Titel: | Ueber das Weichmachen des Wassers mit Kalk; von Joh. Stingl. |
Autor: | Johann Stingl |
Fundstelle: | Band 202, Jahrgang 1871, Nr. LXXXIV., S. 364 |
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LXXXIV.
Ueber das Weichmachen des Wassers mit Kalk; von
Joh. Stingl.
Stingl, über das Weichmachen des Wassers mit Kalk.
Auf dem Südbahnhofe in Wien wird seit längerer Zeit das Speisewasser für die
Dampfkessel dem Processe des Weichmachens mittelst Kalklösung unterworfen.
Es wird diese Operation nach einem dem Hrn. Maschinen-Inspector Bérenger patentirten Verfahren ausgeführt, welches
im Wesentlichen darin besteht, daß das Wasser, welches den durch Kalklösung
entstandenen Niederschlag suspendirt enthält, durch eigenthümliche Filter gepreßt
wird, wodurch das langwierige Absetzenlassen des Kalkniederschlages umgangen und ein
so schnelles Arbeiten ermöglicht wird, daß jetzt auf dem Südbahnhofe mit Hülfe von
10–15 Filtern, deren Inhalt je 3 Kubikfuß beträgt, täglich 13000 Kubikfuß
Wasser weich gemacht werden. Die Resultate, welche diese Methode liefert, sind sehr
günstig und Hr. Bérenger war so freundlich, uns
das Wasser vor und nach dem Weichmachen, ferner die Kesselsteine, gebildet aus
unpräparirtem und aus weichgemachtem Wasser, sowie den Inhalt aus den Filtern zum
Behufe von Analysen zur Verfügung zu stellen, deren Resultate im Folgenden
zusammengestellt sind.
Nr. 1. Analyse des Wassers vor dem Weichmachen.
Das Wasser stammt aus einem Brunnen auf der Endberger Lände und wird mittelst
Röhrenleitung in einen Wasserturm bei dem Südbahnhofe befördert.
Die Härte desselben, mittelst Seifenlösung bestimmt, beträgt 26°.
10000 Theile dieses Wassers enthalten:
Chlor
0,7104 Theile
Schwefelsäure
1,1411 „
Kieselsäure
0,0715 „
Kalk
1,6532 „
Magnesia
0,8270 „
Alkalien
0,4255 „
organische Stoffe
1,9853 „
Demnach kann man folgende nähere Bestandtheile dieses Wassers in 10000 Theilen
berechnen:
Kochsalz
0,8029 Theile
Chlormagnesium
0,2986 „
Gyps
1,9398 „
kohlensaurer Kalk
1,8830 „
kohlensaure Magnesia
1,4729 „
Kieselsäure
0,0715 „
organische Stoffe
1,9853 „
–––––––––
8,4540
Die Summe der fixen Bestandtheile beträgt, wie eine directe Bestimmung durch
Abdampfen und Trocknen des Rückstandes bei 180° C. gezeigt hat, in 10000
Theilen: 8,6230 Theile.
Cs bildete sich ferner beim längeren Kochen aus 10000 Theilen Wasser ein Absatz von
3,3510 Theilen, bestehend aus:
kohlensaurem Kalk
2,3420 Theilen
kohlensaurer Magnesia
1,0090 „
–––––––––––
3,3510 Theile
Nr. 2. Analyse des Kesselsteines, welchen das Wasser bildet das dem Processe des
Weichmachens nicht unterworfen war.
Es werden in dem Maschinenhause der Südbahn wahre Prachtexemplare von
Kesselsteinbildungen aufbewahrt, welche oft die Siederöhren der Locomotiven im
buchstäblichen Sinne des Wortes an einander kitten.
Zur Analyse standen uns Proben zu Gebot, welche von Kesselsteinen stammen, die sehr
feste, mehrere Zoll dicke große Platten bilden, deutlich geschichtet sind und eine
bläulich graue Farbe besitzen.
Die Analyse eines solchen Kesselsteines ergab in 100 Theilen:
Eisenoxyd
2,53 Proc.
Thonerde
0,54 „
Kalk
42,37 „
Magnesia
9,24 „
Kieselsäure
0,02 „
Schwefelsäure
1,35 „
Kohlensäure
42,48 „
Sand und Kieselsäure
0,81 „
Glühverlust
0,93 „
––––––––––
100,27
100 Theile des Kesselsteines enthalten demnach:
kohlensauren Kalk
73,87 Proc.
kohlensaure Magnesia
19,40 „
Gyps
2,29 „
Eisenoxyd und Thonerde
3,07 „
Kieselsäure und Sand
0,83 „
Wasser und organische Stoffe
0,93 „
––––––––––
100,39
Nr. 3. Analyse des Wassers nach dem Weichmachen.
10000 Theile desselben enthalten:
Chlor
0,7150 Theile
Schwefelsäure
0,9892 „
Kieselsäure
0,0580 „
Kalk
0,7068 „
Magnesia
0,1302 „
Alkalien
0,4365 „
organische Stoffe
1,4370 „
Daraus berechnet sich für 10000 Theile:
Kochsalz
0,8237 Theile
Gyps
1,6796 „
Chlormagnesium
0,2892 „
kohlensaurer Kalk
0,0292 „
kohlensaure Magnesia
0,0178 „
Kieselsäure
0,0580 „
organische Stoffe
1,4370 „
–––––––––
4,3345
Direct wurden gefunden 4,6053 Theile Gesammtrückstand in 10000 Theilen.
Aus 10000 Theilen des Wassers bildete sich ein Kochabsatz von 0,0305 Theilen,
bestehend aus:
kohlensaurem Kalk
0,0265 Theilen
kohlensaurer Magnesia
0,0040
–––––––––––
0,0305 Theilen
Die Härte des weichgemachten Wassers beträgt 8,5°.
Nr. 4. Analyse des Kesselsteinschlammes,
entstanden aus dem weichgemachten Wasser.
Derselbe besteht aus einem sehr lockeren gelblichen Pulver, welches sich nach
sechsmonatlichem Betriebe in einem Kessel vorfand. 100 Theile dieses Schlammes
enthalten:
Chlor
0,05 Theile
Kohlensäure
1,45
„
Schwefelsäure
45,06 „
Kieselsäure
0,40
„
Kalk
32,83 „
Magnesia
0,75
„
Eisenoxyd
0,66
„
Thonerde
0,86
„
Wasser und organische Stoffe
18,23 „
–––––––––––
100,29 Theile
Berechnet man aus diesen Daten die nähere Zusammensetzung dieses
Kesselstein-Schlammes, so findet man in 100 Theilen:
Gyps
76,60 Proc.
Organisches und Wasser
18,23 „
kohlensaure Magnesia
1,57 „
kohlensauren Kalk
1,41 „
Chlorcalcium
0,07 „
kieselsauren Kalk
0,65 „
Eisenoxyd und Thonerde
1,52 „
––––––––––
100,05
Nr. 5. Analyse des Filter-Rückstandes.
Der bei dem Zusatze von Kalkwasser sich bildende Niederschlag wird, wie früher
erwähnt, in dem Bérenger'schen Filter
zurückgehalten und wurde von dem Studirenden Hrn. Edmund Drechsler einer chemischen Untersuchung unterworfen, welche sich auf die
wichtigsten Bestandtheile bezog und folgende Resultate ergab:
100 Theile dieses Filter-Rückstandes enthalten:
kohlensauren Kalk
69,71 Proc.
kohlensaure Magnesia
10,96 „
Gyps
7,92 „
kieselsauren Kalk
0,63 „
Eisenoxyd und Thonerde
3,46 „
Wasser und organische Stoffe
5,57 „
Aus obigen Analysen geht hervor, daß durch die früher in Kurzem erwähnte Methode des
Weichmachens des Wassers der kohlensaure Kalk und die kohlensaure Magnesia so gut
wie ganz aus dem Wasser entfernt werden, auch ein Theil des Gypses – wie die
Analysen Nr. 3 und Nr. 5 beweisen – ausgefällt wird. Ebenso ist die
organische Substanz und der Kieselsäuregehalt im weichgemachten Wasser bedeutend
herabgemindert, wie die Analyse Nr. 4 zeigt.
Ist im Wasser der Gypsgehalt ein sehr beträchtlicher, so kann derselbe ebenfalls
rasch entfernt werden, indem zuerst mittelst Kalk der im Kohlensäure haltigen Wasser
gelöste kohlensaure Kalk und die kohlensaure Magnesia, ferner ein Theil des Gypses
gefällt werden, und dann auf die bekannte Art mittelst Soda der Rest des Gypses und
das Chlormagnesium, sowie allenfalls vorhandenes Chlorcalcium in kohlensaure
Erdalkalien verwandelt werden und das so behandelte Wasser hierauf durch die Bérenger'schen Filter gepreßt wird.
Wien, den 23. November 1871.
Laboratorium des Prof. Dr. A. Bauer.