Titel: | Wirkungsgrad von Wasserrädern; nach Prof. Gustav Schmidt. |
Fundstelle: | Band 202, Jahrgang 1871, Nr. XLVII., S. 202 |
Download: | XML |
XLVII.
Wirkungsgrad von Wasserrädern; nach Prof. Gustav
Schmidt.
Schmidt, über den Wirkungsgrad von Wasserrädern.
Eine größere Zahl von Bremsversuchen, welche Professor Gustav Schmidt in Prag sowohl bei Turbinen wie bei verticalen Wasserrädern
anstellte, zeigen daß innerhalb ziemlich weiter Grenzen, sehr oft sogar vom
Leergange bis zum Stillstande, die Umgangszahl u mit der
reducirten Bremsbelastung P in einer bestimmten
Beziehung steht, welche sich ausdrücken läßt durch die Gleichung:
u = a
– bP
(1)
wobei a und b zwei für das betreffende Rad constante Erfahrungszahlen bezeichnen.
Der Nutzeffect oder die Nutzleistung pro Secunde bei
einer Bremshebellänge L ist:
E = πLu/30 P (2)
und ist somit proportional der Größe uP = aP – bP².
Diese wird ein Maximum, wenn a – 2bP = 0, also P = a/2b', folglich u = a – a/2 = a/2 ist. Somit ist die
günstigste Kraft
K = a/2b
(3)
und die günstigste Umgangszahl
n = a/2
(4)
also umgekehrt
a = 2n, b
= n/K (5)
Diese Gleichungen in (1) eingesetzt, geben:
u = 2n
– n/K P woraus
P = K (2
– u/n) (6)
eine Gleichung welche vollkommen analog ist mit der bekannten
Gerstner'schen Formel für thierische Kräfte
P = K (2
– v/c),
in welcher K die günstigste
Kraftäußerung, c die zugehörige günstigste
Geschwindigkeit, v die wirkliche Geschwindigkeit und P die hieraus resultirende Kraft bedeutet.
Da aus (1) für P = 0, u = a = 2n und für u = 0, P = a/b = 2K folgt, so ist hiernach die günstigste Umgangszahl n halb so groß wie die Umgangszahl im Leergange und die
günstigste Kraft K halb so groß wie die Bremsbelastung
bei beginnendem Stillstande, ein Satz der in dieser Form bereits bekannt und bei
Partialturbinen auch meist richtig ist. Nur bei Vollturbinen pflegt die Gleichung
(1) nicht bis zum Leergange zu gelten, daher bei diesen die günstigste Umgangszahl
etwas größer oder kleiner seyn kann als die halbe Leergangszahl.
Die numerischen Werthe von a und b in (1) werden natürlich gefunden, indem man die beobachteten P als Abscissen, die zugehörigen beobachteten u als Ordinaten aufträgt, durch die erhaltenen Punkte
eine möglichst passende Gerade zieht und die Durchschnittspunkte derselben mit den
Coordinatenachsen bestimmt. Es ist nämlich für P = 0,
u = a und für u = 0, P = a/b, woraus sich a und b ergibt. Liegt ein
beobachteter Punkt erheblich außer der Geraden, so ist man aufgefordert, den
betreffenden Bremsversuch zu wiederholen, indem es dann wahrscheinlich ist, daß man
keinen Beharrungszustand gehabt oder einen Fehler in P
oder u gemacht hat. Schon dieser wichtigen Controlle
wegen sollte man nie die graphische Darstellung unterlassen..
Der Nutzeffect E verhält sich zum Maximaleffect Emax wie Pu zu Kn, also ist wegen (6)
der Wirkungsgrad
η = E/Emax = u/n (2 – u/n) = 2u/n – u²/n².
Weicht also u von n in dem
einen oder dem anderen Sinne um p Procente ab, d.h. ist
u = n ± pu/100 oder u/n = 1 ± P/100, so
ist
η = 2 (1 ± P/100)
– (1 ± 2p/100 + p²/10000) = 1 – p²/10000,
also E = Emax (1 – p²/10000)
Emax
– E = P²/10000
Emax
(Emax
– E)/Emax = P²/10000 =
(P/100)²
(7)
Der verhältnißmäßige Effectverlust beträgt daher
(P/100)² oder P²/100 Procente
(8)
Ist also z.B. die Leistung beim günstigsten Gange = 12 Pferdestärken und geht das Rad
um 30 Procent langsamer, als es gehen sollte, ein sehr häufiger Fall, so verliert
man 30² = 9 Procent = 1,08 Pferdestärken.
Die Giltigkeit des obigen Satzes, wenigstens für unterschlägige und Kropfräder, weist
Prof. Schmidt durch die Resultate einer Anzahl von
Versuchen nach, welche an Prager Mühlrädern angestellt wurden.
(Deutsche Industriezeitung, 1871, Nr. 37.)