Titel: | Mittheilungen aus dem chemisch-technischen Laboratorium des Carolinum zu Braunschweig. |
Fundstelle: | Band 201, Jahrgang 1871, Nr. XL., S. 117 |
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XL.
Mittheilungen aus dem chemisch-technischen
Laboratorium des Carolinum zu
Braunschweig.
Ueber das Goldrubinglas; von W. Müller.
Müller, über das Golbrubinglas.
Die Kundgebungen über das mit Gold gefärbte Glas sind ziemlich zahlreich, enthalten
aber verhältnißmäßig sehr wenig Bestimmtes. Neri hat es
bereits gekannt; seine ziemlich inhaltsleere und äußerst kurze Anweisung im VII. Buch, Cap. 129 seines Werkes schreibt vor, dem
Krystall Goldpulver zuzusetzen (durch Calciniren der Auflösung des Goldes mit
Königswasser erhalten), worauf dann der Krystall „öfter in das Wasser
geworfen wird.“ Sein Uebersetzer und Erklärer KunkelKunkel, Ars vitriaria,
in den Anmerkungen zu Neri S. 195. meint in Bezug auf diese Anweisung, „es gehöre mehr dazu, das Gold
dahin zu bringen, seine rothe Tinctur abzugeben“, übergeht aber seine
eigenen Erfahrungen gänzlich mit Schweigen. Daß Kunkel
aber im Besitze sehr werthvoller Erfahrungen gewesen und wohl der erste war, der
seinen Gegenstand so ziemlich beherrschte, erleidet keinen Zweifel. Die Traditionen
der Zechliner Glashütte, welche er vor ihrer Verlegung von Potsdam längere Zeit
geleitet, erweisen, daß er sich als Goldpräparat des Goldpurpurs bediente.
Authentisches über sein Verfahren ist sonst nicht bekannt geworden.
Dr. Fuß,Dieses Journal, 1836, Bd. LX S. 284. dem die Anwendung des Goldchlorides von Seiten der böhmischen Fabrikanten
wohlbekannt war, glaubte daß im Goldrubin sich Goldpurpur bilde und wagt in seinen
Vorschriften (1836) darum nicht, das Zinn wegzulassen. SplittgerberDieses Journal, 1844, Bd. XCII S. 40. nimmt im J. 1844 nur Goldchlorid und schmilzt es mit blei- und antimonhaltigem Glas; nach
ihm ist das Anlaufen in Roth „durch einen unzweifelhaft chemischen
Proceß“ verursacht, wobei das Gold unter Abgabe von Sauerstoff aus
einem höheren farblosen in ein anderes „rubinfarbiges Oxyd“
übergehe. Er findet es immerhin „räthselhaft,“ daß das Gold
sich nicht schon beim Schmelzen im Glasofen reducire. Wie er gefunden haben will,
vermindere sich das spec. Gewicht beim Anlaufen um etwas; er stellt endlich fest,
daß das Anlaufen stattfindet, gleich viel in welcher Umgebung und Atmosphäre sich
das Glas befindet. SchubarthDieses Journal. 1844, Bd. XCIV S. 282. Bei dieser
Gelegenheit mag eine irrthümliche Angabe dieser sehr verdienstlichen
Abhandlung auf S. 286 berichtigt werden. Die dort angezogenen Aeußerungen
Kunkel's beziehen sich nicht auf Goldglas,
sondern auf Kupferrubinglas. widerlegt (in demselben Jahr) die
chemischen Theorien über das goldhaltige Glas und seinen Farbenwechsel, das
Vorhandenseyn eines purpurfarbigen Oxydes, oder dessen Entstehung beim Anlaufen;
seiner Ansicht nach ist das Gold in feinzertheiltem metallischem Zustande in dem
Glas, die Farbenänderungen durch allotropische Modification veranlaßt. Er schließt
mit der aller dings sehr berechtigten Frage: „wie kann aber goldhaltiges
Glas farblos seyn?“
Schubarth bestätigt weiterhin die früheren Beobachtungen
von Golfier-Besseyre,Dieses Journal, 1834, Bd. LI S. 375.
daß das Glas mit Gold fast alle prismatischen Farben annehmen könne, experimentell
und erhielt durch Schmelzen von Glas mit metallischem Gold farblose, gelbe,
topasgelbe, braungelbe, dunkelrothbraune und leberige Flüsse. H. Rose,Dieses Journal, 1848, Bd. CVII S. 129.
zur chemischen Theorie wieder zurückkehrend, erklärt 1848 das Goldglas als
kieselsaures Goldoxydul, das Anlaufen als Ausscheidung von Oxydul. Dagegen stellt
sich BontempsDieses Journal, 1850, Bd. CXV S. 437
wieder ganz auf den physikalischen Standpunkt, wornach die Farben des Goldglases
nicht auf verschiedenen Oxydationsstufen des Goldes, sondern auf
„Aenderungen in der Anordnung der kleinsten Theilchen“
beruhen.
In einer zweiten Abhandlung (1852) sucht SplittgerberDieses Journal, 1852, Bd. CXXV S. 199.
seine frühere Ansicht, daß das farblose Goldglas eine höhere Oxydationsstufe
enthalte als das rubinrothe, aufrecht zu erhalten, indem er sich auf die unrichtige
Beobachtung beruft, wornach das rothe Glas nur in Sauerstoffgas geschmolzen wieder
farbloses gebe. Schmelzungen mit Kalkglas vergleichender Art theils mit Goldpurpur,
theils mit Goldchlorid, dann abwechselnd mit Natron und Kali führten zu keinem
entscheidenden Resultate. Sultate. — C. KohnDieses Journal, 1857, Bd. CXLIV S.
288. veröffentlichte 1857 eine Vorschrift zu Goldrubin aus
bleihaltigem Glas mit Goldchlorid ohne Zinn, welche gut anlaufendes Glas mit
Sicherheit gebe. — KnafflDieses Journal, 1863, Bd. CLXVII S.
191. lehnt in seiner im J. 1863 erschienenen Abhandlung
„über die rothe Modification des Goldes“ die Erklärung der
Eigenschaften des goldhaltigen Glases durch chemische Processe ebenfalls entschieden
ab. Er führt an, daß ein (mit Glanzgold) vergoldeter Porzellanscherben nach dem
Abwischen des Goldhäutchens „tief blau“ erscheine,Porzellan wird unter diesen Umständen selten anders als purpurroth
gefunden. welche Farbe dann bei weiterer bis zur Weißgluth
gesteigerter Hitze nach einander in Roth, zuletzt in Hellgelb übergehe. Die rothe
Modification bestehe in dem Temperaturintervall von etwa 200 bis 300° C. an
bis über die Schmelzhitze des Gußeisens hinaus. In dem goldhaltigen Glase vor dem
Anlausen seyen die den verschiedenen Modificationen des Goldes zukommenden Farben
der Art im Gleichgewicht, daß sie als complementäre mehr oder weniger einander
aufheben, wodurch dieses grün (aus Blau und Gelb) oder farblos erscheine. Das
Anlaufen sey eine Entwickelung der rothen Farbe bis zum Verschwinden der übrigen.
Darüber, wie man sich das Gold in dem Glase enthalten zu denken hat, gibt Knaffl keine Auskunft. — Bei Gelegenheit einer
Mittheilung werthvoller praktischer Erfahrungen gegenüber den Mängeln der
Vorschriften von Dr. Fuß,
constatirt H. PohlDieses Journal, 1865, Bd. CLXXV S.
384. i. J. 1865 abermals, daß metallisches Gold und Goldchlorid ohne
alles Zinn Goldrubinglas erzeuge; daß ferner auch Antimon keine Bedingung sey,
obwohl der Rubin ohne dieses immer violett ausfalle.
Faßt man zusammen was aus diesen Kundgebungen im Zusammenhang mit der laufenden
Praxis an positiver Erkenntniß über das goldhaltige Glas hervorgegangen, so ergeben
sich folgende Punkte:
Die Bildung von Goldrubin ist an kein bestimmtes Goldpräparat geknüpft; Goldpurpur,
Goldchlorid, metallisches Gold wirken nicht wefentlich verschieden. Sämmtliche
angewandte Präparate zersetzen sich unter Reduction zu metallischem Gold, weit unter
der Schmelzhitze des goldhaltigen Glases. Das Gold wird in auffallend geringer
Menge, immer nur kleine Bruchtheile von einem Procent, vom Glase aufgenommen. Das
goldhaltige Glas kann getrübt und durchsichtig, in letzterem Zustande wieder farblos
oder in verschiedenen Färbungen auftreten. Das goldhaltige Glas ist nach dem
Schmelzen farblos oder hellgelb bis gelbgrün, das Rubinroth erscheint erst durch
Aufwärmen der erstarrten Schmelze, ist Anlauffarbe. Das roth angelaufene Glas ist durch
Schmelzen wieder in den farblosen etc. Zustand vor dem Anlaufen zurückführbar. Das
Anlaufen findet statt völlig unabhängig von der Atmosphäre oder sonstiger Umgebung
in der sich das Glas befindet. Die zum Anlaufen erforderliche Temperatur beginnt mit
den ersten Anzeichen des Erweichens.
Neben diesen Thatsachen und auf Grund derselben sind wichtige Anschauungen in Bezug
auf die Natur des goldhaltigen Glases zum Durchbruch gekommen; die Farbenwandlungen
des goldhaltigen Glases sind lediglich Aeußerungen der allotropischen Modificationen
des Goldes; Verbindungen von Kieselerde mit Oxyden des Goldes sind gänzlich
unbekannt, ganz und gar unwahrscheinlich, ihr Vorhandenseyn in dem Glase, sowie der
Oxyde an sich und deren Umsetzung beim Anlaufen sind unstatthaft.
In völligem Dunkel bleiben die Fragen: wie ist das von dem Glase aufgenommene Gold
darin enthalten, wenn nicht als Silicat oder Oxyd? Wenn das goldhaltige Glas bei
gewissen Temperaturen der beginnenden Glühhitze anläuft, warum findet das Anlaufen
nur statt, wenn das Glas von diesen Temperaturen beim Erwärmen von der Kälte
aufwärts und nicht von der Glühhitze abwärts beim Erkalten getroffen wird? Endlich
sind auch die speciellen Bedingungen, von welchen die Bildung des goldhaltigen
Glases und seine Farbenwandlung abhängt, nur sehr unvollkommen festgestellt.
Billiger Weise hätte die experimentelle Beantwortung dieser letzteren Frage allen
übrigen als Grundlage der Forschung und Speculation über die Natur des goldhaltigen
Glases vorausgehen müssen, während sie in den bisherigen Untersuchungen nirgends
betont, immer nur gelegentlich berührt wird und somit in der Regel im Zweifel läßt
über das was wesentlich und maaßgebend, was zufällig und ohne allgemeine Geltung
ist. Die nachfolgenden Beobachtungen sind zunächst und vorzugsweise der Feststellung
jener Bedingungen gewidmet. Die außerordentliche Mannichfaltigkeit der
Erscheinungen, die ungemeine Neigung des goldhaltigen Glases unter anscheinend
unbedeutenden Einflüssen Wandlungen einzugehen, machen das Studium dieses
Gegenstandes zu einem besonders schwierigen. Folgende Momente waren dabei in
Betracht zu ziehen:
chemischer Bestand des zu färbenden Glases und Nebenproducte bei seiner
Erzeugung;
die Art wie das Gold dem Glas beigemischt wird und die Menge des Goldes;
Schmelzung, Temperatur und Dauer derselben; Entstehung des goldhaltigen Glases
während derselben;
Erkalten des Glases und dabei stattfindende Erscheinungen;
Anlaufen in Bezug auf Temperatur, auf Zeit, auf Intensität der Farbe;
Verhältniß der verschiedenen Phasen des goldhaltigen Glases zu einander;
endlich Constitution des goldhaltigen Glases.
Das Gold.
Die Menge des Goldes, welche erforderlich ist um das Glas rubinroth zu färben, selbst
so tief rubinroth wie in der Praxis irgend verlangt wird, ist im Allgemeinen
auffallend gering. Schon der schwache Betrag des Goldes in den verschiedenen und
bestbeglaubigten Vorschriften liefert dafür den unwiderleglichen Beweis, wie
folgende Uebersicht ergibt (Gewicht des Satzes auf 1 Gewichtstheil reines Gold):
Splittgerber
946Dieses Journal Bd. XCII S. 40.
Gewichtsteile Satz
Pohl
1478Nach H. Rose's Mittheilung in diesem
Journal Bd. CVII S. 129.
Gewichtsteile Satz
Metzger
1646Nach Schubarth's Mittheilung in diesem
Journal Bd. XCIV S. 287.
Gewichtsteile Satz
Pohl
15000
Gewichtsteile Satz
Ders
18700Nach Schubarth's Mittheilung in diesem
Journal Bd. XCIV S. 287
Gewichtsteile Satz
Kohn
20000Dieses Journal Bd. CXLIV S. 288.)
Gewichtsteile Satz.
Der wirklich von dem Glas aufgenommene und in demselben enthaltene Betrag von Gold
ist noch geringer als der dem Satz beigegebene, denn es gelingt im Großen kaum
jemals alles Gold dem Fluß einzuverleiben und bleibt vielmehr in der Regel ein
gewisser Antheil in kleinen Kügelchen am Boden des Hafens ausgeschieden. Splittgerber betrat den Weg der Analyse und erhielt aus
einem von ihm geschmolzenen Rubinglas 0,06 Proc. Gold; ebenso Böhme in einem venetianischen Rubin in Form einer Paste 0,049 Proc. Gold.
Beträge von einigen Hunderteln eines Procentes sind jedoch an der Grenze der
Bestimmbarkeit durch quantitative Analyse. Um einen einzigen Milligramm Gold zu
bekommen, muß man über 1½ Gramme Glas aufschließen. Der Versuch mit einer
Probe eines vortrefflichen Goldrubinzapfens von Theresienthal bei Zwiesel im
bayerischen Wald mißlang, das Gewicht von 3–4 Grammen Glas war nicht
hinreichend zur Bestimmung des Goldes. Bessere Ergebnisse waren von dem
synthetischen Wege zu erwarten. Zu dem Ende wurde ein und derselbe Satz — es war der von
Kohn angegebene bleihaltige unter I im Anhang — mit abnehmenden Mengen Gold
geschmolzen. Das Gold wurde als verdünnte Chloridlösung bekannten Gehaltes dem Maaße
nach zugesetzt und mit dem Satze bis zur völlig gleichen Befeuchtung abgerieben. Die
einzelnen Schmelzungen, je 100 bis 200 Grm. schwer, enthielten auf 1 Gewichtstheil
Gold:
I
II
III
IV
V
VI
VII
1500
10000
15000
50000
100000
200000
500000
G. TH. Satz
oder auf 100000 Th. Satz:
67
10
6 2/3
2
1
½
1/5
G. Th. Gold
Die vier ersten lieferten gleichmäßig ein gutes und schönes Rubinglas von ziemlich
tiefem Farbenton; Nr. V lief nur noch rosa, Nr. VI und VII gar nicht mehr
an. Bei diesem mäßigen Versatz war das Gold fast überall ganz von dem Glase
aufgenommen worden. Man kann daher sagen, daß der Betrag des Goldes in dem Rubin,
wie er gewöhnlich verarbeitet wird, sich in Zehntausendteln des Glases bewegt, daß
bei dem Betrag des Goldes von 1 Hunderttausendtel noch eine sehr deutliche Rosafarbe
entsteht und daß die Färbung erst bei der Hälfte dieses Betrages unmerklich wird.
Sonach ist die Färbung des Rubinglases ein ungleich schärferes Erkennungsmittel des
Goldes als die Analyse durch Aufschließen etc. irgendwie.
Zum Beweis daß das Gold in metallischem Zustande vom Glas aufgenommen wird, schmolz
man Satz Nr. I mit 1 Zehntausendtel Gold unter den sonst
erforderlichen Bedingungen. Obwohl hier das Gold gänzlich durch das schmelzende Glas
von der Luft abgehalten war, wurde es dennoch von dem Glas aufgenommen, welches
schön und mit tiefer Farbe anlief.
Diese Thatsachen gelten für Glas im technischen Begriff des Wortes und zwar für
diejenigen Gläser im engeren Sinne, welche man in den Hütten mit Gold zu Rubin zu
schmelzen pflegt. Es wird weiter unten angeführt werden, daß bloße Silicate des
Bleies und zwar sehr bleireiche Silicate, welche keine andere Basis enthalten,
beträchtlich mehr Gold aufnehmen; es gelang in der That, diesen Bleisilicaten 1
Tausendtel ihres Gewichtes Gold einzuverleiben.
Im Ganzen genommen ist die färbende Kraft des Goldes ungemein groß und ergiebig, aber
einen absoluten Werth für dieselbe gibt es nicht. Die Tiefe der Färbung hängt zwar
im Allgemeinen von der Menge des aufgenommenen Goldes ab, diese Menge ist jedoch von
verschiedenen Bedingungen außerhalb des Goldzusotzes abhängig, namentlich von der Natur des zu färbenden
Glases und von der Behandlung beim Schmelzen.
Einfluß des Bestandes der Gläfer.
Gewöhnliche, mit Kalk und Alkali geschmolzene Gläser verhalten sich zur Färbung mit
Gold sehr ungünstig. Scherben eines Glases, welches nach der damit vorgenommenen
qualitativen Analyse im Wesentlichen aus Kieselerde, Natron und Kalk bestand,
zerstoßen, mit Goldchloridlösung (entsprechend 1/10000 Gold) befeuchtet und
umgeschmolzen, lieferten ein farbloses Glas, welches nicht zum Rothanlaufen zu
bringen war.
Ein Satz aus Sand, geschlämmter Kreide und calcinirter Soda (Nr. V), 108 Grm. im Gewicht, mit 0,039 Grm. Gold (als
Chloridlösung) zusammengeschmolzen — und zwar unter den vortheilhaftesten
weiter unten zu bezeichnenden Bedingungen — gab ein wohlgeflossenes Glas,
aber am Boden des Tiegels fand sich Gold in glänzenden Körnern ausgeschieden. Diese
Körner, sorgfältig gesammelt, wogen 0,037 Grm. Es waren mithin höchstens 2 Milligrm.
Gold von dem Glase aufgenommen, welches beim Erhitzen auf die Temperatur, bei der es
zu Fäden ausgezogen werden kann, deutlich aber nur rosaroth anlief. Ganz ebenso
verhielt sich ein Glas aus Satz Nr. III mit Potasche
statt Soda, 165 Grm. Satz mit 0,04 Grm. Gold. Das meiste Gold fand sich in Körnern
ausgeschieden, das Glas lief nur rosa an, auch dieses nur langsam und schwierig wie
das vorige. — Nicht besser wie die Kalkgläser verhalten sich die mit Baryt
und Strontian geschmolzenen, je 165 Grm. Satz (Nr. VIII
und IX) mit 0,04 Grm. Gold, die unter den günstigsten
Bedingungen behandelt nur schwierig anliefen und keinen tieferen Ton gaben als
sattes Rosa. Dabei war es gleichgültig, ob das Alkali Kali oder ob es Natron war, ob
man den Betrag an kohlensaurem Strontian des Satzes verdoppelte wie in Satz Nr. VII,Die mit Strontian geschmolzenen Gläser verhielten sich ungemein
leichtflüssig. oder nicht.
Die mit alkalischen Erden geschmolzenen Gläser besitzen nach dem Obigen nur eine
geringe, für die meisten praktischen Anforderungen ungenügende Fähigkeit Gold
aufzunehmen und sich damit zu färben.
Als man dem Satze (Nr. III) aus Sand, geschlämmter Kreide
und Potasche den zehnten Theil seines Gewichtes Mennige zugab und die Mischung (Nr.
IV) im Gewicht von 181,5 Grm. mit 0,04 Gold schmolz,
so wurde das Gold sofort vollständiger aufgenommen und entstand ein mehr dem
eigentlichen Goldrubin entsprechendes, mit tieferem Ton anlaufendes Glas. Wirklichen Goldrubin, d.
h. satt purpurroth anlaufendes Glas gaben nur die Sätze zu bleihaltigem Glase (bei
den in dieser Untersuchung mitgetheilten Schmelzversuchen in der Regel der von Kohn gegebene Satz [Nr . I]
mit bestem Erfolg; er empfiehlt sich ebenso durch Einfachheit, als Zweckmäßigkeit).
Die zu Eingang erwähnte treffliche Probe von Goldrubinglas aus Theresienthal im
bayerischen Walde ergab sich zufolge der damit angestellten Analyse ebenfalls als
Bleiglas und zwar als kalkfreies Kalibleiglas zu erkennen. Nicht minder geben die
bekannt gewordenen Vorschriften fast ohne Ausnahme Bleiglas als Grundlage für den
Goldrubin, so namentlich die des erfahrensten Praktikers in diesem Fach, Pohl auf josephinenhütte in Schlesien.Dieses Journal Bd. CLXXV S. 386. Noch mehr; ein Vergleich lehrt, daß zu Goldrubin nicht bloß bleihaltiges
Glas, sondern ein Glas von sehr hohem Bleigehalt vorgezogen wird, ja von einem
höheren Bleigehalt als der gewöhnliche Bleikrystall, selbst als das Flintglas, wie
sich sofort aus folgender Zusammenstellung der Sätze ergibt:In Durchschnittswerthen, wobei der Salpeter als Potasche in Rechnung gebracht
ist und die Nebenbestandtheile vernachlässigt sind.
Sand
Mennige
Potasche
Gewöhnlicher Bleikrystall
100
66
33
Flintglas
100
100
20
Satz zu Goldrubin nach Kohn
100
125
36
Satz zu Goldrubin nach Pohl
100
189
17
Ob man das Bleiglas mit Potasche oder mit Soda schmilzt, ist von keinem merklichen
Einfluß auf die Tiefe der Farbe, wohl aber auf ihre Reinheit, insofern Kaligläser
unter gleichen Umständen stets reiner und farbloser ausfallen als Natrongläser. Es
ist daher praktisch durchaus gerechtfertigt, der Potasche und dem Kalisalpeter den
Vorzug zu geben.
Bei dem entschieden günstigen Einfluß eines hohen Bleigehaltes für die Färbung mit
Gold, wäre es nahe gelegt Versuche mit bloßem Bleisilicat von möglichst hohem
Vleigehalt und Ausschluß jeder anderen Basis anzustellen. Bleisilicate in
verschiedenen Abstufungen des Bleigehaltes sind von J. Percy (dessen Metallurgie) sehr genau beschrieben worden. Sie vertragen
sich schlecht mit den Schmelzgefäßen, die sie bei der hohen Temperatur, wie man sie
doch anwenden muß, rasch und plötzlich durchlöchern. Man konnte aus diesem Grund
nicht wohl über das Verhältniß von gleichen Atomen Kieselerde und Bleioxyd
hinausgehen. Dieses entspricht dem Satze Nr. XI, also
auf 100 Gewichtstheile Sand 258 Gewth. Mennige, welcher mit 1 Zehntausendtel Gold
ein leicht und mit
tiefem Farbeton, mit 1 Tausendtel Gold ein Glas gab, welches schon beim bloßen
Ausgießen ohne Anlaufen mit der Farbe eines sehr gedeckten Rothweines auftrat. Durch
Anlaufenlassen dunkelte die Farbe noch merklich bis zu der Tiefe des
Roussillonweines auf.
Aus obigen Beobachtungen über den Einfluß von dem chemischen Bestand des Glases geht
sehr bestimmt hervor, daß die Fähigkeit sich mit Gold zu färben bei keinem Glase
ausgeschlossen, ein Bleigehalt nicht unerläßliche Bedingung ist; daß dagegen eine
reichliche Aufnahme von Gold und eine satte tiefe Purpurfarbe nur durch Bleigehalt
und zwar einen hohen, über den des Flintglases hinausgehenden Bleigehalt zu erzielen
ist. Damit stimmt die Hüttenpraxis — obwohl sie in einzelnen Fällen auch
bleifreies Weißglas zu Goldrubin verarbeitet — vollkommen überein. Es blieb
nur noch übrig,, die in eben dieser Praxis üblichen Zusätze einer näheren Prüsung zu
unterwerfen. In Bezug auf das Zinnoxyd ist seine völlige Entbehrlichkeit schon von
früheren Beobachtern dargethan und findet in den vorstehenden Schmelzversuchen
vielfache Bestätigung, insofern Zinnoxyd niemals angewendet und Gläser von der
reichsten Farbe erhalten wurden. Eine andere Gattung von Zusätzen zum Goldrubin
bilden die Antimonverbindungen, das Antimonium crudum
und das Vitrum antimonii. Cin Zusatz des letzteren zu
einem Satz für Kalk-Natronglas in dem Verhältniß in welchem es in der Praxis
vorgeschrieben zu werden pflegt (Satz Nr. X) mit 1
Zehntausendtel Gold gab ein verneinendes Ergebniß. Man erhielt ein Glas welches sich
genau wie Kalk-Natronglas ohne Antimon verhielt, d. h. schwierig und mit
einer schwachen hellen Farbe anlief. Das Gold hatte sich zum großen Theil in
Kügelchen zu Boden gesetzt; der aufgenommene Theil zeigte eine große Neigung sich
vor der Gebläseflamme auszuscheiden. Wenn demnach das Antimon die Färbung des Glases
nicht vermehrt, so scheint doch der Zusatz desselben einen bestimmten anderen Zweck
zu haben, denn PohlDieses Journal Bd. CLXXV S. 386. merkt ausdrücklich an, daß der
Erfolg beim Rubinschmelzen ohne Antimon derselbe sey, aber der Rubin dann violett
ausfalle.
Einfluß der Temperatur und
Schmelzdauer.
Ein richtiger Versatz des Glases mit Gold sowie ein geeigneter chemischer Bestand des
zu färbenden Glases sind nach obigen Erfahrungen entscheidende Bedingungen, aber
durchaus keine volle Gewährleistung für den Erfolg. Ohne einen geeigneten Satz mit
geeignetem Zusatz von Gold kann kein Goldrubin erhalten werden, wohl aber und sehr
leicht können sie ein
Glas geben, welches kein Goldrubin ist. Ob das Eine oder das Andere erfolgt, hängt
in eben dem Grade von der Behandlung beim Schmelzen, wie von Mischung des Satzes und
Bestand des Glases ab. Die Behandlung beim Schmelzen dreht sich wieder um mehrere
Punkte von gleicher Wichtigkeit : um den Hitzegrad beim Schmelzen des Rubinglases,
um die Dauer der Einwirkung dieses Hitzegrades, endlich um die Art der
Abkühlung.
Der näheren Darlegung der in dieser Richtung erworbenen Erfahrungen sind einige
Bemerkungen über die dabei gebrauchten Hülfsmittel zum besseren Verständniß
vorauszuschicken. Die Schmelzungen der vorhergehenden wie der folgenden Versuche
sind in hessischen Tiegeln angestellt, soweit sich diese mit der Natur des Glases
vertragen. Für den entgegengesetzten Fall, also für Glas von sehr hohem Bleigehalt,
namentlich für bloße Bleisilicate haben sich Obertassen von hartem Porzellan
trefflich bewährt; man schlägt den Henkel ab und setzt sie (mit oder ohne
Zwischenfüllung von Sand) in hessische Tiegel ein. Unter dieser Vorsicht erhielt man
nach dem Erkalten stets Glasflüsse die auf dem Bruch scharf von der Wand des
Tiegels, beziehungsweise von der Porzellantasse, abgegrenzt erschienen. Das
Einfressen des Glases in die Wand der Schmelzgefäße hängt mindestens ebenso von der
Porosität als von der Feuerfestigkeit der Masse ab, und ist die Dichte des harten
Porzellans in dieser Beziehung von ganz besonderem Vortheil. Ein tragbarer Windofen
mit Holzkohle, mit einem sogenannten „Dom“ d. h. einem
beweglichen Zugrohr von vierthalb Fuß, diente für die niederen Hitzegrade bis zur
guten Rothgluth; ein gemauerter Zugofen mit einem scharfziehenden, über 40 Fuß hohen
Kamin, mit Kohksfeuer, für die höheren Hitzegrade, Schmelztemperatur des Roheisens
und Weißgluth. Er ist im Folgenden kurzweg als „Essenofen,“
jener dagegen ebenso als „Windofen“ bezeichnet.
Eine Schmelzung von 300 Grm. des Satzes (Nr. I) nach Kohn, mit 0,02 Grm. Gold im Windofen 1½ Stunden
geschmolzen, ergab kein Rubinglas. Das Glas behielt trotz seines hohen Bleigehaltes
während der ganzen Schmelzdauer eine gewisse Dickflüssigkeit. — In dem
Gedanken, das Glas durch größere Leichtflüssigkeit der Schmelzhitze des Windofens
bezügl. Holzkohlenfeuers besser anzupassen, ersetzte man in dem Kohn'schen Satz einen Theil der Potasche durch eine
starke Zumischung von Borax. Die Schmelzung von 344 Grm. dieses Satzes (Nr. VI) gab ebensowenig Goldrubin, sondern ein Glas von
derselben Beschaffenheit wie vorher, sogenanntes „leberiges“
Goldglas. Dieses Glas ist im auffallenden Licht braun und getrübt, und erscheint im
durchfallenden Licht
durchsichtig in einem weichen Ton von Himmelblau. Es verhält sich vollkommen wie
Goldlösungen die das Gold als feinzertheilten braunen Niederschlag enthalten, wie
dieses Metall z. B. durch Eisenvitriol gefällt wird. — Im Essenofen
geschmolzen gaben beide Sätze (unter den weiter unten noch zu erörternden
Vorsichtsmaßregeln) dagegen rubinroth anlaufende Gläser. Die Schmelzungen bei
niederer Temperatur im Windofen hatten einigen Verdacht hinterlassen, als sey das
Ergebniß die Folge von zufällig in den Tiegel und seinen Inhalt gerathenen Theilen
von Holzkohle. Goldrubin aus dem Satz von Kohn wie oben
erhalten, zerkleinert, mit Holzkohlenpulver gemischt und einer abermaligen
Schmelzung von 1½ Stunden im Essenofen unterworfen, zerstreute diesen
Verdacht vollkommen, denn das Glas erschien mit unveränderten Eigenschaften, leicht
und fchön rubinroth anlaufend. Die vorliegenden Beoachtungen weisen entschieden
darauf hin, daß eine hohe Schmelztemperatur, welche der Temperatur des schmelzenden
Roheisens naheliegt oder sie noch um Einiges übertrifft, zu den Grundbedingungen der
Entstehung von Goldrubin, von rothanlaufendem Goldglas gehört. Noch bestimmter thun
dieß folgende, in rückläufigem Sinne angestellte Versuche.
Im Essenofen gewonnener, wohl anlaufender Goldrubin aus Satz von Kohn, nach dem Ausgießen im Windofen bei absichtlich
möglichst niedrig gehaltener Temperatur umgeschmolzen, verwandelte sich in leberiges
Glas. Gerade so verhielt sich eine andere ProbeDie zuerst erwähnte Probe war vor dem Anlaufen theils farblos, theils
braungelb; die andere nur braungelb und zwar ziemlich tief. Von diesen
Färbungen vor dem Anlaufen wird weiter unten die Rede seyn. etwas
abweichender Beschaffenheit aus demselben Satz. Der bereits erwähnte, in der Farbe
ungemein reiche Goldrubin aus bloßem Bleisilicat (Nr. XI) ging beim Umschmelzen im Windofen ebenfalls durch, wie man in der
Hüttensprache sagt, wurde nicht bloß leberig, sondern zeigte auch viele Kügelchen
von zusammengeschmolzenem Gold. Als man umgekehrt leberiges Glas (120 Grm. aus Satz
von Kohn) einfach im Essenosen 1½ Stunden lang
umschmolz und ausgoß, hatte sich dasselbe in einen vortrefflich anlaufenden
farblosen Goldrubin verwandelt.
Obwohl hohe Schmelztemperatur im Allgemeinen die Eigenschaft des Goldglases roth
anzulaufen (unter Voraussetzung der richtigen weiteren Behandlung) gewährleistet, so
konnte man sich doch nicht verläugnen, daß die verschiedenen Schmelzproben innerhalb
dieser Eigenschaft gewisse Schwankungen und Abweichung in der Beschaffenheit vor dem
Anlaufen und in der Art dieser Farbenwandlung zeigten. Diese Erscheinungen wiesen darauf hin, daß
neben der Höhe der Temperatur noch Anderes mitspreche, namentlich und zunächst die
Dauer ihrer Einwirkung. Zu dem Ende empfahl es sich, während fortgesetzter
Schmelzung in kürzeren Zeitabschnitten Proben aus dem Tiegel zu nehmen und auf die
fortschreitende Entwickelung des Goldrubins zu prüfen. Die Schmelzung war 320 Grm.
Satz von Kohn mit 0,03 Grm. Gold im Essenofen. Eine halbe
Stunde nach dem Einsetzen befand sich das Glas im vollen dünnen Fluß. Die erste in
diesem Zeitpunkt gezogene Probe zeigte unter der zum Anlaufenlassen üblichen
Behandlung nur eine sehr schwache Röthung; bei der zweiten, eine Viertelstunde
später gezogenen Probe hatte die Farbe schon wesentlich zugenommen und war bei der
dritten Probe erst auf der Stärke angekommen, welche dem Goldrubin entspricht. Die
bloße Schmelzung bei hoher Temperatur ist mithin unzureichend, Glas und Gold müssen
bei dem entsprechenden Hitzegrad geraume Zeit aufeinander wirken. Aus diesem Grunde
ist bei den mitgetheilten Versuchen stets die 1½ stündige Schmelzdauer als
Minimum eingehalten; aus diesem Grunde ist die Schmelztemperatur des zu färbenden
Glases an sich durchaus kein Anhaltspunkt, leichtflüssige Gläser bedürfen hoher
Hitzegrade ebenso bestimmt als strengflüssigere Gläser.
Einfluß der Glasgalle.
Eine aus obigen Erfahrungen gezogene Anweisung zum Schmelzen des Rubinglases würde
folgendermaßen lauten: hochbleihaltiger Satz; möglichste Vertheilung des Goldes in
dem Satz durch methodisches Zusammenreiben von verdünnter Lösung des Chlorides; sehr
hohe Schmelztemperatur (Weißgluth); mindestens stundenlange Dauer ihrer Einwirkung.
Man mußte indessen bei der wiederholten Anwendung dieser Anweisung die unliebsame
Erfahrung machen, daß sie in einzelnen Fällen die Bildung von Goldrubin nicht
gewährleistet. So gab eine Schmelzung aus Kohn's Satz ein
farbloses Glas in welchem keinerlei Anlauffarbe hervrzubringen war; es verhielt sich
vollkommen wie goldfreies Glas. Beim Zerschlagen des erkalteten Flusses fand sich
das Gold in Körnern abgeschieden am Boden des Tiegels, ohne daß man vorerst einen
Grund dieser Erscheinung zu entdecken vermochte. Eine genaue Vergleichung der
gelungenen Schmelzproducte mit diesem mißlungenen ergab einen einzigen Unterschied:
auf dem Glas des mißlungenen Productes befand sich eine gewisse Menge Galle
ausgeschieden. Nach dem Zerstoßen und Auslaugen des Glases, also Entfernung der
Galle, gab es mit neuem Goldzusatz geschmolzen sofort Rubinglas. Aber auch
umgekehrt: 100 Grm. Rubinglas mit 12 Grm. einer Mischung von schwefelsaurem Kali und
Chlorkalium
(gleichsam als künstlicher Galle) geschmolzen, ließ das Gold in Kügelchen fallen und
verwandelte sich in gewöhnliches Glas, als ob es gar nicht mit Gold versetzt sey.
Dieß erfolgte so in zwei verschiedenen Versuchen; bei einem dritten, wo die
Temperatur besonders hoch, der Zug des Ofens kräftig war, jedoch nicht, vermuthlich
weil die Galle dann „ausgeschört“ wurde. Zu den genannten
Bedingungen gelungener Schmelzung gehört mithin noch die Abwesenheit von Galle in
der Zeit wo das goldhaltige Glas sich bildet.
Einfluß der Abkühlung.
Die Bildung des goldhaltigen Glases ist natürlich die Voraussetzung der Erzeugung von
Goldrubin (d. h. eines Glases welches die Fähigkeit besitzt, roth anzulaufen); aber
mit dem kunstgerechten Schmelzen ist die Herstellung von Goldrubin noch keineswegs
geschlossen oder gesichert. Wie bei dem Schmelzen die Steigerung der Temperatur und
ihre Dauer so ist nach dem Schmelzen die Abnahme derselben und die besondere Art wie
sie stattfindet, also die Abkühlung vom größten Einfluß oder entscheidend über die
Beschaffenheit des Productes. Sehr verschiedenartige Erscheinungen können dabei
Platz greifen, wie folgende Beobachtungen näher erweisen.
Man ließ eine Probe Satz nach Kohn, 151 Grm. Gold mit 0,01
Grm. versetzt und im Essenofen nach den gewonnenen Regeln und sogar fünf Stunden
lang geschmolzen, in dem festgeschlossenen Ofen unberührt stehen und erkalten. Das
erkaltete Glas erschien nach dem Zerschlagen des Tiegels in seiner ganzen Masse
getrübt, undurchsichtig, schwarzgrau von Farbe. Nur an dem Rande des Tiegels gegen
die Oberfläche hin fand sich eine schwache Schichte farblosen und grünlichen
durchsichtigen Glases. Das schwarzgraue Glas vor der Lampe erweicht, lief in keiner
Weise roth an, sondern erschien in dünne Fäden ausgezogen schmutzig grün, trüblich.
Eine Wiederholung dieses Versuches mit 320 Grm. Satz nach Kohn mit 0,03 Grm. Gold, bei gleicher Schmelzzeit und über Nacht mit dem
Ofen abkühlen gelassen, hatte genau denselben Erfolg, nur war die Farbe des Glases
etwas dunkler. Die Vermuthung, daß der trübende schwärzliche Körper ausgeschiedenes
Gold im Zustande der höchsten Zertheilung sey, wie man es durch Fällung von
Goldlösung mittelst Quecksilberoxydulsalzen (Porzellanvergoldung) erhält, lag nahe.
In diesem Fall mußte das abgeschiedene Gold sich durch Umschmelzen bei geeignetem
Hitzegrade wieder auflösen und bei entsprechender Behandlung wieder Rubinglas geben.
Der Versuch bestätigte die Vermuthung: als man den mit schwarzgrauem Glas
beschickten Tiegel nach 1½ stündigem Schmelzen im Essenofen aus dem Feuer hob und ausgoß,
so war ein Theil des Glases, namentlich der an der Tiegelwand befindliche, beim
Ausgießen zurückbleibende Theil in ein farbloses hier und da leicht rosa gefärbtes
Glas verwandelt, welches in hohem Grade die Eigenschaft besaß rubinroth anzulaufen.
Der größere Theil des schwarzen Glases war noch unverändert, offenbar in Folge von
etwas schwachem Gang des Feuers und unzureichender Dauer der Schmelzung.
Die beschriebenen Erscheinungen beweisen, daß das gebildete Rubinglas durch sehr
langsames Abkühlen im Ofen unter Ausscheidung des Goldes wieder zerstört wird und
seine Eigenschaft roth anzulaufen wieder verliert. Diese Thatsache hat übrigens ihre
volle Geltung nur für Gläser die mit Gold mehr oder weniger gesättigt sind. Gläser
mit viel weniger Gold, als sie aufzunehmen vermögen, zeigen bei gleicher Behandlung
nur die letztere Erscheinung, ohne die erstere; sie laufen nicht an, scheiden aber
auch kein Gold ab. Eine Schmelzung von 121 Grm. Satz nach Kohn mit 0,024 Grm. (also 1 Fünfzigtausendtel) Gold im Feuer erkaltet, gab
ein ungetrübtes, durchsichtiges, in gewissen Regionen farbloses, in anderen
dunkelbraunes Glas, welches nicht anlief. Derselbe Satz nach Kohn, mit etwas feingeriebenem Rubinglas von Theresienthal gemischt, gab
bei gleicher Behandlung ein völlig farbloses, beim Erhitzen vor der Lampe nicht roth
anlaufendes aber vorübergehend gelbgrün aufdunkelndes Glas. Diese letztere
Farbenwandlung hat mit dem Goldgehalt nichts zu schaffen, sie ist eine Eigenschaft
der hochbleihaltigen Gläser für sich, auch ohne Zusatz von Gold. Diese Thatsachen
zusammengefaßt erweisen, daß man mit zweierlei Erscheinungen zu thun hat, die sich
nebeneinander bethätigen: Abscheidung von einem Theil des Goldes als Niederschlag;
dann das Unwirksamwerden des im Glase zurückgebliebenen Theiles des Goldes. Das
langsam erkaltende Glas verliert allmählich an Fähigkeit, das in der Weißgluth
aufgenommene Gold zu halten; in einem gewissen Zeitpunkt fängt das Gold an sich
abzuscheiden und zwar in einem Zeitpunkt wo die herrschende Temperatur nicht mehr
zureicht das Gold in einer dichteren Form zu fällen (brauner Niederschlag), dasselbe
mithin gezwungen ist im Zustand äußerster Zertheilung (schwarzer Niederschlag) zu
verharren. Daß endlich mit beginnender Erstarrung noch ein kleiner Antheil Gold in
dem Glase unausgeschieden verbleibt, aber zum Anlaufen in Rubin nicht fähig ist,
beweisen die sehr goldarmen Gläser bei denen nicht mehr Gold vorhanden ist, als das
Glas zuletzt noch zu halten vermag, so daß gar keine Ausscheidung von Gold in
Gestalt von Niederschlag erfolgt.
Wie die goldarmen Gläser einerseits, so werfen andererseits die am stärksten zur Aufnahme des
Goldes befähigten Gläser helle Schlaglichter auf die in Rede stehenden
Erscheinungen. Es sind dieß die bloßen Bleisilicate. Man schmolz 322 Grm.
Bleisilicat (Satz Nr. XII) mit 0,03 Grm. Gold im
Essenofen unter den für Rubinglas günstigsten Bedingungen, ließ nach vollzogener
Schmelzung das Feuer abgehen und zog im Verlauf der Abkühlung fünf Proben
hintereinander in gleichen Zeitabschnitten mit einem Eisenstab aus dem Tiegel, bis
das Glas steif geworden, dicht am Erstarren war. Die erste Probe sofort nach der
Schmelzung (Weißgluth), sowie die zweite, der hohen Rothgluth entsprechende Probe
liefen leicht und schön, als vorzügliches Rubinglas an; die dritte und vierte, den
mittleren Regionen der Rathgluth entsprechend, hatten eine Syrup- oder
Bernsteinfarbe; bei der fünften Probe war das Glas ähnlicher, aber hellerer Farbe,
schon steif. Die dritte bis fünfte Probe dunkelten beim nachträglichen Erhitzen auf,
ohne eigentlich anzulaufen. Ebenso verhielt sich der Rest im Tiegel.Es fanden sich einige vereinzelte kleine Goldkörnchen am Boden des Tiegels,
die sich offenbar schon beim Schmelzen des Glases abgeschieden
hatten. Das Glas war weder leberig noch schwarz geworden, sondern
durchsichtig geblieben. Derselbe Satz Nr. XII mit 1
Tausendtel Gold geschmolzen und dem gleichnamigen Versuch unterworfen, gab nur ein
roth-madeirafarbiges Glas, welches keinerlei Anlauferscheinungen zeigte.
Offenbar ist die große Fähigkeit des bloßen Bleisilicates Gold aufzunehmen, im
Zeitpunkt der Erstarrung noch so wenig erschöpft und groß genug um das Gold vor der
Ausscheidung zu bewahren; alles Gold ist im Glas geblieben, aber in einem Zustand,
in welchem es die Wandlung der Farbe bei dem Anlaufen mangelhaft oder nicht mehr
bewirkt.
Dieselben goldhaltigen und kunstgerecht geschmolzenen Gläser, welche bei sehr
langsamer Abkühlung theils schwarz wurden, theils nicht, aber sämmtlich nicht mehr
anliefen, zeigten sehr verschiedene Eigenschaften bei beschleunigter Abkühlung.
Schon im Vorhergehenden ist erwähnt, daß schwarzes, bei hoher Temperatur
umgeschmolzenes Glas gut anlaufendes Rubinglas gab, als man den Tiegel, statt ihn in
dem Feuer erkalten zu lassen, vielmehr herausnahm und ausgoß. Sowohl die an der
Tiegelwand haften gebliebene Schichte, als auch das Ausgegossene besaßen die
Fähigkeit anzulaufen. Ebenso verhielt es sich mit einer großen Zahl theils schon
erwähnter, theils noch zu erwähnender Proben von Goldglas, die nach dem Schmelzen
auf eine kalte Eisen-, Thon- oder Schieferplatte ausgegossen wurden.
So oft angegeben ist, daß die Schmelzproducte anliefen und Rubinglas lieferten, so
oft ist diese Behandlung — rasches Herausnehmen aus dem Feuer und Ausgießen z. B.
auf eine Platte — vorausgegangen; diese oder eine ähnliche Behandlung. Denn
noch plötzlichere Abkühlung, eben so häufig versucht, ist noch wirksamer, so Umgeben
des aus dem Feuer genommenen Tiegels mit nassen Tüchern, namentlich aber
„Schrengen“ des gewonnenen Glases, d. i. Ausgießen in viel
kaltes Wasser. In den meisten und schon in den ältesten Vorschriften zu Rubinglas
spielt dieses Schrengen eine Rolle. Zuweilen läßt man das Glas wiederholt schrengen,
umschmelzen und wieder schrengen. Um zu erfahren, ob und welchen Einfluß die
schroffere und die weniger schroffe Abkühlung äußere, schmolz man 320 Grm. Satz nach
Kohn (Nr. 1) mit 0,022 Grm. Gold im strengsten Feuer
und ließ beim Ausgießen des Goldglases einen Theil in Quecksilber, einen Theil in
kaltes Wasser, einen Theil auf eine heiße und den Rest auf eine kalte Eisenplatte
fließen. Die verschiedenen so erhaltenen Proben desselben Glases zeigten nach dem
Erkalten ungleiches Ansehen (worüber weiter unten Näheres) und abweichendes
Verhalten.
Die Probe aus Quecksilber lief am leichtesten, die aus Wasser leicht, beide sehr
schön an, die beiden Proben auf der Eisenplatte nicht so leicht und weniger schön
an. — Eigenthümlich zum Theil und interessant ist auch in Bezug auf die
Abkühlung das bloße Bleisilicat. Man schmolz zwei Proben von Satz Nr. XII jede 322 Grm. im Gewicht, die eine mit 0,03 die
andere mit 0,3 Grm., also der zehnfachen Menge Gold, jede 1½ Stunden im
strengen Feuer des Essenofens und goß das Glas in kaltes Wasser. Das Glas mit dem
niederen Goldgehalt, von topasgelber Farbe, lief bis zum Erweichen erhitzt leicht
und mit reichem Ton rubinroth an; auf die andere Probe mit dem zehnfachen Goldgehalt
hatte die rasche Abkühlung eine so starke Wirkung, daß es sofort beim Eingießen in
Wasser eine tief weinrothe Farbe annahm.
Im Allgemeinen, namentlich bei dem Blei-Alkali-Glas ist plötzliche
Abkühlung, also mehr oder weniger rascher Uebergang vom flüssigen in den festen
Aggregatzustand, wenn nicht Bedingung doch bedeutendes Förderungsmittel zu leichtem
Anlaufen und schöner Farbe des Goldrubins.
Farben des goldhaltigen Glases und ihre
Wandlungen.
Die Farbenwandlung des goldhaltigen Glases beim Anlaufen ist die für die Praxis
wichtigste und maaßgebende Eigenschaft; die Bedingungen unter denen sie auftritt,
abgeändert oder aufgehoben wird, waren bis dahin der einzige Zielpunkt der hier
mitgetheilten Untersuchung. Schon in den obigen Mittheilungen sind indessen
gelegentlich und mehrfach Andeutungen von noch anderen Phasen und Wandlungen des
goldhaltigen Glases
unterlaufen. In der That sind diese sehr mannichfaltig und sehr beweglicher Natur.
Die Vollständigkeit des Gesammtbildes erfordert eine eingehendere Besprechung.
Vor allen Dingen sind zwei Hauptformen des goldhaltigen Glases zu unterscheiden: 1)
das Glas worin sich das Gold in Gestalt eines Niederschlages abgeschieden findet,
das durchgegangene Goldglas; 2) das Glas worin das Gold wirklich in die Masse
eingegangen ist, das nicht durchgegangene.
Die Gläser mit abgeschiedenem Gold sind wieder wesentlich zweierlei: solche die das
Gold als schwarzen Niederschlag, und solche die es als braunen Niederschlag
enthalten, die leberigen Goldgläser. Die leberigen Gläser welche in Folge von
Schmelzen oder Umschmelzen bei zu niedriger Temperatur entstanden sind, erscheinen
im auffallenden Licht leberbraun getrübt, im durchfallenden Licht (noch bei einigen
Millimetern Dicke) ausgezeichnet schön himmelblau. Mitunter, namentlich wenn das
ausgeschiedene Gold zu dünn im Glase vertheilt ist, kommt dieses Himmelblau nicht
zum Vorschein. Das leberige Goldglas, obwohl im auffallenden Lichte von gleichem
Ansehen wie das vorige, erscheint alsdann im durchfallenden Lichte aber nur
schmutzig rothgelb.
Was die nicht durchgegangenen Goldgläser anbelangt, welche das Gold als homogenen
Bestandtheil aufgenommen enthalten, so ist deren Beschaffenheit, an sich und
abgesehen vom Anlaufe, noch viel wechselnder. Sie wechselt innerhalb ein und
desselben Glases, sie wechselt je nach seinem chemischen Bestand und je nach der
Behandlung des Glases beim Abkühlen.
Bleifreie Gläser mit Kalk, Baryt, Strontian und Alkalien geschmolzen, welche nur
äußerst wenig Gold aufnehmen, wie oben gezeigt worden, erscheinen unter allen
Umständen vor dem Anlaufen als gewöhnliches weißes farbloses oder fast farbloses
Glas. Nicht so die bleihaltigen Gläser, welche wieder etwas abweichendes Verhalten
zeigen, je nachdem sie Bleioxyd allein, oder zugleich ein Alkali enthalten. Schmilzt
man z. B. den Satz nach Kohn (Nr. I) mit 1 Zehnö- bis 1 Fünfzehntausendtel Gold unter den für die
Erzeugung von Goldrubin erforderlichen Maßregeln und läßt den aus dem Feuer
gehobenen Tiegel mit dem fertigen Glas auf einer Eisenplatte in der Luft oder mit
umgeschlagenen nassen Tüchern erkalten, so findet man den Stand der Dinge nach dem
Zerschlagen wie folgt:
Das Glas ist nie von homogener Farbe, es zeigt vielmehr regelmäßig drei, zuweilen
vier verschiedene Zustände. Die oberste Schichte ist weißes farbloses Glas, dann
folgt Glas von grünlicher Farbe, dann solches von der Farbe des gebrannten Zuckers. Das
letztere geht oft, aber nicht immer, gegen den Boden des Tiegels in's Leberige über.
Dieses leberige Glas ist nicht blau im durchscheinenden Lichte. Das weiße Glas der
Oberfläche zeigt die Erscheinung des Anlaufens nicht, dagegen alle folgenden
einschließlich des leberigen Glases.Das leberige Glas, blau im durchfallenden Licht, läuft in der Regel nicht
roth an. Bei noch rascherer Abkühlung des Tiegels sind die
Erscheinungen im Wesentlichen dieselben, nur fällt dann das Glas gegen den Boden hin
nicht leberig, auch nicht wie gebrannter Zucker aus, sondern matt röthlich zwischen
Zwiebelroth und der Farbe des mit Wasser verdünnten Rothweines. Diese Modificationen
verlaufen im Allgemeinen unter zunehmender Verdunkelung von oben nach dem Boden des
Tiegels, doch ist das farblose und das gefärbte Glas meist in auffallender Weise
scharf mit den Sprüngen und Rissen abgegrenzt, welche bei der Abkühlung entstehen.
Die Erscheinung, daß die Eigenschaft des Anlaufens nicht bis in die oberste Schicht
des Glases reicht, scheint darauf hinzuweisen, daß das Gold anfangs zu Boden sinkt
und von da allmählich in das Glas aufgenommen wird, aber die Oberfläche nicht
erreicht. Als man 75 Grm. Satz nach Kohn mit 2 Grm. des
mehr erwähnten trefflichen farblosen Rubinglases von Theresienthal zerrieben
zusammenschmolz, war das Ergebniß dasselbe, unten röthliches Glas, oben weißes nicht
anlaufendes Glas. Hierbei war das Gold von vornherein schon im Glase enthalten.
Entweder hat sich das Gold in diesem Falle bei dem Beginn des Schmelzens
niedergeschlagen und später von unten nach oben wieder aufgelöst, oder man muß
annehmen daß sich das Gold in dem ruhig fließenden Glase zu senken vermag, was
weniger wahrscheinlich ist. Die Ursache dieser Verschiedenheit bei Gläsern ein und
derselben Schmelzung liegt zunächst darin, daß während des Schmelzens nicht
umgerührt worden ist. Der Tiegel muß nämlich, um die rechte Hitze im Essenofen zu
erreichen, ganz und gar in die Kohks eingebettet stehen und da unter diesen
Umständen der Deckel regelmäßig festschmilzt, so ist das Glas für Rührwerkzeuge
nicht zugänglich. Eine andere Ursache ist die ungleiche Abkühlung, welche natürlich
oben viel rascher seyn muß als in der Region des dicken Bodens und der
beträchtlicheren Wandstärke. Darauf weisen die Erscheinungen beim Ausgießen des
Glases sehr deutlich hin, wobei natürlich der Einfluß der Abkühlung ungleich mehr
hervortritt. Beim Ausgießen ist das vom ausfließenden Glas an der Tiegelwand haften
bleibende und eine dünne Schichte bildende Glas in der Regel weiß und stark
anlaufend, das am Boden des Tiegels zurückbleibende von der Farbe des gebrannten
Zuckers. Das ausgelaufene Glas ist, wo es am raschesten gesteht — in Wasser,
oder in sehr dünnem Strahl auf eine Platte gegossen als strohhalmdicke Fäden
— sehr oft ganz und gar farblos, häufiger gelb mit einem Stich in Grün, also
topasfarbig, in beiden Modificationen stark und gut anlaufend; wo das ausfließende
Glas dicker läuft, stärkere Streifen oder Massen bildet, erscheint es dem oben
beschriebenen Glase von der Farbe des gebrannten Zuckers ähnlich, genauer gesagt von
Madeirafarbe; auch diese Art läuft noch gut, wenn auch nicht ganz wie das
topasfarbige oder weiße an. Am gewöhnlichsten stellen die stärkeren Partien des
ausgegossenen Glases unter einander gezogene Bänder von weißem oder topasfarbigem
mit madeirafarbigem Glase dar, dann immer sehr gut anlaufend. Bei dem weiter oben
beschriebenen Versuch, wo man Goldrubinglas aus demselben Tiegel in Quecksilber, in
Wasser und auf Eisenplatten goß, zeigten sich ebenso viele Farben des Glases: das
vom Ausfließen an der Tiegelwand haftende war farblos, das in Quecksilber und Wasser
geschrengte topasfarbig, das auf der Platte madeirafarbig; die hellen Gläser liefen
stärker und besser an, als die dunklen. Setzt man neben die Platte ein Gefäß mit
Wasser und fährt beim Ausgießen in einem Zug über beide hinweg, so daß ein Theil
desselben Glases als dicker Faden auf die Platte, ein anderer in's Wasser fällt, so
sind beide Theile verschieden in Farbe, der erstere gelb bis madeira-, der
letztere weiß oder topasfarbig. Daß das auf eine Platte ausgegossene Glas durchweg
rein weiß ausfällt, ist ebenfalls, aber nur ausnahmsweise vorgekommen. Am stärksten
entwickelten die mit Borax versetzten Bleigläser die Madeirafarbe. Sie wurde zwar
beim Herausnehmen von Proben mit dem Bindeisen aus halberkalteten Tiegeln, niemals
aber beim Probenehmen aus in voller Gluth stehendem Tiegel beobachtet; das Glas am
Hefteisen erschien farblos oder topasfarbig.
Bei den alkalifreien Bleigläsern (Satz Nr. XII) sind
diese Erscheinungen, wie alle Charaktere des Goldglases, viel stärker ausgesprochen,
auch nach einigen Seiten abweichend. Mit 1 Zehntausendtel Gold war ein
alkalihaltiges Bleiglas in Wasser gegossen topasfarbig, auf die Platte gegossen
madeirafarbig. Bleisilicat mit 1 Tausendtel Gold in Wasser gegossen, erschien tief
granatroth, in Masse gesehen sehr gedecktem Rothwein ähnlich; auf die Platte
gegossen leberig, auf dem Bruch mehr roth, etwas streifig, achatähnlich, im
durchgehenden Licht gesehen kaum blau. Beide Arten laufen an; das bereits
granatrothe wird beim Erweichen sichtlich dunkler, zur höchsten Sättigung des
Rubinroth gelangend. — Als man zu Goldrubin mit 1 Zehntausendtel Gold
geschmolzenes Bleisilicat im Feuer erkalten ließ und von Zeit zu Zeit Proben nahm, so liefen nur die ersten
Proben gut an, die der unteren Rothgluth entsprechenden mangelhaft, wie bereits
angegeben. Dasselbe Bleisilicat mit 1 Tausendtel Gold geschmolzen, gab beim
Probeziehen in derselben Weise und auf die Temperatur erkaltet, wo sich zwischen
Hefteisen und Tiegel ein mehr als bleistiftdicker Faden spann, ein durchsichtiges,
nicht getrübtes Glas von besonderer Farbe, ziemlich dunkel Madeira, aber mit sehr
merklicher Beimischung von Roth. Beim Erhitzen vor der Lampe lief es nicht weiter
an. Ein Theil dieses Glases im Essenofen bei strengem Feuer umgeschmolzen und heiß
ausgegossen, erschien auf der Platte von der Farbe des hellen Gerstenzuckers, in
Wasser geschrengt topasfarbig. Weder das eine noch das andere liefen rubinroth
an.
Die in obigen Versuchen dargelegte verwirrende Wandelbarkeit des goldhaltigen Glases
lichtet sich einigermaßen, wenn man von den beiden folgenden Thatsachen ausgeht:
Beim Schmelzen wird das zugesetzte Gold nur ausnahmsweise vollständig aufgenommen,
in der Regel findet sich ein Theil in kleinen glänzend gelben Körnchen am Boden des
Tiegels, auch bei anscheinend ganz gleicher Behandlung; der Goldgehalt des Glases
ist daher stets unsicher und schwankend. Ebenso unsicher ist aber auch die Raschheit
der Abkühlung; wie geschickt man auch arbeiten und wie viel Mühe man sich auch geben
mag, das einemal wird das Glas etwas heißer, das anderemal weniger heiß, das einemal
schneller, das anderemal langsamer auf die Platte oder in's Wasser gelangen. Gehalt
des Glases an Gold und rasche Abkühlung sind, wie über jeden Zweifel feststeht, die
am meisten entscheidenden Momente für das Verhalten des Glases, und ist das
goldhaltige Glas in hohem Grad empfindlich für geringe Aenderungen in der einen und
in der anderen Richtung. Indem bei den Versuchen jene Momente sich unvermeidlich
ändern und ihre Einflüsse fortwährend sich kreuzen, erfolgen die mannichfachen
Wandlungen welche man beobachtet.
Das Anlaufen.
Aehnliche Einflüsse erstrecken sich auch auf den Vorgang des Anlaufens selbst und
machen sich als Phasen desselben geltend. In der That findet es nicht immer in
gleicher Weise und unter ganz gleichen Bedingungen statt. Unter Anlaufen versteht
man die Entwickelung der rothen, in dem zunächst durch Schmelzen gewonnenen Glase
nicht vorhandenen Rubinfarbe, durch nachträgliches Erhitzen auf mäßige Temperatur.
Bei dem gewöhnlich zu Goldrubin verarbeiteten Glase, wie bei dem aus Satz (Nr. I) nach Kohn, zeigt sich die
Rubinfarbe nur sehr
ausnahmsweise schon unmittelbar nach dem Erkalten des geschmolzenen Glases, und dann
nur an einzelnen Stellen oder Regionen der Glasmasse. Die weitaus herrschende Regel
ist, daß das goldhaltige Glas, nach dem Schmelzen und Erstarren farblos, topasgelb,
auch wohl von der Farbe des Madeira oder gebrannten Zuckers, erst des Anlaufens zur
Entwickelung der rothen Farbe bedarf. Diese Entwickelung beginnt bei gutem Rubinglas
schon in den ersten Stadien der Rothgluth, bei einer Temperatur wobei die
schneidenden Kanten sich eben etwas abrunden, das Glas noch nicht bis zum Biegen und
Ausziehen erweicht ist. Bei anderen Rubingläsern muß man die Erhitzung bis zu dem
Grade treiben daß sie anfangen Tropfen zu ziehen. In vielen Fällen geht die Wandlung
der Farbe in Roth sehr rasch, in wenigen Augenblicken, in anderen Fällen langsam und
mitunter so schwierig vor sich, daß man das Glas mehrmals hintereinander vor der
Lampe ausziehen und wieder zusammenschmelzen muß. Endlich fällt auch die Farbe
selbst verschieden aus in verschiedenen goldhaltigen Gläsern: einige nehmen dunkle,
andere helle Töne an; einige mehr Roth, namentlich schönes Rubin- und
Granatroth, andere einen mehr blauen Ton an. Vergleicht man dieses verschiedene
Verhalten der goldhaltigen Gläser mit ihren übrigen Eigenschaften, so gelangt man zu
der im Allgemeinen feststehenden Folgerung: je mehr Gold das Glas beim Schmelzen
aufgenommen und assimilirt hat, um so leichter, um so rascher und mit um so tieferer
Farbe läuft es an. Auf der äußersten Linie nach der einen Seite stehen die
bleifreien Kalk-(Strontian-, Baryt-) Alkaligläser, welche nur
nach fortgesetztem Erhitzen sehr schwer rosaroth anlaufen. Zollstarke Zapfen von
Theresienthaler Goldrubin liefen vor der Gebläselampe ungleich rascher an, als ein
kirschkerngroßes Stück dieser bleifreien Goldgläser. Auf der äußersten Linie nach
der anderen Seite stehen die Bleisilicate ohne Alkali (Satz Nr. XII) mit 1 pro mille Gold,
welche ohne Anlaufen gleich beim Schrengen in Wasser eine ausgezeichnet satte
Rubinfarbe annehmen; aber auch diese laufen beim zweiten Erhitzen noch dunkler an.
Neben dem größeren oder geringeren Goldgehalt ist die raschere oder langsamere
Abkühlung noch ein bedingendes Moment; dasselbe Goldglas läuft rascher und besser
an, je schroffer es abgekühlt ist, d. h. je größer der Temperaturintervall von der
Schmelzhitze bis zum Erstarren und in je kürzerer Zeit dieser Intervall durchlaufen
wird. Madeirafarbiges Glas läuft unter Umständen gar nicht, unter Umständen nur so
weit an, daß es aufdunkelt und einen mehr oder weniger in's Rothe gehenden Ton
annimmt, zuweilen kaum anders als das weiße oder topasfarbige Goldglas. Dieses
letztere und das madeirafarbige Goldglas sind zwei Formen entgegengesetzter Natur,
die aber doch
nebeneinander in demselben Glase vorkommen können und sehr gewöhnlich vorkommen. Je
heller das madeirafarbige Glas, um so leichter und besser läuft es an und umgekehrt,
d. h. das madeirafarbige Glas läuft an sich gar nicht an, je heller seine Farbe um
so weniger ist davon und um so mehr von der anderen Gattung vorhanden, die zu
Goldrubin anläuft. Gerade so verhält es sich mit dem leberigen Glase von blauer
Farbe im durchfallenden Lichte; zuweilen ist es unvollständig durchgegangen und
enthält noch einen Antheil unzersetztes anlaufendes Goldglas; in diesem Falle mischt
sich das Rubinroth vom Anlaufen mit dem Blau des leberigen Theiles zu einer oft
prachtvollen Farbe, ganz wie dort das Rubinroth mit dem vorhandenen Madeira zu einer
unansehnlichen Mischfarbe.
Bleisilicat mit 1 Zehntausendtel Gold geschmolzen und im Feuer belassen bis das Glas
nicht mehr gut floß und steif wurde, verhielt sich eigenthümlich. Mit dem Hefteisen
in diesem Zeitpunkt herausgenommene Proben erschienen, wie schon oben angegeben,
dunkel und schmutzig bernsteingelb, liefen aber beim Wiedererhitzen nicht zu
rubinrothem Glase an, sondern dunkelten nur stark zu madeirafarbigem Glas auf.
Bleisilicat mit 1 pro mille Gold, ebenso erkaltet wie
jenes, hatte in den nach theilweiser Abkühlung aus dem Tiegel gezogenen Proben eine
Art Madeirafarbe mit viel Roth angenommen. Bei hoher Temperatur umgeschmolzen und in
Wasser gegossen, verwandelte sich die Farbe in Topasgelb; beim nachträglichen
Erhitzen fand ein starkes Anlaufen mit starkem bleibendem Nachdunkeln statt, aber
die Anlauffarbe ist nicht Rubin, sondern diejenige welche das Glas vor dem
Umschmelzen besaß; statt in Wasser auf eine Platte gegossen, nahm das Glas nur eine
helle Gerstenzuckerfarbe an, zeigte aber das ganz gleiche Anlaufen.
In der für die Allotropie und die Physik der Atome so interessanten Erscheinung des
Anlaufens ist eine merkwürdige, anscheinend paradoxe Thatsache enthalten. Der
Goldrubin erscheint nach dem Schmelzen topasgelb oder farblos; erst wenn er in
diesem Zustand zum zweitenmal und zum beginnenden Erweichen erhitzt wird, entwickelt
sich die rothe Farbe. Nun muß das Rubinglas aber beim Abkühlen und Erstarren doch
nothwendig durch jenen dem Anlaufen entsprechenden Temperaturgrad hindurchgehen;
dabei erfolgt aber durchaus keine Wandlung in Roth. Das goldhaltige Glas erleidet
die Farbenwandlung in Rubin bei einer bestimmten Temperatur, aber lediglich wenn
diese Temperatur in der Richtung von der Kälte nach der Glühhitze, also beim
Erhitzen, nicht aber wenn sie in umgekehrter Richtung durch Abkühlen nach dem
Schmelzen auftritt.
Eine und dieselbe Temperatur hat auf ein und denselben Körper unter diesen
Voraussetzungen ganz entgegengesetzte Wirkung.
Die Sache folgt indessen sehr natürlich aus den bekannten (bez. im Obigen
festgestellten) Eigenschaften des goldhaltigen Glases. Zunächst hat das goldhaltige
Glas, wie jedes Glas überhaupt, die Eigenschaft durch rasche Abkühlung in derjenigen
Verfassung zu erstarren, die es im geschmolzenen Zustande besaß. Um in eine andere
Verfassung überzugehen, bedarf es unumgänglich eine gewisse Zeit, und wenn ihm diese
Zeit durch den Verlauf der Abkühlung nicht vergönnt ist, so verbleibt es in der
anfänglichen Verfassung. Alles Glas hat z. B. von Natur die Neigung krystallinische
Beschaffenheit anzunehmen; die gewöhnliche Verarbeitung entzieht ihm aber dazu die
Zeit und es ist gezwungen amorph zu bleiben. Ebenso ist das goldhaltige Glas
verschiedener Zustände fähig, welche verschiedenen Färbungen entsprechen, und kann
durch rasche Abkühlung gezwungen werden in statu quo zu
erstarren. Die verschiedenen Zustände in denen das goldhaltige Glas aufzutreten
vermag, sind aber — dieß ist ein weiteres Moment zur Erklärung der fraglichen
Thatsache — Functionen der Temperatur. Jede von den Phasen in welchen das
goldhaltige Glas auftritt, entspricht einem bestimmten Hitzegrad und zwar
thatsächlich nach folgender Reihe:
Textabbildung Bd. 201, S. 139
Hitzegrad:; Weißgluth:; Rothgluth:
mäßige.; hohe.; mittlere.; niedere.; Phase des goldhaltigen Glases:; Farblos
oder topasfarbig.; Madeira- oder melassenfarbig.; Durchgegangen oder
leberig.; Rubinroth (Anlauffarbe).
Ein Blick auf diese Zusammenstellung genügt zur Erklärung der Thatsachen. Die erste
Bedingung zur Erzeugung von Goldrubin ist die Aufnahme einer genügenden Menge Gold,
die Sättigung des Glases mit Gold; diese ist nur bei der Weißgluth möglich. Bei
allmählicher Erkaltung, welche dem so geschmolzenen Glase Zeit läßt in andere
Molecularverfassungen überzugehen, kann es unmöglich diejenige erreichen, welche der
rubinrothen Farbe oder der niedersten Rothgluth entspricht, denn schon der nächst
höhere Temperaturgrad der mittleren Rothgluth ist nicht mehr zureichend, um das Gold
im Glase zu erhalten. Das Gold scheidet sich aus (das Glas geht durch) und indem es
sich ausscheidet geht die Grundbedingung zum Anlaufen verloren. Bei plötzlicher
Abkühlung wird das Gold verhindert sich auszuscheiden, es wird gezwungen im Glase zu
verbleiben. Die rasche Abkühlung ist lediglich ein Kunstgriff, das Gold ohne
Ausscheidung also in einem Zustande in das starre Glas zu bringen, in welchem es
noch der allotropischen Wandlung fähig ist. Diese Wandlungen müssen nun
selbstverständlich mit derjenigen beginnen, welche der niedrigsten Temperatur
entspricht, also mit der Wandlung im Rubinroth. Geht man weiter, so folgt die
Abscheidung des Goldes, geht man noch weiter, so folgt die Wiederauflösung und
Rückbildung von madeirafarbigem, bezügl. topasgelbem und farblosem Rubinglas.
— Die rothe Modification des goldhaltigen Glases kann unter Umständen auch
direct bei der ihr entsprechenden Temperatur entstehen. Den Beweis liefert die
Vergoldung des Porzellans durch Einbrennen von niedergeschlagenem Golde unter der
Muffel. In der Regel bleiben nach Abnutzung der Goldränder u. s. w. purpurne in der
Glasur sitzende Flecken. Diese Färbung findet demnach bei einer Temperatur statt,
bei der die harte (immer bleifreie, oft auch alkalifreie) Glasur noch nicht
erweicht, eine Temperatur die noch weit unter dem Schmelzpunkt des Goldes liegt.
Die hier in Bezug auf das Anlaufen und die damit zusammenhängenden Erscheinungen
aufgestellte Regel gilt zunächst nur für die gewöhnlichen d. h. aus alkalihaltigem
Bleiglas geschmolzenen, mit Gold gesättigten Gläser. Sie findet eine wesentliche
Erweiterung in der Thatsache, daß die einer bestimmten Modification des goldhaltigen
Glases entsprechende Temperatur je nach dem chemischen Bestand des Glases (oder was
damit auf's Innigste zusammenhängt, mit der Menge des in den Bestand des Glases
aufgenommenen Goldes) beträchtliche Abweichungen zeigt. So liegt die der rubinrothen
Modification entsprechende Temperatur bei den bleifreien Gläsern mit alkalischen
Erden bedeutend höher, bei den alkalifreien Bleisilicaten bedeutend tiefer, als bei
dem gewöhnlichen Bleiglas, und wechselt auch bei diesem mit dem Goldgehalt, je nach
der Sättigung oder dem Gegentheil. Namentlich zeigen die alkalifreien Bleisilicate
mit 1 pro mille Gold, wesentliche Verschiedenheiten des
Verhaltens. In der vorstehenden Untersuchung sind diese jedoch, weil ohne
praktisches Interesse, nicht soweit verfolgt um endgültige Schlußfolgerungen
aufstellen zu können.
Alles was hier über das goldhaltige Glas mitgetheilt ist, und zwar mit reinen
Materialien, namentlich auch reinem Goldchlorid, bezieht sich nur auf Versuche und
Beobachtungen im Kleinen; leider war es mir nicht vergönnt, dieselben auf die Regeln
und Kunstgriffe der Herstellung des Goldrubins in den Glashütten auszudehnen, da
keine derselben in der weiten hiesigen Umgegend sich damit beschäftigt. Die
Verhältnisse auf den Glashütten sind im Ganzen viel günstiger, namentlich in Bezug
auf hohe und gleichmäßige Temperatur, sowie auf Schmelzdauer, als im Laboratorium. Im Großen stehen
dagegen keine reinen Materialien zu Gebote. Die Erscheinungen stellen sich daher in
mancher Beziehung and ers dar, als bei den Versuchen und Beobachtungen im
Laboratorium.
Constitution des goldhaltigen
Glases.
Ueber die Frage: wie und in welchem Zustand befindet sich das Gold in dem Rubinglase,
ist es nicht gelungen experimentell etwas festzustellen. In dem gewöhnlichen
Rubinglas ist die Menge des Goldes äußerst unbedeutend; die zu diesem Zwecke eigens
herangezogenen alkalifreien Bleisilicate nehmen zwar mehr, aber doch höchstens nur 1
pro mille Gold auf und erfüllten die darangeknüpften
Erwartungen insofern nicht. Eine so kleine Menge Gold, in der tausend- und
zehntausendfachen Menge Glas enthalten, entzieht sich den Mitteln der Untersuchung
viel zu weit, um daraus experimentelle Anhaltspunkte über die Constitution des
Rubinglases und den Zustand des Goldes darin zu liefern.
Zusatz zu obiger Abhandlung.
Abweichungen zwischen den im Laboratorium zu beobachtenden Erscheinungen und der
Praxis im Großen sind in der That in nicht geringem Maaße vorhanden. Hr. Director
Pohl von Josephinenhütte bei Schreiberau, wohl der
erfahrenste Praktiker im Fache des Goldrubins, hat die große Zuvorkommenheit gehabt,
mir zur Ergänzung seiner bereits citirten Abhandlung nähere Mittheilungen zu machen.
Man schmilzt auf Josephinenhütte mehrere gänzlich verschiedene Gattungen Goldrubin,
nämlich: solchen zu Zapfen behufs des Ueberfangens, dann sogenannte Composition zu
massiven Gegenständen, wie Steine, Knöpfe u. s. w.; endlich den Rubin aus
Weißglassatz.
Der letztere Rubin wird aus einem Satz zu gewöhnlichem bleifreien
Kalk-Kali-Glas mit der erforderlichen Menge Gold, wie gewöhnliches
weißes Glas eingelegt und im Glasofen geschmolzen. Er ist heller in Farbe und dient
zu nicht überfangenem Farbenglas. — Der Rubin zu Zapfen ist ebenfalls im
Glasofen im offenen Hafen, neben Krystall und anderen Glassorten, also bei hoher
Temperatur, mit einer Auflösung von gleichen Theilen Gold und Zinn geschmolzen. Der
Satz dazu ist verschieden, je nachdem der Rubin zum Ueberfang von Krystall oder von
matten Gläsern (Alabaster) bestimmt ist. Zu Krystall dient ein Satz mit Borax und
Salpeter, der zwar etwas theurer kommt, aber bei weitem die schönste und
gleichmäßigste Farbe liefert; zu mattem Glas ein Satz aus Mennige und Salpeter.
Nachdem der Satz soweit geschmolzen, daß er ein rohes Glas voll ungelöster Quarzkörner u. dgl.
bildet, schöpft man dieses aus und schmilzt es mit den gleichnamigen Abfällen der
vorhergehenden Arbeit um, worauf die Zapfen gleich aus dem Hafen gearbeitet werden.
Je nach der dabei herrschenden Temperatur laufen die Zapfen theils sogleich, theils
erst beim Wiedererwärmen an. — Die sogenannte Composition ist ein eigenes
Glas, aus einem weichen bleihaltigen Satz in Töpfen oder Krügen in einem besonderen
(Compositions-) Ofen bei geringer Hitze geschmolzen. Das fertige Glas wird
erkalten gelassen, dann wieder angewärmt und verarbeitet.
Das Abschrecken in Wasser (Schrengen) gilt auf Josephinenhütte als vollkommen
überflüsstg für die Entwickelung der Farbe und wird nur zu Nebenzwecken, nämlich zur
bequemeren Verwerthung der Abfälle vorgenommen.
Das Uebrige ist in der Pohl'schen Abhandlung bereits
ausführlicher mitgetheilt. — Soviel ist aus dem Vergleich der Praxis im
Großen mit den Versuchen im Kleinen ersichtlich, daß das Goldrubinglas einer
bestimmten Darstellung nicht bloß ein äußerst wandelbarer Körper ist, sondern daß
seine Eigenschaften und Wandlungen auch mit den Bedingungen der Darstellung vielfach
wechseln. Um die Erfahrungen im Großen auf die im Laboratorium gewonnenen
zurückzuführen, müßte man nicht bloß der Beschaffenheit der Materialien Rechnung
tragen, man müßte vor allen Dingen auch feststellen, in welchem Verhältniß die auf
beiden Seiten zur Anwendung gekommenen Temperaturen stehen, anderer bedingender
Umstände, wie die Schmelzdauer, ganz zu geschweigen.
Uebersicht der in obiger Abhandlung vorkommenden Glassätze.
Textabbildung Bd. 201, S. 142
Mennige; Potasche; Soda; Potasche;
Kalisalpeter; Natrosalpeter;
Was die Frage von der Art anbelangt, wie das Gold in dem Rubinglas enthalten seyn
mag, so kann es nicht der Zweck von Untersuchungen wie die obige seyn, die
Literatur mit neuen „Theorien“ bereichern zu wollen. Für
diejenigen aber, welche sich damit abgeben, oder den Gegenstand nach dieser Seite
weiter bearbeiten, möge folgenden Betrachtungen eine Stelle gegönnt werden, die
vielleicht den Schlüssel zur Lösung der Frage enthalten:
In allen bisher gepflogenen Discussionen über diese Frage ist die Aufnahme des Goldes
durch das Glas von der einen Seite ohne weiteres und wie selbstverständlich als ein
chemischer Proceß aufgefaßt, das Gold als in chemischer Verbindung vorhanden
betrachtet worden. Von der anderen Seite lehnt man diese Ansicht entschieden und mit
guten Gründen ab, bleibt aber bei der Negative stehen, ohne eine positive Erklärung
an die Stelle zu setzen. Nur dahin sprach man sich mit Bestimmtheit aus, daß die
Farbenwandlungen des goldhaltigen Glases Aeußerungen der Allotropie des Goldes
seyen. — In der That ist aber alle Wahrscheinlichkeit weitaus dafür, daß man
bei dieser Aufnahme nicht mit einem chemischen, sondern mit einem physikalischen
Vorgang zu thun hat. Die überlieferte Anschauung der Chemiker gestattete keinem
Bestandtheil anders in das Glas einzutreten, als in der Verbindung mit Kieselerde,
als Silicat. Man weiß aber nunmehr, daß manche Körper unverändert in das Glas
eingehen und sich ganz homogen mit dem Glase mischen, auch nach dem Erkalten in
keiner Weise als heterogener Bestandtheil auftreten. So hat Pelouze seiner Zeit nachgewiesen, daß Spiegelglas bis zu 3 Proc.
schwefelsaures Natron enthalten kann, ohne daß man dieß im mindesten äußerlich
wahrnimmt. Läßt man Glas, welches solche Körper aufgenommen, erkalten, so erstarrt
es als Lösung, d. h. die aufgenommenen Körper bleiben ihm homogen beigemengt. Glas
im glühenden Fluß ist ein starkes Lösungsmittel für viele Stoffe, unzweifelhaft
nimmt es Metalle im regulinischen Zustande auf, so das Kupfer, das Silber und das
Gold. Die Anschauung ist daher sehr nahe gelegt, das Gold in dem Rubinglas sey gar
nicht chemisch gebunden, sondern einfach gelöst, die Anschauung mithin daß das
Rubinglas in fester Form lediglich eine erstarrte Lösung von regulinischem Gold in
Glas ist. Das Rubinglas ließe sich demnach füglich mit geschmolzenem Zucker oder mit
Gelatine vergleichen, die mit jeder vorher zugesetzten Farbe ohne Ausscheidung
erstarren.
Sollte dasselbe Gold, welches schon bei niederen Hitzegraden seinen Sauerstoff nicht
mehr zu binden vermag, etwa weiterhin Bleioxyd oder Kieselerde reduciren? Oder
sollte es sich durch den Salpeter oxydiren, von dem man doch weiß daß er außerhalb
des Glases keine Wirkung darauf äußert? Ist überhaupt Salpeter als solcher noch
vorhanden zur Zeit der Aufnahme des Goldes durch das Glas? Auch goldhaltiges Bleiglas schwärzt sich
vor der Flamme des Gasgebläses wie gewöhnliches Bleiglas.Es ist eine auffallende Thatsache, daß das bleihaltige Glas sich ebenso
sicher und ebenso rasch schwärzt, ob die Beschaffenheit der Flamme
reducirend, oder ob sie noch so oxydirend ist. Die Schwärzung ist nur
oberflächlich und verschwindet sofort, wenn man einen Krystall von Salpeter
auf dem Glase schmelzen läßt. Müßte sich Bleiglas nicht schwärzen
unter einer etwaigen reducirenden Einwirkung des Goldes? Man sieht, die chemische
Erklärung ist ebenso gezwungen, wie die physikalische natürlich. Zu allotropischen
Wandlungen ist das Gold in Lösungen erfahrungsmäßig sehr geneigt, schon in den
gewöhnlichen Vehikeln; die Lösung in Glas könnte dieser Neigung nur förderlich seyn.
Dieselben Färbungen, welche man in einem Krystallglas durch Schmelzen mit Gold
erhält, lassen sich auch auf nassem Wege, namentlich, wie Ebelmen„Ueber den künstlichen Hyalith und Hydrophan,“ in diesem
Journal, 1848, Bd. CVII S. 212.
gezeigt hat, durch Vermischen von Kieseläther mit etwas Chlorgold hervorbringen,
indem moleculare Wandlungen dann in der Kieselgallerte Platz greifen, welche jener
Aether an feuchter Luft hinterläßt.
Ueber diese Materie, die eigentliche Natur des goldhaltigen Glases, kann nicht
endgültig abgeschlossen werden, ohne gründliches Studium eines nahe verwandten ganz
analogen Gegenstandes, des mit Kupfer gefärbten Rubinglases. Auch bei diesem Glase
kommen ähnliche Wandlungen vor, auch dieses Glas ist des Anlaufens vom farblosen
Zustande in Roth fähig, auch bei diesem Glase ist die gezwungenste, um nicht zu
sagen eine unmögliche Anschauung in Bezug auf seine Constitution traditionell
geworden: während alle starken Säuren das Kupferoxydul in Metall und Oxyd zersetzen,
während kein einziges Sauerstoffsalz dieses Oxyduls mit einer stärkeren Säure
constatirt ist, definirt man den rothfärbenden Bestandtheil des Kupferrubinglases
stets als kieselsaures Kupferoxydul, eine gänzlich hypothetische Verbindung, die für
sich niemals dargestellt worden, deren Existenz einer so starken Säure gegenüber,
wie die Kieselerde, in hohem Grade unwahrscheinlich ist.
Schließlich noch die Bemerkung, daß Goldrubinglas auch im bloßen Licht ohne
Mitwirkung der Wärme eine Art von Anlauf zeigt. Eine Anzahl in meinem Besitz
befindlicher Zapfen von farblosem bleihaltigem Rubinglas aus Theresienthal (die in
obiger Abhandlung erwähnten) sind in einem flachen Pappkasten in einem Glasschrank
aufbewahrt worden. Es machte sich eine zunehmende röthliche Färbung bemerklich, die
nunmehr nach sieben Jahren als ein ziemlich starkes Zwiebelroth erscheint. Nur ein
einziger Zapfen, durch die vordere Seitenwand des Pappkastens geschützt, ist farblos
geblieben. Nie hat directes Sonnenlicht, immer nur das zerstreute Tageslicht in der
Tiefe des Zimmers (nach Norden) eingewirkt.
Braunschweig, 26. Juni 1871.
Dr. Fr. Knapp.