Titel: | Ueber Barytgläser; von Dr. H. E. Benrath, d. Z. technischer Director der Glashütte Lisette bei Dorpat. |
Fundstelle: | Band 202, Jahrgang 1871, Nr. CIII., S. 422 |
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CIII.
Ueber Barytgläser; von Dr. H. E. Benrath, d. Z. technischer
Director der Glashütte Lisette bei Dorpat.
Benrath, über Barytgläser.
Unter den Schmelzmaterialien welche sich die Glasindustrie zu Nutze machen kann, ist
eines, der Baryt, bisher entschieden weniger beachtet worden, als er es verdient,
obgleich sich, sowohl aus dem gelegentlichen Schmelzversuche Doebereiner's, als auch aus den Resultaten die einzelne Hütten bei
sporadischer Verwendung sowohl des kohlensauren als des schwefelsauren Baryts
erreichten, ergibt daß die Hütte mit Hülfe dieser Salze Producte herzustellen
vermag, die was hohes specifisches Gewicht und großes Lichtbrechungsvermögen
betrifft, den Bleigläsern nahe stehen, ohne indeß manche Inconvenienzen, so ein
leicht rauchig werden, und große Empfindlichkeit gegen mechanische und chemische
Einflüsse, mit jenen zu theilen.
Uebersieht man die spärlichen Nachrichten welche über Verwendung oder Verwendbarkeit
des Baryts auf Glashütten in die Oeffentlichkeit gelangten, so geht aus den meisten
derselben mit auffallender Uebereinstimmung hervor, daß, ungeachtet Doebereiner in seinem Schmelzversuche,Poggendorff's Annalen, 1829, Bd. XV S. 242. so wie der Schmelzer der durch Zufall oder Unkenntniß auf die Verwerthung des Schwerspathes
gekommenen Hütte bei ValenciennesBaudrimont und Pelouze
im Journal de chimie médicale, Mai 1830;
Erdmann's Journal Bd. XVII S. 262. den Baryt an der ihm gebührenden Stelle, als Vertreter des Kalkes, in das
Glas eingeführt, die spätere Zeit, bis auf unsere Tage ihn durchgängig als Vertreter
des Alkalis aufzufassen beliebt hat. Dieser Auffassung entspricht z.B. unter anderen
ein neues Alkali-Baryt-Bleiglas, das, angeblich von P. Regout in Maastricht geschmolzen, nach brieflicher
Mittheilung aus dem folgenden Gemenge hergestellt wird:
Sand
300 Thle.
Potasche
80 „
Salpeter
10 „
Witherit
40 „
Kalkstein
40 „
Mennige
80 „
Denkt man sich in einem gewöhnlichen Fensterglase NaO, CaO 6 SiO² einen Theil
des Alkalis durch Baryt ersetzt, und für einen Theil des Kalkes Bleioxyd eingeführt,
so gelangen wir, wenn nach Aequivalenten 1/3 des Alkalis und 1/2 des Kalkes ersetzt
werden, zu der Formel:In Betreff solcher Substitutionen bei „Halbkrystall“
setze man meine „Constitution des Bleikrystalls“ im
polytechnischen Centralblatt, 1868 S. 602.
(6KO + 6CaO 36SiO²)
4KO, 2BaO, 3CaO, 3PbO 36SiO²
deren Procentzusammensetzung der des aus dem angeführten
Gemenge zu gewinnenden Glases sehr nahe steht:
Berechnete
procentische
Zusammensetzung
aus dem Gemenge
nach der Formel
Kieselsäure
61,9
60,0
Bleioxyd
16,0
16,6
Kalk
4,5
4,6
BarytKali
6,311,3
Aequiv.in Kali14,9
8,410,4
Aequiv.in Kali14,3
Bei den folgenden Versuchen stellte ich mit nun die Aufgabe, die Verwendbarkeit des
Baryts für die Zwecke der Glashütte systematisch zu prüfen und mich hierbei davon zu
überzeugen, ob und in wie weit, das Verhalten des Baryts hierbei Veranlassung gebe,
ihn als „Alkali“ aufzufassen.
Als Ausgangspunkt der folgenden Schmelzversuche diente das oben erwähnte Doebereiner'sche Barytglas, von dem ich mit, obgleich vom
Standpunkte unserer
heutigen Erfahrung Gläser die nur der Sättigung RO, 2SiO² entsprechen a priori für untauglich, weil zu leicht zersetzbar
gelten müssen, eine kleine Quantität über der Gebläselampe herstellte.
Gemenge
gefundene
Zusammensetzung
Sand
180 Thle.
Kieselsäure
55,98
kohlensaurer Baryt
98,5 „
Baryt
21,85
kohlensaures Natron
53 „
Alkalien
22,17
doppelt-kohlensaures Kali
100 „
––––––
100,00
Das gewonnene Glas zeigte mittlere Härte und hohen Glanz. Spec. Gew. = 2,875.
Gröblich gepulvert, verlor es unter Einwirkung siedenden Wassers bereits in circa 10 Minuten seine Durchsichtigkeit, würde also
jedenfalls dem Erblinden sehr ausgesetzt seyn, und wahrscheinlich in feuchter Luft,
wie manche englische Spiegelgläser, „schwitzen.“
Bei den folgenden Versuchen, die mit 1,5 bis 2 Kilogrm. Gemenge im Thontiegel und
Siemens'schen Ofen der Spiegelfabrik bei Dorpat
angestellt wurden, ging ich zunächst zu Gemengen über, welche Gläser dem
gewöhnlichen Fensterglas analog zusammengesetzt, und also der Sättigung RO, 3
SiO² nahe kommend lieferten.
Gemenge
berechnete
Zusammensetzung des Glases
Sand
300 Thle.
Kieselsäure
57,0
kohlensaurer Baryt
200 „
Baryt
29,5
Soda (90procentige)
135 „
Natron
13,5
–––––
100,0
Das Glas erschien, nachdem sich das Gemenge leichtflüssig gezeigt, homogen, war indeß
nicht ganz lauter geworden. Die Analyse ergab die Zusammensetzung:
Kieselsäure
55,65
Thonerde und Eisenoxyd
1,50
Baryt
30,69
Natron
12,16
––––––
100,00
Denkt man sich die Thonerde mit den geringen Mengen Eisenoxyd in Verbindung mit der
zugehörigen Menge Kieselsäure als im Glase gelösten Thon (Al²O³,
2SiO²) des Schmelztiegels, so erhalten wir nach Abzug von 3,25 Proc. Thon die
Zusammensetzung des in Rede stehenden Glases:
Kieselsäure
55,71
Baryt
31,72
Natron
12,57
––––––
100,00
Um Uebersichtlichkeit beim Vergleiche der verschieden zusammengesetzten Gläser zu
gewinnen, hielt ich es für erforderlich, jeder Zusammensetzungsangabe unter der
Bezeichnung „zur Sättigung erforderliche Kieselsäure“ die Menge
Kieselsäure in Procenten des untersuchten Glases beizufügen, auf deren Zusatz die
Gesammtzusammensetzung der Glasmasse der einer Verbindung der Sättigung RO,
3SiO² entsprechen würde. Für das vorstehend aufgeführte Glas wäre die zur
Sättigung erforderliche Kieselsäure = 18,12 Proc., das Glas mithin sehr basisch.
Der folgende Versuch galt der Herstellung eines analog zusammengesetzten nur etwas
weniger basischen Glases, aus den schwefelsauren Salzen.
Gemenge
berechnete
Zusammensetzung des Glases
Sand
1000 Thle.
Kieselsäure
58,62
Schwerspath
785 „
Baryt
30,42
Glaubersalz
435 „
Natron
11,14
Holzkohle
80 „
–––––––
100,00
Die Glasbildung ging, wie überhaupt bei Verwendung von Sulphat, etwas langsamer als
bei Anwendung von Carbonaten vor sich; das fertige Glas schmolz leicht, zuerst mit
brauner Färbung (Schwefelmetall), die sich während des Fortschreitens der Schmelze
verlor. Das erkaltete Glas war homogen und ziemlich lauter, zeigte schönen Glanz,
mittlere Härte, und bläulichen Stich. Spec. Gew. = 2,961. Zusammensetzung:
Kieselsäure
56,96
Schwefelsäure
0,74
Thonerde + Eisenoxyd
2,89
Baryt
27,29
Natron
12,12
––––––
100,00
oder nach Abzug von 6,26 Proc. Thon und 1,31 Proc.
Glaubersalz:
Kieselsäure
58,30
Baryt
29,24
Natron
12,46
––––––
100,00
Zur Sättigung erforderliche Kieselsäure: 10,82 Proc.
Wie erwähnt, zeigte das in Rede stehende Glas einen ausgesprochen blauen Stich und
erschien nicht ganz lauter, zwei Fehler von denen, wenn sich der erste bemerkbar
macht, der andere meinen bisherigen Erfahrungen gemäß nie fehlt. Die Schmelzer
behaupten in diesem Falle, die Galle (unzersetztes Sulphat) sey in's Glas gegangen,
von demselben gelöst Horden, eine Ansicht die bereits von Bosc
d'Antic
Mémoire sur la cause des bulles qui se
trouvent dans le verre. Oeuvres deBosc d'Antic (Paris 1870), t. I p. 1 – 20. vertreten worden ist. Pelouze hat nun zwar in
allen von ihm untersuchten Gläsern einen Gehalt an schwefelsaurem Salze nachweisen
können, und gibt die Grenzen desselben als zwischen 0,1 und 2,0 Proc. der
Gesammtmasse liegend an,Comptes rendus, t. LX p. 985; polytechn. Journal, 1865, Bd. CLXXVIII S. 134. –
Pelouze, über die Einwirkung von Wasser auf
Glas, in den Comptes rendus, t. XLIII p. 117; polytechn. Journal, 1856, Bd. CXLII S.
121. ohne indeß zu bemerken, ob bei den sulphatreicheren obiger Fehler bemerkbar
gewesen. Jedenfalls spricht indeß das angeführte Glas, so wie eine Portion
Spiegelglas hiesiger Hütte das blau geworden, und nur einen Sulphatgehalt von 0,46
Proc. aufwies, dafür, daß wenn schwefelsaures Salz die Ursache dieser Erscheinung
ist, bereits bedeutend unter dem Pelouze'schen
Maximalwerthe eine wahrnehmbare Wirkung eintritt.
An die besprochenen Schmelzversuche mit Natron-Baryt-Gemengen schlossen
sich zunächst solche die, im Uebrigen analog zusammengesetzt,
Kali-Baryt-Gläser liefern sollten.
Gemenge
berechnete
Zusammensetzung des
Glases
I.
II.
I
II.
Sand
1000
1000 Thle.
Kieselsäure
55,56
58,44
Schwerspath
785
755 „
Baryt
28,61
28,94
Potasche (90procentige)
465
400 „
Kali
15,83
12,62
Holzkohle
40
schwefels. Kali
66 „
–––––––––––––––
100,00
100,00
Die Gemenge schmolzen gut, II etwas schwerer als I und lieferten homogene, ziemlich
lautere Gläser von mittlerer Härte und hohem Glanze, die sich bei Rothgluth gut
blasen ließen. I war durch Schwefelmetall braun gefärbt, II wieder etwas bläulich
geworden. Die nähere Untersuchung der gewonnenen Gläser ergab:
I.
II.
Specifisches Gewicht
2,921
2,919
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Kieselsäure
56,50
58,00
Schwefel
0,07
Schwefelsäure
0,24
Thonerde + Eisenoxyd
2,10
1,72
Baryt
28,56
29,21
Kali + Kalium
12,77
Kali
10,83
––––––
––––––
100,00
100,00
oder nach Abzug von 4,57 Proc. Thon und 0,24 Proc.
Schwefelkalium für I, und 3,73 Proc. Thon und 0,52 Proc. schwefelsaurem Kali für
II:
I.
II.
Kieselsäure
55,56
58,48
Baryt
28,61
30,56
Kali
15,83
10,96
––––––––––––––––
100,00
100,00
Die Zusammensetzung des Glases I, so wie eine Analyse durch Schwefelmetall braun
gefärbten Glases, in welchem ich nur 0,08 Proc. Schwefel nachzuweisen im Stande war,
bestätigen nicht nur die Angabe Splitgerber's,Polytechn. Journal, 1855, Bd. CXXXVIII S. 292. daß ein Schwefelgehalt von 0,3 Proc. das Glas intensiv zu färben vermöge,
sondern liefern sogar den Beweis, daß bereits viel geringere Mengen intensiv
gelbbraun zu färben hinreichen. Solche Färbungserscheinungen scheinen bei Versuchen
in kleinem Maaßstabe viel leichter einzutreten, als bei regelrechtem Betriebe, wo
sie mit bei sechsjähriger Praxis nur 2 bis 3 Mal vorgekommen; ebenso ist es sehr
schwierig und zeitraubend, in kleinen Probetiegeln nicht merkbar schlieriges Glas zu
gewinnen.
Alkali-Baryt-Gläser, in ihrer Zusammensetzung derjenigen guter
Alkali-Kalk-Gläser des Handels entsprechend, hatten sich somit, sowohl
aus den entsprechenden Carbonaten, als auch aus den Sulphaten, ohne Schwierigkeit
herstellbar gezeigt. Sie zeichneten sich jenen gegenüber durch höheres spec. Gew.,
leichtere Schmelzbarkeit und größeren Glanz aus, und stellten sich in Bezug auf
Resistenz gegen chemische Agentien vorläufigen Versuchen nach, etwa in die Mitte
zwischen gut componirte Kalk- und entsprechende Bleioxydgläser.
Lag nun schon darin, daß sich die letztbesprochenen Gläser nicht merklich in
siedendem Wasser lösten, eine Bestätigung dafür, daß der Baryt, auch auf der Hütte,
nicht zu den Alkalien gezählt werden könne, so trat solches bei der Steigerung des
Gehaltes der Gläser an demselben noch entschiedener hervor, indem die betreffenden Gemenge
bald unschmelzbar wurden.
Der nächste Versuch galt der Herstellung eines Glases der Zusammensetzung NaO, 2BaO
9SiO².
Gemenge
berechnete
Zusammensetzung
Sand
1000 Thle.
Kieselsäure
59,0
Schwerspath
875 „
Baryt
33,9
Glaubersalz
270 „
Natron
7,1
Holzkohle
67 „
–––––
100,0
Dieses Gemenge erwies sich bedeutend schwerer schmelzbar als die bisher zur
Verwendung gekommenen. Während der Ofen weißglühend war, erschien die geschmolzene
Masse homogen, und lieferte, am Probehaken rasch erkaltet, ein durchsichtiges Glas
von in die Augen fallendem Glanze. Bei allmählich sinkender Ofentemperatur trat an
der Oberfläche der dickflüssigen Masse Denitrification ein. Der, nach weiter
abgegangenem Ofen, aus dem letzteren entfernte Probetiegel, welcher sich von einer
weißen Kruste bedeckt zeigte, wurde nach völligem Erkalten zerschlagen, und zeigte
sich nun der Inhalt in zwei, ihrem Aeußeren nach gänzlich verschiedene Schichten
getheilt, von denen die obere eine weiße, strahlig krystallinische Kruste bildete,
die sich gegen das unter ihr befindliche durchsichtige sehr schöne Glas, in der Form
einander theilweise durchdringender Kugeloberflächen scharf abgrenzte. Die
Untersuchung der getrennten Schichten ergab:
I. durchsichtigesGlas
II. entglasteMasse
Specifisches Gewicht
3,016
2,889
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Kieselsäure
57,31
60,21
Schwefelsäure
0,90
1,22
Thonerde + Eisenoxyd
1,55
1,35
Baryt
32,65
31,19
Natron
7,59
6,03
––––––
––––––
100,00
100,00
Werden, wie oben, Thon und Glaubersalz in Abzug gebracht, so ist die Zusammensetzung
der reinen Substanzen:
I.
II.
Kieselsäure
59,04
62,69
Baryt
32,90
30,86
Natron
8,06
6,45
––––––––––––––
100,00
100,00
Zur Sättigung erforderliche Kieselsäure: 3,1 Proc. und 7,7
Proc.
Der bedeutende Kieselsäureüberschuß in II läßt dessen Gesammtzusammensetzung der
einer hypothetischen Verbindung 2NaO, 4BaO 21SiO² sehr nahe kommen, deren
procentische Zusammensetzung wäre:
Kieselsäure
63,1
Baryt
30,7
Natron
6,2
–––––
100,0
Obwohl nun schon das eben angeführte Glas langsames Erkalten nicht vertrug, ohne daß
theilweise Entglasung eintrat, wurde doch noch eine weitere Steigerung des
Barytgehaltes versucht; doch gelang es mit nicht, ohne den Schmelzofen weiter zu
forçiren, als es zur Herstellung kalkreichen Spiegelglases erforderlich ist,
ein Gemenge den Verhältnissen eines Glases NaO, 3BaO 12SiO² entsprechend, in
regelrechten Fluß zu bekommen. Ich gewann nur eine zwischen Fritte und Schmelze
stehende, nicht homogene Masse.
Auch hierin verhält sich der Baryt somit dem Kalke ganz analog, nur ist, da wie oben
erwähnt, die Barytgläser bei entsprechender Zusammensetzung durchgehend leichter
schmelzbar sind, als die Kalkgläser, bei gleicher Temperatur ein, auch relativ höherer Barytgehalt möglich, ohne daß das
Glas zu schwerflüssig würde.
Noch lag die Frage vor, ob bei Alkali-Barytgläsern der Kieselsäuregehalt
weiter gesteigert werden könne, als solcher nach Pelouze's UntersuchungenComptes rendus, t. LXIV p. 53; polytechn. Journal, 1867, Bd. CLXXXIV S. 310. bei Alkali-Kalkgläsern thunlich ist, ohne daß Entglasung einträte.
Schon das theilweise entglaste, oben angeführte Glas schien dem zu widersprechen;
dennoch setzte ich behufs Gewinnung eines Glases der Zusammensetzung NaO, BaO
8SiO² das folgende Gemenge an:
Gemenge
berechnete
Zusammensetzung des Glases
Sand
1000 Thle.
Kieselsäure
69,3
kohlensaurer Baryt
410 „
Baryt
22,1
Soda (95procentige)
225 „
Natron
8,6
–––––
100,0
Die Masse war ziemlich schwerschmelzbar, lieferte aber ein bei Weißgluth, und nach
raschem Erkalten, durchsichtiges, gut durchgeschmolzenes Glas. Bei abgehender
Ofentemperatur trat in der Masse Entglasung ein und zeigten sich zunächst am Boden
des Gefäßes rundliche undurchsichtige Körner, worauf bei weiterem langsamem Erkalten
fast die ganze Masse zu
einer weißen undurchsichtigen, auf dem Bruche fettglänzenden Substanz erstarrte.
Sphärische Massen von radialstrahliger Structur lagerten sich an einander oder
durchdrangen einander theilweise, hier und dort sehr geringe Quantitäten
durchsichtigen Glases zwischen sich einschließend, welche sich mechanisch leicht
trennen ließen. Spec. Gew. des entglasten Glases = 2,748.
Zusammensetzung:
Unentglastes
Entglastes.
I.
II.
Kieselsäure
68,80
68,90
Schwefelsäure
0,38
0,15
Thonerde + Eisenoxyd
2,92
1,81
Baryt
21,01
21,46
Natron
6,89
7,68
––––––
––––––
100,00
100,00
Zusammensetzung der entglasten Masse, nach Abzug des Thones:
NaO, BaO 8SiO²
Kieselsäure
69,6
69,3
Baryt
22,3
22,1
Natron
8,1
8,6
–––––
–––––
100,0
100,0
Bei dem hierauf folgenden Versuche wurde der Barytgehalt des Gemenges, entsprechend
der Verbindung NaO, 2BaO 12SiO², gesteigert.
Gemenge
berechnete
Zusammensetzung
Sand
1000 Thle.
Kieselsäure
66,2
kohlensaurer Baryt
545 „
Baryt
28,1
Soda
155 „
Natron
5,7
––––––
100,0
Das Gemenge schmolz recht schwer, lieferte indeß ein bei Weißgluth durchsichtiges
Glas. Bei fallender Ofentemperatur entglaste sich letzteres rasch und vollständig,
und bildete erkaltet eine dichte weiße Masse von körnig krystallinischem Gefüge und
großer Härte, spec. Gew. = 2,864, deren Zusammensetzung:
Kieselsäure
64,31
Schwefelsäure
0,45
Thonerde + Eisenoxyd
1,84
Baryt
26,71
Natron
6,69
––––––
100,00
oder nach Abzug von Thon und Glaubersalz:
Kieselsäure
65,4
Baryt
28,0
Natron
6,6
–––––
100,0
Auch in Beziehung auf leichte Entglasbarkeit bei einer Steigerung des
Kieselsäuregehaltes bis zur Sättigung 2RO 7SiO², oder gar RO 4SiO²,
zeigen somit die Alkali-Barytgläser den Alkali-Kalkgläsern ganz
analoges Verhalten, und ist somit der Baryt auch auf der Hütte in jeder Beziehung
nur als Vertreter des Kalkes, als alkalische Erde aufzufassen.
Scheinbar, aber eben auch nur bei oberflächlicher Betrachtung, stehen hiermit die
alkalifreien Baryt Kalkgläser, wie solche von Peligot und
anderen Autoren aufgeführt werden, im Widerspruch. Ein Eingehen auf die
Zusammensetzung derselben zeigt indeß, daß man es in ihnen mit einer gänzlich
anderen Gruppe von Körpern zu thun hat. Während gute alkalihaltige Gläser sich
nämlich in der Nähe der Sättigung RO 3SiO² halten, entsprechen jene höchstens
der Sättigung RO 2SiO², so ein von Bontemps
hergestelltesBontemps, Guide du verrier, Paris 1868,
p. 241. der Zusammensetzung:
Kieselsäure
46,50
Kalk
14,13
Baryt
39,20
–––––
99,83
und das obenerwähnte Peligot'scheAnallesdu Conservatoire des arts et métiers, t.
II p. 445. der Zusammensetzung:
Kieselsäure
46,5
Kalk
6,3
Baryt
47,2
––––
100,0
Ein dem letzteren ähnliches Glas versuchte ich zunächst herzustellen.
Gemenge
berechnete
Zusammensetzung
Sand
1000 Thle.
Kieselsäure
44,2
Marmor
245 „
Kalk
5,9
kohlensaurer Baryt
1455 „
Baryt
49,9
–––––
100,0
Die Masse kam sehr leicht in Fluß, und lauterte gut, das gewonnenegewonneue
Glas war ziemlich
farblos (leichte Eisenfärbung), von mittlerer Härte und starkem Glanze. Spec. Gew. =
3,519, also dem der schwersten Bleigläser gleichkommend. Zusammensetzung:
Kieselsäure
44,93
Thonerde + Eisenoxyd
3,48
Kalk
6,61
Baryt
44,98
––––––
100,00
oder, nach Abzug von 7,55 Proc. Thon:
Kieselsäure
44,20
Kalk
7,15
Baryt
48,65
––––––
100,00
Auch dieses alkalifreie Glas zeigte, wie die gewöhnlichen alten Gläser der Sättigung
RO 2SiO², an der hier noch 7,8 Proc. Kieselsäure fehlen, sehr geringe
Resistenz gegen Wasser und chemische Agentien, und theilt neben dem hohen spec.
Gewicht somit mit den Bleigläsern auch diese Untugend, sowie die andere daß es
leicht „striefig“ ausfällt.
Um mich nun davon zu überzeugen, ob es nicht möglich ist, ohne Alkalizusätze Gläser
der Sättigung RO 3SiO² zu erlangen, wurde eine kleine Portion eines Gemenges
angefertigt, das ein Glas der Zusammensetzung BaO, CaO 6SiO² hätte liefern
können. 50 Gramme dieses Gemenges wurden im Platintiegel 1 Stunde hindurch der
vollen Weißgluth des Glasofens ausgesetzt, lieferten indeß nur eine harte Fritte,
die hier und dort geringe Mengen durchsichtigen Glases enthielt, und auch nach
weiteren 6 Stunden, voller Ofenhitze ausgesetzt, nicht in's Schmelzen kam. Die
geringen Quantitäten Glas wurden ausgebrochen und ergab eine Analyse derselben die
Zusammensetzung:
Kieselsäure
56,25
Kalk
16,60
Baryt
26,14
––––––
100,00
welche der einer Verbindung BaO, 2CaO 6SiO² nahe kommt,
welche erfordert:
Kieselsäure
57,6
Kalk
17,9
Baryt
24,5
–––––
100,0
Da ich glaubte, hierin die Maximalgrenze der Schmelzbarkeit erreicht zu haben, wurde
nachstehendes Gemenge angesetzt:
Gemenge
berechnete
Zusammensetzung des Glases
Sand
1000 Thle.
Kieselsäure
55,5
Marmor
600 „
Kalk
18,7
kohlensaurer Baryt
600 „
Baryt
25,8
–––––
100,0
Wie vorauszusehen, war dasselbe sehr schwerschmelzbar, und das aus demselben
erhaltene Glas sehr striefig und hart. Spec. Gew. = 3,101. Zusammensetzung:
Kieselsäure
54,69
Thonerde + Eisenoxyd
3,74
Kalk
17,06
Baryt
24,51
––––––
100,00
und nach Abzug des Thones:
Kieselsäure
54,72
Kalk
18,59
Baryt
26,69
––––––
100,00
Schwerschmelzbarkeit und Härte dieses Glases ließen mich auf erhöhte
Resistenzfähigkeit gegen chemische. Agentien hoffen, aber ein deßfallsiger Versuch
bestätigte solche Hoffnung nicht, und so dürften die Baryt-Kalkgläser ohne Alkali für die Praxis der Hütten nur von
untergeordneter Bedeutung seyn. (Im Auszuge aus des
Verfassers „Beiträge zur Chemie des Glases,“ Dorpater Doctordissertation, 1871.)