Titel: | Neuerungen bei den Vorbereitungsmaschinen für lange Wollen. |
Fundstelle: | Band 201, Jahrgang 1871, Nr. LVIII., S. 197 |
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LVIII.
Neuerungen bei den Vorbereitungsmaschinen für
lange Wollen.
Aus dem praktischen Maschinenconstructeur, 1871, Heft
10.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Neuerungen bei den Vorbereitungsmaschinen für lange
Wollen.
Zur besseren Verarbeitung gewisser langer Wollgattungen sind an der bekannten
Vorbereitungsmaschine, der Nadelstabstrecke
(preparing box) verschiedene Neuerungen angebracht
worden, welche näher kennen zu lernen einiges Interesse darbietet.
Clough's doppelt wirkende Vorbereitungsstrecke. —
Für weniger lange und kräftige Wollen hat John Clough in
Reighley eine doppelt wirkende Vorbereitungsstrecke eingeführt, bei welcher zwei
hintereinander befindliche Sätze von Nadelstäben angewendet sind, von denen der
zweite Satz mit zwei- bis dreimal größerer Geschwindigkeit sich bewegt, als
der erste. Die nähere Einrichtung ist durch Figur 21 und 22 im Schnitt
und im Grundriß versinnlicht.
Die geriffelten Speisewalzen S führen die gewaschene
Wolle dem ersten Systeme der Nadelstäbe B, B′
behufs mäßiger Streckung zu. Von dem zweiten Satz der rascher bewegten Kammstäbe A, A′ weiterhin gerade gestreckt und geöffnet,
wird die Wolle endlich von dem Abzugswalzenpaar T erfaßt
und auf dem endlosen Tuch U wie gewöhnlich als Vließ
aufgewickelt, welches der nächsten Präparationsstrecke vorgelegt wird.
Der Antrieb der Schraubenspindeln C und D zur Bewegung der Nadelstäbe, geht von der Welle M aus und ist deutlich aus der Vergleichung der beiden
Figuren
21 und 22 zu entnehmen. Es erhalten die Stäbe A, A′ durch die Schrauben C mit starksteigendem Gewinde, dagegen die Kammleisten B, B′ durch die enger
geschnitteuen Schraubenspindeln D ihre Verschiebung.
Zur beliebigen Abänderung der Geschwindigkeitsverhältnisse beider Nadelstabsätze
dienen die Wechselräder P und K.
Holden's Nadelstab-Vorstrecke. — Eine ähnliche Einrichtung der
Nadelstab-Vorstrecken ließ sich übrigens auch Eduard Holden patentiren. Wie aus Figur 23 zu ersehen ist,
wurde hier zwischen den beiden Stabsätzen A, A′ und B, B′ ein Walzenpaar Y
eingeschaltet, ohne damit die Wirkungsweise der Maschine wesentlich abzuändern.
Holden's Bewegungsmechanismus für Nadelstäbe. — In
gewissen Fällen, wenn die Kammstäbe der Präparationsstrecken ungewöhnlichen
Anforderungen genügen, namentlich wenn dieselben stark verwirrtes oder verfilztes
Material bearbeiten, oder mit großer Geschwindigkeit sich bewegen sollen, stellen
sich bei der von Fairbairn erfundenen Schraubenbewegung
für die Nadelstäbe, wie wir dieselbe bei fast allen Vorbereitungsmaschinen für lange
Fasern (Flachs, Hanf, Kammwolle, Jute und Florettseide) kennen, Uebelstände heraus,
beispielsweise, daß die Stäbe beim Herunterfallen von der oberen in die untere
Schraubenführung, oder umgekehrt beim Hinaufgange, leicht kanten und dann zu Brüchen
der Stäbe oder der Schrauben Veranlassung bieten.Diesen Uebelständen begegnet man jedoch bei neueren Maschinen
zweckentsprechender durch sicher wirkende
Hebe- und Fallvorrichtungen für die Nadelstäbe.
Für solche Fälle hat nun Isaac Holden in Croix bei Roubaix
eine andere, die sogen. Rechteckbewegung für die Nadelstäbe erdacht, welche in Bezug
auf Solidität und Sicherheit der Arbeit den strengsten Anforderungen Genüge leistet,
dabei auch nicht allzu complicirt eingerichtet ist.
Dieser Bewegungsmechanismus in seiner ursprünglichen Form ist mit Hülfe der Skizzen
in Fig. 24
– 26
leicht verständlich zu machen.
Von der Betriebswelle a mit der Riemenscheibe a′ wird die Drehung durch Kegelräder a″ auf die Welle b
und mittelst Spurräder m auf die höher gelagerte Welle
K mit gleichviel
Umdrehungen übertragen.
Der obere Satz der Nadelstäbe verschiebt sich über dem Dampfkasten o, der untere dagegen über dem mit Dampf geheizten
Kasten h. Die Bewegung der Stäbe in verticaler Richtung
erfolgt vom Kreuzschlitten d, im horizontalen Sinne aber
durch den Schlittenrahmen e (Fig. 26). Der Schlitten
d wird von der Welle b
aus durch den Kamm (Bogendreieck) b′ auf-
und niedergeführt, welcher zwischen die Frictionsrollen c,
c schlitten d eingreift. Analog geht die
horizontale Verschiebung des Rahmens e mit den Laufrollen
n von der Welle K, bez.
von der Formscheibe l aus.
Der Ausschnitt d′ (Fig. 25) des
Kreuzschlittens d dient zum Heben eines Nadelstabes aus
der unteren in die obere Reihe, umgekehrt der Ausschnitt d″ zum Hinunterführen.
In der gezeichneten Lage beginnt der Aufgang des Schlittens d resp. des links in d′ eingelegten
Nadelstabes (1. Vierteldrehung der Welle b); im oberen
Niveau angelangt, steht der Schlittenrahmen d während
der 2. Vierteldrehung von b still, wogegen nun der bis
dahin ruhende Rahmen e seinen Rückgang nach rechts
antritt und die oberen Kammleisten um eine Stabbreite mitnimmt. Dabei wird der
Ausschnitt d′ frei, der Ausschnitt d″ nimmt dafür einen Nadelstab auf. Nun verbleibt
der Horizontalschlitten e während der 3. Vierteldrehung
von b in Ruhe; der Verticalschlitten d aber vollführt indessen seinen Niedergang, befördert
also den in d″ eingelegten Nadelstab in die
untere Reihe. Schließlich — im letzten Viertel des Wellenumlaufes —
drückt der Schlitten e, indem er nach links geht, die
unteren Stäbe zurück, d. h. der Querschnitt d″
wird frei und die zum Ausgang genommene Anfangsstellung der Nadelleisten wieder
hergestellt. Das ganze Spiel wiederholt sich nun von Neuem.
Die mit dieser Rechteckbewegung ausgestattete Vorbereitungsstrecke von Isaac Holden ist wie die oben beschriebene von Clough mit doppeltem Nadelabsatz versehen, und zwar das
den Speisewalzen zunächst gelegene System aus schmalen, das folgende aus dreimal
breiteren, schneller laufenden Kammleisten gebildet. Die Wirkungsweise dieser
Vorstrecke ist sonach der früheren gleich.
William Tongue's Präparationsstrecke. — Diese ist
im Allgemeinen wie eine gewöhnliche einfach wirkende Nadelstabftrecke construirt,
und unterscheidet sich nur durch einen eigenthümlichen, sehr complicirten Mechanismus zur Führung der Kammstäbe. Letztere bilden wie
sonst ein System zweier übereinander liegender Reihen von Nadelhaltern p, q, r, s, t und p′,
q′, r′,
s′, t′.
Dieselben arbeiten aber stoßweise derart, daß in einem
bestimmten Zeitpunkte sämmtliche Stäbe in der Aufeinanderfolge pp′, qq′, rr′, ss′, tt′, in die obere Reihe eintreten und um die
Stabbreite nach den Abzugswalzen fortschreiten, worauf die Leisten p′, q′, r′, s′, t′ niedergeführt werden und die Stellung in Figur 27
einnehmen. Alsdann werden diese unten befindlichen Kammleisten um die doppelte
Stabbreite nach rückwärts verrückt und hierauf wieder in die obere Reihe gehoben
(Fig.
28). Die Stäbe in der Ordnung p′p, q′q, r′r, s′s,t′t schreiten nun um eine Stabbreite nach vorwärts, und öffnen und strecken
die Wollfasern; es fällt sodann der erste Satz der Stäbe, d. i. p, q, r, s, t nach abwärts und wird — ähnlich wie
früher — um zwei Stabbreiten nach rückwärts gezogen, sodann in die Höhe
gebracht u. s. w.
Dieß genüge zur Charakterisirung der Nadelstab-Bewegung nach Tongue; auf die näheren Details des Mechanismus glaubt
Ref. an dieser Stelle nicht eingehen zu follen.
Ackroyd und Maud's Verbesserung der Präparationsstrecken.
— Diese bezweckt eine günstigere Bildung des Vließes auf dem endlosen
Abnehmtuch, sie verhindert nämlich daß die Wollfasern seitlich über das Tuch
herabhängen und etwa die Lager und Walzen umwickeln. Wie aus den Skizzen Fig. 29 und
30
entnommen werden kann, wirken die an den unteren Enden der schwingenden Hebel E und F angebrachten
schaufelförmigen Streichplatten P bez. Q auf die zu beiden Seiten liegenden Wollfasern ein,
welche von den Streckwalzen der endlosen Tücher D und
C behufs Aufwickelung übergeben werden. Auf diese
Weise wird ein regelmäßigeres Vließ mit geschlossenen Kanten gebildet.
Die Bewegung der Hebel E und F geschieht durch zwei rotirende Formscheiben H und I, sowie durch die Flachfedern K und L. Diese Vorrichtung
läßt sich mit Leichtigkeit an jeder gewöhnlichen Nadelstab-Vorstrecke
anbringen. (Nach der Zeitschrift des Vereines der Wollinteressenten Deutschlands,
1871 S. 26 u. 74.)