Titel: | Das Emailliren der Kochgeschirre. |
Fundstelle: | Band 202, Jahrgang 1871, Nr. CXVI., S. 503 |
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CXVI.
Das Emailliren der Kochgeschirre.
Ueber das Emailliren der Kochgeschirre.
Die Frage, ob die Emaille der in Berlin zum Verkauf gestellten Kochgeschirre völlig
bleifrei und der Gebrauch derselben nicht gesundheitsnachtheilig sey, beantwortete
Dr. Ziurek, welcher für
die diesen Gegenstand betreffende Polizei-Verordnung die erforderlichen
chemischen Untersuchungen ausgeführt hat, in der Berliner polytechnischen
Gesellschaft in einem längeren Vortrag, dem wir Folgendes entnehmen:
Daß die Emaille einen dichten, gleichmäßig vertheilten, fest an die Metallflächen
haftenden Ueberzug zu bilden habe, verlangte man von dieser von jeher; daß die
Emaille aber der Einwirkung von kochendem Wasser und Speisegemischen, resp.
schwachen Säuren widerstehen sollte, daß sie auch unter Einwirkung der
Kochtemperatur und bei der dadurch bewirkten Ausdehnung des Metalles dennoch ihre
Haftfähigkeit nicht verlieren, auch Elasticität genug haben sollte, um leichteren
Biegungen und Erschütterungen des Eisens zu folgen, das waren besondere Bedingungen,
die noch nie einer Emaille gestellt worden waren. Daß diese Bedingungen erfüllt
worden sind, stellt den Werth dieser Erfindung weit über alle Verdienste, die je zu
irgend einer anderen Zeit von irgend einer anderen Emaille erfüllt worden waren. Der
erste Erfinder dieser Emaille läßt sich schwer ermitteln. Es ist möglich, daß die
Emaille in Belgien und
England eher existirt hat als bei uns. Ob sie so vorzüglich war, wie die unserige
jetzt ist, muß dahin gestellt bleiben, doch bemerkt Dr.
Ziurek, daß die allerschlechteste, bleihaltigste
Emaille, die er untersuchte, belgisches Fabricat war. Bei uns hat die Anfertigung
emaillirter Kochgeschirre ihren Ausgangspunkt von der königl. Eisengießerei in
Gleiwitz gehabt, wo Hüttenmeister Cuchull zuerst nach der
jetzt allgemein üblichen Methode gußeisernes Kochgeschirr emaillirte. Von der
königl. Eisengießerei in Gleiwitz, woselbst die Herstellung und Anwendung der
Emaille als strengstes Geheimniß behandelt wurde, hat sich dennoch die Emaille auf
andere Hütten übertragen, und jetzt wird an weit über fünfzig Orten Schlesiens, der
Lausitz, Westphalens und Rheinlands ein ganz vortreffliches emaillirtes Geschirr
producirt.
Der Emailleproceß zerfällt in folgende Operationen:
1) Herstellung der Grundmasse,
2) Auftragen und Brand,
3) Herstellung der eigentlichen Emaille,
4) Auftragen und Brand der emaillirten Gefäße.
1) Die Herstellung der Grundmasse bildet die eigentliche Basis der Emaillirung von
eisernen Kochgeschirren. Wie schon erwähnt, dehnt sich das Eisen in höheren
Temperaturgraden erheblich mehr aus, als die Emaillen. Da nun die wesentlichste
Bestimmung der Emaillen der Kochgeschirre ist, bei Kochtemperatur nicht abzuspringen
oder gar zu reißen, so war es die größte Schwierigkeit, dieses verschiedene
Ausdehnungsvermögen der beiden zu vereinigenden Körper zu überwinden. Man erreichte
dieß, als man das eigenthümliche ganz geeignete Verhalten eines Körpers, der
Borsäure, resp. der borsauren Verbindungen, zu dem Eisen kennen lernte. Bringt man
ein borsaures Salz, gewöhnlich Borax, für sich oder in Verbindung mit Kieselsäure
oder mit einem Silicate auf eine vorher gut gereinigte Eisenplatte und glüht
dieselbe, so haftet dieser so entstandene Ueberzug mit außerordentlicher Kraft an
dem Eisen und behält nach außen eine poröse rauhe Oberfläche. Gerade hierin beruht
die gesuchte Eigenschaft der Vermittelung der Verbindung der aufzutragenden Emaille
mit dem Eisen. Auch die höchsten Temperaturgrade, welche das Eisen aushält, sind
nicht im Stande, einen Ueberzug von richtig gewählten borsauren Verbindungen von dem
Eisen abzuschmelzen.
Die Grundmasse wird nun auf folgende Weise dargestellt. Die Materialien dazu bestehen
aus Borax, Quarzmehl oder Feuerstein, oder ganz reinem Quarzsand und Feldspath. Die
letzteren werden glühend gemacht, durch kaltes Wasser abgeschreckt und fein
gemahlen. Nachdem die Stoffe richtig gemischt sind, wird die Masse in einem
feuerfesten Tiegel,
dessen Boden durchlöchert ist, in einem gewöhnlichen deutschen Tiegelofen
geschmolzen. Durch die Bodenöffnung des Tiegels geht ein Rohr, welches durch die
Roste reicht und dessen Mündung über einem untergestellten, mit Wasser gefüllten
Gefäß steht. Diese Mündung ist anfangs mit Chamottenmasse verstrichen. Ist die im
Tiegel befindliche Masse in genügendem Fluß, so wird die Mündung des Rohres geöffnet
und die glühende Glasmasse tröpfelt in das Wassergefäß. Der Tiegel bleibt im Feuer;
es wird in denselben von Neuem Masse eingebracht, das Mündungsrohr wieder
geschlossen und die Schmelzung von Neuem begonnen. Die in das Wassergefäß getropfte
Glasmasse wird herausgenommen, gestampft und dann in Glasurmühlen auf's Feinste
gemahlen. Nachdem dieß geschehen ist, erhält die Masse, um ihr eine größere
Plasticität zu geben und ihre Vermischungsfähigkeit mit Wasser zu erhöhen, einen
Zusatz von feingeschlämmtem Thon oder Feldspath, und wird in dieser Vermischung
breiförmig auf die Geschirre aufgetragen. Die Geschirre sind zu diesem Behufe
besonders vorbereitet und vorgewärmt.
Früher war man wohl der Ansicht, daß sich nur bestes Holzkohleneisen zur Emaillirung
eigne. Von dieser Ansicht ist man indeß längst zurückgekommen. Thatsächlich eignet
sich jeder Eisenguß zur Emaillirung. Es gibt aber eine andere wesentlichere
Bedingung für die sich zu Kochgeschirren eignende Gußwaare, als die Beschaffenheit
des Eisens; es ist die der möglichsten Dünnheit der Wände. Abgesehen davon, daß die
Verwendung von wenig Eisen zu dieser Waare aus ökonomischen Rücksichten für die
Producenten selbst erforderlich ist, insofern diese Gußwaare sehr billig geliefert
werden muß, ist die Dünnheit der Wände auch aus dem Grunde nothwendig, weil in
relativ sehr dünnwandigen Gefäßen der Kochproceß viel leichter von statten geht als
in dickwandigen, zumal auch der Emailleüberzug denselben überhaupt verzögert. Aus
diesem Grunde hauptsächlich ist die Herstellung sehr dünnwandiger Gefäße eine
Hauptbedingung guter Kochgeschirre. Zu dünnwandigem Eisenguß eignet sich
selbstverständlich dasjenige Eisen am besten, welches bei relativ niedriger
Temperatur am längsten flüssig bleibt. Dieß ist nun nicht bei dem besten Eisen,
sondern gerade bei solchem der Fall, welches viel Phosphor enthält. Ein solches
Eisen wird aus dem Raseneisenstein gewonnen. Dieses Eisen, welches sich sonst zur
Herstellung von Walz- und Schmiedeeisen, überhaupt für den Puddel- und
Bessemerproceß nicht eignet, gibt einen ganz vortrefflichen, sehr dünnwandigen
Eisenguß. Auf die Verwendung dieses Raseneisensteines, der in ausgedehnten Lagern in
der Lausitz und Schlesien vorkommt, gründet sich eine erhebliche Anzahl von
Gießereien, welche als Hauptproductionszweig die Herstellung von emaillirten Kochgeschirren betreiben
und dasselbe in sehr vorzüglicher Qualität herstellen. In oberschlesischen und
rheinischen Gießereien werden dergleichen Gefäße, wenn auch nicht so dünnwandig, aus
gewöhnlichem Kohksroheisen hergestellt.
2) Behufs Auftragung der Grundmasse müssen die Gefäße vorerst äußerst sauber und
vollkommen von jeder Spur anhängenden Formsandes oder Eisenoxydes befreit werden. Es
geschieht dieß durch Abreiben mit Sand, nachdem die Gefäße vorher einige Zeit in
verdünnte Schwefelsäure getaucht worden waren. Wenn sie vollkommen blank gescheuert
worden sind, werden die Gefäße dann von der anhängenden Säure durch Spülen in heißem
Wasser sorgsam befreit und rasch getrocknet. Zu dem Auftragen der Grundmasse werden
die Gefäße dann vorgewärmt. Es geschieht dieß in einem Wärmofen, in welchem die
Gefäße etwas mehr als lauwarm, etwa auf 60 bis 70° C. erwärmt werden. Die
breiförmige Grundmasse wird in die Gefäße hineingetragen, darin rasch und
gleichmäßig vertheilt und der überschüssige Theil der Grundmasse herausgegossen. Die
so mit Grundmasse überzogenen Gefäße werden in einem Trockenofen allmählich, zuletzt
scharf getrocknet und dann in einem Muffelofen geglüht. Diese Operation erfordert
eine sehr große Aufmerksamkeit. Die erforderliche Temperatur darf nicht über-
und nicht unterschritten werden, und jedes einzelne Geschirr muß bezüglich der
anzuwendenden Temperatur und Zeitdauer des Glühens überwacht werden, wozu passende
Vorkehrungen angebracht sind, vermittelst deren der Arbeiter ohne Oeffnen der Thür
des Ofens die einzelnen Gefäße nach Maaßgabe der ihnen erforderlichen Temperatur
wenden und rangiren kann. Helle Rothgluth in einer Zeitdauer von etwa einer
Viertelstunde muß jedes Geschirr erhalten. Die Grundmasse darf nur schwach
gesintert, nicht geschmolzen seyn. Sie muß eine rauhe, poröse, an dem Geschirr dicht
haftende, aber mit einem scharfen Stahlinstrument noch zu ritzende Decke bilden.
3) Ist die Grundmasse eingebrannt, so wird die eigentliche Emaille oder Deckmasse
aufgetragen. An diese Emaille, resp. Deckmasse werden nun eine sehr große Menge von
Bedingungen gestellt. Zunächst wird von ihr verlangt, daß sie, wenn auf die
Grundmasse aufgetragen und gebrannt, ihr fest und dicht anhaftet. Dann muß sie eine
große Härte, Unveränderlichkeit in kochendem Wasser und Speisegemischen, schönes
weißes porzellanartiges sauberes glänzendes Ansehen haben, darf keine Risse und
Poren zeigen und darf auch keine gesundheitsnachtheiligen Bestandtheile enthalten.
Es ist begreiflich, daß es schwer war, so vielen Anforderungen auf einmal zu
genügen, zumal man dieselben innerhalb schwieriger und mühsamer Manipulationen zu
erreichen hatte.
Ihrer Zusammensetzung und ihrem Verhalten bei höheren Temperaturen zufolge ist die
Emaille ein Glas, und zwar ein weißes undurchsichtiges Glas. Zur Erzeugung
derartiger weißer undurchsichtiger Gläser sind die Mittel stets sehr beschränkte
gewesen. Es können dazu nur solche Mittel angewendet werden, welche unfähig sind,
sich mit den Bestandtheilen des Glassatzes zu einem klaren Glas zu verbinden, oder
aber, wenn auch in der schmelzenden Glasmasse gelöst, sich bei deren Erkalten in
Form eines amorphen weißen Körpers ausscheiden und dadurch der Glasmasse ein opakes
Ansehen geben. Das Milchglas, Beinglas, die Emaille sind solche Gläser. Als Mittel
hierzu hat man bis jetzt nur die phosphorsaure Kalkerde (Knochenerde, daher
Beinglas), das Zinnoxyd, in jüngster Zeit die Thonerde angewendet. Alle übrigen
empfohlenen Mittel haben sich nicht bewährt. Zur Emaille wird überwiegend noch
Zinnoxyd, neuerdings die Thonerde in Form von Kryolith oder auch Feldspath
verwendet. – Als Basis des leicht schmelzbaren Glases, welches die Emaille
darstellt, dient Soda, auch wohl Kali in Form von Salpeter, niemals Kalk; sehr oft
wird auch hier Borax zugesetzt. In den allermeisten Fabriken wurde nun früher als
Base auch Bleioxyd oder Zinkoxyd verwendet. Das Bleioxyd gibt ein leicht
schmelzbares Glas von schönem Glanz, und die bleioxydhaltigen Emaillen zeichneten
sich stets durch eine sehr schöne gleichmäßig geflossene glänzende Glasur aus.
Leider fehlte die Kehrseite hiervon nicht. Das Bleioxyd derartiger Emaillen ist,
zumal dann, wenn es fast ausschließlich Basis ist, in Essig und anderen sauren
Speisegemischen löslich, nicht leicht löslich, aber immerhin in einem Grad, daß
demselben gesundheitsnachtheilige Wirkungen beigeschrieben werden müssen. In einem
(aus Belgien stammenden) emaillirten schmiedeeisernen Schortopf gingen dadurch, daß
1 Liter Essig von 3 Proc. Essigsäuregehalt 1 Stunde gekocht wurde, 15 Centigramme
Bleioxyd in Lösung. Bei quantitativer Analyse der Gläser fand sich Bleioxyd als
ausschließliche Base verwendet. Andere damals (vor circa
7 Jahren) untersuchte bleihaltige Emaillen waren nicht durch Essig, wohl aber durch
Essigsprit zu zersetzen, resp. aus ihnen das Bleioxyd ausziehbar. Im ersteren Fall
waren wirklich nachweisbare Bleivergiftungs-Symptome die Veranlassung zu der
Untersuchung gewesen. Dieß gab den Impuls zu der Untersuchung der Emaillen
überhaupt, und Dr. Ziurek
ging dabei von dem Gesichtspunkte aus, daß alle bleihaltigen Emaillen, aus denen
durch 6 Proc. Essigsäure haltenden Essig Blei gelöst werde, als
gesundheitsnachtheilig zu bezeichnen seyen.
Dasselbe gilt vom Zinkoxyd. Ein Zusatz von Zinkoxyd erhöht gleichfalls sehr erheblich
den Glanz der Emaille und fördert deren Leichtflüssigkeit. Zinkhaltige Emaillen
zersetzen sich aber relativ noch leichter als bleihaltige. Dr. Ziurek hat auch hierbei den Grundsatz
festgehalten, daß alle diejenigen zinkhaltigen Emaillen, aus welchen 6 Proc.
Essigsäure haltender Essig Zinkoxyd zu lösen im Stande ist, als
gesundheitsnachtheilig, resp. zur Emaillirung von Gefäßen, welche zum Kochen von
Speisen verwendet werden sollen, als nicht geeignet zu bezeichnen seyen. Diese
Anschauungen wurden auch von dem Berliner Polizei-Präsidium gebilligt und
waren die Veranlassung, daß die Geschirre der gräflich Einsiedel'schen Eisengießerei zu Lauchhammer, welche damals allein
vollkommen frei von Bleioxyd und Zinkoxyd befunden worden, als solche empfohlen
wurden. Dieß hatte aber zur Folge, daß nun auch die meisten übrigen Werke, unter
anderen die königl. Eisenhütte in Gleiwitz, die Marienhütte bei Kotzenau von Schlittgen und Haase, die
Wilhelmshütte bei Sprottau, bald eine eben so vollkommen von Blei- und
Zinkoxyd freie Emaille lieferten. Die Gießereien der Marienhütte zeichnen sich
außerdem durch besonders geschmackvolle Form und leichten Guß aus.
4) Der Vorgang der Herstellung und Auftragung der Deckmasse, sowie der Brand der
Emaille ist dem bei der Grundmasse beschriebenen ganz analog, nur muß hierbei noch
mehr Sorgsamkeit, sowohl bei dem Auftragen als bei dem Glühen der Gefäße beobachtet
werden.
Als ein weiterer Fortschritt in dem hier besprochenen Industriezweige ist die
Herstellung schmiedeeiserner Gefäße zu erwähnen, welche mit einer von Metallen (auch
von Zinn) freien Glasur emaillirt sind. Dieselben stammen aus der dem Hrn. Emil Soltmann gehörenden Eisenhütte bei Thale. Es liegt nahe,
daß schmiedeeiserne Geschirre sich durch größere Haltbarkeit auszeichnen. Ueberdem
ist es möglich, dieselben noch dünnwandiger darzustellen als gußeiserne Geschirre.
In der Glasur der vorerwähnten Geschirre ist Thonerde das färbende, resp.
weißmachende Material. Die Glasur widersteht dem Essig vollkommen und wird durch
verdünnte Salzsäure erst nach mehrstündigem Kochen aufgeschlossen. Obgleich die
Farbe dieser Emaille nicht so schön weiß ist, als die der anderen zinnhaltigen
Emaillen, so ist dieselbe doch in hohem Grad vollkommen und entspricht allen
Anforderungen, welche die Sanitätspolizei an dieselbe machen kann. (Deutsche
Industriezeitung, 1871, Nr. 48.)