Titel: | Der Doppelcontact für elektrische Uhren; von Professor Friedr. Arzberger. |
Fundstelle: | Band 201, Jahrgang 1871, Nr. LXXXII., S. 301 |
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LXXXII.
Der Doppelcontact für elektrische Uhren; von
Professor Friedr.
Arzberger.
Mit Abbildungen.
Arzberger's Doppelcontact für elektrische Uhren.
Der Doppelcontact hat den Zweck, die Funken an den Contactpunkten wegzubringen,
welche in Folge des Extrastromes beim Schließen und Oeffnen eines elektrischen
Stromes auftreten und wie bekannt die Contactstellen corrodiren.
Es werden dießbezüglich verschiedene Mittel benutzt, welche einerseits in der
Anwendung von Condensatoren, andererseits in der Einschaltung von Zweigströmen mit
großen Widerständen bestehen. Durch Anwendung dieser Mittel gelingt es nicht die
Funken gänzlich wegzubringen; es werden diese zwar wesentlich vermindert, allein in
dunkler Nacht sind doch immer bei aufmerksamer Beobachtung Fünkchen
wahrzunehmen.
Der sogleich zu besprechende Doppelcontact scheint die Schließungs- und
Oeffnungsfunken gänzlich zu beseitigen, da an diesem in völliger Finsterniß bei der
aufmerksamsten Beobachtung keine Funken wahrgenommen werden können.
Textabbildung Bd. 201, S. 301
Zur Erläuterung des Principes meines Doppelcontactes diene zunächst Fig. 1, in welcher B
die Batterie, S die Drahtspirale eines
Elektromagneten, a den Hauptcontact und b einen Nebencontact vorstellt. Denkt man sich
vorläufig b offen und a
geschlossen, so wird der elektrische Strom von B aus
durch die Leitung I, II, III, durch S und endlich durch die Leitung IV, V, VI nach der Batterie zurück gehen; durch
Oeffnen von a wird der Strom unterbrochen, und es
tritt bei jedesmaligem Oeffnen und Schließen von a
ein Funke auf. Durch Schließen von b wird in der
Leitung eine Brücke gebildet, welche eine Verzweigung des Stromes veranlaßt, so
zwar daß bei gemeinschaftlichem Schluß von a und b ein Hauptstrom über I, II,
V, VI geht, während durch S über II, III, IV, V ein Zweigstrom zieht. Durch passendes
Oeffnen und Schließen von a und b läßt sich nun abwechselnd Stromschluß und
Stromunterbrechung herstellen, ohne daß an a oder
b Funken bemerkt werden. Bedingung hierfür ist,
a und b abwechselnd
zu öffnen und zu schließen, jedoch so daß nie beide Contacte zugleich
Unterbrechung geben.
Folgende Positionen geben Aufschluß über den Gang der beiden Contacte:
Position
1
a
offen
b
zu
Position
2
a
zu
b
zu
Position
3
a
zu
b
offen
Position
4
a
zu
b
zu
Position
5
a
offen
b
zu u. s. w.
Die Position 5 stimmt mit jener l überein, und es beginnt
das Spiel wie leicht einzusehen, nach je vier Positionen von Neuem.
Beim Uebergange der Position 1 in 2 erfolgt Stromschluß; der Hauptstrom geht über I, II, V, VI und ein durch den Widerstand in S abgeschwächter Zweigstrom geht über II, III, IV, V. Dieser Zweigstrom veranlaßt im Momente
des Entstehens einen Extrastrom, welcher sich über III, II,
V, IV (der Stromrichtung entgegen) entladet.
Durch Oeffnen von b geht die Position 2 in jene 3 über;
II, V ist nun unterbrochen, und es geht durch S der ganze Strom, welcher jetzt viel stärker ist als
während der Position 2. Im Momente dieser Stromverstärkung entsteht abermals ein
Extrastrom, welcher sich über III, II, I, VI, V, IV
entladet.
Wird nun b wieder geschlossen, so entsteht die Position
4; durch S geht nunmehr bloß ein schwacher Zweigstrom.
Durch die plötzliche Abschwächung des Stromes entsteht nun abermals ein Extrastrom,
welcher sich jetzt aber nach der Richtung des Hauptstromes über IV, V, VI, I, II, III entladen kann.
Wird nun endlich a geöffnet, so entsteht die Position 5
(gleich Position 1), es erfolgt gänzliche Stromunterbrechung, und der hierbei
entstehende Extrastrom entladet sich über IV, V, II,
III.
Hieraus ist zu ersehen, daß sich der Extrastrom beim Oeffnen und Schließen von a oder b stets durch eine
vorhandene Leitung entladen kann, wornach das Ueberspringen des Funkens wegfällt,
oder wenigstens zu einem unmerklichen Minimum herabsinkt.
Die Positionen 1, 3, 5 u. s. w. sind Hauptpositionen; diesen entspricht gänzliche
Stromunterbrechung einerseits, oder völlige Strombewegung durch die Spirale S. Die Positionen 2, 4 u. s. w. sind nur einleitende für
die darauf folgenden, und nachdem die Entladung des Extrastromes in äußerst kleinen
Zeiten erfolgt, so kann die Dauer dieser einleitenden Positionen 2, 4 etc. eine sehr
kurze seyn.
Fig. 2 zeigt die Anordnung des Doppelcontactes,
welcher so eingerichtet ist, daß durch Bewegung eines Hebels die beiden Contacte
richtig functioniren.
Textabbildung Bd. 201, S. 303
Die römischen Ziffern haben die gleiche Bedeutung wie in Fig. 1, ebenso die Contactpunkte a und
b
II ist der Drehungspunkt eines Winkelhebels, dessen einer
Arm bei b durch sein Gewicht auf die fixe Unterlage n aufgedrückt wird und dort Contact gibt. Der Hebel c, d hat seinen Drehungspunkt in c, läßt somit eine pendelartige schwingende Bewegung zu. Wird d nach rechts bewegt, so entsteht zuerst in a Contact, und sogleich darauf Unterbrechung in b; bei dieser Rechtsbewegung von d ging somit die Position 1 durch jene 2 in die Position 3 über, während
Position 2 nur sehr kurze Zeit angedauert hat. Bewegt man nun d wieder nach links zurück, so setzt sich zuerst b auf n auf, wornach bei a Unterbrechung eintritt; es ging somit bei der
Retourbewegung von d nach links die Position 3 durch 4
in jene 5 über, und 4 hat (wie früher 2) nur äußerst kurze Zeit angedauert.
Hält man das eben Gesagte mit Demjenigen zusammen, was über Fig. 1 gesagt wurde, so ergibt sich die Wirkungsweise dieses
Doppelcontactes.
Es ist nur noch beizufügen, daß die Leitung I, II, V, VI
keine zu beträchtliche Länge haben darf, weil sonst diese für sich einen separaten
Extrastrom liefert; die Leitung II, III, IV, V kann
hingegen beliebig lang seyn, ohne in a und b Funken zu erregen.
Dieser Doppelcontact kann mit Hülfe von zwei Batterien auch zur Stromumkehrung
verwendet werden, wobei ebenfalls keine Funken auftreten.
Textabbildung Bd. 201, S. 303
B1 und B2 in Fig. 3 sind die zwei Batterien, S ist die Spirale; bei der gezeichneten Stellung des
Hebels c, d (welcher genau so functionirt wie jener
in Fig. 2) ist die Batterie B1 außer Thätigkeit
und jene B2
entsendet ihren Strom in der Richtung IV, II durch
S, welcher weiter über b und III nach B2 zurückkehrt. Wird d nach rechts gedrückt, so findet zuerst bei a Contact, und sodann bei b Unterbrechung statt, es kommt somit B2 außer Contact, und von B1 geht der Strom über I, c, a, II, S und IV
nach B1 zurück,
somit ist die Stromrichtung gegen die frühere umgekehrt. Dieser Art der
Stromumkehrung kann man allerdings den Vorwurf machen, daß zwei Batterien
nothwendig sind, während ein gewöhnlicher Commutator den Strom einer und
derselben Batterie umkehrt; dagegen ist aber in Erwägung zu ziehen, daß 1) jede
Batterie nur die halbe Zeit thätig ist, was in Bezug auf Betriebskosten auf
dasselbe hinauskommt wie eine continuirlich thätige Batterie, 2) daß diese
abwechselnd arbeitenden Batterien viel längere Zeit anhalten als eine einzige
constant wirkende, ferner 3) daß der Doppelcontact viel einfacher ist als ein
Commutator, was mehr Sicherheit gewährt, und 4) — der Cardinalpunkt
— daß keine Funken auf den Contactstellen auftreten.
Ein zweiter gerechter Vorwurf welcher die beschriebene Art der Stromumkehrung trifft,
ist der daß keinesfalls die beiden Ströme vollkommen gleich stark seyn werden, weil
sich kaum zwei Batterien von absolut gleicher Stromstärke herstellen und auf die
Dauer erhalten lassen. Nur dort wo absolute Stromgleichheit nöthig ist, wird man
eben zum Commutator greifen; wo es aber genügt nahezu gleiche Stromstärken zu
erzielen — was keinen Schwierigkeiten unterliegt —, werden die Vorzüge
des Doppelcontactes das Uebergewicht behalten.
Der Doppelcontact, entweder als Stromunterbrecher oder als Stromumkehrer, eignet sich
ganz besonders für elektrische Uhren. Bei Minutenspringern dauern allerdings die
Contactstellen Jahre lang; bei Secundenspringern wird jedoch meist in wenigen
Monaten, ja in einigen Wochen schon eine Störung im Gange durch Corrodiren der
Contacte bemerkbar.
Ein wesentlicher Vortheil, welchen dieser Doppelcontact vor anderen voraus hat, ist
ferner noch der, daß ein äußerst geringer Druck stets sicheren Contact gibt.
Gewöhnliche Contacte corrodiren sehr bald, und es erfolgt dann der Stromschluß erst
bei starkem Zusammenschlagen der Contactstellen, weßhalb bei astronomischen Uhren
ein besonderes Gangwerk angebracht werden muß, welches den Contact bewegt.
Zum Schlüsse sey mir noch gestattet zu zeigen, wie sich der Doppelcontact als Relais
für Momentanströme benutzen läßt.
An einer elektrischen Uhr, welche eine Secunde Stromschluß, die zweite Secunde
Unterbrechung gibt, ist zum Betriebe des Registrirapparates wieder der Doppelcontact
an einem Relais angebracht.
Textabbildung Bd. 201, S. 304
Gesetzt, es sey U, V,
Fig. 4, der Strom der elektrischen Uhr welche
jede zweite Secunde auf die Dauer einer Secunde unterbrochen wird. Dieser Strom
durchzieht die Drahtwindungen des Electromagneten m
und veranlaßt den Anker n dieses Relais eine Secunde
seine höchste, die nächstfolgende seine tiefste Stellung einzunehmen. Beim
Niedergang des Ankers n entsteht zuerst in a Contact und sogleich darnach in b Unterbrechung, somit wird der durch X, Y geführte Strom, welcher von einer besonderen
Batterie ausgehend den Registrirapparat bethätigt, nur durch ein sehr kurzes
Zeitintervall geschlossen seyn. Sobald in U, V
Stromunterbrechung eintritt, wird der Anker n vom
Magneten m abgerissen, und es entsteht zuerst bei
b Contact und sogleich darauf Unterbrechung bei
a; somit wieder ein momentaner Contact in der
Leitung X, Y, welcher das nächste Zeichen am
Registrirapparat veranlaßt.
Bei dieser Anwendung des Doppelcontactes treten die gewöhnlichen Oeffnungs-
und Schlußfunken wieder auf, allein bei dem Registrirapparat, welcher nur kurze Zeit
in Gang erhalten wird, hat dieß nichts auf sich, um so mehr als das Relais so
eingerichtet werden kann, daß es einen kräftigen Contact gibt.