Schlacke fließt durch eine
bewegliche Rinne vom Ofen in den aufgefahrenen Schlackenhund. Ist derselbe
angefüllt, so läßt man die Platte, welche an dem Plungerkolben eines hydraulischen
Cylinders befestigt ist, nieder unter das Wasser, wobei die Schlacke bald abgekühlt
wird. Man pumpt alsdann die Platte wieder in die Höhe und führt den Schlackenhund
mittelst Pferden nach dem Abladeplatz.
Bei der früheren Einrichtung auf dieser Hütte soll die Wegschaffung der Schlacke bei
einer Production von 1000 Centner Roheisen pro Tag 14
Arbeiter (à 4 Frcs. Tagelohn) und 3 Pferde (7
Frcs. tägliche Kosten) beansprucht haben. Bei der jetzt üblichen Methode sind nur 6
Arbeiter und 2 Pferde erforderlich, weßhalb eine tägliche Ersparniß von 39 Frcs.
erzielt wird. Der früher erforderlich gewesene Abkühlungsraum für die Schlacke
betrug pro Hohofen 420 Quadratmeter gegen jetzt von nur
52 Quadratmeter. (Nach Engineering, November 1870, S.
349, woselbst auch eine Durchschnittsskizze mitgetheilt ist.)
Ueber die Erkennung eines ächten Silberüberzuges auf
Metallen.
Aechten Silberüberzug auf Metalle (Versilberung) erkennt man am schnellsten mittelst
einer kalt gesättigten Lösung von doppelt-chromsaurem Kali in reiner
Salpetersäure von 1,2 spec. Gewicht. Nachdem die zu prüfende Fläche mit starkem
Weingeist gereinigt worden, um etwaigen Lacküberzug zu entfernen, bringt man
mittelst eines Glasstabes einen Tropfen von obiger Flüssigkeit darauf und spült dann
die benetzte Stelle unmittelbar hiernach mit etwas Wasser ab. Bei vorhandenem Silber ist nun ein deutlicher blutrother Fleck (chromsaures Silberoxyd) sichtbar. Auf Neusilber färbt sich der Tropfen braun und hinterläßt
nach dem Abspülen keinen rothen Fleck. Auf Britanniametall (aus Zinn, Antimon und wenig Kupfer bestehend) erhält man
einen schwarzen Fleck. Auf Platin findet keine Einwirkung
statt. Auf einer durch Quecksilber amalgamirten
Metallfläche erhält man einen röthlichbraunen Niederschlag, der beim Uebergießen mit
Wasser vollständig fortgespült wird. Auf Blei, ebenso auf Wismuth, erhält man einen gelben Niederschlag. Zink wird stark geätzt, die
Probeflüssigkeit spült sich vollständig ab. Auch Zinn wird stark angegriffen; die
Probeflüssigkeit färbt sich bräunlich, und ein Zusatz von Wasser gibt einen gelben
Niederschlag, der auf dem Metall leicht haftet. Eine Auflösung von Höllenstein
(salpetersaurem Silberoxyd) veranlaßt auf die fremden Metalle (Platin und
Quecksilber ausgenommen) einen schwarzen Fleck, kann aber auch zur Erkennung einer
ächten Silberfläche benutzt werden. (Böttger's
polytechnisches Notizblatt, 1870, Nr. 24.)
Ueber die Straßenbesprengung mit Chlorcalcium
und anderen zerfließlichen Chlorsalzen wurden zuletzt im
Jahrgang 1870 des polytechn. Journals, Bd. CXCVII
S. 546 einige Mittheilungen gemacht; wir schließen an dieselben die Notiz an, daß
diese Methode während der Jahre 1869 und 1870 in London in größerem Maaßstab zur
Anwendung gekommen ist, nachdem einige vorläufige Versuche in Liverpool und anderen
Städten sehr gute Resultate ergeben hatten. Es wurden dabei durch tägliche
Verwendung von 30 Ctrn. Chloride, welche 25 Thlr. kosteten, zehn einspännige, von je
einem Arbeiter bediente Wasserkarren erspart, deren tägliche Kosten sich auf 30
Thlr. stellten, sowie das von diesen zu liefernde Wasser, nämlich 87,500 Gallons à 4,5 Liter, die in London 24 1/3 Thaler kosten,
so daß die gesammte tägliche Ersparniß 29 1/3 Thlr. betrug. Als ein weiterer
Vortheil wird hervorgehoben, daß das Chlorcalcium auf das kohlensaure Ammoniak,
welches aus dem faulenden Pferdemist entsteht, zersetzend einwirke. Um überhaupt dem
gesundheitsschädlichen Einflusse solcher faulender organischer Stoffe, die sich auf
den Straßen ansammeln, entgegenzuwirken, hat man in mehreren englischen Städten
Carbolsäure und andere Desinfectionsmittel in Anwendung gebracht: in neuester Zeit
glaubt man ein besonderes entsprechendes Mittel für diesen Zweck in dem von Prof.
Gamgee hierfür vorgeschlagenen wasserhaltigen
Aluminiumchlorid (sogen. Chloralaun) gefunden zu haben, das außerdem auch nur 1/3 so
viel kostet wie Carbolsäure. Dieser Körper soll nun nach einem Vorschlag von W. J.
Cooper auch den zur Straßenbesprengung benutzten
Chloriden zugesetzt werden. (Deutsche Industriezeitung, 1870, Nr. 47.)
Gewinnung und Verbrauch von Salz in den Vereinigten Staaten
Nordamerikas.
Der Oberinspector der Onondaga Salt Springs hat im
Anfange dieses Jahres seinen Bericht an die Legislatur abgestattet, welcher manche
interessante Daten enthält.
Der Staat selbst besorgt die Bohrung der Quellen, pumpt und vertheilt die Soole,
beaufsichtigt und wägt die dargestellten Artikel, und das Alles gegen eine Abgabe
von einem Cent für den Bushel. Das Salzwasser am Ohio, Kanawha und im
Saginaw-Thale kostet nur die Bohrung der Quellen. Pumpung und Zutheilung, so
daß, falls der Zufluß nicht abnimmt, der Preis nicht allzu hoch steigen kann. Wie
der Verfasser mittheilt. beläuft sich die Production jährlich, wenn verlangt wird,
im Staate New-York auf 12 Millionen, in Ohio auf 25 Mill, in Virginien auf 50
Mill. und in Michigan auf 100 Millionen Bushels. So zu sagen unbegrenzt ist dieselbe
in Louisiana. Kansas, Nebraska, Idaho und Texas. Es gibt Salzquellen überhaupt in
New-York, Pennsylvanien, Ohio, Michigan, Illinois, Indiana,
West-Virginien, Virginia, Kansas, Nebraska, California, Louisiana, Oregon,
Texas, New Mexico und Arizona. Steinsalz liefern Louisiana, Texas,
New-Mexico, California. Virginien, Montana, Arizona' Idaho.
Nach den neuesten statistischen Ermittelungen beträgt der jährliche Verbrauch des
Salzes in den Vereinigten Staaten im Durchschnitt an 30 Pfund für den Kopf. Es
würden demnach New-York, Ohio, Michigan und West-Virginien, wenn man
ihre größten Leistungen annimmt, jährlich so viel Salz erzeugen können, als für den
Verbrauch einer Bevölkerung von mehr als 350 Millionen Seelen, d. i. des Achtfachen
der jetzigen Einwohnerschaft der Union, ausreichen würde. (Berggeist, 1870, Nr.
81.)
Steinsalzbohrungen in Preußen.
Seitdem die mächtigen Salzlager zu Staßfurt in der Provinz Sachsen das rasche
Emporblühen einer großartigen Industrie in der dortigen Gegend veranlaßten, hat man
im preußischen Staate einige weitere wichtige Erbohrungen von Steinsalz gemacht.
Auf Vorschlag von Berghauptmann Huyssen wurde am 15. März
1867 bei Sperenberg, etwa 6 Meilen südlich von Berlin,
ein Bohrloch angesetzt. Mit demselben erreichte man nach Durchbohrung von Gyps und
Anhydrit, am 18. October desselben Jahres bei 280 Fuß Tiefe ein Steinsalzlager. Ende
Juli 1870 hatte das Bohrloch eine Tiefe von 3242 Fuß und ist bis dahin
ununterbrochen in Steinsalz betrieben worden, so daß eine Mächtigkeit des
Steinsalzlagers von 2962 Fuß nachgewiesen ist. In einer Entfernung von etwa 330 Lachtern vom ersten
Bohrloche wurde ein zweites Bohrloch angesetzt und am 17. August 1870 Steinsalz 369
Fuß tief getroffen. Es geht hieraus hervor, daß das Sperenberger Lager, welches die
Verticalmächtigkeit der bis jetzt bekannten Steinsalzlager weit übertrifft, auch in
horizontaler Richtung eine bedeutende Ausdehnung besitzt.
Ferner wurde bei Segeberg im Holsteinischen Steinsalz
nachgewiesen. Das dort betriebene Bohrloch erreichte eine Tiefe von 490 Fuß, bei
welcher es bereits 24 Fuß tief in Steinsalz anstand. Da man an dem weiteren
Niederbringen durch einen Bruch des Bohrwerkzeuges gehindert war, so setzte man im
Mai vorigen Jahres eine halbe Stunde östlich von Segeberg bei dem Dorfe Stipsdorf
ein zweites Bohrloch an. In demselben ist am 3. Mai 1870 in einer Tiefe von 310 Fuß
ein Steinsalzlager, welches aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem bei Segeberg im
Zusammenhang steht, aufgefunden worden. Ende Mai hatte dieses Bohrloch eine Ttiefe
von 333 Fuß 10 Zoll erreicht und stand noch im Steinsalz an. Die aus demselben zu
Tage geförderten Steinsalzbrocken zeigten sich von vorzüglicher Reinheit. (Nach dem
k. preuß. Staatsanzeiger.)
Das Vorkommen von Diamanten in Californien.
In der Chemical News (Novemberheft 1869) erschien eine
Mittheilung des Prof. Wöhler in Göttingen darüber, daß er
in dem natürlichen Platin von Oregon Diamanten gefunden habe. Nachdem er Gold,
Platin, Chromeisenerz, Kieselsäure, Ruthenium u.s.w. nach den üblichen
Verfahrungsarten ausgezogen hatte, entdeckte er bei der mikroskopischen Untersuchung
des Rückstandes farblose, durchsichtige Körner, von denen er wegen ihrer
Unangreifbarkeit durch die chemischen Mittel annahm, daß sie Diamant seyen. Diese
Vermuthung bestätigte er dadurch, daß er die Verbrennung im Sauerstoffgas vornahm
und mittelst des erzeugten Gases in einer Barytlösung einen Niederschlag
kohlensaurer Baryterde darstellte. Der Sand stammte vom unteren Trinity in der Nähe
seiner Vereinigung mit dem Klamath.
Diamanten sind bereits an mehreren Stellen in Californien gefunden, und man erwartet
weitere Ausbeute davon. Wie übrigens H. G. Hanes der
San-Francisco Microscopical Society angezeigt
hat, war ihm das Vorkommen der farblosen Körner im Platinsande schon länger bekannt,
ohne daß er jedoch deren wahre Natur ermittelte.
Das Platin findet sich mit Iridium und den verwandten Metallen in reichlicher Menge
in Trinity County. So enthält das Gold aus dem Hay Fork, einem beträchtlichen Strom dieses County, größere oder geringere Mengen der Platinmetalle,
so daß sogar die Händler 2 Dollars auf die Unze Goldstaub vom Preise abzuziehen
pflegen. Am North Fork des Trinity River erscheint das Platin zwar in geringerer Menge aber in
größeren Stücken. Merkwürdig ist, daß das Platin zwar in den Betten und an den
Rändern der Flüsse auftritt, dagegen schon in etwa 1/2 Mile Abstand, wo die sogenannten Hill Claims
angelegt sind, fehlt.
Das Platin ist in dem Sande des unteren Trinity so
häufig, daß die Wäscher es nur mit der größten Mühe aus dem Golde fern zu halten
vermögen. Seine Theilchen sind so fein, daß man kaum im Stande ist, dieselben von
dem schweren Sande, welcher das Gold begleitet, zu unterscheiden. Man hat noch nicht
versucht, das Platin für sich allein zu gewinnen und an den Markt zu bringen.
Zu Volcano in Amador County
hat man ebenfalls Diamanten entdeckt, und zwar in einer eigenthümlichen,
vulcanischen Formation, welche Prof. Whitney beschreibt
als vulcanische Aschen und Bimsstein, die durch Wasser geschichtet und cementirt
seyen.
Es gewinnt demnach das Ansehen, als wenn man – da auch eine Anzahl anderer Counties bereits Platin geliefert haben – mit
einiger Aussicht auf Erfolg in allen Goldwäschereien Californiens, soweit sie in
Flußbetten angelegt sind, nach Diamanten suchen dürfe. (Berggeist, 1870, Nr.
81.)
Rother und violetter Fuchsinfirniß zum Zeugdruck.
Um einen rosenrothen Firniß darzustellen, trug Armand Müller nach einer Mittheilung im „chemischen
Centralblatt“ in eine weingeistige Schellacklösung eine ganz geringe
Menge Fuchsin, ebenfalls in Weingeist gelöst, ein; dann wurde bis zum Sieden auf
einem Dampfbade erhitzt. Nach einiger Zeit sing die Lösung an aus Rosa in dunkel
Amaranth, Rothviolett, Violettblaustich und zuletzt in Blau mit schwachem
Violettstich überzugehen. Durch diese Farbenveränderung aufmerksam gemacht, stellte
Müller eine etwas eingehendere Untersuchung an, deren Resultate folgende sind:
Es wurden 2 Grm. Fuchsin, röthlich, und 15 Grm. ungebleichter Schellack mit 100
Kubikcentimeter Weingeist von 95 Proc. Tralles übergossen und auf dem Dampfbade
erwärmt. Die erste Veränderung in der Nuance zeigte sich nach circa 20 Secunden bei einer Temperatur von 31° Cels.: Fuchsin mit
schwachem Violettstich; dann nach 1 1/2 Minuten Temperatur 35° Cels.: Lila;
nach 2 1/60 Minuten, Temperatur 42° C.: Violettröthlich; nach 3 Minuten,
Temperatur 53° C.: rein Violett; nach 4 1/2 Minuten, Temperatur 61°
C.: Violettblaustich; nach 5 Minuten, Siedepunkt: Blau, starker Violettstich; nach 6
1/3 Minuten, Siedepunkt: Blau, schwacher Violettstich.
Bei Versuchen mit gebleichtem Schellack traten, soviel man sehen konnte, die
Uebergänge immer etwas früher ein. Mit 15 Grm. Schellack konnten bis 7 Grm. Fuchsin
in Violett übergeführt werden. Der dickflüssige Firniß wurde mit viel Weingeist
aufgelöst und die Solution, trotz ihrem Schellackgehalt, zu einer Druckfarbe auf
Baumwolltuch benutzt, nach einer einfachen Methode, die Müller jedoch verschweigt,
fixirt und die Zeuge hierauf gewaschen.
Die Farbe ist durchaus waschächt gegen kochendes Wasser, heiße Soda- und
Seifenlösung, und wenig empfindlich gegen das Licht. Alle Zwischennüancen von
Fuchsinroth bis Violettblau können permanent auf Baumwolle (natürlich auch auf Seide
und Wolle) befestigt werden. Die Versuche von Labouret
mit Harz- und Gummilacklösungen und die von Schäfer und Gros-Renaud (mit
Gummilacklösung: Bleu de Mulhouse) haben mit Müller's Versuchen nichts Aehnliches, da nicht dieselben
Stoffe angewendet und auch nicht dieselben Nüancen erzielt wurden.
Diese Methode bietet große Vortheile, da sie einfach ist und bis jetzt kein Violett
so billig zu stehen kommt. Was die Ausbeute an Violett anbetrifft, so ist sie
ziemlich bedeutend, doch sind noch keine eingehenderen Untersuchungen darüber
angestellt.
Waschlauge für gefärbte Zeuge.
Als Waschlauge für gefärbte Zeuge empfiehlt Dr. G. A. Gräfe eine Waschlauge, welche aus der amerikanischen
Seifenrinde oder Quillaja-Rinde und Carraghenmoos hergestellt wird. Es werden
nämlich 1 Pfd. Quillaja-Rinde und 1/4 Pfd. Carraghenmoos jedes für sich mit
10 Pfd. Wasser tüchtig gekocht, die abgekochten Flüssigkeiten werden durchgeseiht
und geben nun die Waschlauge. Nach dem Behandeln mit dieser Waschflüssigkeit werden
die Zeuge in reinem Wasser gespült. Erfahrungsmäßig leistet diese Lauge
vortreffliche Dienste, ohne nur im Geringsten der Farbe zu schaden. Es dürfte
dieselbe wohl auch statt Soda und Seife zum Entfetten der wollenen Garne vor dem
Färben mit Erfolg anzuwenden seyn; der Vortheil ist aber nicht in der Billigkeit zu
suchen, vielmehr darin, daß die mit Soda oder Seife gekochten Garne bei nicht
gehörigem Spülen alkalische Bestandtheile zurückbehalten, wodurch beim Ausfärben
leicht Flecke entstehen. (Deutsche Industriezeitung.)
Ueber die Reinigung des Chloralhydrats; von F. A. Flückiger.
Durch Umschmelzen und Destilliren des Chloralhydrates lassen sich die letzten Spuren
von Verunreinigungen desselben nicht leicht entfernen, und man erhält so immer nur
ein unansehnliches Präparat. Das Umkrystallisiren führt allein zum Ziele. Wasser,
Weingeist und Aether eignen sich dazu nicht gut, weil in ihnen das Chloralhydrat zu leicht löslich
ist. Besser geeignet sind Chloroform und Benzol, noch besser Terpenthinöl, welches
die schönsten Tafeln und Blätter liefert, wenn 1 Th. Chloralhydrat in ungefähr 5 bis
6 Th. Terpenthinöl bei 30 bis 40° C. gelöst wird, und die Flüssigkeit langsam
erkaltet. Auch Petroleumäther löst bei gelindem Erwärmen diel Chloralhydrat und läßt
es bei geringer Temperaturerniedrigung wieder auskrystallisiren, zu rasch jedoch, um
das Auftreten ansehnlicher Krystalle zu gestatten. Das vorzüglichste Lösungsmittel
ist Schwefelkohlenstoff. Bei 15 bis 18° C. erfordert 1 Th. Chloralhydrat 45
Th. Schwefelkohlenstoff; aber bei Temperaturen welche noch unter dem Siedepunkt des
Schwefelkohlenstoffes liegen, genügen 4 bis 5 Theile. Läßt man langsam erkalten, so
erhält man die schönsten, bisweilen zolllangen Prismen, welche an der Luft rasch den
letzten Rest von anhängendem Lösungsmittel verlieren. Diese Krystalle beginnen bei
49° C. zu schmelzen, in größerer Menge erst bei 53°. Nicht gut
krystallisirte Proben von Chloralhydrat schmelzen bei niederer Temperatur. Den
Siedepunkt (Thermometerfaden ganz in Dampf gehüllt) fand der Verf. bei 97,5°.
Der Verf. empfiehlt, für die medicinische Anwendung nur das ganz reine, gut
krystallisirte Präparat zuzulassen. (Neues Jahrbuch für Pharmacie, Bd. XXXIII S.
200.)
Anwendung von Jod bei der Chloralbereitung; von F. Springmühl, Assistent im chemischen Laboratorium der
Universität zu Breslau.
Bei dem in der letzten Zeit so bedeutend gesteigerten Bedarf an Chloralhydrat dürfte
es vielleicht von Interesse seyn, die langwierige Darstellung desselben zu
beschleunigen. Es gelang mir dieß durch die Anwendung von Jod. Ebenso, wie der
Jodzusatz beim Chloriren aromatischer Verbindungen wirkt, wirkt er auch beim
Chloriren des Alkohols. Auf 1/2 Pfd. absoluten Alkohol wendete ich 0,5 Grm. Jod an.
Der durch den Jodzusatz braun gefärbte Alkohol entfärbte sich schnell beim Einleiten
des Chlors, welches zur Absorption des mitgerissenen Chlorwasserstoffes durch Wasser
und zur Entfernung des Wassers durch concentrirte Schwefelsäure und über
Chlorcalcium geleitet wurde. Er erhitzte sich anfangs, wie immer, und mußte
abgekühlt werden; später jedoch wurde er bis zum Sieden erhitzt. Nachdem 12 Stunden
bei vollem Tageslichte Chlor durch zwei bis auf den Boden der 250 Grm. Alkohol
enthaltenden tiefen tubulirten Retorte reichende Röhren eingeleitet war, entwich
kein Chlorwasserstoff mehr, und das Chlor ging selbst beim Erhitzen der Flüssigkeit
unabsorbirt durch. Die erhaltene chlorirte Masse, welche neben Chloral verschiedene,
mehr oder minder flüchtige Verbindungen enthielt, versetzte ich mit Aetzkalk zur
Entfernung freier Säure, filtrirte noch warm und destillirte. Bei 72° C. ging
das durch den Proceß gebildete Jodäthyl über, darauf bei 110 bis 1150 Chloral,
welches gesondert aufgefangen, dann zur Entwässerung mit concentrirter reiner
Schwefelsäure gemischt, nochmals destillirt und nach vollständiger Abkühlung zur
Krystallisation sublimirt wurde. Das erhaltene Chloralhydrat enthielt kein Jod mehr
und war, soweit die Untersuchung ergab, vollkommen rein. Die Ausbeute an reinem
Chloralhydrat betrug bei zwei Versuchen 90 bis 96 Procent des angewendeten absoluten
Alkohols. (Polytechnisches Centralblatt, 1870 S. 1584.)
Ueber Aufbewahrung der Hefe; von Prof. Dr. Artus.
Wenn schon ein früherer Vorschlag von mir,Polytechn. Journal, 1869, Bd. CXCI S. 422. die ausgewaschene dicke noch feuchte Hefe mit gepulvertem Zucker, und zwar
mit so viel zu vermischen, daß ein dicker Syrup entsteht, zur längeren Aufbewahrung
vollkommen genügt, so wird doch oft bei dieser Art und Weise der Zubereitung
zuweilen dadurch ein Mißgriff gethan, daß die Hefe, bevor sie mit Zucker vermischt
wird, noch zu viel Wasser enthält, und dann nicht die gehörige Menge Zucker
zugesetzt wird; so ereignet es sich oft, daß dann die Masse bei wärmerer
Jahreszeit in Gährung geräth. Diesem Umstande wird jedoch dadurch vorgebeugt, daß
man die Hefe, statt mit Zucker, mit Glycerin
vermischt.
Das Verfahren selbst besteht in Folgendem: Die betreffende Hefe, nachdem sie
ausgewaschen und das Waschwasser in soweit entfernt worden ist, wird dieselbe dann
mit reinem Glycerin, und zwar mit so viel angerührt, daß
das Ganze eine dicke syrupartige Masse darstellt. Die auf diese Weise vorbereitete
Hefe habe ich seit dem 20. November 1869 aufbewahrt und heute, den 2. April 1870,
hat sich die Hefe noch als eine kräftige erwiesen, so daß ich hiermit Gelegenheit
nehme, das Glycerin ebenfalls als ein vorzügliches Conservationsmittel der Hefe zu
empfehlen. (Vierteljahresschrift für technische Chemie.)
Ueber die Resultate der Desinfection auf den Schlachtfeldern
in Frankreich; Bericht von E. Junghans.
Im Monat October habe ich im Auftrage des Vorstandes der deutschen chemischen
Gesellschaft zu BerlinDie vom Vorstande dieser Gesellschaft veröffentlichte „Anleitung
zur Desinfection der Schlachtfelder und der Lazarethe“ wurde
im polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVIII S. 350 mitgetheilt. die Umgegend von Metz bereist und bin auf den Schlachtfeldern von St.
Privat, Amanvillers, Vernéville im größeren Maaße für Desinfection thätig
gewesen. Die Mittel, welche für diesen Zweck zu Gebote standen, waren Chlorkalk,
Manganlauge (saure Rückstände bei der Chlorgasentwickelung), Carbolsäure in größeren
Mengen, Eisenvitriol und ein Desinfectionspulver, welches Carbolsäure und
Eisenvitriol enthielt, in kleineren Mengen.
Bei den dortigen Massengräbern, zahlreich nahe beisammen gelegen, und oft 100 bis 200
Todte bergend, so wie an den vielen, fast überall nur eingescharrten Pferdecadavern,
kam es darauf an, mit den gegebenen Mitteln sowohl eine sofortige Desinfection zu
erreichen, als auch dieselbe auf längere Zeit wirksam zu machen. Es wurde zu diesem
Zwecke auf den großen Grabhügeln, welche eine Erddecke von 1–3 Fuß zeigten,
mittelst Chlorkalk und der sauren Manganlauge eine sofortige reichliche
Chlorentwickelung dadurch eingeleitet, daß in eine Längsfurche, welche man einen
Spatenstich tief auf dem Grabe zog, reichlich Manganlauge einfließen gelassen wurde;
hierauf wurde Chlorkalk in größerer Menge, bis 100 Pfund, eingeschüttet, die Rinne
mit Erde zugedeckt, der Hügel weiter mit Chlorkalk bestreut und Erde aufgeworfen,
resp. der Hügel, da wo nöthig, erhöht. – In der That zeigte sich noch nach 10
bis 12 Tagen – so lange konnte die Beobachtung ausgedehnt werden, in der
nächsten Umgebung und bis auf einige hundert Schritte von Orten wo mehrere so
behandelte Gräber zusammenlagen, ein deutlicher Chlorgeruch. Namentlich trat der
Geruch nach stärkerem Regen, der die Chemikalien in Lösung zusammenführte, merklich
hervor.
Es wurde auch die Desinfectionskraft der Manganlauge für sich allein bestätigt
gefunden. – Einige Pferdecadaver, welche wie alle, in der Verwesung schon
weiter fortgeschritten waren, als die Menschenleichen, auf die wir stießen, –
und welche großen Gestank entwickelten, – waren mit Manganlauge reichlich
besprengt worden, ohne daß an diesem Tage Chlorkalk aufgestreut werden konnte. Nach
einigen Tagen, als wieder an dieser Stelle gearbeitet wurde, war jeder Gestank
verschwunden. – Es sey erwähnt, daß die Manganlauge unverdünnt, so wie sie
aus Mannheim von dem Verein chemischer Fabriken erhalten
war, angewendet wurde.
Die Carbolsäure, eine bessere rohe Säure des Handels, mit angeblich 60 Proc. reiner
Säure, wurde bei den Pferdecadavern verwendet; soweit die Vorräthe reichten, in
Verbindung mit Eisenvitriol oder Desinfectionspulver. – Es wurden die
Cadaver, die meistens zum Theil bloßlagen, alle jedoch nur über der Erde verscharrt
waren, möglichst direct mit Carbolsäure besprengt, Eisenvitriol oder
Desinfectionspulver aufgegeben und Erde aufgeworfen. – Allerdings konnte
durch die Carbolsäure, ein wie geschätztes Mittel, Fäulniß zu verhindern, sie auch ist, keine
augenblickliche Desinfection erzielt werden; am meisten noch da, wo zugleich
Eisenvitriol mitangewendet wurde. War indessen schließlich der Gestank durch
Aufstreuen von Chlorkalk einmal beseitigt, so konnte auch hier ein erneuertes
Auftreten desselben nicht bemerkt werden. – Dieß wurde namentlich an einer
größeren Anzahl von Cadavern beobachtet, welche in einem Stalle der ausgebrannten
Meierei „Champenois“ bei Vernéville lagen, und die nicht
mit Erde bedeckt werden konnten. – Es war die Anwendung der Carbolsäure als
mumificirendes Mittel bei diesen großen Fleischmassen, welche wahrscheinlich auch
jetzt noch nicht besser vergraben sind, immerhin nützlich.
Aus diesen an Ort und Stelle gemachten Beobachtungen und Erfahrungen glaube ich
entnehmen zu dürfen, daß es gerathen ist, so frühzeitig wie möglich die Erddecke der
Gräber stark mit Salzlösungen zu tränken, welche die Fähigkeit haben, Gase zu binden
resp. zu zersetzen. – Eisenvitriol- und Manganlösung haben den
Vortheil, daß sie bei bekannter großer Wirksamkeit sehr billig zu beschaffen wären.
Sind schon Miasmen aufgetreten, so wird die gleichzeitige Anwendung von Chlorkalk
das bequemste Mittel zur Zerstörung derselben seyn.
Brom, ebenso energisch wirksam als Chlor, ist bei Desinfection von stinkenden
Gewässern schon mit Vortheil angewendet worden. Auf den Gräbern der Schlachtfelder
ist es wohl zu flüchtig, auch unbequem bei der Anwendung.
Pferdecadaver, welche leider stets am schlechtesten verscharrt werden, müßten sofort
in passender Weise mit Carbolsäure imprägnirt werden. Es würde genügen, wenn man die
Säure in die Ohren und in die Bauchhöhle und äußerlich davon aufsprengte.
Ein sorgfältiges Begraben jedoch, ohne zu große Aufhäufung von Cadavern an einem
Orte, selbst mit Aufbieten großer Arbeitskräfte, und wenn es viel Zeit erforderte,
wäre unbestritten das sicherste Mittel, späteren Calamitäten vorzubeugen.
Es ist schon Vieles officiell und nicht officiell, aus humanen und egoistischen
Gründen für den Krieg ermöglicht worden, – auch das genügende Beerdigen der
Todten ist zu ermöglichen! (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu
Berlin, 1870, Nr. 17.)