Titel: | Selbstwirkende Pumpe für kleine Flüssigkeitsmengen und Hübe; von Dr. Georg Lunge. |
Autor: | Georg Lunge [GND] |
Fundstelle: | Band 201, Jahrgang 1871, Nr. CXX., S. 512 |
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CXX.
Selbstwirkende Pumpe für kleine
Flüssigkeitsmengen und Hübe; von Dr. Georg
Lunge.
Mit Abbildungen auf Tab.
X.
Lunge's selbstwirkende Pumpe für kleine Flüssigkeitsmengen
etc.
Es kommt hin und wieder in der Technik (namentlich in der Fabrication chemischer
Producte) vor, daß man ganz regelmäßig kleine Flüssigkeitsmengen und auf geringe
Höhen zu heben hat, und man ist in diesen Fällen fast immer auf Handarbeit
angewiesen. In meinem eigenen Falle war ich genöthigt, etwa alle 2 oder 3 Minuten
1½ bis 2 Liter Flüssigkeit in ein daneben stehendes Gefäß pumpen zu lassen,
mit einer Hubhöhe von 18 Zoll. Obwohl ich eine kleine Dampfmaschine nur wenige Fuß
von dieser Stelle entfernt stehen habe, so liegt es doch auf der Hand daß die
Kraftübertragung für eine so ungemein geringe und langsame Leistung sich nicht
gelohnt hätte, um so mehr als das Pumpen Tag und Nacht fortgesetzt werden mußte,
während die Dampfmaschine nur hin und wieder in Betrieb war. Ich brauche wohl kaum
erst zu bemerken, daß die Construction des Apparates es durchaus nicht zuließ, das
Pumpen durch Höherstellen des ersten Gefäßes und Auslaufen mittelst eines Hahnes zu
ersetzen.
Längere Zeit hindurch mußte ich einen Knaben an die kleine Pumpe stellen, welcher
selbstredend eine so langweilige Arbeit wie das Heben eines kleinen Pumpenkolbens
alle 3 Minuten nicht mit sehr großer Zuverlässigkeit besorgte und am schlimmsten war
es diese Arbeit auch Nachts fortsetzen zu müssen, obwohl sonst das Local ganz hätte
geschlossen werden können.
Um diese Uebelstände zu vermeiden, ließ ich einen Apparat mit Benutzung von
Wasserkraft als Motor construiren, wie derselbe in ähnlicher Weise auch an einigen
Orten in Lancashire existiren soll. Dieser in Fig. 1 skizzirte Apparat
kann vielleicht Anderen in ähnlichem Falle Nutzen leisten.
An den Dachbalken oder der Zimmerdecke sind zwei Hänger b
mit ringförmigen Oesen angebracht, in welchen ein Eisenstab a von etwa ½ Zoll Durchmesser drehbar aufgehängt ist. Der Stab a ist am besten ein Quadrateisen oder auch ein
Flacheisen, weil dann die gleich zu erwähnenden Arme besser einander gegenüber
angebracht werden können, ohne auf a zu gleiten. An
einer Seite von a ist der Arm c, ebenfalls ein schwacher Eisenstab, befestigt, welcher an einer Seite
vermittelst einer Kette den Eintauchkörper d aufgehängt
trägt. Dieser ist von Holz und mit Blei überzogen, und spielt frei (ohne Liderung)
in dem kleinen Pumpcylinder e, welcher unten geschlossen
ist, aber eine Ausflußröhre f und nahe über dem Boden
ein Einlaßventil g besitzt. Das letztere braucht nicht
sehr dicht zu schließen; es genügt, ein rundes Stück Kautschukplatte, etwas größer
als die Oeffnung in der Wand von e, mittelst eines
Nagels dicht über der letzteren aufzuhängen, und allenfalls mit einem Stückchen Blei
auf der Rückseite zu versteifen. Nächstdem ist der Eisenstab h zu betrachten, welcher in derselben Horizontalebene wie c angebracht ist, aber Arme nach beiden Seiten von a hin aussendet. An der c
gegenüberliegenden Seite trägt er in einer nach unten gekrümmten Gabel den Kippeimer
i, welcher in Fig. 2 in Vorderansicht
abgebildet ist. Seine Drehzapfen sind unterhalb seines Schwerpunktes angebracht, so
daß er im leeren Zustande mit Hülfe des kleinen Gewichtes k senkrecht herabhängt. Wenn sich jedoch i mit
Wasser so weit füllt daß der Schwerpunkt über den Drehzapfen zu liegen kommt, so
wird sein Gleichgewicht labil, und der Eimer kippt um, richtet sich aber sofort mit
Hülfe des Gewichtes k wieder auf.
Zur Wasserfüllung dient das Rohr m, mit Regulirhahn n, verbunden durch ein
biegsames Rohr o
mit dem steifen Rohre p,
welches einen Ausfluß in den Eimer i besitzt.
Das Spiel des Apparates ist nun folgendes. Wenn man den Hahn n öffnet, so füllt sich der Eimer i nach und
nach mit Wasser und wird schwerer. Da die Stange a in
den Oesen b drehbar ist, so wird sich der Eimer i senken und die Stange theilweise um ihre Achse drehen;
die biegsame Verbindung bei o gestattet dem Wasserrohre
p immer nachzufolgen. Zu gleicher Zeit wird der Arm
c sich heben, und mit ihm der Eintauchkörper d. Es wird also auch durch das Ventil g Flüssigkeit nach e
strömen. Sobald aber i, an dem tiefsten Punkte
angekommen, gekippt hat und sich aufrichtet, wird diese Seite so viel leichter, daß
die andere Seite das Uebergewicht bekommt und die Stange a sich plötzlich zurückdreht. Um dieß zu befördern, ist an dem Arm von h welcher auf dieselbe Seite wie c zeigt, ein Gewicht r an einem Seile
aufgehängt. Dieses zusammen mit dem Gewichte von d,
bewirkt also eine plötzliche Drehung von a, und damit
den Niedergang von c und denjenigen von d in den Cylinder e. Dadurch
wird natürlich eine gewisse Menge von Flüssigkeit ausgetrieben, welche sich durch
f an ihren Bestimmungsort ergießen kann.
Die Länge des Seiles ist so abgemessen daß das Gewicht r
auf dem Boden oder einem dazu angebrachten Hindernisse aufstößt noch bevor d ganz auf dem Boden des Cylinders e angekommen ist; dieß verhindert eine Beschädigung des
letzteren durch den plötzlichen Stoß. Unmittelbar darauf beginnt sich der Eimer i wieder zu füllen und das Spiel beginnt von Neuem.
Das sich aus i ergießende und die geringe Menge des
während des Umkippens aus p ausfließenden Wassers laufen
in die Tonne 1 ab und können für jeden beliebigen Zweck verwendet werden.
Ein specieller Vorzug dieser Art Pumpe ist der, daß sie auch beim langsamsten
Arbeiten nie „ihre Charge verlieren“ kann. Durch Stellung des
Hahnes n kann man die Füllung von i beliebig beschleunigen und dieß regulirt die Hubzahl; die Menge des
Ausfließenden wird durch den Senkkörper d regulirt,
welchen man mittelst seiner Kette mehr oder weniger eintauchen lassen kann. Der
Apparat ist Störungen so gut wie gar nicht unterworfen und hat mir nun schon viele
Monate Tag und Nacht fortgearbeitet.