Titel: | Reagens auf Phenol; von Prof. H. Landolt in Aachen. |
Fundstelle: | Band 202, Jahrgang 1871, Nr. LXVII., S. 277 |
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LXVII.
Reagens auf Phenol; von Prof. H. Landolt in Aachen.
Landolt, über ein Reagens auf Phenol.
Bei der Untersuchung eines Brunnenwassers, welches durch
Ammoniakwasser einer nahegelegenen Gasfabrik verunreinigt seyn konnte, kam
Prof. Landolt in den Fall, auf sehr kleine Mengen von
Phenol prüfen zu müssen. Die blauviolette Färbung mit Eisenchlorid ist wenig
empfindlich und auch nicht zuverlässig, da sie durch die Gegenwart geringer
Quantitäten freier Säure, sowie mehrerer neutraler Salze, wie schwefelsaures Kali,
schwefelsaures Natron etc., verhindert wird. Noch weniger bietet die
Fichtenspanreaction ein sicheres Kennzeichen, und endlich hat auch der Geruch des
Phenols von einer gewissen Verdünnung an seine Grenze. Ein den Anforderungen
vollständig entsprechendes Reagens fand Landolt dagegen
in dem Bromwasser, welches, im Ueberschuß einer
verdünnten wässerigen Phenollösung zugefügt, sogleich einen gelblichweißen,
flockigen Niederschlag von Tribromphenol erzeugt. Bei ungenügendem Zusatz von
Bromwasser verschwindet anfangs die Fällung. Wegen der Schwerlöslichkeit des
Tribromphenols ist die Reaction ungemein empfindlich. Bei einem Gehalt von 1 Thl. Phenol auf 43700
Thle. Wasser entsteht mit Bromwasser noch eine sehr deutliche Trübung; bei einem
Gehalt von 1 Thl. Phenol auf 54600 Thle. Wasser entsteht keine Fällung mehr, dagegen
zeigt sich nach einigen Stunden ein krystallinischer Niederschlag. Ein solcher trat
auch noch bei einer Lösung ein, welche 1 Thl. Phenol auf 57100 Thle. Wasser
enthielt. – Die äußerste Grenze für die Eisenchloridreaction liegt bei einem
Gehalt von 1 Thl. Phenol auf 2100 Thle. Wasser. Man sieht aber bei dieser Verdünnung
die blauviolette Farbe nur bei der Betrachtung dicker Schichten. –
Empfindlicher ist der Geruch des Phenols. Derselbe konnte eben noch wahrgenommen
werden, wenn 1 Thl. auf 2800 Thle. Wasser vorkam. Bei der doppelten Verdünnung war
aller Geruch verschwunden, dagegen gab Bromwasser noch eine sehr starke Fällung.
Durch die von Lex (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1870 S. 457) angegebene Phenolreaction ließ sich endlich eine
bemerkbare Färbung noch bei einer Lösung erhalten, welche 1 Thl. Phenol auf 7000
Thle. Wasser enthielt.
Das Bromwasser kann auch zur quantitativen Bestimmung des Phenols benutzt werden.
Schwache Niederschläge von Tribromphenol lösen sich in Kali, Natron und Ammoniak,
und werden durch Zusatz von Salzsäure nicht wieder ausgefällt. Ebenso verschwinden
sie bei directem Zusatz von Salzsäure; hat man daher stark saure Flüssigkeiten zu
prüfen, so müssen sie vorher annähernd neutralisirt werden. Stärkere Niederschläge
lösen sich in Alkalien gewöhnlich nicht ganz klar und bei Zusatz von Säure erfolgt
wieder Fällung. Das sicherste Mittel, um zu erkennen ob ein durch Bromwasser
erhaltener Niederschlag von Phenol herrührt, besteht darin, daß man denselben nach
dem Abfiltriren und Auswaschen in einem Reagensrohr mit etwas Natriumamalgam und
Wasser schwach erwärmt und schüttelt. Wird dann die Flüssigkeit in ein Schälchen
abgegossen und mit verdünnter Schwefelsäure versetzt, so tritt der charakteristische
Geruch des freien Phenols auf und zugleich scheidet sich dasselbe in öligen
Tröpfchen ab. Sind höchst geringe Spuren von Phenol nachzuweisen, z.B. in einem
Brunnenwasser welches auf eine schwache Beimengung von Gaswasser zu prüfen ist, so wird eine größere Menge Flüssigkeit nach dem
Ansäuern mit verdünnter Schwefelsäure der Destillation unterworfen und die zuerst
übergehenden Portionen werden mit Bromwasser versetzt.
Die Reaction läßt sich weiter benutzen, um im Harn Phenol nachzuweisen. Versetzt man
Menschenharn direct mit überschüssigem Bromwasser, so entsteht gewöhnlich sofort
eine Trübung und nach mehrstündigem Stehen sammelt sich am Boden des Gefäßes ein
bräunlicher, flockiger Niederschlag. Wird derselbe auf einem kleinen Filter gesammelt, ausgewaschen und
der Behandlung mit Natriumamalgam unterworfen, so tritt der Geruch nach Phenol auf
das Unzweifelhafteste auf. 500 Kubikcentimeter genügen, um eine hinreichende Menge
Niederschlag zu erhalten.
Es gibt gewisse Körper, welche zu Verwechselungen mit Phenol Veranlassung geben
könnten. So ist von Hlasiwetz und Barth nachgewiesen worden, daß die wässerige Lösung der Paraoxybenzoesäure
mit Bromwasser einen Niederschlag von Tribromphenol erzeugt. Die damit isomere
Salicylsäure gibt zwar mit Bromwasser eine Fällung von Dibromsalicylsäure, aber beim
Behandeln derselben mit Natriumamalgam tritt ebenfalls der Geruch nach Phenol auf.
Wie endlich die Oxybenzoesäure sich bei dieser Reaction
verhält, hat Landolt noch nicht prüfen können. Ferner
geben Kresol, Thymol und Guajacol, sowie wahrscheinlich noch andere zur Phenolgruppe
gehörige Körper Fällungen, welche sich zum Theil dem Tribromphenol ähnlich
verhalten. Hat man Grund diese letzteren Stoffe in der zu prüfenden Substanz zu
vermuthen, so würde eine weitere Untersuchung, resp. Brombestimmung des
Niederschlages erforderlich seyn.
Das Bromwasser gibt endlich noch mit einer Anzahl anderer Körper Fällungen, die aber
durch die Behandlung mit Natriumamalgam sich sämmtlich sehr leicht vom Phenol
unterscheiden lassen. So wird namentlich Anilin auch aus ganz verdünnten
Flüssigkeiten in Form eines fleischrothen Niederschlages von Tribromanilin gefällt.
Die Grenze der Verdünnung, bei welcher noch eine Trübung durch Bromwasser bemerkbar
ist, liegt bei einem Gehalt von 1 Thl. auf 69000 Thle. Wasser. Die bekannte Reaction
mit Chlorkalklösung ist viel weniger empfindlich; die Färbung läßt sich kaum mehr
beobachten, wenn 1 Thl. Anilin auf 25900 Thle. Wasser vorhanden ist. Der
Niederschlag ist in Salzsäure löslich, in verdünnter Schwefelsäure sowie in
Natronlauge dagegen nicht. Beim Stehen, rascher durch Erwärmen, färbt er sich nach
und nach dunkelroth.
In einer wässerigen Toluidinlösung entsteht durch Bromwasser ein anfangs gelblicher,
später röthlich werdender Niederschlag, der in Salzsäure sich löst, in verdünnter
Schwefelsäure und Natronlauge dagegen unlöslich ist. Die Fällung erfolgt noch
sichtbar bei einem Gehalt von 1 Thl. auf 6450 Thle. Wasser. Es ist also die Reaction
viel weniger empfindlich als diejenige auf Anilin.
Man erhält ferner bei einer Anzahl von Alkaloiden mit Bromwasser Fällungen, ähnlich
wie solche auch bekanntlich durch Jodtinctur entstehen. So treten in nicht zu
verdünnten Lösungen der Salze von Chinin, Chinidin, Cinchonin, Strychnin und Narcotin gelbe oder
orangefarbene Niederschläge auf, welche in Salzsäure löslich, in Kali und Ammoniak
unlöslich sind. Dieselben sind wahrscheinlich Additionsproducte. Eine wässerige
Nicotinlösung gibt auch bei starker Verdünnung einen orangerothen Niederschlag. Beim
Stehen sondern sich gelbe ölige Tropfen ab, welche beim Kochen mit Wasser
verschwinden. Die rückständige Flüssigkeit wird durch Bromwasser von Neuem
gefällt.
Von Substanzen, deren Verhalten gegen Bromwasser noch geprüft wurde und von welchen
es sich gezeigt hat, daß sie in verdünnter wässeriger Lösung keinen Niederschlag
damit geben, sind folgende anzuführen: Hydrochinon, Pyrogallussäure, Gallussäure,
Pikrinsäure, Bittermandelöl, Amygdalin, Cumarin, Hippursäure, Coffein, Brucin.
Morphin gibt anfangs einen weißen Niederschlag, der aber bald wieder verschwindet.
(Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1871, Nr. 14.)