Titel: | Eine neue Methode zur Befestigung der Anilinfarben auf Baumwolle; von Dr. M. Reimann. |
Fundstelle: | Band 202, Jahrgang 1871, Nr. LXXXIX., S. 380 |
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LXXXIX.
Eine neue Methode zur Befestigung der
Anilinfarben auf Baumwolle; von Dr. M.
Reimann.
Reimann, Methode zur Befestigung der Anilinfarben auf
Baumwolle.
Bisher wurden Anilinfarben auf Baumwolle mit Hülfe des Animalisirens (Behandeln mit Albumin, Casein,
Leim u.s.w.), des Gallirens, Schmackirens und
Tanneirens, sowie durch Beizen mit essigsaurer Thonerde oder Seife und Oelbeize befestigt. In neuerer Zeit
lernte man verschiedene Körper kennen, welche in Folge der eigenthümlichen
Beschaffenheit ihrer Oberfläche im Stande sind, die substantiven Anilinfarbstoffe
anzuziehen. Schon früher veröffentlichte ich über einen dieser Körper, die amorphe Kieselsäure, eine ausführliche Abhandlung im polytechn. Journal,
1870, Bd. CXCVI S. 530. Es handelt sich dießmal indessen um einen anderen porösen
Körper. Schon vor vielen Jahren war ich auf die eigenthümliche Kraft des
Stärkemehles aufmerksam geworden, aus Lösungen von Anilinfarbstoffen den Farbstoff
herauszuziehen und an sich zu fesseln. Dieß tritt bei der Weizenstärke sowohl wie bei der Kartoffelstärke
auf, so daß nicht anzunehmen ist, der Klebergehalt der
Weizenstärke sey der Grund hierfür. Später belehrten mich mehrere Veröffentlichungen
über die Verwendung dieser Eigenschaft der Stärke zur Herstellung von Farben zum
Tapetendruck, daß dieselbe Beobachtung auch von Anderen gemacht worden sey. Aus
dieser Wahrnehmung entsprang nun direct eine hübsche Methode auf der Baumwolle die Anilinfarben mit Hülfe der Stärke zu
fixiren. Es ist principiell gleichgültig, ob die Stärke in der Flüssigkeit
suspendirt, den Farbstoff anzieht, oder ob sie auf einem Faserstoff fixirt ist. Wenn
man aus Stärke, gleichgültig ob Kartoffel- oder Weizenstärke, einen dünnen
flüssigen Kleister herstellt und mit diesem Baumwolle tränkt und dieselbe in ein
Färbebad aus Anilinfarbstoff bringt, so erhält man eine Färbung in der betreffenden
Nüance. Nach im Großen angestellten Versuchen empfiehlt sich zur praktischen
Verwerthung dieses Verfahrens folgender Weg.
Auf je 1 Pfund zu färbenden Stoffes rührt man 1–2 Loth Stärke mit 1/4 Pfund
kaltem Wasser an, läßt stark weiter rühren und gießt in die Stärkemasse so viel
kochendes Wasser, daß in der entstandenen homogenen Flüssigkeit die Baumwolle bequem
hantirt werden kann. Man fügt dann noch auf jedes Pfund Stoff 4 Gramme in Wasser
abgekochten Leim hinzu und rührt das Ganze gut um.
Ich bemerke, daß das Verfahren auch ohne den Zusatz von
Leim ausführbar ist, indessen erhält man die Nüancen lebhafter und ächter, wenn Leim
zugesetzt wird.
In die lauwarme Stärkeflüssigkeit bringt man die benetzte Baumwolle, sey es Stoff
oder Garn, hinein. Ersterer wird, wie bekannt, in einer Klotzmaschine durch die
Flüssigkeit genommen, letzteres wie gewöhnlich in der Flotte hantirt. Das
Beizverfahren wird in der lauwarmen Flüssigkeit 10 Minuten fortgesetzt. Man
quetscht, wenn es sich um den Stoff handelt, oder windet, wenn es sich um Garn
handelt, und bringt den Stoff in ein Bad aus irgend einem Anilinfarbstoff. Am besten
eignet sich für dieses Verfahren das Fuchsin. Die
Baumwolle färbt sich dabei sehr schön roth, und diese Farbe steht in keiner Weise
irgend einem der bekannten Beizverfahren nach. Im Gegentheil, es sind bei diesem
Verfahren leichter klare
Nüancen zu erzielen, als durch das gewöhnliche Verfahren mit Schmack.
Man kann auf dieselbe Weise mit Patentviolett wie mit Anilinblau färben und wird immer Nüancen erhalten, welche
trotz der Einfachheit des Verfahrens als gelungen betrachtet werden müssen. Das
Verfahren ist außerordentlich billig und stellt sich nicht theurer als das
Schmackverfahren. Es hat außerdem die Annehmlichkeit, daß die auf die Faser
gebrachte Stärke schon an und für sich einen gewissen Appret des Stoffes hervorbringt, so daß häufig das Schlichten der Garne,
sowie die Stoff-Appretur überflüssig werden.
Schließlich sey noch bemerkt, daß diese Art der Färbung besonders für die
Lappenfärberei von großem Nutzen seyn muß, da bekanntlich Schmackflotten sehr leicht
verderben, während man eine Stärkemasse immer noch zu anderen Zwecken benutzen kann,
so daß dadurch manchem Verluste vorgebeugt wird.
Statt nach dem Beizen mit Stärke zuerst zu waschen und
dann auszufärben, kann man auch die Farbstoff-Lösung direct in die
Stärkemasse hineinbringen. Man stärkt dann einfach mit der angefärbten Stärke und
wird auf diesem Wege ebenso hübsche Farben bekommen; nur scheint es, als wenn die
auf diesem Wege dargestellten Farben nicht so fest auf der Faser haften als die nach
der ersteren Methode gefärbten. (Aus des Verfassers M.
ReimannsFärberzeitung, 1871, Nr.
43.)