Titel: | Ueber quantitative Bestimmung der Salpetersäure; von A. Wagner. |
Autor: | A. Wagner |
Fundstelle: | Band 201, Jahrgang 1871, Nr. CVIII., S. 424 |
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CVIII.
Ueber quantitative Bestimmung der Salpetersäure;
von A. Wagner.
Wagner, über quantitative Bestimmung der Salpetersäure.
In diesem Journal Bd CC
S. 120 (zweites Aprilheft 1871) hatte ich zur quantitativen Bestimmung der
Salpetersäure eine Methode angegeben, welche darauf beruht, daß Salpeter, mit
überschüssigem Chromoxyd und kohlensaurem Natron bei Ausschluß der Luft (d. h. im
Kohlensäurestrom) erhitzt, eine genau bestimmte Menge des Chromoxydes zu Chromsäure
oxydirt unter Bildung von Stickoxydgas. Ich hatte damals die gebildete Chromsäure
bestimmt, um hieraus die Salpetersäure berechnen zu können. Anstatt der Chromsäure
kann man aber auch das gebildete Stickoxydgas zur Bestimmung der Salpetersäure
benutzen.
Hierzu verfuhr ich in folgender Art: Ich wandte hierfür die auf S. 122 erwähnte
Abänderung an, nach welcher ich, statt einen Kohlensäure-Entwickelungsapparat
zu benutzen, die Luft durch Erhitzen von doppelt-kohlensaurem Natron
verdrängte.
In eine hinten zugeschmolzene Kali-Glasröhre gab ich zuerst circa ¾ Grm. doppelt-kohlensauren Natrons,
hierauf, in entsprechendem Abstand, das Gemenge von abgewogenem Salpeter (circa ½ Grm.), Chromoxyd und kohlensaurem Natron.
An das offene Ende der Röhre wurde ein Gasleitungsröhrchen befestigt. Zum Auffangen
des entweichenden Stickoxydgases benutzte ich einen Glas -Cylinder (oder
ebenso gut einen starkwandigen Glaskolben) von mindestens 300 Kubikcentimeter
Inhalt, welcher, mit Quecksilber gefüllt, in der bekannten Quecksilberwanne
umgestürzt war. In diesen Cylinder ließ ich eine bestimmte Menge verdünnter
Normalnatronlauge aufsteigen und hierauf noch circa 100
Kubikcentimeter reines Sauerstoffgas eintreten. Es war also der oberste Theil des
Cylinders mit Sauerstoffgas, der mittlere mit Normalnatronlauge, der untere mit
Quecksilber gefüllt.
Nachdem durch kurzes Erhitzen des doppelt-kohlensauren Natrons die Luft aus
der Röhre verdrängt war, brachte ich die Gasleitungsröhre in die Quecksilberwanne
unter die Oeffnung des erwähnten Cylinders. Hierauf wurde die Substanz in der Röhre zehn Minuten lang
stark erhitzt; das hierdurch erhaltene Stickoxydgas gelangte nun im Cylinder durch
die Quecksilber- und Natronlaugeschicht zum Sauerstoff, mit welchem es sofort
rothgelbe Dämpfe bildete, welche in kurzer Zeit von der Natronlauge absorbiert
wurden. Durch schließlich wiederholtes Erhitzen des doppelt-kohlensauren
Natrons wurde der in der Röhre noch vorhandene Rest von Stickoxydgas in den Cylinder
getrieben. Ich ließ nun nochmals Sauerstoff in solcher Menge in den Cylinder treten,
daß das Quecksilber im Inneren desselben nur noch circa
einen Zoll hoch stand. Der Cylinder blieb nun unter öfters wiederholtem Schütteln
eine Viertelstunde lang stehen. Die auf diese Weise aus dem Stickoxydgas regenerirte
Salpetersäure, nebst der entwickelten Kohlensäure, wurde von der Normalnatronlauge
aufgenommen und ließ sich hierin durch Titriren mit verdünnter Normalschwefelsäure
bestimmen. Hierzu wurde der Cylinder umgestürzt, die Natronlauge abgegossen, von
derselben ein Theil mittelst Pipette herausgenommen und in einem Glaskölbchen zum
Sieden erhitzt; dann wurde diese Probe mit Lackmus blau gefärbt und mit verdünnter
Normalschwefelsäure titrirt bis die bekannte rothe (in's Gelbliche ziehende) Farbe
eintrat.
Hieraus läßt sich mit Leichtigkeit die Salpetersäure berechnen; bei zwei Bestimmungen
mit reinem Salpeter erhielt ich gut stimmende Zahlen. — In einigen Punkten
hat diese Methode etwas Aehnlichkeit mit der bekannten von Schlösing, ist aber leichter aus zuführen.
Auf Seite 121 meiner citirten Abhandlung hatte ich damals erwähnt, daß die Gegenwart
organischer Substanzen die Genauigkeit der von mir angegebenen Methode der
Salpetersäurebestimmung sehr beeinträchtigt. Dieselben lassen sich jedoch entfernen,
wenn sie im Verhältniß zur Salpetersäure nicht zu sehr überwiegend sind, und zwar
auf folgende Art, welche besonders zur Untersuchung von Trinkwässern auf
Salpetersäure bei Gegenwart organischer Substanzen geeignet ist. Ich setze dem
Wasser kohlensaures Natron und chemisch reines übermangansaures Kali zu, und dampfe
es mit diesem Zusatz ab. Durch dieses Kochen organischer Stoffe mit übermangansaurem
Kali in alkalischer LösungMan s. Schulze's Abhandlung in diesem Journal,
1868, Bd. CLXXXVIII S. 204. werden dieselben theils zerstört, theils in Oxalsäure verwandelt, welche
durch Uebermangansäure in alkalischer Lösung nicht weiter angegriffen, aber in
saurer sehr leicht zerstört wird.
Zur Bestimmung der Salpetersäure im Trinkwasser dampfte ich stets je 1 Liter des zu
untersuchenden Wassers unter Zusatz von kohlensaurem Natron und Zutröpfeln einer
Lösung des übermangansauren Kalis bis auf ein kleines Volumen ab, in der Art daß
stets stark rosenrothe Farbe vorhanden blieb. Hierauf filtrirte ich und versetzte
die Lösung nach völligem Erkalten mit verdünnter Schwefelsäure bis zur sauren
Reaction. Da bei Gegenwart organischer Substanzen auf angegebene Art in alkalischer
Lösung sich Oxalsäure bilden mußte, so konnte dieselbe nun in der sauren Lösung
durch übermangansaures Kali leicht zerstört werden. Ich tröpfelte von der Lösung des
übermangansauren Kalis hierbei in der Art zu, daß nach viertelstündigem Stehen die
Flüssigkeit noch schwach rosenrothe Farbe behielt. Hierauf stellte ich durch Zugabe
von chemisch reinem Barytwasser die alkalische Reaction wieder her, fügte
kohlensaures Natron zu, filtrirte und dampfte das Filtrat in einem kleinen
Porzellanschälchen bis zur völligen Trockne ein. Der hierbei bleibende Rückstand
läßt sich aus dem Schälchen mittelst eines Messers als zusammenhängende Kruste
herausheben; die am Schälchen noch haftenden Theilchen löste ich in einem Tropfen
Wasser, setzte Soda dazu, dampfte ab und hob die erhaltene Kruste ebenso wieder
heraus. Nach zweimaliger Wiederholung blieb keine bestimmbare Menge Salpetersäure am
Schälchen haften. Diese so gesammelten Krusten wurden nun mit Chromoxyd innigst
zusammengerieben, und nach meiner bereits in diesem Journal Bd. CC S. 120
veröffentlichten Methode behandelt.
Ich habe eine größere Anzahl Münchener Trinkwässer auf diese Art auf Salpetersäure
untersucht, und fand den Gehalt an Salpetersäure im Liter Wasser:
I. bei gegrabenen Brunnen zwischen 0,0571 und 0,3106
Grm.,
II. bei den Leitungswässern der Brunnenhäuser zwischen
0,0049 und 0,0826 Grm.
Im Durchschnitt berechnet sich per Liter bei I. der Gehalt an Salpetersäure zu 0,1555 Grm. = 0,2908
Grm. Salpeter,
bei II. der Gehalt an Salpetersäure zu 0,0249 Grm. =
0,0485 Grm. Salpeter.
Da ich den Wasserconsum Münchens bei circa 180,000
Einwohnern zu 14 Milliarden Liter per Jahr berechne, so
muß dieses Wasserquantum, wenn es ausschließlich durch die Leitungswässer der
Brunnenhäuser geliefert würde, 679,000 Kilogramme Salpeter enthalten; und wenn es
ausschließlich aus
gegrabenen Brunnen genommen wäre, sogar 4,071,200 Kilogramme Salpeter.
Ich glaube hiernach annehmen zu dürfen, daß die Stadt München jährlich circa 2 Millionen Kilogramme Salpeter durch den Consum
an Brunnenwasser in Umsatz bringt. Würde man diese Salpetermenge gewinnen können, so
ließen sich hieraus 50,000 Centner Schießpulver jährlich fabriciren.