Titel: | Bemerkungen über die Darstellung des schmiedbaren Gusses; von Dr. E. F. Dürre in Berlin. |
Fundstelle: | Band 202, Jahrgang 1871, Nr. X., S. 20 |
Download: | XML |
X.
Bemerkungen über die Darstellung des schmiedbaren
Gusses; von Dr. E. F. Dürre
in Berlin.
Aus der deutschen Industriezeitung, 1871, Nr.
36.
Dürre, über Darstellung des schmiedbaren Gusses.
Die Darstellung von schmiedbarem Guß ist ein Zweig des Eisengießereibetriebes, der
eine namhafte Industrie ausmacht und vorzugsweise in England und Belgien, neuerdings
auch in Deutschland, Frankreich und Amerika cultivirt wird. In gewisser Beziehung
bietet diese Fabrication das größte Interesse, nämlich ihren
chemisch-technischen Grundzügen nach, und doch existirt darüber in der
technischen Literatur so außerordentlich wenig Erschöpfendes. Erst der Franzose Brüll veröffentlichte 1862 bis 1863 eine Abhandlung,Im Auszug im polytechn. Journal, 1864, Bd. CLXXI S. 361. die mehr gab als das schließlich gäng und gebe Gewordene, und man kann diese
Abhandlung vielleicht als die beste ansehen, welche jemals über diesen Gegenstand
geschrieben wurde. Brüll hatte außerdem im Verein mit Tresca und Morin eine Reihe
Versuche im Conservatoire des arts et métiers in
Paris gemacht, welche sich allerdings nur auf Messungen der Festigkeit verschiedener
Muster von schmiedbarem Guß bezogen und keine weiteren Aufklärungen gaben.
Die wirkliche Natur des Darstellungsprocesses macht eine ausgedehntere Versuchsreihe
nothwendig, die von verschiedenen Punkten ausgehen muß und sich auf Muster
verschiedenster Herkunft erstreckt, ehe die physikalischen Eigenschaften des
schmiedbaren Gusses nach allen Richtungen hin vollständig bekannt sind.
Einen wesentlichen Beitrag zur Kenntniß des schmiedbaren Gusses gibt R. Mallet in einer Reihe von Aufsätzen über verschiedene
Punkte des Eisengießereibetriebes im Practical Mechanic's
Journal und ein großer Theil des Folgenden ist diesen detaillirten und
genauen Aufzeichnungen eines gewiegten Praktikers entnommen, vervollständigt durch
eigene Erfahrungen und Beobachtungen. Für die Gliederung des Stoffes ist auch die
Mallet'sche Eintheilung die geeignetste und soll
derselben hier gefolgt werden.
In großem Umriß gegeben, zeigt die Fabrication des schmiedbaren Gusses fast überall
denselben Charakter; es handelt sich stets darum, das passende Roheisen in Tiegeln
umzuschmelzen, in genaue Formen, sowohl aus grünem als aus getrocknetem Sand, zu
gießen, die Güsse in praktischer Weise von dem anhängenden Formmaterial zu befreien
und sie mit oxydhaltigem Pulver in Töpfe oder Kästen zu schichten, die in einem
passenden Ofen durchglüht werden. Die Gußstücke werden dann abermals gereinigt und
mit einem passenden Ueberzug versehen, oder, wenn dieß erforderlich erscheint,
vorher mehr oder weniger bearbeitet.
Im Großen trennt sich die Fabrication gewöhnlich in der Art, daß einige Anstalten
vorzugsweise größere, andere dagegen kleinere Gegenstände massenhaft fabriciren.
Das Material des schmiedbaren Gusses, das Roheisen, wurde
von Réaumur bereits aus Cumberland bezogen und
selbst jetzt behauptet A. Brüll, daß für den schmiedbaren
Guß nur Roheisen aus Ulverstone angewendet werden könne. Dieser Vorzug hatte zu Réaumur's Zeiten eine gewisse und um so größere
Berechtigung, als sowohl das rein gehaltene Erz wie die ausschließliche Anwendung
der Holzkohlen zur Reinheit des Hohofenproductes wesentlich beitrugen. Wenn
englische Autoritäten in dieser Specialität, z.B. Lucas
zu Dronfield nach der Mittheilung seiner Nachkommen (an Mallet gerichtet), das Roheisen von Cumberland und Westmoreland
ausschließlich verbrauchten, so geschah es, weil es immer noch die reinste der
damals auf den Markt kommenden Roheisensorten war. Jetzt lediglich aus
Ueberlieferung daran festzuhalten, ist ein Mangel an Kenntniß der überall
zerstreuten brauchbaren Materialien, die namentlich Deutschland in größerer Menge
liefern kann. Es können,
abgesehen von den aus ähnlichen Erzen, wie es die Cumberlander Rotheisensteine sind,
erblasenen Eisensorten, auch aus Roheisen anderer Herkunft, sofern es nur rein ist
und eine hinreichende Festigkeit besitzt, schmiedbare Güsse vorwurfsfrei hergestellt
werden. Versuche sind stets nothwendig, doch vermag ein geübtes Auge und eine
ausreichende Kenntniß der Eigenthümlichkeiten des Roheisens verschiedener Gaue die
Versuchsdauer wesentlich zu kürzen. Mallet gibt an, daß
jedes weiße Eisen dazu verwendet werden könne und stellt dadurch die Sache als
außerordentlich leicht hin; dem ist aber nicht so, und es bedarf außer der durchweg
weißen Farbe noch eines bestimmten Grades von Reinheit, um guten schmiedbaren Guß zu
liefern. Ganz irrig ist namentlich die Aeußerung Mallet's, daß „gefeintes“ Eisen oder in sonstiger Weise
seines Graphites beraubtes Eisen ohne Weiteres sich zur Fabrication des schmiedbaren
Gusses eigne. Brüll reclamirt als nothwendige Eigenschaft
des Materiales die propension aciéreuse, d.h.
Hinneigung zur stahlartigen Beschaffenheit – und insofern der schmiedbare Guß
eigentlich, was Mallet aber nicht zu wissen scheint,
Glühstahl ist, mag die Anforderung des französischen Autors, so wenig sie Anhalt
bietet, gelten. Was ist heute noch Rohstahleisen und was nicht? Viel weiter
auseinander liegen die Grenzen des Begriffes als früher und umfassen eine Menge von
Roheisensorten, die man ehemals nur zur Stabeisendarstellung verwerthen zu können
glaubte.
Neben dem frischen Rohmaterial verarbeitet man in einem gewissen Verhältniß auch die
Abfälle des Betriebes, Eingüsse und Bruch, deren Beschaffenheit sehr veränderlich
seyn kann.
Das Schmelzen des Materiales wird gewöhnlich in Tiegeln vorgenommen und bedient man
sich zu diesem Behuf der verschiedensten Größen in Gefäßen und Oefen. Während der
Inhalt der Gefäße zwischen 50 bis 100 Pfd. schwanken kann, stellt man in einem Ofen
1, 2, 3 oder auch 4 Tiegel auf, welche nacheinander ausgegossen werden in dem Maaße
als sie gußbereit sind. Ein solcher Tiegelofen der älteren Façon ist
bekantlich ein viereckiger Raum, dessen Höhe sich zur Seite wie 1 1/2 oder 2 zu 1
verhält und der unten mit einem Rost, oben mit einem beweglichen Deckel abschließt.
Unter diesem Deckel führt seitlich ein Fuchs nach einer scharf ziehenden Esse und
unter dem Rost befindet sich ein tiefer Aschenfall, zu dem von der Seite her die
frische Verbrennungsluft strömt.
Sehr zweckmäßig ist es, die Lage der Oefen so zu wählen, daß der Rand der oberen
Mündung in der Ebene der Hüttensohle liegt und daß der Aschenfall sich nach einer
Wölbung unter derselben öffnet. Dann empfindet man im Arbeitsraum Nichts von der strahlenden
Wärme des Ofens und das Schüren des Feuers so wie das Herausnehmen der Tiegel findet
in der angemessensten und bequemsten Weise statt. Diese Anordnung ist auf den
Stahlgießereien längst eingeführt, auf den Gießereien für schmiedbaren Guß ist man
dagegen noch häufig im Besitz der in unbequemer Höhe über der Hüttensohle sich
erhebenden Windöfen, namentlich in gemietheten Localitäten.
Bei größeren Etablissements ist es sogar geboten, noch etwas weiter zu gehen und die
Tiegel in Siemens'sche Regenerativgasöfen einzusetzen,
wie das ja für Gußstahl bereits geschieht. Sie nehmen bis 18 Tiegel auf und
verbrauchen weit weniger Brennstoff als die gewöhnlichen Tiegelöfen. Während die
letzteren nach Mallet etwa das Doppelte des Eisengusses
an Kohks zu 20 bis 25 Shilling pro Tonne erfordern, ist
zu dem Betriebe eines Gastiegelofens auf Stahl nur etwa das gleiche Gewicht
Brennstoff von schlechter Qualität, den man für 7 bis 9 Shilling pro Tonne bekommt, nothwendig. Setzt man anstatt des
Stahles weißes Roheisen ein, so stellt sich das Verhältniß selbstverständlich noch
günstiger. Ein sehr bedeutender Vortheil der Siemens'schen Oefen ist noch die größere Schonung der Tiegel, welche im
directen Contact mit den Brennstoffen sehr leicht verschlechtert werden; im Siemens'schen Ofen umspülen sie die Gase und jeder
erkältende Einfluß, der bei einem Windofen immer vorkommen kann, fällt auch noch
fort. – Außer in Tiegeln hat man namentlich bei größeren Stücken den Versuch
gemacht, das Rohmaterial des schmiedbaren Gusses in Schachtöfen oder Kupolöfen
niederzuschmelzen, wie sie sich im Gießereibetrieb allenthalben in Gebrauch finden.
Weil nun in solchen Oefen das Roheisen im Contact des Brennstoffes sich befindet und
ein solcher Contact immer einen Einfluß auf die Reinheit des Materiales ausübt, so
ist es geboten, nur die besten Brennstoffe zu gebrauchen. Das sind Holzkohlen oder
möglichst aschenfreie Kohks; erstere sind in jedem Fall zu theuer, um die Concurrenz
mit den letzteren aushalten zu können, und die eben ausgesprochene Bedingung der
Verwendbarkeit für die Kohks ist sehr schwer zu erreichen. Man entschließt sich
deßhalb nur ungern zum Schachtofenbetrieb oder nimmt für diesen Fall ein recht
leicht schmelzendes gutartiges Eisen, um nicht die Temperatur des Ofens im Interesse
der Gießbarkeit so hoch steigern zu müssen, daß die schädlichen Einflüsse des
Brennstoffes sich bemerkbar machen können. Besondere Windführung und besondere
Ofenconstruction sind hierbei nicht unwichtig, nur fehlen darüber alle Erfahrungen
gerade in Bezug auf den Punkt des schmiedbaren Gusses.
Das Formen geschieht sowohl in gewöhnlichem wie in
getrocknetem Sand, wobei
man sich gußeiserner Formkästen wie bei dem Feingusse bedient. Wenn Mallet u.a. erwähnen, daß auch hölzerne Formkästen
vorkämen, so ist dieß eine Ausnahme und nur für den grünen Guß denkbar. Wichtig ist
es, die Formkästen in Form und Größe so zu wählen, daß sie dem betreffenden
Gußartikel gegenüber das leichteste und handlichste Betriebsgeräthe abgeben. Man
wird demgemäß bei der Schuhnägelfabrication andere Kästen brauchen müssen als bei
der Darstellung von Schraubschlüsseln oder noch größeren Stücken.
Die Formerei wird auf der Bank oder dem Formtische ausgeführt, da selbst die größten
Schmiedgußstücke nicht groß genug sind, um das Formen auf der Hüttensohle oder gar
im Herd anwendbar erscheinen zu lassen.
Das Formmaterial muß sehr gut zubereiteter oder schon
natürlich qualificirter Sand seyn, und darf sowohl dem Modell als auch dem Gusse
selbst nicht anhängen. In England wendet man den aus der Verwitterung des thonigen
Buntsandsteines hervorgegangenen feinen, gleichkörnigen rothen Sand an, der sich
besonders in den Thälern jenes Gebietes ansammelt und durch eingeschlämmten feinen
Thongehalt bindig wird; er verarbeitet sich fast ohne jede weitere Vorbereitung und
wird seiner ausgezeichneten Eigenschaften wegen als Modellsand bis nach Deutschland
verfahren. Bei Birmingham bedient man sich des natürlichen Formsandes aus den ein
paar Meilen weit entfernten Kohlenschächten bei Moxeley, während zu Sheffield ein
milder, halbverwitterter Buntsandstein von Rowsley gebraucht wird, der aber gemahlen
und geschlämmt werden muß. Der Sand von Birmingham wird zu sehr feinem, schwachen
Guß ohne jeden absichtlichen Zusatz von Kohle verwendet; nach und nach erhält er
allerdings mehr oder minder deutlich auftretende Kohlenbestandtheile, welche von dem
Schwärzen der Formen herrühren. Für gröberen Guß muß er, wie auch der Sand von
Rowsley, mit Holzkohle gemischt werden.
Diesen Anführungen Mallet's über englische Materialien
können wir nichts weiter zufügen, als daß die Feinheit und gleichzeitig die
Lockerheit des Formmateriales hier wie bei jeder sauberen Formarbeit
Grundbedingungen für das Gelingen sind. In welcher Weise Beides erreicht werden
kann, richtet sich nach den Eigenschaften des an jeder Stelle vorzufindenden
Rohmaterials und kommt es wesentlich darauf an, aus rohem fetten Sand durch Mahlen
und Brennen ein feinzertheiltes Material herzustellen oder durch Mischen von
Flußsand und lehmigem Boden erst einen fetten Sand künstlich herzustellen, der dann
gemahlen und gebrannt wird.
Die Modelle zu dem schmiedbaren Gusse unterscheiden sich
in Nichts von denen anderer Formereiprocesse und ist zu bemerken, daß bei kleinen
Sachen der Einguß mit am Modell angebracht seyn muß und die Vereinigung der
sämmtlichen einzelnen Modelle bildet, wenn mehr als ein Stück gleichzeitig gegossen
werden soll. Die Modelle selbst müssen der häufigen Wiederholung des Formens wegen
von dauerhaftem Material seyn und vorwiegend aus Metall bestehen; zweckmäßig ist vor
Allem die Anwendung einer leicht bereitbaren, aber harten Legirung, an der sich die
feineren Züge nicht so schnell abnutzen. Der Schnelligkeit wegen, mit der gearbeitet
werden muß, erscheint es passend, vorwiegend ungetheilte Modelle und genaue
Formunterlagen zu benutzen. Für einzelne Artikel, die in tausendfacher Wiederholung
geliefert werden müssen, ist es gut, mechanische Hülfsmittel in der Art der
Formmaschinen anzuwenden. Dadurch vergrößert man sowohl Leistung als auch Sicherheit
der Arbeit; nur bedarf man alsdann naturgemäß einer möglichst vollständigen Garnitur
gut und genau bearbeiteter und aufeinander passender Formkästen, die untereinander
und zu den Modellplatten der Formmaschinen in richtiger Beziehung stehen.
Eine Hauptsache bei aller kleineren Waare ist der richtige Querschnitt der Eingüsse; es müssen dieselben groß genug seyn, um einen
lebhaften Guß möglich zu machen, und müssen wiederum schlank genug ausfallen, um
leicht von den einzelnen Gußstücken abzugehen, ohne deren Ganzheit zu bedrohen.
Gießt man die Gegenstände aus sehr grellem Eisen, so ist die Sprödigkeit desselben
so groß, daß beim Oeffnen der Formkästen Alles in Scherben sich befindet, von
welchen einige die Gußstücke, andere die Eingüsse enthalten; oft genug bricht die
Gußwaare mitten durch und der Einguß bleibt haften. Diese große Sprödigkeit ist
nicht zu vermeiden, weil man mit sehr heißem Material gießt und weil die Formen
selbst mit einer die Hitze gut vertragenden Schwärze versehen werden müssen, deren
Wirkung das Abschrecken noch um ein Geringes steigert. Bei massiveren Stücken kann
man das Schwärzen entbehren, aber nicht bei den leichteren, schlankeren, so daß
gerade die ihrer Form nach zerbrechlichsten Gegenstände diese eine nicht angenehme
Qualität durch die Darstellungsmethode verstärkt erhalten.
Es muß beim Tempern darauf Acht gegeben werden, und auch beim Guß selbst kann man
durch Anwendung des festesten Materiales viel thun, um die zu bedeutende Sprödigkeit
zu vermeiden. Es ist vielleicht sogar gut, zu diesen Stücken graphitreiches Eisen zu
nehmen, weil es in solchen winzigen Stücken doch weiß wird, aber besser hält als
frisch vergossenes weißes Eisen.
Nach dem Abgusse wirft man den Inhalt der Kästen durch einen Drahträtter, um in wenig
zeitraubender Weise die Gußstücke vom Sand zu trennen. Dieß geschieht vorzugsweise
bei kleineren Stücken, während man größere Gußstücke einzeln aus dem Sande liest
oder mit einem Rechen ausharkt. Die Eingüsse werden auf der Stahlschneide mittelst
eines Meißels oder eines Hammers abgebrochen.
Die völlige Reinigung der ausgelesenen Artikel vom anhängenden Sand geschieht in
verschiedener Weise. Gegenstände von gleicher Ausdehnung nach allen Seiten, also
weder flache noch lange Stücke, kommen in große, rasch gedrehte Trommeln und reiben
sich gegenseitig den Sand ab. Alle Artikel, auf die sich eine solche Procedur nicht
anwenden läßt, weil sie vorzugsweise Scherben liefern würden, werden entweder von
Arbeitern, gewöhnlich Knaben, abgerieben oder nach vorgängigem Abwaschen mit Wasser
in verdünnter Schwefelsäure gebeizt, wieder abgewaschen und auf heißen Platten in
Sägespänen getrocknet. Die so zum Tempern vorbereiteten Gegenstände kommen nun in
die Tempergefäße, Cylinder von circa 12 Zoll Durchmesser
und 15 Zoll Höhe, deren Wände und Böden etwa 1/2 bis 5/8 Zoll stark seyn müssen;
obwohl nach jeder Campagne ein gut Theil des Materials in Form von Glühspan
abblättert, so halten die Gefäße doch 15 bis 20 Operationen aus. Für ungewöhnlich
gestaltete Artikel und ordinäre Arbeit bedient man sich auch temporärer
Tempergefäße, die man in solchem Fall aus dünnem Blech zusammenbiegt und verbindet.
Im Allgemeinen verbrennt Schmiedeeisen sehr rasch und ist deßhalb nur zu 2 bis 3
Hitzen zu gebrauchen; man bedient sich aus diesem Grunde hauptsächlich des
Gußeisens, das man selbst in die geeignete Form bringt.
Die zwischen die einzelnen Stücke gebrachte Substanz besteht aus einer Mischung von
gepulvertem frischen Hämatit oder Rotheisenstein mit bereits gebrauchtem, der dann
in den Zustand des Hammerschlages übergangen und mehr oder weniger cohärent geworden
ist. Bei starken Stücken, die ein nachhaltigeres Tempern erfordern, ist die
Beimischung frischen Hämatits eine stärkere und eine Sache der technischen
Erfahrung. Ohne jede Erneuerung kommt man nicht aus, da ein mehrfach gebrauchtes
Hämatitpulver keine Wirkung mehr äußert, obwohl man es fein mahlt. Die
krystallinische Textur, welche das Oxydationsmaterial annimmt, mag noch mehr als die
chemische Veränderung, d.h. die Verwandlung in Eisenoxydoxydul, dazu beitragen, die
Constanz des Reductionsproductes zu erhöhen.
Was die Einbettung selbst anbetrifft, so gibt man auf den
Boden der Gefäße zunächst eine 1 1/2 Zoll dicke Lage von Eisenerz und legt darauf die erste Schicht
Gegenstände, deren Zwischenräume möglichst auf 1/2 Zoll zu reduciren sind. Auch die
Hämatitschichten zwischen den Lagen von Gußstücken brauchen nur etwa 1/2 Zoll stark
zu seyn und den Abschluß macht eine etwa 1 1/2 Zoll dicke Lage, die noch mit Sand
bedeckt seyn kann. Der Deckel wird dann lose aufgesetzt und das Gefäß mit Kalk
signirt, so daß man den Inhalt weiß und darnach beim Einsetzen verfahren kann.
Größere Stücke setzt man gern in die heißeren Zonen des Ofens, kleinere in die
übrigen Räume, wobei wiederum die Kenntniß der Temperöfen und die Erfahrung das
Meiste thut.
Das Feuern geschieht in der Art, daß man 18 bis 24 Stunden
einfeuert, dann 60 bis 80 Stunden Vollfeuer gibt und darnach bei theilweise
geöffnetem Ofen 24 bis 36 Stunden lang abkühlen läßt. Selbst dann nimmt man die
Töpfe mit Zangen heraus und stellt sie auf eiserne Platten, um sie ganz kalt werden
zu lassen. Nimmt man die Gegenstände zu heiß heraus, so erhalten sie nicht die tiefe
und angenehm blauröthlich schimmernde schwarze Farbe, die so sehr beliebt ist. Die
stärkeren Stücke, welche über 3/4 bis 1 Zoll stark sind, werden häufig nochmals
getempert, obwohl es vortheilhafter ist, diese etwas länger abkühlen zu lassen und
deßhalb besondere Oefen damit zu besetzen. Das zweimalige Tempern verursacht zu
leicht eine Verunschönung des Aeußeren, weil die Auflockerung der Textur und die
darauf folgende Abkühlung stets eine bleibende Veränderung der Oberfläche nach sich
zieht.
Die Oefen zum Tempern sind gewöhnlich hohe, schrankartige,
vorn offene, oben mit einem Gewölbe geschlossene Oefen, die an der Sohle von zwei
Feuerungen geheizt werden, deren Gase dann den ganzen Ofenraum durchstreichen und
durch einen Fuchs nach der Esse ziehen. Oft setzt man in dem Hohlraume des Ofens ein
zweites Mauerfutter ein, innerhalb dessen die Töpfe aufgebaut werden, während
zwischen demselben und der äußeren Ofenwand die Feuergase aufsteigen. Ein solches
Vorgehen rechtfertigt sich besonders bei feinen Arbeiten, während man gewöhnlich das
Feuer direct zwischen die Tempergefäße leitet. Die Brust der Oefen ist entweder mit
eisernen Platten verschlossen oder mit Steinen leicht vermauert; in jedem Fall ist
es gut, in dem Verschlusse Visiröffnungen zum Beobachten der Temperatur
auszusparen.
Der Betrieb eines solchen Ofens nimmt nahezu 10 Tage in Anspruch, wenn es sich um die
Darstellung mittelgroben Gusses handelt. Die Zeiteintheilung ist dann gewöhnlich
folgende. Die Töpfe werden am Montag eingesetzt und am selben Tag Abends oder in der
Nacht steckt man Feuer an, welches bis Freitag oder Samstag stetig gesteigert wird,
doch selbstverständlich nie bis zum Schmelzpunkt des Roheisens, sondern allerhöchstens bis zu einer
deutlichen gelbweißen Glühhitze. Diese Temperatur erhält man wenigstens 24 Stunden,
also etwa Sonntag oder Montag Nacht, wobei dann auch alle Zugänge des Ofens
vollkommen luftdicht seyn müssen. Dann wird einer geringen Luftmenge Zutritt
gestattet, um die Kühlung so zu beschleunigen, daß am Mittwoch dann die vermauerte
Vorderseite geöffnet und die Einsätze dem vollen Zuzug der frischen Luft ausgesetzt
werden können. Sie dürfen alsdann aber nicht heißer seyn, als es die Möglichkeit
gestattet, sie sofort herausnehmen zu können, welches unmittelbar zu geschehen hat.
– Eine Controlle der Temperatur und der Zeitdauer des Adoucirungsprocesses
gibt es nicht; wie lange und wie stark man einen Guß erhitzen muß, ergibt sich nur
aus der Uebung und Erfahrung. – Die Tempermethode, wie wir sie eben
geschildert und wie sie in den meisten Gießereien auch ausgeführt wird, hat eine
ziemliche Verschwendung an Zeit, Brennmaterial und Anlagecapital im Gefolge. In
England hat man deßwegen schon längst sich in den größeren Anstalten anderer
Ofensysteme bedient und dabei dem Siemens'schen
Regenerativsystem den Vorzug gegeben. Die von Francis in
Birmingham gewählte Ofenconstruction zeigt einen halbcylindrischen muffelartigen
Raum mit 2 Einsatzthüren jederseits, deren Zweck es ist, die Räumung bei
ununterbrochenem Betrieb möglich zu machen. In welcher Weise diese schwierige Arbeit
durch mechanische Mittel erleichtert wird, ist nicht bekannt; es wird nur
mitgetheilt, daß in etwa 18 Stunden die neue Charge zur hellrothen Glühhitze
gebracht wird, daß ferner die Temperatur 60 bis 70 Stunden lang allmählich
gesteigert und daß nachher durch Unterbrechung des Ofenbetriebes etwa 24 Stunden
Kühlungszeit gelassen wird, ehe man die Charge auszieht und eine neue einsetzt.Man s. die Beschreibung von Tenwick's Glühofen im
polytechn. Journal Bd. CXCIX S. 364
(erstes Märzheft 1871).
Die Bedenken, welche man gegen Anwendung des sonst so vortrefflichen Siemens'schen Ofens überall da hat, wo es sich um
veränderliche Temperaturen handelt, müssen auch hier Platz greifen und haben deßhalb
bereits die Engländer die Idee ausgesprochen, den Ringofen der Ziegeleien für das
Tempern von Gußwaaren umzugestalten und anzuwenden.
Für mittelgroße Anstalten rechnet man 4 bis 6 Temperöfen als das Maximum und wird das
Tempern von einer besonderen Classe von Arbeitern ausgeführt, während der Former das
Gießen und Schmelzen selbst besorgen muß. Nach erfolgter Entleerung der Tempergefäße
befreit man alle
Gegenstände von anhaftendem Oxydpulver und polirt sie in ähnlicher Weise, wie es
beim Entfernen des Formsandes geschehen, in Trommeln oder durch einzelne
Handarbeit.
Wenn sie roh verkauft werden sollen, so sind die Artikel jetzt fertig; oft gibt man
ihnen, abgesehen von einer wirklichen Bearbeitung in Schlosserei und Schmiede, einen
Ueberzug von Graphit, Lack oder Zinn, und dieses geschieht ebenfalls in Trommeln,
nachdem man die Güsse sorgfältig gereinigt und in einzelnen Fällen sogar gebeizt
hat. Verzinnung wird bei Polsternägeln angewendet und durch Rotiren der Nägel in
einer heißen eisernen Trommel mit etwa 1/8 Pfd. Kornzinn auf 50 Pfd. Nägel
hergestellt. Diese Ueberzüge haben einen sehr intensiven Glanz und sind vollkommen
geschliffen; selbst der einfache Graphitüberzug sieht sehr bestechend aus.