Titel: | Bemerkungen über die Brodbereitung; von Mège-Mouriès. |
Fundstelle: | Band 202, Jahrgang 1871, Nr. XL., S. 171 |
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XL.
Bemerkungen über die Brodbereitung; von Mège-Mouriès.
Aus den Comptes rendus, t. LXXI p. 472; October
1870.
Mège-Mouriès, über Brodbereitung.
Meine Untersuchungen über die Brodbereitung, der über dieselben erstattete Bericht
von Chevreul,Chevreul's Bericht über das Verfahren der
Brodbereitung von Mège-Mouriès, worin dasselbe ausführlich
beschrieben ist, wurde im Jahrg. 1857 des polytechn. Journals, Bd. CXLIV S. 209 mitgetheilt. und die vieljährige Anwendung meines Verfahrens im Großen haben bewiesen,
daß man das Brod, um es mit seinem ganzen Nährvermögen zu erhalten, mit allen
näheren Bestandtheilen des Getreidekornes, nach Entfernung von dessen gröbsten
Hüllen, bereiten muß; sie haben aber auch nachgewiesen, daß dieses Brod nur dann wirklich gut ist, wenn
man die Bildung von Schwarzbrod, d.h. die Veränderung eines Theiles dieser näheren
Bestandtheile vermeidet. Diese Beobachtung ist wichtig und wenn man dieselbe
unbeachtet läßt, so setzt man sich traurigen Täuschungen aus.
Wenn man nämlich Brod aus sämmtlichen Theilen des Getreides bereitet und dabei das
gewöhnliche Verfahren befolgt, so wandelt das im Embryonalgewebe enthaltene Ferment
(Cerealin) das Amylum in Dextrin und in Glykose um, verflüssigt den Kleber
theilweise und das Brod wird schwarz, schwer und teigig. Diese Fehler sind schon an
sich nicht ohne Bedeutung; weit ernster ist aber die Thatsache, daß in Folge dieser
complicirten Veränderung das Brod eine andere Beschaffenheit erhält, abführend
wirkt, und einen Theil seiner Nährkraft verliert. Es ist ja auch in weiteren Kreisen
bekannt, daß das aus dem ganzen Getreide gebackene Brod, das sogenannte Kleienbrod, mehr ein Arzneimittel als ein Nahrungsmittel
ist, und daß die Aerzte den Genuß desselben schon seit langer Zeit gegen habituelle
Leibesverstopfung verordnen.
Es ist einleuchtend, daß ein solches Brod auf den Organismus schädlich wirken muß.
Gegen das im Felde gewöhnliche Schwarzbrod kann kein Einwurf gemacht werden, weil
das zu seiner Bereitung dienende Mehl stets gebeutelt ist und die dunkle Farbe
hauptsächlich von beigemengtem Gersten- und Hafermehl herrührt. Man muß daher
die erwähnte Veränderung um jeden Preis vermeiden und zu diesem Zwecke die von mit
angegebenen (in Chevreul's Bericht veröffentlichten)
Mittel benutzen, welche in der Bäckerei der Stadt Paris angewendet werden, wo nach
einem vom Jahre 1868 datirten Gutachten des früheren Directors der Assistance publique dieses Verfahren seit länger als
sechs Jahren Brod erster Qualität liefert, das Schwarzbrod verdrängt hat und eine
Ersparniß gewährt, welche nach Angabe der Verwaltung 100,000 Frcs., nach den von den
Commissionen aufgestellten Berechnungen aber 200,000 Frcs. jährlich beträgt.Man setze die bezüglichen Bemerkungen von Mège-Mouriès im polytechn. Journal, 1869, Bd.
CXCIV S. 154.
Ungeachtet dieser befriedigenden Resultate ist das Verfahren immer noch nicht bis zur
äußersten Extragserhöhung getrieben worden; dieses Maximum läßt sich in
nachstehender Weise erreichen.
Man befeuchtet das Getreide mit 5 Proc. Salzwasser, welches die merkwürdige
Eigenschaft besitzt, nur bis zur Embryonalmembran zu dringen; dann beseitigt man
mittelst einer Schälmaschine die äußeren Hüllen, wodurch das Getreide so mürbe wird,
daß man es in Ermangelung von Mühlsteinen mit einer Kaffeemühle mahlen kann.
Die gemahlene Frucht wird in zwei Theile getheilt: 1) das feine, aus dem Inneren des
Kornes herrührende Mehl; 2) den Gries, welcher die äußeren Schichten des
Getreidekornes repräsentirt. Dieser Gries enthält die wichtigsten nährenden
Bestandtheile, nämlich den Kleber, für die Ernährung des Muskelgewebes, den
animalisirten phosphorsauren Kalk für das Knochengewebe, das Albumin und
phosphorhaltige Oel für das Nervengewebe etc. Wir dürfen aber nicht außer Acht
lassen, daß dieser Gries auch das Embryonalgewebe und das Cerealin enthält, deren
Wirkung man vermeiden muß.
Zu diesem Zwecke bereitet man aus dem feinen Mehle und Hefe, mit Wasser einen dünnen
Teig und wenn derselbe den erforderlichen Gährungsgrad erreicht hat, so setzt man
den Gries hinzu.
Die hierauf eintretenden Erscheinungen sind sehr einfacher Natur. Die Feuchtigkeit
durchdringt den Gries, dieser hydratisirt sich rasch und bildet einen homogenen
Teig, während das Cerealin, da es nicht die nöthige Zeit zur Entwickelung seiner
Wirkung hat und überdieß in den unverletzt gebliebenen Zellen zurückgehalten wird,
die näheren Bestandtheile des Mehles nicht mehr angreifen kann, daher man ein Brod
erhält, welches seinen natürlichen Geschmack hat und das ganze Nährvermögen des
Getreidekornes besitzt.
Wenn man das Brod mit sämmtlichen Theilen des Getreidekornes unter Anwendung des
gewöhnlichen Verfahrens bereitet, so erhält man, wie wir gesehen haben, nur ein
schwächendes Nahrungsmittel, während man ein normales, wesentlich nahrhaftes Brod
erhält, wenn man mit Hülfe der angegebenen Mittel die Veränderung des Teiges durch
das Cerealin verhinderte. Diese Mittel würden, wie der im Moniteur vom 23. December 1860 eingerückte amtliche Bericht sagt, wenn sie
zu allgemeiner Anwendung kämen, die Ersparniß von einem Achtel der Brodconsumtion
ermöglichen.