Titel: | Die Hodgson'sche Drahtseilbahn; von Ingenieur C. Ludwik, Constructeur am deutschen Polytechnicum in Prag. |
Fundstelle: | Band 201, Jahrgang 1871, Nr. XCIII., S. 379 |
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XCIII.
Die Hodgson'sche
Drahtseilbahn; von Ingenieur C.
Ludwik, Constructeur am deutschen Polytechnicum in
Prag.
Aus dem praktischen Maschinenconstructeur, 1871, Nr. 9 u.
10.
Mit Abbildungen auf Tab.
VIII.
Ludwik, über die Hodgson'sche Drahtseilbahn.
Versuche, Drahtseile als Transportmittel für Lasten zu verwenden, wurden schon zu
wiederholten Malen mit mehr oder minder gutem Erfolg gemacht. In Indien, Amerika und
Australien, und auch in einigen europäischen Bergwerksdistricten werden Materialien über
Flüsse oder Schluchten auf einfache Weise mittelst eines darüber gespannten Seiles
geschafft. In ähnlicher Weise förderte z. B. ein gewisser Bradi in Süd-Tirol Holz aus den ihm gehörigen Waldungen (im Thale
Sela Magg) an einem starken Eisendraht über tiefe Einschnitte. Allein die
Befestigung dieses Drahtes, ferner die Führung des Holzes an demselben, bereiteten
Schwierigkeiten. Der Forstmann A. Hohenstein
vervollkommnete diese Anordnung und führte solche
„Drahtriesen.“, wie der Erfinder sie nannte, 1859 in
mehreren Gemeinden Süd-Tirols aus, so im Bezirk Mezzolombards vom Berge
Taucior in das Thal bei Fai. In den angeführten Fällen ist das unter einem gewissen
Winkel gegen den Horizont geneigte Seil fix und dient nur als Führung der durch ihr
Eigengewicht geförderten Last. Zu einer allgemeinen Anwendung gelangte aber diese
Art Seilbahnen, abgesehen von allen anderen Gründen, schon deßhalb nicht, weil der
Transport nur nach abwärts möglich ist.
Auch die weiteren Versuche, mit Hülfe von Motoren durch Drahtseile Lasten zu
transportiren, scheiterten zumeist an verschiedenen Umständen.
Nur auf kurze Distanzen und bei fönst günstiger Anordnung ist eine Seilförderung mit
Maschinenbetrieb ganz gut durchführbar und ist ja die Anwendung des Drahtseiles zur
Beförderung von Eisenbahnzügen über starke Steigungen bekannt. Die Waggons laufen
wie gewöhnlich auf Schienen und sind fest verbunden mit dem auf einer Seiltrommel
sich aufwindenden Seil, wodurch sie über eine schiefe Ebene gezogen werden. Erst im
Vorjahre wurde, um nur ein Beispiel anzuführen, zur Verbindung des unteren Theiles
der Stadt Ofen mit der etwa 150 Wiener Fuß (47,4 Met.) höher liegenden Königsburg
eine solche „Dampfseilbahn“ hergestellt und dem Betriebe
übergeben, deren Steigung nicht weniger als 30° beträgt.
Principiell ganz verschieden von diesen erwähnten Constructionen ist die Drahtseilbahn, Patent Hodgson.Eine kurze Beschreibung derselben findet sich im polytechn. Journal, 1869,
Bd. CXCII S. 271. Sie wird am besten
durch die Bezeichnung „einer Bahn mit beweglichen Schienen“
charakterisirt. Um zwei horizontale Seilscheiben liegt ein endloses, hinreichend
gespanntes Drahtseil. Wird eine dieser Rollen durch irgend einen Motor in Umdrehung
versetzt, so bewegt sich das Seil in der Drehungsrichtung und die an denselben
aufgehängten Lasten werden, bei hinreichender Reibung zwischen deren Auflager und
dem Drahtseil, mitgenommen.
Fig. 1 zeigt
die Anordnung einer solchen Drahtseilbahn im Allgemeinen. A und B bezeichnet die Auf- und
Abladestation, C die Maschinen- oder
Hauptstation, wo der Antrieb mittelst Riemenscheibe und conischer Räder stattfindet.
Die hier gezeichnete Anordnung ist derart getroffen, daß die Hauptstation in der
Mitte liegt. Man erhält so für den Antrieb eine Doppelseilscheibe T, die nach links und rechts je ein endloses Seil
bewegt. Es sind also bei dieser Einrichtung zwei Seile ohne Ende vorhanden und wird
jedes für sich durch eine geeignete Vorrichtung gespannt. Ist die End- oder
Anfangs-Station zugleich Maschinenstation, so wird nur ein, aber doppelt so
langes endloses Seil, als bei der hier angenommenen Anordnung benöthigt und ist
dasselbe bedeutend schwieriger zu spannen.
Bisher wurde die Spannung mittelst eines eigenen Wagens, auf welchem die eine, nicht
direct angetriebene Seilscheibe gelagert war, besorgt, indem dieser durch Winden auf
einer circa 25° geneigten Rampe je nach Bedarf
verstellt wurde. Da jedoch die durch geringe Temperaturdifferenzen hervorgerufene
selbst nur unbedeutende Längenveränderung des Drahtseiles bedeutende Schwankungen in
dessen Einsenkung (Pfeil) hervorrufen kann, so wäre ein stetes Reguliren mittelst
der Winde durch Hand nothwendig, damit die Seilspannung entsprechend bleibe. Wird
diese zu gering, so ist der Betrieb unregelmäßig, ja, er kann sogar ganz unmöglich
werden; zu große Spannung beansprucht das Seil zu sehr und vertheuert den Betrieb,
weil sie den Gang erschwert. Diesen Uebelstand beseitigt Henzel durch seine patentirte selbstthätige
Spannvorrichtung. Die Spannscheiben S (Fig. 1) laufen in
gabelförmigen Lagern, welche einerseits durch einen Schlitten Geradführung bekommen,
andererseits durch ein regulirbares, an dem Seile c
hängendes Gewicht gezwungen werden, das Drahtseil hinreichend straff gespannt zu
erhalten.
Das Drahtseil ist von ca. 250 zu 250 Fuß (etwa 80 Met.)
durch Pfeiler in Holzconstruction gestützt. Wenn es die Anordnung nothwendig macht,
soll man diese Zwischenstationen bis 900 Fuß engl. (275 Met.) von einander entfernen
können.Engineer, Nr. 447, S. 239 (Zeitschrift des
Vereines deutscher Ingenieure, Bd. XIV S.
720).
Die Transportkästen (Hunde) sind in Figur 2 und 3 dargestellt.
Ihre Construction gestattet ihnen, wie aus der Zeichnung ohne Weiteres klar ist, die
das Seil stützenden Zwischenstationen zu passiren. Mittelst des Holzsattels d ruhen die Hunde auf dem Drahtseil; die Rollen f, f dienen zur Bewegung auf den Schienen der Ausweichen
und die an den Sattel befestigten Flacheisen sollen die nothwendige Führung beim
Uebergang auf die Schienen bewirken.
Die Ausweichen kommen auf den beiden End- und der Hauptstation der
Seilscheiben wegen vor. Beginnen wir nun von der Ladestation B aus den Lauf der Hunde zu verfolgen. Nach geschehener Beladung auf der
im Gefalle liegenden Ausweiche (welche in Fig. 4 ersichtlich ist)
durchlaufen die Transportkästen durch ihre eigene Schwere die Schiene der Ausweiche
und werden von dieser durch die Leitrolle abgehoben und auf das Drahtseil
übertragen, auf welchem sie mittelst des erwähnten Holzsattels d aufruhen und mitgenommen werden. Nun gelangen die
Hunde über die verschiedenen Zwischenstationen zur Maschinenstation C, werden durch die Leitrolle vom Seile abgehoben und
durchlaufen die Ausweiche dieser Station, bis sie durch eine weitere Leitrolle
wieder auf das Drahtseil gelangen. Jetzt folgen die Transportkästen abermals der
Bewegung des Seiles über die Unterstützungspunkte hin und passiren bei der
Abladestation auf die bereits beschriebene Weise wieder die Ausweiche.
Hier werden die Hunde von einem Arbeiter durch einfaches Umkippen entleert und setzen
ihren Weg nun über den weiteren Theil der Ausweiche, wie früher, fort, bis sie
wieder in die Station B kommen. Die hier angebrachten
Rollen g (Fig. 4) haben den Zweck,
das Drahtseil so weit unter die Ausweiche zu drücken, daß der Sattel des Hundes das
Seil verläßt und mittelst der Rollen f, f (Fig. 2 und 3) auf der Fall
habenden Ausweiche-Schiene fortläust.
Wie aus dem Gesagten ersichtlich ist, können Terrain-Schwierigkeiten nur
äußerst selten die Anlage einer Drahtseilbahn hindern. Selbst bedeutende Steigungen
können überwunden werden und ist nur zu beachten, dieselben nicht größer werden zu
lassen, als dieß die Reibung der Sättel am Seile gestattet, um die Last noch
fortbewegen zu können. Nach den bisherigen Erfahrungen dürften Steigungen von 1 : 15
das Maximum seyn. Curven mit den schärfsten Krümmungen sind passirbar. Bei solchen
bis 18° läuft das Seil über zwei etwas geneigte Rollen, für Curven bis
90° ist die AnordnungEngineer, Nr. 447, S. 239 (Zeitschrift des
Vereines deutscher Ingenieure, Bd. XIV S.
720). aus Fig. 5 und 6 zu ersehen.
Wir fügen der Beschreibung nur noch bei, daß zu gleicher Zeit mehrere Hunde, oft bis
180, durch das Seil transportirt werden, also die Vertheilung der Last über die
ganze Linie stattfindet.
Die Pfeiler für die End-, Zwischen- und Hauptstation sind eingerammt,
oder anderweitig solid fundirt.
Man kann mittelst der Hodgson'schen Drahtseilbahn Lasten
von 2000 bis 10,000 Cntr. (100,000–500,000 Kilogrm.) per Tag, den Tag zu 10 Arbeitsstunden gerechnet, mit einer Geschwindigkeit
von 6 bis 8 Wien. Fuß (etwa 2–2,5 Met.) fördern, wobei die nothwendige
Bedienung sich auf 5–6 Mann beschränkt und die Transportkosten incl. der
Verzinsung und Amortisirung des Anlagecapitales 4 Kreuzer österr. W. (4/5 Sgr.)Nach Mittheilungen des Inst. of Civ.-Eng.
in London betragen die Kosten einer Linie, auf der täglich 2000 Centr.
transportirt werden können, 2600 Thlr. pro engl.
Meile (l580 Met.), die Transport- und Unterhaltungskosten u. s. w.
1½ Sgr. pro 20 Centr. und pro engl. Meile.
pro Centr. und Meile nicht übersteigen. Das
Anlagecapital beträgt per Meile etwa 40,000 fl. öst. W.
(circa 27,000 Thlr.)Vortrag von Henzel über Drahtseilbahn:
„technische Blätter“ 1870, S. 239.
Die in Rede stehenden Drahtseilbahnen sind schon an verschiedenen Orten ausgeführt
und in Thätigkeit. In Bardon-Hill, nicht weit von Leicester, England, ist
seit December 1868 eine solche zum Transport von Mineralien und Steinen in
Anwendung. Von den 180 Transportkästen sind da 90 gefüllt, welche 30 Minuten zum
Zurücklegen von fünf Kilomet. Entfernung brauchen. Es wurden 39,000 Kilogrm. in zehn
Stunden mit etwa sechs Pferdekräften gefördert. Außer dem Luftkabel zu
Bardon-Hill sind noch zwei in England und eines in Irland, letzteres in der
Fabrik von Lawes und Gilbert,
in Thätigkeit; auch ist ein solches von 8 Kilomet. Länge, welches für Ceylon
bestimmt ist, versuchsweise bei Brighton gebaut worden.Engineer, Nr. 447, S. 239 (Zeitschrift des
Vereines deutscher Ingenieure, Bd. XIV S.
720).
Auch auf dem Continent hat die Drahtseilbahn durch ihre Billigkeit verhältnißmäßig
leichte Herstellung und bedeutende Leistungsfähigkeit rasch Aufnahme gefunden. So
ist beispielsweise auf der fürstl. Schwartzenberg'schen
Domaine Gratzen in Böhmen von der gleichnamigen Eisenbahnstation nach den Torflagern
zu Hrdlosez eine Drahtseilbahn errichtet worden; auf der Ritter v. Horsky'schen Domaine in Kolin ist eine solche zum
Transport von Rüben in die Zuckerfabrik bereits im Baue und der Vollendung nahe.
Für beide Bahnen besorgte die nöthigen Gerüste, Maschinentheile u. s. w. die der
Prag-Wiener Actien-Gesellschaft für Fabrication von Waggons und
Eisenbahnbedarf gehörige FabrikEs sey mir hier gestattet, dem Director genannter Fabrik, Hrn. Henzel, meinen Dank für die mir freundlichst
gelieferten Daten zu obigem Aufsatz auszusprechen. zu Bubna bei
Prag, welcher vom
Patentinhaber H. Hodgson die Ausführung der
Betriebsmittel für diese Drahtseilbahnen übertragen wurde.
Ueber die Gratzener Anlage geben wir noch die folgenden Daten: dieselbe hat eine
Länge von 2300° (4360 Met.) und befördert den Torf von den reichhaltigen
Torfmooren bei Hrdlosez zur genannten Bahnstation der
Franz-Josephs-Bahn.
Die Seilscheiben haben 6 W. Fuß (1,9 Met.) Durchmesser und das Drahtseil ist 7 W.
Linien (15 Millimet.) stark. Die Zwischenstationen sind 30–40 Klft.
(55–75 Met.) von einander entfernt. Die Hunde fassen 1 Centr. (50 Kilogrm.)
Torf und werden in 10 Stunden 2000 Centr. (100,000 Kilogrm.) expedirt. Als Motor
dient eine etwa 10 Pferdekräfte starke Locomobile.