Titel: | Der Dynamit und seine Verwendung bei der Belagerung von Paris. |
Fundstelle: | Band 201, Jahrgang 1871, Nr. XIII., S. 34 |
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XIII.
Der Dynamit und seine Verwendung bei der
Belagerung von Paris.
Aus Engineering, Mai 1871, S. 333.
Ueber den Dynamit und seine Vermendung bei der Belagerung von
Paris.
Der gewöhnliche Dynamit, wie er im Handel vorkommt und einige Zeit lang bei dem
Grubenbaue und bei öffentlichen Arbeiten in Deutschland, Belgien, Schweden und in
den Vereinigten Staaten von Nordamerika in großem Maaßstabe verwendet wurde, war
beim Beginne der Belagerung von Paris in Frankreich nur wenig bekannt. Und obgleich
die Vortheile dieses Sprengmittels in Hinsicht auf Sicherheit, Oekonomie und
Schnelligkeit der Wirkung zweifellos nachgewiesen wurden und auch in Frankreich
anerkannt waren, so wollte sich die dortige Regierung, welche das Monopol der
Fabrication aller Arten von Schieß- und Sprengpulver und des Handels mit
denselben hatte, doch eben so wenig entschließen, selbst den Dynamit zu fabriciren,
als dessen Darstellung oder Einfuhr den Privaten zu überlassen. Sobald man aber
eingesehen hatte, daß dieses Pulver bei der Vertheidigung von Paris zum Laden von
Hohlgeschossen, zum Wegräumen von Hindernissen, zur Zerstörung von Steinwerken oder
schweren Geschützen, zum Sprengen und Fällen von Bäumen, zum Laden von Torpedos etc.
sehr gute Dienste zu leisten vermöchte, wurde ein unter Controlle des Ministers des
öffentlichen Unterrichtes stehendes Comité von Sachverständigen erwählt, um über die
besten Mittel zur Fabrication des Dynamits, sowie über die Ausdehnung seiner
Verwendbarkeit Untersuchungen anzustellen, und bald erhielt das im Bureau des
Ministeriums der öffentlichen Arbeiten tagende Kriegscomité den Auftrag, alle zur
Erzeugung hinreichender Dynamitmengen erforderlichen Maßregeln zu treffen.
Zu diesem Zweck wurden in Paris zwei Dynamitfabriken angelegt, die eine an den Buttes Chaumont, die andere in der Nähe des
kreisförmigen Beckens von La Villette; diese beiden
Punkte waren in Rücksicht auf die Gefährlichkeit dieses Fabricationszweiges
möglichst gut gewählt. Glycerin wurde aus den großen Kerzenfabriken requirirt; die
erforderlichen Säuren erhielt man in reichlicher Menge, während der zur Absorption
des Nitroglycerins dienende Körper nicht ohne Schwierigkeiten zu beschaffen war. Nobel verwendet nämlich bei seinem VerfahrenMan sehe Nobel's Abhandlung über Darstellung und
Eigenschaften des Dynamits, im polytechn. Journal, 1868, Bd. CXC S. 124.
eine in Deutschland (zu
Oberohe in Hannover) vorkommende poröse Kieselerde (aus Diatomeenschalen), und da es
unmöglich war, dieses Material von dorther zu beziehen, so wurde nach einer
demselben möglichst entsprechenden Substanz gesucht. Pulver von Ziegelsteinen,
Trippel, Holzkohle, Magnesia, Kreide, Kienruß und noch viele andere Substanzen
wurden versucht, aber keine von ihnen vermochte das Nitroglycerin in genügender
Menge zu absorbiren; auch besaßen sie nicht die zur Bildung des Dynamits
erforderlichen sonstigen Eigenschaften. Nach zahlreichen und mannichfaltigen
mißlungenen Versuchen probirte man die Asche der schottischen Bogheadkohle; diese
Kohle wird in Paris in großer Menge zur Fabrication eines sehr leuchtkräftigen
(tragbaren) Gases angewendet und hinterläßt nach der Verbrennung eine dichte und
weiße Asche, welche aus Kieselerde und Thonerde besteht. Diese Asche wurde nach
gehörigem Reinigen, Zermahlen und Reiben schließlich als Basis für den Dynamit
verwendet. Dieselbe vermag das Zweifache ihres eigenen Gewichtes von Nitroglycerin
zu absorbiren, ohne ihre körnige Beschaffenheit zu verlieren oder im geringsten
Grade plastisch zu werden.
Das Nitroglycerin erhält man bekanntlich, indem man concentrirtes Glycerin der
Einwirkung von Salpetersäure unterwirft. Bei der stattfindenden Reaction werden drei
Aequivalente Wasser durch drei Aequivalente Säure ersetzt, entsprechend der
Formel:
C8H6O8 + 3 NO5 = (C8H3O5, 3 NO5) + 3 HO.
Um das Wasser zu entfernen, sobald es sich gebildet hat, wird concentrirte
Schwefelsäure angewendet, und daher das Glycerin in der Praxis mit einem Gemische
beider Säuren behandelt. Dieses Säuregemisch wurde in Schalen von emaillirtem Eisen
gebracht, welche auf mit kaltem Wasser gefüllten Bütten angeordnet waren. Die das
Glycerin enthaltenden Flaschen befanden sich auf einem Tische über den Bütten und
ihr Inhalt (von nahezu 1 Quart) wurde mittelst eines Glashahnes in einem dünnen
Strahle entleert. Bei der Vermischung des Glycerins mit den Säuren entwickelt sich
eine bedeutende Wärmemenge, welche absorbirt werden mußte, um zu verhüten daß die
Temperatur zu hoch stieg und in Folge davon das gebildete Nitroglycerin eine
Zersetzung erlitt und eine Explosion veranlaßte. Man mußte daher die Temperatur des
Gemisches von Säure und Glycerin unter 20° C. erhalten, um sichere Resultate
zu erzielen und zu diesem Zwecke wurden elektrische Thermometer von sehr sinnreicher
Einrichtung angewendet. In jede Schale tauchte ein Luftthermometer, welches einfach
aus einer mit Luft gefüllten Kugel bestand, auf die ein Rohr gelöthet war, welches
die als Index dienende Quecksilbersäule enthielt. An einen Punkt in diesem Rohre,
dessen Lage eine solche
war, daß die Quecksilbersäule unterhalb desselben bleiben sollte, waren zwei
elektrische Drähte geführt; beide waren von einander unabhängig, wenn aber das
Quecksilber mit ihren Enden in Berührung kam, so wurden sie miteinander in
Communication gesetzt, der bis dahin unterbrochene Strom kreiste durch die Drähte
und setzte eine Glocke in Thätigkeit, indem er während des Vorganges auf einer
Indicatorplatte die Zahl signalisirte, welche mit der in der Schale stattfindenden
Temperatur übereinstimmte. Um die Temperatur zum Sinken unter 20° C. zu
bringen, wurde entweder der Zufluß des Glycerins unterbrochen, oder das Wasser im
Kühlbottich erneuert, oder es wurden Eisstücke in dieses Wasser gebracht. Wenn aber
diese Mittel zur Erniedrigung der Temperatur gerade nicht anzuwenden waren und eine
Zersetzung des Nitroglycerins drohte, so brauchte man nur die Schale in den
Kühlbottich umzustürzen, was durch eine einfache mechanische Vorrichtung bewirkt
wurde. Es war nöthig, das Gemisch von Säure und Glycerin beständig umzurühren, und
dazu dienten entweder rotirende, mit hölzernen Schaufeln versehene und durch ein
Uhrwerk in Bewegung gesetzte Rührer, oder man benutzte dazu eine Gebläsevorrichtung,
durch welche in jede Schale ein Luftstrom injicirt wurde, so daß die Flüssigkeit
mittelst der durchstreichenden Luftblasen in Bewegung gesetzt wurde.
Sobald die Reaction vollständig stattgefunden hatte, wurde der Inhalt der Schalen in
das Wasser entleert; das Nitroglycerin sank in Folge seines größeren specifischen
Gewichtes (1,6) zu Boden des Bottiches und wurde vom Wasser durch Decantiren
getrennt. Darauf wurde es mit einer alkalischen Lauge ausgewaschen, bis es mit
Reagenspapieren keinen Säuregehalt mehr anzeigte. Dieser Punkt ist von der größten
Wichtigkeit, weil das von Säuren nicht vollständig befreite Nitroglycerin von selbst
explodirt. Nach dieser Operation hatte man dann nur noch das Oel mit dem
absorbirenden Pulver zu mischen, und dieß geschah in der einfachsten Weise. Das
Pulver wurde auf eine mit erhöhten Rändern versehene Bleiplatte gebracht, eine
geeignete Menge Nitroglycerin zugesetzt und das Gemisch mit einer Glasschaufel
zusammengerührt, bis es vollkommen homogen wurde. Schließlich wurde der fertige
Dynamit in Zinkbüchsen verpackt.
Erst gegen Ende Novembers waren die beiden Fabriken so vollständig organisirt, daß
sie regelmäßig zu produciren im Stande waren; sie vermochten dann täglich etwa 660
Pfund Dynamit zu liefern, welche der Wirkung von beinahe 4400 Pfd. Gewöhnlichen
Sprengpulvers gleichkommen. Von diesem Zeitpunkte an trat die Sache in ein neues
Stadium; der Dynamit gelangte in die Hände von Artillerie- und
Ingenieurofficieren, und
es wurden zahlreiche Versuchsreihen angestellt, bevor man die Eigenschaften des
neuen Pulvers und die militärischen Verwendungen, deren es fähig ist, kennen lernte.
Es waren besondere Mittel erforderlich, um den Dynamit zum Explodiren zu bringen.
Bei directem Anzünden verbrennt er ruhig; Concussion übt keine Wirkung auf ihn aus
und es gibt kaum ein anderes Mittel, seine Explosion herbeizuführen, als die
Anwendung eines mit Knallquecksilber stark geladenen Zündhütchens; dieses kann durch
den elektrischen Funken oder (wie es gewöhnlich geschieht) mittelst eines Raketchens
oder einer Zündpille zur Entzündung gebracht werden. Es ist jedoch absolut
nothwendig, daß die vom Zünder ausgeworfenen Funken mit dem Dynamit nicht in
Berührung kommen, weil derselbe sonst verzehrt werden und ohne alle Explosion zu
einer indifferenten Asche verbrennen würde.
Zahlreiche Versuche wurden über das Laden von Hohlgeschossen mit Dynamit angestellt.
Es war bereits bekannt, daß gewöhnliche Bomben mit Dynamit geladen und aus dem
Geschütz in gewöhnlicher Weise abgefeuert werden können, ohne daß sie durch den
plötzlichen Stoß in Stücke brechen. Es war auch einleuchtend, daß mit einem dem
vierten Theile der gewöhnlichen Pulverladung gleichkommenden Quantum Dynamit außer
einer für den Feind weit verderblicheren streuenden Wirkung, eine weit bessere
Zerschmetterung der Bombe erzielt werden kann. Von einer 165 pfündigen, mit 30 1/10
Unzen Dynamit geladenen Bombe, welche man in einen leicht gebauten Schuppen gelegt
hatte und dort explodiren ließ, wurden Bruchstücke in 550 Yards Entfernung gefunden;
andere, mit einer stärkeren Dynamitladung versehene Bomben wurden zu ganz kleinen
Stücken zerschmettert. Ungeachtet der Vortheile dieser Verwendung des Dynamits wurde
dieselbe nicht weiter verfolgt, und man würde für diesen Zweck vom Dynamit nur dann
Gebrauch gemacht haben, wenn die Pulvervorräthe aufgehört hätten. Ein gründliches
Studium der Anwendung des Dynamits zum Laden von Hohlgeschossen würde gewiß die
Artillerieofficiere zu wichtigen Resultaten geführt haben; denn wenn die
Sprengladung in einem weit kleineren Volum enthalten seyn kann, so kann auch der
Fassungsraum des Hohlgeschosses in gleichem Verhältnisse reducirt werden und als
Folge davon würde sich die Möglichkeit herausstellen, ein Geschütz von kleinerem
Kaliber anzuwenden, welches dabei ein gleich schweres Projectil, die gleiche
Schußweite und dieselben zerstörenden Wirkungen besitzen würde. In Folge der
Verminderung des Kalibers bei gleichbleibender Pulverladung könnten der Durchmesser
und die Wandstärke des Geschützes in einem beträchtlichen Grade reducirt werden, was
namentlich für die Feldartillerie von höchster Wichtigkeit wäre.
Es wurden auch einige Versuche gemacht, den Dynamit zur raschen Zerstörung von
Geschützen zu verwenden. Ein bronzener Sechzehnpfünder wurde einfach dadurch
zersprengt, daß man einen mit 42 Unzen Dynamit gefüllten Beutel in die Mündung des
Rohres einführte; das Stück zersprang in Folge der Erplosion und wurde ganz
verbegen. Ein gleicher Sack mit Dynamit wurde auf einen der Schildzapfen eines
anderen Geschützes gelegt und der Zapfen zerbrach in Folge der Explosion. Nach
diesen Erfahrungen wurde eine Anzahl Zinkpatronen, den Formen und Kalibern der
deutschen Geschütze entsprechend, angefertigt und mit Dynamit geladen; da sich aber
während der ganzen Belagerung keine Gelegenheit zu deren Verwendung darbot, so
geschah hinsichtlich dieses neuen Verfahrens zum Zerstören von Kanonen weiter
nichts.
Viele Bäume wurden vermittelst Dynamit sehr leicht und rasch weggerissen, und das
Verfahren erwies sich beim schnellen Bau von Barricaden zum Sperren von Straßen, zum
Decken eines Rückzuges oder zum Schützen einer Position, höchst wirksam. Es genügte,
einen Baum von 5 Fuß Umfang mit einem leinenen, 7 bis 9 Pfd. Dynamit enthaltenden
Beutel Zu umbinden, um ihn durch die Explosion zu Boden zu strecken, wobei der Baum
einen Augenblick auf seiner Wurzel taumelte und dann fiel, bald kurz und glatt
abgeknickt an der Stelle wo die Explosion erfolgte, bald nach der Richtung der
Holzfaser in lange zackige Splitter zerrissen.
Um die ungeheure Kraft dieses Explosivstoffes nachzuweisen, wenn er nicht in einem
Raume eingeschlossen, ja wenn er nicht einmal festgestampft, sondern einfach auf die
Oberfläche eines Gegenstandes gelegt worden ist, wurden Versuche mit einer gewalzten
eisernen Panzerplatte von 2 Zoll Stärke angestellt. Auf diese wurden 6,6 Pfund
Dynamit gelegt; die Explosion desselben erzeugte ein rundes Loch von 2¾ Zoll
Durchmesser und die herausgetriebenen Stücke waren tief in den darunter befindlichen
Boden gedrungen. Die nur 3¼ Fuß breite Platte war in zwei Stücke zerbrochen;
der Bruch ging quer durch das entstandene runde Loch. Ein geschmiedeter Stab von der
besten Eisensorte, 4¾ Zoll im Quadrat und 4 Fuß 4 Zoll lang, welcher mit
seinen Enden auf zwei Steinen ruhte, wurde mittelst einer Zündwurst welche 6,6 Pfd.
Dynamit enthielt, in der Mitte durchgebrochen; auch wurden die Steine stark
beschädigt.
Zum Einlegen einer Umfassungsmauer vvn 16 bis 20 Zoll Stärke und 6 bis 8 Fuß Höhe war
es genügend, an den Fuß derselben eine mit 6½ Pfund Dynamit gefüllte
Zündwurst oder ein dergleichen Zinkrohr in Zwischenräumen von je 3 bis 4 Fuß zu
legen, worauf die Mauer
im Augenblicke der Explosion gänzlich zusammenfiel. Diese Methode, Bresche zu legen,
erwies sich als sehr zweckmäßig und rasch zum Ziele führend; das Vordringen der
Angriffscolonnen wurde durch dieselbe bedeutend erleichtert. Dieses Verfahren wurde
z. B. auf den Plateaux von Avron und Buzanval angewendet; während des Ausfalles am
19. Januar d. J. wurden in der Parkmauer von Buzanval auf diese Weise zwölf
Oeffnungen gemacht. Ferner wurden mehrere Thore und Thüren, welche nicht
eingeschlagen werden konnten, dadurch gesprengt, daß man in die Mitte des daneben
befindlichen Raumes eine kleine mit Dynamit gefüllte Schale stellte und zum
Explodiren brachte, nachdem die übrigen Thüren und die Fenster geschlossen worden
waren; das Hemmniß wurde durch die Explosion jedesmal der Erde gleich gemacht.
Ein anderer wichtiger Dienst, welchen die Benutzung des Dynamits leistete, war die
Zerstörung von Steinwerken, die dem Feuer der Artillerie Trotz boten. Es genügte
stets, den Dynamit auf die Oberfläche der Mauern zu legen; man verbrauchte aber
bedeutend weniger von dem Sprengmittel, wenn es möglich war dasselbe in Oeffnungen
einzuführen, wo es theilweise oder gänzlich eingeschlossen war, wie dieß bei
gewöhnlichen Sprengungen allgemein geschieht. Bei militärischen Operationen ist aber
manchmal Zeitersparung von der höchsten Wichtigkeit, und in solchen Fällen kann die
enorme Kraft des Dynamits ohne besondere Vorbereitungen irgend einer Art angewendet
werden.
Dieses Pulver, welches so furchtbare Wirkungen hervorbringt, wenn seine Explosion
durch Percussion bewirkt wird, veranlaßt, wie schon bemerkt war, keine gefährlichen
Folgen, wenn es mit einem glühenden Körper in Berührung gebracht wird. Während der
Belagerung wurden sehr häufig Dynamitmassen von 5 bis 6 Pfund auf ein offenes Feuer
geworfen, mit der einzigen Wirkung daß eine rasche, jedoch ruhige Verbrennung
stattfand. Außerdem wurde dieses Material, ohne zu explodiren, der Einwirkung
heftiger Stöße unterworfen. Allerdings bringt eine Büchsenkugel, welche man auf
einen mit Dynamit gefüllten Beutel abschießt, denselben durch ihren Stoß zum
Explodiren; aber dasselbe ist auch bei einem mit gewöhnlichem Sprengpulver gefüllten
Sacke der Fall. War jedoch der Dynamit in kleine Zinkbehälter verpackt, so
veranlaßte der Stoß der Kugel keine Wirkung.
Während der strengen Fröste des verflossenen Winters wurde das Explosivmittel mit
bewundernswürdigem Erfolge auf der gefrorenen Seine angewendet. Gegen Ende Decembers
fror nämlich eine Flotille von gepanzerten Kanonenbooten in einer Stellung ein, in
welcher sie ganz nutzlos und zugleich dem Feuer des Feindes ausgesetzt war. Es wurde
daher beschlossen,
die Wirkung des Dynamits auf das Eis, welches eine große Dicke erreicht hatte, zu
versuchen, indem man Zinkpatronen auf dasselbe legte und dieselben mittelst des
elektrischen Funkens, später aber mit einem gewöhnlichen Minenzünder zum Explodiren
brachte. Der Erfolg war höchst befriedigend; nach einer mehrtägigen Arbeit war
nämlich die Seine auf eine Strecke von mehr als 2000 Yards Länge von Eis geklärt und
die freigewordenen Kanonenboote konnten ihre Offensivbewegungen wieder
aufnehmen.
Wir erwähnen noch, daß kleine mit Dynamit geladene Patronen zur Fischerei im Großen
verwendet wurden. Hierzu genügt es, die Patrone an einer Stelle, wo sich die Fische
zu sammeln pflegen, in das Wasser hinabzulassen; die vom Ufer aus nach Belieben
bewirkte Explosion brachte stets alle in einem bedeutenden Umkreise vorhandenen
Fische im Zustande einer Ohnmacht an die Oberfläche.
Aus den vorstehenden Mittheilungen ersieht man, daß durch die bei der Belagerung von
Paris gemachten Erfahrungen Alles, was man bisher über die Eigenschaften des
Dynamits wußte, bestätigt wurde und daß dieselben den Beweis geliefert haben, daß
dieses Sprengmittel sowohl für militärische als industrielle Zwecke eine sehr
ausgedehnte Anwendung gestattet.
Nach Beendigung der Belagerung wurden neue und interessante Verwendungsweisen für den
Dynamit gefunden. Behufs der Vertheidigung waren zahlreiche Brücken zerstört worden
und die Trümmer von Pfeilern, Bögen und Trägern derselben versperrten die Läufe und
Arme der Seine und Marne mit Mauerblöcken und Eisenwerk aller Art. Zur Entfernung
dieser schweren Massen würde die Anwendung mächtiger Krahne und anderer mechanischer
Vorrichtungen erforderlich gewesen seyn, welche nicht bald genug herbeizuschaffen
waren. Man nahm daher wieder seine Zuflucht zum Dynamit, mittelst dessen die
schweren Massen zu kleinen, leicht zu entfernenden Stücken zertrümmert wurden. Dieß
geschah z. B. mit großem Erfolge für die Trümmer der Brücke zu Clichy, wo zwei
gußeiserne Bögen von 197 Fuß 8 Zoll Spannweite in das Flußbett gestürzt waren. Der
Dynamit wurde (nicht in Patronen gefüllt, sondern) in einem Sack aus Segeltuch unter
das Wasser gebracht und wirkte außerordentlich gut, indem das Wasser einen
vortrefflichen Besatz bildete und die Wirkung der Explosion auf die Trümmer sehr
erhöhte. Diese interessanten Arbeiten wurden aber bald durch den ausgebrochenen
Bürgerkrieg unterbrochen.