Titel: | Ueber die Nutzgüte und Dauer des im Winter oder Sommer gefällten Holzes; von Forstdirector Burckhardt. |
Fundstelle: | Band 202, Jahrgang 1871, Nr. XLIII., S. 183 |
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XLIII.
Ueber die Nutzgüte und Dauer des im Winter oder
Sommer gefällten Holzes; von Forstdirector Burckhardt.Von einem Gewerbetreibenden der Provinz Hannover, welcher sich mit der
Anfertigung von Geschirr- und Wagentheilen für Stellmacher und
Wagenfabrikanten beschäftigt, wurde der Direction des Gewerbevereines in
Hannover die Frage zur Beantwortung vorgelegt, ob es gegründet sey, daß im Monat Mai im Safte gehauenes und abgeborktes
Eichenholz das im Winter mit der Borke gehauene nicht nur in der Brennkraft, sondern auch in der Haltbarkeit überträfe. Die Direction genannten Vereines wandte sich
deßhalb an die erste forstwirtschaftliche Autorität der Provinz, an Hrn.
Forstdirector Burckhardt, der auch nicht nur
vorstehende Antwort sofort ertheilte, sondern die Veröffentlichung derselben
gern gestattete.
Burckhardt, über Nutzgüte und Dauer des Sommer- und
Winterholzes.
Zur definitiven Entscheidung der Frage, ob Winterfällung oder Sommerfällung eine
größere Nutzgüte und Dauer des Holzes vermittele, fehlt es noch an ausreichenden
Untersuchungen. Die Ansicht der forstlichen Sachverständigen über die Frage ist
getheilt, und es wird um so schwerer halten, eine Einigung darüber herbeizuführen,
als nur sehr umfassende Versuche vertrauenswerth sind, da
bei vereinzelten Beobachtungen die Verschiedenheit der Individualität von Hölzern
derselben Art das Ergebniß verdunkeln kann.
Die vorliegende Frage ist nach dem Einflusse der Fällungszeit 1) auf die Dauer, 2)
auf die sonstige technische Qualification des Holzes zu trennen.
Was 1) die Dauer anlangt, so ist bekanntlich die nach der
Fällung des Holzes beginnende chemische Veränderung des Holzsaftes und zwar
hauptsächlich der stickstoffhaltigen Substanzen desselben Ursache des
Zersetzungsprocesses. Im Winter ist nun nach vorliegenden Untersuchungen der
Saftgehalt des Holzes zwar größer als im Sommer, der Sommersaft geht aber (zum Theil
wohl deßhalb, weil er während der Vegetationszeit sich in einem energischen
Wandlungsprocesse befindet) leichter in Fäulniß über und regt das von ihm
durchdrungene Holz zur Zersetzung an, deßhalb kann man im Ganzen wohl annehmen, daß
bei gleicher Behandlung Winterholz dauerhafter ist,
als Sommerholz, besonders das Splintholz, während der
Kern an sich saftleerer und somit dem Verderben weniger ausgesetzt ist. Offenbar
verhalten sich aber die verschiedenen Holzarten in Bezug auf den Einfluß der
Fällungszeit auf ihre Dauer nicht übereinstimmend. So ist Eichenholz dem sogenannten
Stocken weit weniger ausgesetzt, als z.B. das Holz des Ahorns und der Esche, und der Kern des Eichenholzes kann sich bei der Sommerfällung
eben so gut, wie bei der Winterfällung gesund erhalten, der Splint aber kann, wenn
das Holz bei der Sommerfällung sogleich entrindet wird, besser, als bei der
Winterfällung austrocknen und demgemäß bei der Sommerfällung von größerer Dauer
seyn, worauf auch schon Duhamel's Untersuchungen (Fällung
der Wälder, deutsch von Schöllenbach, 1. Theil, S. 278)
hindeuten.
Hinlänglich exacte Versuche stehen den Anhängern der Winterfällung so wenig, wie
ihren Gegnern zur Seite. Duhamel, ein fleißiger Forscher
des vorigen Jahrhunderts, dessen Untersuchungen noch gegenwärtig alle Beachtung
verdienen, hat aus seinen Versuchen die Ansicht nicht gewonnen, daß die
Winterfällung den Vorzug verdiene, er sagt sogar, wenn man das Holz gleich nach dem
Fällen brauche, so sey es gewiß, daß man wohl thue, dasselbe im Sommer zu fällen,
weil es dann rascher austrockne.
In manchen Gegenden ist übrigens die Sommerfällung sogar Regel. Abgesehen von den
Fällen, welche Duhamel anführt, bemerkt auch Nördlinger (technische Eigenschaften der Hölzer), daß die
englischen Schiffe trotz Sommerhiebes sich durch Dauer auszeichnen sollen, ferner,
daß man mit Recht das Eichenschälholz als dauerhafter, denn sonstiges
Eichensplintholz betrachte Bekannt ist, daß man im Schwarzwalde und in den Vogesen
zur Verhütung der Beschädigung des Holzes durch Bostrichus
lineatus in Tannenwäldern den Sommerhieb eingeführt hat, ohne daß der
Handel Anstoß daran nähme. Nördlinger kommt zu der
Ansicht, daß ein großer Unterschied in der Dauerhaftigkeit der Hölzer von
Winter- und Sommerschlägen nicht bestehe, wenn das Holz sogleich nach dem
Hiebe gehörig behandelt werde. Damit stimmen auch Pfeil
und König im Wesentlichen überein. Gayer ist anderer Ansicht, eigene Versuche hat er aber anscheinend nicht
gemacht, er ignorirt die Duhamel'schen Untersuchungen und
irrt entschieden, wenn er sagt, seine Ansicht werde durch „fast
alle“ direct angestellten Versuche bestätigt.
Als man in hiesiger Gegend die Sommerfällung für Eichen behufs Gewinnung der Lohborke
in größerer Ausdehnung einzuführen begann, wurde geschältes Nutzholz von den Käufern
vielfach abgelehnt, jetzt wird es meisten Ortes ebenso gut bezahlt als Winterholz,
namentlich kaufen die Wagner in der Umgegend von Hannover geschältes Holz gern.
Im Ganzen glaube ich annehmen zu müssen, daß Sommerholz jeder Art, welches sofort
nach dem Hiebe geschält wird, mindestens ebenso dauerhaft als Winterholz ist, daß
aber Holz, welches bald nach der Fällung verbraucht wurde, sich entschieden
dauerhafter zeigt, wenn es von entrindetem Sommerholze herstammt.
2) Zur Beurtheilung des Einflusses der Fällungszeit auf die Nutzgüte des Holzes liegen nur spärliche Materialien vor.
Es scheint festzustehen, daß Sommerholz leichter, als
Winterholz ist (was für manche technische Zwecke nicht unwichtig ist), dagegen ist
das Sommerholz dem Aufreißen mehr ausgesetzt, wenn auch nicht in so erheblich
höherem Grade, als man anzunehmen geneigt ist. Ferner vermuthet Nördlinger, daß Sommerholz, weil es vollständiger
austrockne, elastischer als Winterholz sey.
Was die Festigkeit anlangt, so macht man nach demselben Autor zwischen Sommer-
und Winterholz in Bezug auf diese Eigenschaft keinen Unterschied. Im Uebrigen hängt
die Erhaltung der Nutzgüte des Holzes auch wohl mit von der Art der Ausformung der
Nutzholzstücke und von der größeren oder geringeren Beschleunigung dieser Ausformung
ab, besonders in Fällen wo das Holz beim Safthiebe nicht geschält wird. Stämme,
welche bald nach der Fällung zum Zwecke ihrer technischen Verwendung in
verhältnißmäßig kleine Theile zerlegt werden, kann man um so unbedenklicher auch in
der Saftzeit hauen.
Dem Vorstehenden füge ich schließlich noch hinzu, daß in einigen Gegenden der Provinz
Hannover Eichen mittlerer Stärke auf dem Stamme geschält werden, in dieser Gestalt
bis zum nächsten Winter über stehen (sie treiben inzwischen Laub) und dann gefällt
werden. Dergleichen (abgewelltes) Eichen-Nutzholz ist dem Reihen wenig
ausgesetzt und wird von Rademachern gerühmt und gern gekauft, obgleich es wegen
größerer Härte schwerer zu verarbeiten ist. (Mittheilungen des hannoverschen
Gewerbevereines, 1871 S. 181.)