Titel: | Klarkohlenrost von Theodor v. Bolzano, Spinnereidirector in Schlau (Böhmen). |
Fundstelle: | Band 202, Jahrgang 1871, Nr. LIX., S. 246 |
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LIX.
Klarkohlenrost von Theodor v. Bolzano, Spinnereidirector in Schlau
(Böhmen).
Mit einer Abbildung auf Tab. IV.
Bolzano's Klarkohlenrost.
Der in Fig. 9
dargestellte Bolzano'sche Klarkohlenrost besteht im
Wesentlichen aus einer drehbaren Schüttgosse a zum
Aufgeben des Brennmateriales, aus zwei Abtheilungen schrägliegender stufenförmig
endender Roststäbe b, c mit solider
Handschüttelvorrichtung d, dann einer Treppe e und einigen herausziehbaren Planröstschiebern f.
Die Schüttgosse
a ist etwa 9 Zoll über den oberen Roststäben befindlich
und soweit vorgeschoben, daß sich ihr Inhalt beim Umwenden auf die schon brennende
Feuerfläche ausleert und gleichmäßig auf der oberen Abtheilung von Roststäben
vertheilt werden kann.
Bei allen anderen früher gebräuchlichen, meist schon außer Verwendung gekommenen
Treppen- und Etagenrosten wurde die frische Kohle nicht von oben her auf das
Feuer gestürzt, sondern in der Richtung der Roststäbe in den Feuerraum vorgeschoben;
hierbei entzündet sich die Kohle nur allmählich an der Oberfläche durch
zurückzingelnde Flammen, bildet Aschentheile, das Eindringen des Feuers in die
unteren Kohlenschichten ist erschwert und liefert um so unvollkommenere
Verbrennungsproducte, je rascher im Heizen forçirt wird, indem die in voller
Gluth befindlichen Kohlen immer weiter weggeschoben werden, während vorn schwarze
todtliegende Kohle zu unterst liegt. – Dieser Umstand bildet einen der
wichtigsten Gründe, weßhalb sich alle diese Treppen- und Etagenroste im
praktischen Betriebe so schlecht bewähren, vorzüglich dort, wo man wegen
Fluctuationen des Dampfverbrauches zeitweilig die Feuerung stärker in Anspruch zu
nehmen gezwungen ist.
Beim Bolzano'schen Rost ist der erwähnte Uebelstand
gänzlich behoben. Das Brennmaterial, ähnlich wie bei Planrosten oben auf die Gluth
auffallend, entzündet sich rasch von unten her und besitzt alle Bedingungen einer
vollständigen Verbrennung; die Temperatur des Feuerraumes sinkt nur wenig herab, die
Gluth ist gleichförmiger, das Forçiren des Feuers ist ermöglicht.
Die Roststäbe
b, c sind unter einem Winkel von 12° nach
rückwärts geneigt und in zwei gesonderten Abtheilungen hintereinander so angeordnet,
daß man das Feuer auf jeder Partie für sich durch eine in ihrer Flucht gelegene
Schürspalte zu schüren und zu putzen vermag. Dieß ist von um so größerer Bedeutung, als eben schlechtes
Brennmaterial (Kohlenstaub, Lösche etc.) auf diesen Rosten zur Heizung verwendet
werden soll.
Das stufenartig geformte Ende der Roststäbe hat den Zweck, größere Kohlenstückchen,
welche bis in den unteren Schlackensack herabrollen würden, zurückzuhalten und
vollends ausbrennen zu lassen.
Die Schüttelvorrichtung
d besteht aus einem Handhebel, durch dessen Herabdrücken
jeder zweite Roststab an den dazwischen liegenden um 3/4 Zoll gehoben werden kann
und dient bloß dazu, die Roststäbe vor dem Zusammenbacken oder Verschmelzen zu hüten
und durch Reinhaltung von Asche den Luftzutritt durch die Rostspalten gleichmäßig
frei zu erhalten.
Andere Schüttelvorrichtungen, besonders die continuirlichen, durch eine Transmission
vom Motor aus betriebenen, bezwecken durch das Schütteln ein allmähliches
Herabrücken des Feuers sowie ein Nachrutschen neu aufgelegten Brennmateriales, doch
verfällt man dabei – ganz abgesehen von den praktischen Unzukömmlichkeiten
einer nothwendigermaßen sehr complicirten Maschinerie – wieder in den Fehler
daß die vordersten Kohlenpartien auf vom Feuer entblößte Stellen gelangen und nur
äußerst langsam von obenher zur Entzündung kommen können, was der vollständigen
Verbrennung directen Abbruch thut. Die Bolzano'sche
Schüttelvorrichtung ist hingegen leicht zu handhaben und dem Verderben oder Versagen
wenig ausgesetzt. – Das Herunterschaffen der ausgenutzten Kohlen von einer
Etage zur anderen geschieht durch ein Schüreisen, und zwar in der Weise daß immer
noch eine Feuerschicht auf den Rostflächen zurückbleibt, um dem darauf gebreiteten
frischen Brennmaterial noch die genügende Entzündungstemperatur mittheilen zu
können.
Die sich bildenden Schlacken gelangen auf den zu unterst befindlichen Planrost
f, um daselbst noch gänzlich auszubrennen und werden
hierauf durch Herausziehen der Rostschieb er in den
Aschenraum herabfallen gelassen. Durch diese Anordnung ist es dem Heizer auf bequeme
und saubere Art ermöglicht, das Feuer zu putzen und rein zu halten, ohne dasselbe
herabgehen oder den Kessel durch einströmende, schädlich wirkende kalte Luft
abkühlen lassen zu müssen, während bei den meisten anderen Rosten der Heizer
gezwungen ist, durch die weitgeöffnete Heizthür, die strahlende Gluth vor Augen, die
zusammengeballten Schlackenstücke gegen sich herauszuzerren; dabei strömt aber kalte
Luft in den ganzen Feuerraum, die Dampfspannung sinkt um einige Pfunde, und wenn
hierauf der Heizer durch neuaufgeworfenes kaltes Brennmaterial die Gluth noch in
größerem Maaße gestickt hat, braucht das Feuer beträchtlich geraume Zeit, um sich
auf den früheren
Stand zu erholen. In diesen Momenten qualmt der Kamin auf das Furchtbarste, die
niedrige Temperatur im abgekühlten Feuerraume ist nicht im Stande, die massenhaft
sich entwickelnden Gas- und Kohlentheilchen zur Entzündung zu bringen und ein
großer Theil der Heizkraft geht verloren. Der Bolzano'sche Rost hingegen erzielt die größtmögliche Gleichförmigkeit der
Feuerung und dabei kommt ihm die auffallend tiefgewählte Lage der Rostflächen sehr
zu statten, denn hierdurch besitzt er einen ungemein großen Feuerraum, dessen
feuerfeste Wandungen ein so bedeutendes Wärmequantum in sich angesammelt haben, daß
die aufstreichenden Kohlentheilchen, Kohlenoxyd – und Wasserstoffgase
genügende Temperatur zur Entzündung mit dem Sauerstoff der Luft entlehnen können.
Freilich geht ein Theil des Effectes an strahlender Wärme an eben diese Wandungen
mehr verloren als bei kleiner und knapper angeordnetem Feuerraume, doch ist dieser
Theil in Hinblick auf die erzielten Vortheile andererseits verhältnißmäßig gering
und kaum beachtenswerth.
Die vorzügliche Verwendbarkeit der Bolzano'schen
Klarkohlenroste erhellt am Augenfälligsten aus den mit ihnen gewonnenen praktischen
Resultaten und zwar nicht nur aus der staunenswerthen Raschheit mit welcher sich
dieselben in den verschiedensten Gegenden Eingang verschafft haben,Seit Verlauf eines halben Jahres stehen bereits über 150 Bolzano'sche Roste in Betrieb: auf der Hütte in
Kladno 12 (weitere 10 sind im Bau), am Kübeckschacht 8, in der Dampfmühle
Smichow 5, in der Spinnerei Schlau 5, in den Zuckerfabriken Svolenoves 8,
Zlonic 6, Hospozin 10, Dux 8 etc. und nimmt ihre Verbreitung raschesten
Aufschwung. sondern auch aus dem Umstande daß schlechte Sorten von Brennmaterial, welche
in früherer Zeit als werthlos und für Dampfkesselfeuerungen unbrauchbar auf todte
Halden geworfen wurden, auf diesem Roste zu einer ganz vortrefflichen, ziemlich
vollständigen Verbrennung gelangen. Diese Erfindung gewinnt hierdurch auch eine
große Bedeutung in nationalökonomischer Hinsicht, da ein großer Theil des aus den
Schachten geförderten Materiales eine ganz beachtenswerthe Werthsteigerung erfahren
muß.Schon jetzt kostet Kladnoer Staubkohle 15 kr., während sie früher fast
werthlos war und die Fuhre mit 1 fl. bezahlt wurde. Im Schlauer Kohlenbecken
stieg der Preis der Klarkohle von 2 auf 8–12 kr. per Centner loco Grube; im Dux-Brüxer
Braunkohlenrevier wird die früher unbeachtete Lösche jetzt sorgsamst
verwertet und aufgehoben. Georg Wellner. (Technische Blätter, Jahrg. 1871,
Heft II und III, S. 186.)