Titel: | Das Blaubrennen des Ultramarins direct aus der Rohmasse; von Carl Fürstenau. |
Autor: | Carl Fürstenau |
Fundstelle: | Band 202, Jahrgang 1871, Nr. CV., S. 446 |
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CV.
Das Blaubrennen des Ultramarins direct aus der
Rohmasse; von Carl
Fürstenau.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Fürstenau, über das Blaubrennen des Ultramarins in einem
Brand.
Das Blaubrennen in einem Brand hat in den letzten Jahren
die Aufmerksamkeit der Ultramarinfabrikanten in hohem Maaße auf sich gezogen, so daß
es wohl am Platze seyn dürfte, dieses Verfahren bekannt zu machen und zu
besprechen.
Mengt man alaunhaltiges Ultramaringrün mit einer schwachen Lösung von Harz in
Schwefelkohlenstoff, so daß es eben feucht erscheint, und glüht über der
Spirituslampe im Porzellantiegel, so erhält man Blau. Dieß ist der
Fundamentalversuch für das ganze Verfahren. Entfernung des das Grün bedingenden
Schwefels durch feinzertheilten Kohlenstoff, bei einer die Bildung von
Schwefelkohlenstoff einleitenden Glühhitze, ist die Aufgabe. Dieß erfordert aber
neben dem feinst vertheilten Kohlenstoff auch freien Schwefel im Ultramaringrün,
also Material zu Fünffach-Schwefelnatrium, und Ueberschuß an Kohle oder
besser Harz in der Rohmasse. Fernere Bedingung ist: „Nichtsintern des Grüns,“ also Erzeugung desselben bei
möglichst niedriger Temperatur; deßhalb leichtgebrannter Kaolin, frei von noch
unzersetztem Feldspath, wenn nöthig, je nach dem Thonerdegehalt, unter Beifügung von
Kieselerde (feinstgemahlenem Quarz, Infusorienerde etc.).
Die Mischungen schwanken je nach den anzuwendenden Oefen und Steinkohlen etwa
zwischen folgenden Verhältnissen:
100 Kaolin
bis:
100 Kaolin
90 Soda
95 Soda
110 Schwefel
120 Schwefel
10 Harz
15 Harz
10 Kohle
Die Mischungen werden erst ohne Schwefel und Harz feinst gemahlen, und hierauf muß
die größte Sorgfalt verwendet werden, da der Erfolg größtentheils davon abhängt;
nachdem sie so fein genug sind, mengt man den pulverisirten Schwefel und Harz bei,
und läßt noch zweimal durch die Mühle laufen. Die Masse wird dann locker in Häfen
gefüllt. Die Häfen sind 0,26 Meter hoch, oben 0,20 Met., unten 0,15 Met. (Alles im
Lichten) weit; die Wandstärke ist oben 0,01 Met., unten 0,02 Met. Die Deckel haben
einen eingreifenden Rand von 0,01 Met. Höhe. Die gefüllten Häfen werden nun mit
sandhaltigem Lehm dicht geschmiert und getrocknet, und dann mit einem nassen Pinsel
nochmals alle kleinen Risse dichtgestrichen und langsam trocknen gelassen.
Die Einrichtung der Oefen ist aus der beigegebenen Zeichnung Fig. 4 und 5 ersichtlich. Sie sind
quadratisch, mit Feuerungen an jeder Seite und einem kleinen Schornstein im
Kreuzungspunkt der Diagonalen. Die Rauchcanäle gehen unter dem Ofen durch nach dem
Hauptschornstein. Die Häfen werden umgestürzt, d.h. auf den Deckeln stehend,
eingesetzt. Im Beginn wird langsam geschürt, so daß erst nach 5–6 Stunden der
Ofen auf seiner richtigen Gluth (dunklen Rothgluth) steht, auf welcher er, je nach
dem Zusatz von Harz, der Größe der Oefen und Weite der Häfen, 13–20 Stunden
erhalten wird.
Jedes, auch das mindeste Ueberhitzen verhindert das Blaubrennen; die Grenzen
innerhalb deren es stattfindet, sind eng, doch haben einige Probebrände hierin für
einen geübten Heizer bald Sicherheit gebracht. Nach langsamer Abkühlung kann der
Ofen geöffnet werden. Die Masse muß in ein schön röthliches Blau verwandelt seyn,
welches äußerst zart, weder an den Rändern der Häfen weiß, noch im Inneren ungaar
seyn mag, und ohne „egalisirt“ zu werden sofort in die
Wässerung gebracht werden kann.
Ist dieß nicht Alles im vollkommensten Maaße und allezeit sicher der Fall, so
verschwindet der Vortheil der berühmten Blaubrennerei, welcher eigentlich nur darin
besteht, daß ein einmaliger Gefäßwechsel erspart wird. Es ist dieselbe Zeit nöthig
wie beim Grünbrennen und Rösten, denn ein Grünbrand von 28 Centner Rohmasse in einem
Ofen dauert nur 8 Stunden und das Rösten höchstens 10 Stunden. Beides kann je von
einem Arbeiter begonnen und zu Ende geführt werden, was bei der langen Schürzeit beim
directen Blaubrennen nicht der Fall ist, sondern derselbe Brand von dem einen
Arbeiter begonnen und von einem anderen vollendet werden muß. Ein anderer Nachtheil
liegt darin, daß die Ultramarinbildung, bei so niedriger Temperatur, eine mehr
oberflächliche bleibt, und deßhalb das Rohblau in den Naßmühlen viel zu hell wird.
Endlich ist es nicht möglich, auf diese Weise Glaubersalzultramarin oder die
sogenannten „Nürnberger Sorten“ zu erzeugen. Uebrigens sind die
Producte, bei vollkommenem Gelingen, sehr schön.
Erklärung der Ofenzeichnung (Fig. 4 und 5):
a zwei Feuerungen,
b Herd zum Daraufstellen der Häfen (3 bis 4
übereinander),
c Einsatzöffnung,
d und e, f, g, h Canal nach
dem Hauptschornstein. Die Pfeile geben die Richtung der Flamme.