Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 202, Jahrgang 1871, Nr. , S. 555 |
Download: | XML |
Miscellen.
Miscellen.
Ueber Cornwallkessel.
In einer Sitzung des Aachener Bezirksvereines deutscher Ingenieure äußerte Director
Hilt, daß seit etwa 10 Jahren in und um Saarbrücken
ausschließlich Kessel mit innerer Feuerung aufgestellt wurden, und daß die dabei
gewonnenen Erfahrungen so günstig sind, daß augenblicklich kein anderes System
Aussicht auf Annahme hat. Redner hat diese Kessel im ausgedehnten Maaße auch auf den
Gruben des Wurmrevieres angewendet und findet dieselben in der Saarbrücker Gegend,
wo viel magere Kohle gebrannt wird, deren strahlende Wärme bei diesen Kesseln
vollständig zur Dampfbildung ausgenutzt wird, besonders vortheilhaft. Versuche der
Société industrielle de Mulhouse haben
ergeben, daß bei Kesseln mit außen liegenden Feuern etwa 25 Procent der erzeugten
Wärme von dem Mauerwerk absorbirt und also nicht nutzbar gemacht werden. Um nicht zu
starke Bleche zu bekommen, empfiehlt es sich, Kessel mit nur einem, aber hinreichend
weiten Feuerrohr zu bauen, welche auch den Vortheil haben, daß sie sich viel
regelmäßiger ausdehnen, als die sehr weiten Kessel mit zwei Feuerrohren. Die
Versuche mit diesen neuen Kesseln haben ergeben, daß trotz einer geringeren Qualität
der verbrannten Kohle die Ersparniß etwa 1/3 gegenüber den bisher benutzten Kesseln
betrug; dabei ist die Verdampfung eine sehr rasche und intensive. Es ist Sorge dafür
zu tragen, daß die Kohlen oft und in möglichst dünnen Schichten aufgegeben werden,
überhaupt die Wartung des Kessels eine sorgfältige und aufmerksame sey.
Auf eine Frage wegen Zugänglichkeit der Cornwallkessel behufs Reinigens von
Kesselstein erwiederte Director Hilt, daß er seine Kessel
zweimal wöchentlich mit etwas Dampfdruck abblasen und mit eingepumptem warmem Wasser
ausspülen lasse. Auf diese Weise genüge eine halbjährige durchgreifende Reinigung.
Was die Unterhaltungskosten betrifft, so sind dieselben natürlich sehr verschieden,
jedoch im Ganzen gering, besonders bei Kesseln mit einem
Feuerrohr, welche manchmal fünf Jahre ohne Reparatur in Betrieb sind. (Berggeist,
1871, Nr. 56.)
Die größte Gebläsemaschine.
Das größte horizontale Cylindergebläse, welches bisher gebaut worden ist, soll nach
dem Engineer, Nr. 825 S. 277 ein kürzlich von Hopkins, Gilkes und Comp. in
Middlesbrough für den Betrieb zweier großer Hohöfen auf einem Eisenwerke bei
Middlesbrough geliefertes seyn. Der Gebläsecylinder hat 9 Fuß Durchmesser und ebenso
viel Hub, der Dampfcylinder 4 1/4 Fuß Durchmesser und 9 Fuß Hub. Die
Kolbengeschwindigkeit beträgt 396 Fuß pro Minute, die
Windlieferung 24976 Kubikfuß pro Minute. (Die
Kolbenfläche ist zu 63,092 Quadratfuß angegeben und darnach obige Lieferung durch
Multiplication mit der Kolbengeschwindigkeit berechnet, der Nutzeffect also zu 100
Procent angenommen.) Der Dampfcylinder erhält seine Steuerung durch entlastete
Kolben. Im Gebläsecylinder befinden sich in jedem Deckel um die Mitte herum 16
Saugventile und in der Nähe des Randes 16 Blaseventile. (Deutsche
Industrie-Zeitung, 1871, Nr. 45.)
Schlackenbürsten für Walzwerke.
Auf dem Griswould-Walzwerke zu Troy (Amerika) ist eine Drahtbürste zum
Abstreifen der Schlacke von starken Rundeisenstäben während des Walzens in Gebrauch.
Diese Bürste ist an der Auflagestange auf der Auslaßseite der Walzen angebracht, und
die durch den Draht hindurch gehende Eisenstange wird in wirksamer Weise von den ihr
anhängenden Schlacken gereinigt, während sie die übliche Anzahl von Durchgängen durch das Fertigkaliber
macht. Es wird behauptet, daß eine solche Bürste – von derselben Art wie die
Kratzbürsten zum Reinigen der rohen Eisengüsse – in gehöriger Art hinter den
Walzen angebracht, bessere Wirkungen erzielt, als der Trog voll Cinder, der manchmal
in Stahlwalzwerken zu demselben Zwecke und in derselben Stellung hinter den Walzen
aufgestellt wird. (Engineering, November 1871, S. 301;
polytechnisches Centralblatt, 1871 S. 1511.)
Die deutsche Stahlfabrication.
Es dürfte kaum einen Industriezweig in unserem Vaterlande geben, welcher in so
wenigen Jahren einen so bedeutenden Aufschwung genommen hat, wie die
Stahlfabrication. Die nachfolgende Uebersicht, welche den bis jetzt veröffentlichten
amtlichen Tabellen über die Production des
Bergwerks-, Hütten- und Salinenbetriebes im Zollverein für die Jahre 1860 bis 1869 entnommen ist, läßt erkennen, in
welchem Umfang die Stahlproduction, deren Werth und die Zahl der in den Stahlwerken
beschäftigten Arbeiter zugenommen hat.
Productionsmenge.
Stahlwerke.
Ctr.
1860:
167
506241
1861:
167
685177
1862:
185
818327
1863:
177
1085009
1864:
170
1427179
1865:
169
1990861
1866:
215
2288674
1867:
214
2451826
1868:
203
2456736
1869:
206
3226387
Productionswerth.
Thlr.
Arbeiterzahl.
1860:
4033424
3915
1861:
5492112
4938
1862:
6181921
6161
1863:
7733613
9482
1864:
11940473
10756
1865:
16299105
12947
1866:
19312838
12821
1867:
19415933
12201
1868:
19215301
11415
1869:
29659803
12578
Hiernach ist in den letzten zehn Jahren die Production von Stahl im Verhältniß von 1:
6,37, der Werth derselben von 1: 5,61 und die Arbeiterzahl von 1: 3,21 gestiegen. Im
Durchschnitt von 1860–64 hat die Production jährlich 904387 Ctr., von
1865–69 dagegen 2482897 Ctr. betragen. Die hohe Bedeutung dieses
Industriezweiges in volkswirthschaftlicher Beziehung tritt ganz besonders hervor,
wenn man berücksichtigt daß die im Jahre 1860 producirte Stahlmenge am Ursprungsort
nur einen Werth von 4038424 Thalern hatte, während letzterer sich 1869 bereits auf
22656803 Thaler belief. Durch großen Aufschwung der Stahlfabrication ragt besonders
Preußen hervor, welches im Jahre 1869 allein 92,6
Proc. der nachgewiesenen Productionsmenge, nämlich 2987319 Centner im Werthe von
21721196 Thlrn. geliefert hat. Die Hauptsitze der Production sind hier die
Regierungsbezirke Düsseldorf und Arnsberg; auf ersteren entfallen für 1869: 1417210
Centner Stahl und 13767050 Thlr. Der Stahl welcher von den Werken dieser Bezirke
geliefert wird, hat von Jahr zu Jahr an Güte zugenommen; namentlich ist die
Fabrication von Gußstahl zum Kriegs- und Eisenbahnbedarf immer mehr erweitert
worden und haben sich in neuerer Zeit viele Fabriken durch enorme Bauten und
Betriebseinrichtungen, namentlich durch Anlagen von Hammer-, Walz- und
Bohrwerken zur Herstellung von Geschützen schweren Achsen und Schienen wesentlich
ausgedehnt. Weltruf hat ja die
Krupp'sche Gußstahlfabrik bei Essen, ein Etablissement
welches auf jedem Gebiet den Leistungen deutscher Industrie den Ruhm der
Ueberlegenheit über alle concurrirende Nationen verschafft hat. Diese Fabrik, welche
im Jahre 1854 mit 525 Arbeitern erst 27500 Ctr. Gußstahl fabricirte, beschäftigt
jetzt über 12000 Arbeiter und liefert allein ungefähr die Hälfte der Stahlproduction
des ganzen preußischen Staates. Neben den Gußstahlgeschützen werden dort die
verschiedenartigsten Gegenstände für Kriegsund Friedenszwecke, für Eisenbahnen,
Dampfschifffahrt, Bergbau u.s.w. durch mechanische Hülfsmittel aus rohem Stahl
gefertigt. Es folgen hier die einzelnen Regierungsbezirke ihrer Stahlproduction
nach: Aachen 163650 Ctr. für 667054 Thlr.; Cöln 35943 Ctr. für 215364 Thlr.; Oppeln
30539 Ctr. für 139077 Thlr.; Trier 15577 Ctr. für 105462 Thlr.; Cassel 26386 Ctr.
für 65519 Thlr. und Berlin 18500 Ctr. für 185000 Thlr. Die Production der übrigen
deutschen Staaten ist nur gering; sie betrug 1869 in Sachsen 189690 Ctr., Bayern
40000 Ctr., Württemberg 7117 Ctr., Braunschweig 1361 Ctr. und Thüringen 900 Ctr. im
Gesammtwerthe von 935607 Thlrn.
Während in früheren Jahren der Zollverein zur Deckung seines Bedarfes an Stahl noch
eines Zuschusses vom Auslande bedurfte, hat sich das Verhältniß gegenwärtig geändert
und können wir das Ausland mit unserem Stahl versorgen. Im Jahre 1860 betrug die
Einfuhr ausländischen Stahles 56,405 Ctr., unsere Ausfuhr 26683 Ctr, mithin die
Mehreinfuhr 29722 Ctr.; dagegen sind 1869 nur 57674 Ctr. eingeführt und 143156 Ctr.
ausgeführt worden, so daß sich eine Mehrausfuhr von 85482 Ctr. ergibt. Von der
Ausfuhr des Jahres 1869 gingen nach den Niederlanden 54795 Ctr., Hamburg 25147 Ctr.,
Oesterreich 22005 Ctr, Belgien 17343 Ctr., Bremen 4955 Ctr., Frankreich 4495 Ctr.,
Rußland 4420 Ctr., der Schweiz 2659 Ctr., außerdem ostseewärts 2894 Ctr.
Rechnet man der eigenen Stahlproduction für 1869 die Einfuhr hinzu und bringt dagegen
die Ausfuhr in Abzug, so verbleiben 3140905 Ctr. Stahl, welche für den inländischen
Verbrauch zur Verwendung gekommen sind; letzterer ist also mit 98,1 Proc. durch die
eigene Production und mit nur 1,9 Proc. durch Bezüge von ausländischem Stahl gedeckt
worden. Berechnet man in ähnlicher Weise den Stahlverbrauch für 1860, so ergibt sich
folgendes Resultat: der eigenen Production von 506241 Ctr. tritt die Mehreinfuhr mit
29722 Ctr. hinzu, so daß also der Verbrauch im Ganzen 535963 Ctr. betragen hat. Die
Zunahme des letzteren stellt sich folglich von 1860 bis 1869 auf 2604942 Ctr. oder
486 Procent, – jedenfalls der sicherste Beweis für den großartigen Aufschwung
welchen unsere Stahl-Industrie im Verlaufe des letzten Jahrzehntes genommen
hat. (Zeitschrift für die deutsche Eisen-Industrie.)
Reduction des Kupferoxydes durch Antimon.
Die in den letzteren Jahren abnehmende Einlösung der lechreicheren Gelferze bei der
Tajovaer k. Hütte verursachte eine steigende Anhäufung antimonreicher Abzugsspeise, welche auf die Kupfererzeugung von
ungünstigem Einfluß seyn mußte.
Da im Jahre 1868 abgeführte Versuche, das Kupfer aus dieser Speise durch Extraction
mit eisenchloridhaltiger Kochsalzlauge zu gewinnen, nicht den gehofften Erfolg
hatten, so wurde im Jahre 1869 die Idee verfolgt: ob es nicht möglich wäre, das
Kupferoxyd der Rückstände, analog wie beim gewöhnlichen Reductionsproceß durch
Schwefel, durch Antimon zu reduciren.
Obwohl gegen einen solchen Versuch wichtige Gründe sprachen, war man doch durch die
Nothwendigkeit, die angehäufte Speise aufzuarbeiten, gewissermaßen hierzu genöthigt,
und es stellte sich nach einigen Versuchen im Großen die Thatsache heraus, daß diese
neue Reductionsmethode allerdings begründet und im Großen ausführbar ist.
Da jedoch das so allein erzeugte Gaarkupfer, wovon eine Analyse vorbereitet ist, für
sich als nur in geringen Mengen verwendbar anerkannt wurde, so wurde diese
Reductionsmethode nur in seltenen Fällen allein für sich angewendet und meistens
combinirt mit dem gewöhnlichen Reductionsproceß ausgeführt.
So war es möglich, im Jahre 1869 die Menge von 2006 Ctrn. Abzugsspeise mit einem
Antimongehalte von circa 600 Ctrn. bei der Reduction
aufzubringen und hieraus
ein gutes, brauchbares Gaarkupfer zu erzeugen. (Aus der ungarischen Bergwerkszeitung
„Bányász. és
Kohász. lap.“ durch die berg- und
hüttenmännische Zeitung, 1871, Nr. 42.)
Gesetz, betreffend die Ausprägung von Reichsgoldmünzen, vom 4.
December 1871.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von
Preußen etc., verordnen im Namen des Deutschen Reiches, nach erfolgter Zustimmung
des Bundesrathes und des Reichstages, wie folgt:
§. 1. Es wird eine Reichsgoldmünze ausgeprägt, von welcher aus Einem Pfunde
feinen Goldes 139 1/2 Stück ausgebracht werden.
§. 2. Der zehnte Theil dieser Goldmünze wird Mark genannt und in hundert
Pfennige eingetheilt.
§. 3. Außer der Reichsgoldmünze zu 10 Mark (§. 1) sollen ferner
ausgeprägt werden:
Reichsgoldmünzen zu 20 Mark, von welchen aus einem Pfunde feinen
Goldes 69 3/4 Stück ausgebracht werden.
§. 4. Das Mischungsverhältniß der Reichsgoldmünzen wird auf 900 Tausendtheile
Gold und 100 Tausendtheile Kupfer festgestellt.
Es werden demnach 125,55 Zehn-Mark-Stücke, 62,775
Zwanzig-Mark-Stücke je Ein Pfund wiegen.
§. 5. Die Reichsgoldmünzen tragen auf der einen Seite den Reichsadler mit der
Inschrift „Deutsches Reich“ und mit der Angabe des Werthes in
Mark, sowie mit der Jahreszahl der Ausprägung, auf der anderen Seite das Bildniß des
Landesherrn, beziehungsweise das Hohheitszeichen der freien Städte, mit einer
entsprechenden Umschrift und dem Münzzeichen. Durchmesser der Münzen, Beschaffenheit
und Inschrift der Ränder derselben werden vom Bundesrathe festgestellt.
§. 6. Bis zum Erlaß eines Gesetzes über die Einziehung der groben Silbermünzen
erfolgt die Ausprägung der Goldmünzen auf Kosten des Reiches für sämmtliche
Bundesstaaten auf den Münzstätten derjenigen Bundesstaaten, welche sich dazu bereit
erklärt haben.
Der Reichskanzler bestimmt unter Zustimmung des Bundesrathes die in Gold
auszumünzenden Beträge, die Vertheilung dieser Beträge auf die einzelnen
Münzgattungen und auf die einzelnen Münzstätten, und die den letzteren für die
Prägung jeder einzelnen Münzgattung gleichmäßig zu gewährende Vergütung. Er versteht
die Münzstätten mit dem Golde, welches für die ihnen überwiesenen Ausprägungen
erforderlich ist.
§. 7. Das Verfahren bei Ausprägung der Reichsgoldmünzen wird vom Bundesrathe
festgestellt und unterliegt der Beaufsichtigung von Seiten des Reiches. Dieses
Verfahren soll die vollständige Genauigkeit der Münzen nach Gehalt und Gewicht
sicherstellen. Soweit eine absolute Genauigkeit bei dem einzelnen Stücke nicht
innegehalten werden kann, soll die Abweichung in Mehr oder Weniger im Gewicht nicht
mehr als zwei und ein halb Tausendtheile seines Gewichtes, im Feingehalt nicht mehr
als zwei Tausendtheile betragen.
§. 8. Alle Zahlungen, welche gesetzlich in Silbermünzen der Thalerwährung, der
süddeutschen Währung, der lübischen oder hamburgischen Courantwährung oder in
Thalern Gold bremer Rechnung zu leisten sind, oder geleistet werden dürfen, können
in Reichsgoldmünzen (§§. 1 und 3) dergestalt geleistet werden, daß
gerechnet wird:
das Zehn-Mark-Stück zum
Werthe von 3 1/3 Thlrn. oder 5 Fl. 50 Kr. süddeutscher Währung, 8 Mark 5 1/3
Schilling lübischer und hamburgischer Courant-Währung, 3 1/93 Thlr. Gold
bremer Rechnung;
das Zwanzig-Mark-Stück zum
Werth von 6 2/3 Thalern oder 11 Fl. 40 Kr. süddeutscher Währung, 16 Mark 10 2/3
Schilling lübischer und hamburgischer Courant-Währung, 6 2/93 Thlr. Gold
bremer Rechnung.
§. 9. Reichsgoldmünzen, deren Gewicht um nicht mehr als fünf Tausendtheile
hinter dem Normalgewicht (§. 4) zurückbleibt (Passirgewicht), und welche
nicht durch gewaltsame
oder gesetzwidrige Beschädigung am Gewicht verringert sind, sollen bei allen
Zahlungen als vollwichtig gelten.
Reichsgoldmünzen, welche das vorgedachte Passirgewicht nicht erreichen und an
Zahlungsstatt von den Reichs-, Staats-, Provincial- oder
Communalcassen, sowie von Geld- und Creditanstalten und Banken angenommen
worden sind, dürfen von den gedachten Cassen und Anstalten nicht wieder ausgegeben
werden.
Die Reichsgoldmünzen werden, wenn dieselben in Folge längerer Circulation und
Abnutzung am Gewicht soviel eingebüßt haben, daß sie das Passirgewicht nicht mehr
erreichen, für Rechnung des Reiches zum Einschmelzen eingezogen. Auch werden
dergleichen abgenutzte Goldmünzen bei allen Cassen des Reiches und der Bundesstaaten
stets voll zu demjenigen Werthe, zu welchem sie ausgegeben sind, angenommen
werden.
§. 10. Eine Ausprägung von anderen als den durch dieses Gesetz eingeführten
Goldmünzen, sowie von groben Silbermünzen mit Ausnahme von Denkmünzen findet bis auf
Weiteres nicht statt.
§. 11. Die zur Zeit umlaufenden Goldmünzen der deutschen Bundesstaaten sind
von Reiches wegen und auf Kosten des Reiches nach Maaßgabe der Ausprägung der neuen
Goldmünzen (§. 6) einzuziehen.
Der Reichskanzler wird ermächtigt, in gleicher Weise die Einziehung der bisherigen
groben Silbermünzen der deutschen Bundesstaaten anzuordnen und die zu diesem Behufe
erforderlichen Mittel aus den bereitesten Beständen der Reichscasse zu
entnehmen.
Ueber die Ausführung der vorstehenden Bestimmungen ist dem Reichstage alljährlich in
seiner ersten ordentlichen Session Rechenschaft zu geben.
§. 12. Es sollen Gewichtsstücke zur Aichung und Stempelung zugelassen werden,
welche das Normalgewicht und das Passirgewicht der nach Maaßgabe dieses Gesetzes
auszumünzenden Goldmünzen, sowie eines Vielfachen derselben angeben. Für die Aichung
und Stempelung dieser Gewichtsstücke sind die Bestimmungen der Artikel 10 und 18 der
Maaß- und Gewichtsordnung vom 17. August 1868 (Bundesgesetzblatt S. 473)
maaßgebend.
§. 13. Im Gebiet des Königreiches Bayern kann im Bedürfnißfall eine
Untertheilung des Pfennigs in zwei Halb-Pfennige stattfinden.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem
Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 4. December 1871.
(L. S.)
Wilhelm. Fürst v. Bismarck.
Gewinnung von Porzellanerde.
Hierzu verwendet August Lambrecht, Hofapotheker in
Bamberg, als Rohmaterial die im Keupersandstein (Kieselsandstein) häufig
vorkommenden Lagen von Thon, Quarz etc. und gibt an, daß daraus eine Porzellanerde
gewonnen werden kann, welche der von Limoges, resp. Sèvres in Frankreich und
der besten böhmischen Porzellanerde in Hinsicht auf Qualität und Billigkeit nicht
nachstehe, alle anderen Sorten von Porzellanerde aber übertreffe. Dieselbe wurde im
Durchschnitt von folgender Zusammensetzung gefunden:
75
bis
80
Proc.
wasserhaltige kieselsaure Thonerde,
8
bis
11
„
freie Kieselsäure,
1
„
Kali, Magnesia, Kalk,
Spuren von Eisen, Mangan.
Der Rest war unzersetztes Gestein, Quarz, Feldspath etc.
Die Bereitung von Porzellanerde geschieht nach folgender Methode: Vor Allem ist
darauf hingewiesen, daß nur diejenigen Lager im Keupersandstein verwendbar sind,
welche, im Trockenofen gelinde getrocknet, fast weiß, feinkörnig, leicht
zerbröcklich erscheinen und, in der hohlen Hand mit Wasser verrieben, nach dem
Trocknen auf der Haut ein höchst feines weißes Pulver zurücklassen, welches fettig
anzufühlen ist; alle lettigen, eisen- und kalkhaltigen Beimischungen müssen
entfernt werden. Das brauchbare Rohmaterial wird zuerst gepocht, so daß ein
gröbliches Pulver erhalten wird, und dann ganz fein auf Mühlen gemahlen. Die gemahlene
Masse wird hierauf zur Abscheidung der gröberen Theile in einem großen Bottich mit
Wasser angerührt und nachdem das Ganze kurze Zeit der Ruhe überlassen war, wird die
Flüssigkeit in einen anderen Bottich abgelassen, worin sich die feineren Theile
absetzen. Dieser feine Niederschlag wird nun auf einer Mühle, auf 8 Thle. der Masse
mit 3 Thln. Thon feinster Qualität von Schnaittabach (Oberpfalz) und 1 Thl. vorher
calcinirtem und ebenfalls höchst fein geschlämmtem reinen Feldspath, noch 1 Stunde
mit einander sorgfältig vermengt und durch Pressen bis zur Consistenz einer
plastischen Masse gebracht; diese Masse wird zum Schluß noch mit 1/2 Proc. Kali
genau gemengt und das Ganze anhaltend geschlagen. Die so fertige Masse läßt sich
sehr gut verarbeiten, ist plastisch, weiß und steht sehr gut im Feuer; sie eignet
sich aber weniger zu massigen Gegenständen, als namentlich zu ganz dünnen,
durchscheinenden Gegenständen. – Bayerisches Patent vom 27. Mai 1867. (Aus
dem bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt, 1871 S. 308.)
Ueber die Verarbeitung des Meerschaumes in Ruhla; von Theodor
Urban aus Rügen.
Der meiste in Ruhla verarbeitete Meerschaum wird von den
Fabrikherren direct bezogen oder auch wohl in Leipzig auf der Messe gekauft. Sein
Fundort ist Hrubschitz und Oslowan in Mähren, wo er in großen Mengen zwischen
mächtigen Serpentinlagern gewonnen wird. Auch Spanien scheint daran reich zu seyn;
bei Esconché, Vallecos und Toledo sind schon seit 1830 große Meerschaumgruben
angelegt. Rußland führt aus der Krim in neuester Zeit Meerschaum von guter Qualität
aus; doch wird der Meerschaum aus Kleinasien am meisten gelobt.
Der Meerschaum kommt also in größeren Blöcken in den Handel. Um dieselben zur
weiteren Verarbeitung tauglich zu machen, weicht man sie ein und schneidet sie mit
einer Handsäge oder einem Messer roh zu. Beachtenswerth ist hierbei, daß der weiße
Meerschaum bei seiner Berührung mit Wasser eine gelbe Färbung annimmt. Nun nimmt der
Drechsler, wenn dem Meerschaumstück die Form des Kopfes, welcher aus ihm gefertigt
werden soll, roh gegeben ist, dasselbe in die „Abdrehung,“ die
er auf der Drehbank vollführt. Mit welcher Eleganz und Schnelligkeit diese
Manipulation ausgeführt wird, ist erstaunlich; unser Erstaunen wächst aber noch,
wenn wir sehen, daß mit einem einfachen Messer an den Meerschaumköpfen die
reizendsten Schnitzereien ausgeführt werden.
Die Köpfe werden noch feucht in einen Raum – „die
Trockenstube“ – gebracht, der bis zu einer Temperatur von 60
bis 70° R. erwärmt ist. Hier läßt man sie ruhig trocknen und siedet sie dann
in geschmolzenem Nierentalg ab. Nach dem Erkalten kommen sie in die Hand des
„Schachtelers,“ d.h. der Person welche sie mit
Schachtelhalm abreibt, eine Arbeit die meist von Frauen und Mädchen ausgeführt
wird.
Die beste Sorte der ächten, reinen Meerschaumköpfe wird nach der Schachtelung in
siedendes Wallrath oder Wachs gethan, welches das schnellere Braunwerden beim
Rauchen befördert und dem Meerschaum einen schönen Glanz und größere
Widerstandsfähigkeit und Festigkeit verleihen soll.
Ebenso beliebt wie die weißen Meerschaumköpfe sind die innen und außen schwarz
gebrannten, welche sich durch ihren schönen Glanz auszeichnen und ein bedeutender
Handelsartikel geworden sind. Um sie anzufertigen, legt man die weißen Köpfe 1/4 bis
1/2 Stunde lang in siedendes Leinöl. Darauf werden sie so lang über brennende
Kienspäne gehalten, bis sie schwarz oder dunkel geworden sind, worauf sie die
eigentliche Politur erhalten.
Eine geringere Sorte ist der rothbunte Meerschaumkopf oder Oelkopf, welchen man in
der Weise verfertigt, daß man den geschnittenen Kopf erst in Fett siedet, ihn dann
schabt, schleift und endlich einer Abkochung unterwirft. Die rothbunte Färbung
bringt man hervor, indem man zu dem Leinöl einen Zusatz von Drachenblut macht; je
nachdem die Färbung dunkler oder Heller seyn soll, setzt man mehr oder weniger
Drachenblut zu. Carmin, Gummigutt und Alkanna werden ebenfalls als Farbstoffe
verwendet.
So viel über die Fabrication der ächten Meerschaumköpfe; wenn auch hier und da die
Methoden etwas anders sind, so ist die Art der Herstellung doch im Allgemeinen die
beschriebene.
Bei der Bearbeitung des ächten Meerschaumes gehen, wie bei allen Drechslerarbeiten,
Staub und Späne ab. Beides wird sorgfältig gesammelt und dient zur Erzeugung von
unächtem Meerschaum, der an Qualität dem ächten bedeutend nachsteht. Die Abfälle des
ächten Meerschaumes werden in einem Fasse mit Wasser zusammengestampft. Hierauf wird
der grobe Schlamm in eine Mühle gebracht, welche aus zwei dicht auf einander
liegenden Steinen besteht, und hier noch feiner zerrieben. Darauf wird der Schlamm
in große Bottiche gerieben, und zwar durch darüber ausgespannt liegende leinene
Tücher mit den Händen. Dann kocht man den feinen Schwant mit Leinöl unter Zusatz von
Alaun gehörig durch. Das Leinöl gibt dem künstlichen Meerschaum den eigenthümlichen
Glanz des ächten; der Alaun dagegen vertritt die Stelle des Bindemittels.
Nach beendigtem Kochen bringt man den Meerschaum in Formen und läßt ihn dann in der
Trockenstube so lange liegen, bis das anhängende Wasser völlig verdampft ist, und er
ungefähr die Consistenz der Seife angenommen hat. Hat er dieses Stadium erreicht, so
ist er leicht in jede beliebige Form zu bringen und mit dem Messer bequem zu
behandeln. Auf die weitere Verarbeitung braucht nicht eingegangen zu werden, weil
dieselben Manipulationen, welche bei der Verarbeitung des ächten Meerschaumes
geschildert wurden, sich wiederholen.
Die Fabrication der unächten wie der ächten Köpfe beschränkt sich nicht auf runde,
glatte, sondern erstreckt sich auch auf solche, die mit Schnitzereien versehen sind.
Man macht die Schnitzereien im halb gesottenen Zustande und unterwirft dann den Kopf
einem nochmaligen Sieden.
Die Fabrication der unächten Köpfe hat eine fast noch größere Dimension angenommen,
als die der ächten; der Bedarf an beiden steigert sich aber von Jahr zu Jahr.
Bedeutende Fabriken von künstlichen Meerschaumköpfen, Pfeifen und Cigarrenspitzen
sind die von Jacob Steinmetz, Schierk und Steinmetz, Schulz und Söhne.
Die Ruhlaer und Wiener Fabricate sind die besten; sie zeichnen sich vor allen
anderen durch Eleganz der Arbeit, durch ihren eigenthümlichen Glanz und schönes
Farbenspiel aus. Und dennoch macht der Kenner von beiden doch noch wieder einen
Unterschied; der Verf. räumt, ohne parteiisch zu seyn, aus eigener Ueberzeugung dem
Ruhlaer Fabricat den Vorzug vor dem Wiener ein, weniger wegen seines Farbenspieles,
als vielmehr wegen der wirklich gediegenen künstlerischen Ausführung. (Dresdner
Gewerbevereins-Zeitung, 1871, Nr. 2.)
Neue Schwefelwasserstoffgas-Bereitung.
J. Galletly beobachtete, daß ein Gemisch von Paraffin mit
der gleichen oder größerer Menge Schwefel, wenn es etwas über den Schmelzpunkt des
Schwefels erhitzt wird, Schwefelwasserstoffgas entwickelt. Die Gasentwickelung
dauert bei mäßiger Erhitzung der Masse eine ansehnliche Zeit lang stetig fort. Diese
Erscheinung empfiehlt Galletly zur Darstellung des
Schwefelwasserstoffgases für Laboratoriumsgebrauch zu benutzen. Wendet man eine
Flasche an, welche ca. 1 Pfund des Gemisches enthält, so
erhält man einen für mehrtägigen Gebrauch genügenden Gasstrom, dessen Entwickelung
man durch Unterbrechung der Erwärmung beliebig aufhören lassen kann. Anstatt des
Paraffins läßt sich auch das als Maschinenschmiere übliche Paraffinöl verwenden.
(Aus Chemical News durch die deutsche Industriezeitung,
1871, Nr. 43.)
Mittel, um schöne, vollkommen ausgebildete Krystalle zu
erlangen.
Nach einer Mittheilung des Prof. Schulze erhält man allseitig vollkommen ausgebildete Krystalle von Salzen
u.s.w., wenn man sich als Lösungsmittel gelatinirender Flüssigkeiten bedient.
Derselbe zeigte in einer der Sitzungen für Chemie auf der Rostocker Versammlung der
Naturforscher und Aerzte prachtvoll ausgebildete Krystalle von Zucker, Borax u.a.
vor, die sich in Pektin- und Gelatinelösungen frei schwebend abgeschieden hatten.
(Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1871, Nr. 14.)
Ueber Erkennung freien Alkalis in den Seifen und anderen
alkalisch reagirenden Salzen; von Prof. W. Stein in
Dresden.
Zur Erkennung freien Alkalis in den gewöhnlichen Seifen schlug meines Wissens Stas zuerst Calomel (Quecksilberchlorür) vor, welches,
mit der Lösung einer solchen zusammengerieben, bei Gegenwart von freiem Alkali so
zersetzt wird, daß sich schwarzes Quecksilberoxydul abscheidet. Die Anwendung von
Quecksilberchlorid anstatt des Calomels habe ich in mehrfacher Beziehung bequemer
gesunden. Zunächst läßt sich dasselbe in Lösung verwenden und wenn man will, kann
man die Seife, ohne sie zu lösen, prüfen, indem man sie auf einem frischen Schnitte
mit jener Lösung befeuchtet.
Auch essigsaure Alkalien, phosphorsaures Natron und im Allgemeinen wohl alle Salze,
deren Säure mit Quecksilberoxyd nicht ein gefärbtes unlösliches Salz bildet, lassen
sich auf freies Alkali mit Quecksilberchlorid prüfen. Die Empfindlichkeit desselben
ist jedoch nicht sehr bedeutend, denn eine Kalilösung, welche in 1666 Theilen 1
Theil Kali enthielt, wirkte darauf nicht mehr ein; ebenso verhielt sich eine Lösung
von kohlensaurem Natron, welche in 1200 Theilen 1 Theil wasserfreies Salz enthielt.
Die Gegenwart sehr großer Mengen von Chlorkalium bewirkt, daß anstatt eines rothen,
ein weißer Niederschlag, beziehentlich Trübung entsteht. Auch zur Auffindung freien
Alkalis in der Harzseife, wie sie von den Papierfabriken benutzt wird, eignet es
sich nicht. Für diesen Fall hat aber Hr. Naschold,
Assistent am polytechnischen Laboratorium, das neutrale
salpetersaure Quecksilberoxydul als anwendbar erkannt und dieses ist sogar
weit empfindlicher, als das Quecksilberchlorid. In einer Kalilösung, welche in 3332
Theilen 1 Theil wasserfreies Kali enthielt, brachte es noch einen sehr deutlich
wahrnehmbaren Niederschlag von Quecksilberoxydul hervor. Dagegen erwies es sich als
unbrauchbar bei phosphorsaurem Natron und bei Gegenwart von sehr großen Mengen von
Chlorkalium. (Zeitschrift für analytische Chemie.)
Ueber eingebrannte Photographien; von Joseph von der Forst.
Meine lichtempfindliche Lösung bereite ich in folgender Weise:
Regenwasser
200 Gramme
Dextrin
10 „
Traubenzucker
12 „
doppelt-chromsaures Ammon
15 „
Ich löse zuerst das Dextrin, dann den Zucker, zuletzt das Ammonsalz. Ich finde, daß
letzteres feinere Details liefert, als das doppelt-chromsaure Kali. Frisch
und warm arbeitet die Lösung am besten; hebt man sie auf, so muß dieß im Dunkeln
geschehen. Vor dem Gebrauch muß man sie erst wieder erwärmen. Die Glasplatten müssen
beim Aufgießen ziemlich lange horizontal gehalten werden;
den Ueberschuß läßt man rasch ablaufen, sonst erhält man nie eine gleichmäßig dicke
Schicht.
Vor dem Gebrauch müssen die Platten vollständig trocken und ziemlich warm seyn. Bei
der geringsten Feuchtigkeit werden die Bilder stets verschmiert. Absolute
Trockenheit ist nothwendig.
Ich belichte im Glashause von 10 bis 15 Minuten; die Halbtöne werden im zerstreuten
Licht viel zarter, als in der Sonne.
Nach dem Belichten wird die Platte zunächst wieder sorgfältig getrocknet und dann
soweit entwickelt, bis das Bild eben sichtbar ist. Dann lasse ich dasselbe eine
Stunde stehen, erwärme wieder, und in wenigen Secunden habe ich das Bild vollständig
entwickelt.
Die Farben zum Einbrennen müssen mit recht viel Fluß versetzt werden, damit die Farbe
rasch schmilzt und hohen Glanz erhält. (Photographisches Archiv, 1871, Bd. XII S.
255.)
Eigenthümliche Beobachtung eines Basrelief-Abdruckes
von Druckschriften mittelst Collodium.
L. G. Kleffel beobachtete eine merkwürdige Eigenschaft des
Collodiums, auf welche ihn der Zufall geführt hat, und die möglicherweise bei
gehöriger Ausbildung einer nützlichen Anwendung fähig seyn kann. Wenn man nämlich
eine Glasplatte, wie gewöhnlich, mit Collodium übergießt, dasselbe etwas trocken
werden läßt, und dann ein bedrucktes Blatt Papier leicht mit dem Ballen der Hand
andrückt, so zeigt sich nach der Entfernung des Papieres der Druck ganz genau auf
der Collodiumfläche reproducirt und bleibt auch nach dem vollständigen Austrocknen
derselben sichtbar. Besonders deutlich treten die Schriftzeichen im durchscheinenden
Lichte hervor, oder beim Anhauchen im reflectirten Lichte, und zwar sind die
Schriftzeichen etwas vertieft und klar, während die übrigen Stellen etwas matter
erscheinen. Der Grund dieser merkwürdigen Erscheinung ist bis jetzt noch nicht
bekannt, wahrscheinlich ist nur, daß der Fettgehalt der Druckerschwärze dabei eine
Rolle spielt, indem dieser von dem Alkohol und Aether des halb erstarrten Collodiums
nicht angegriffen wird, während das Druckpapier völlig durchdrungen und erweicht
wird. Daher die Erscheinung der Druckschrift als Basrelief.
Um diese Erscheinung besonders schön zu erhalten, ist es nothwendig, ein etwas dickes
structurloses Collodium zu verwenden, und darf das Erstarren der aufgetragenen
Schicht nicht zu weit vorgeschritten seyn. Es bedarf aber nur eines geringen
gleichmäßigen Druckes, um ganz scharfe und deutliche Copien zu erhalten.
Das Verfahren läßt sich vielleicht dazu benutzen, um schnelle Copien werthvoller Originale zu erhalten, insofern die ganze
Methode nicht mehr Zeit erfordert, als das Herstellen einer Copie von Geschriebenem
durch die gewöhnliche Copirpresse. (Photographische Zeitschrift
„Licht,“ 1871, Nr. 39.)
Ueber die Anwendung der Anilinfarben in der Pharmacie und den
verwandten Fächern; von Fr. Loquens,
Das Pulvis fumalis nobilis, zu welchem die
österreichische Pharmakopöe vom Jahre 1854 noch eine Vorschrift enthielt, ist ein in
allen Apotheken gesuchter Artikel, und das kaufende Publicum greift sehr gern nach
einem dem Auge gefälligen Producte, gar in solchen Fällen auch, welche keine
absoluten Arzneien sind.
Das Handlungshaus Gehe und Comp. in Dresden hatte schon im Vorjahre „Corous pulveris fumalis nobilis“ auf seine Preisliste
gestellt, was nichts Anderes ist als fein geschnittene, mit Anilinfarben gefärbte
Radix Iridis Florentinae, wie selbe zu Potpouri
verwendet wird. Die Harze und Oele etc. mischt man in beliebigen Quantitäten zu, und
das Räucherwerk ist sofort verkäuflich.
Da die Anilinfarben fast alle in Alkohol löslich sind, so ist die Darstellung eines
solchen „Corpus“ nicht umständlich.
Man löst beliebig concentrirte Aniline in verschiedenen Farben, mengt jedes
selbstständig mit der grob gestoßenen Wurzel in Porzellanschalen und trocknet selbe
in diesen vollkommen aus. Ein besonderer Umstand ist dabei zu berücksichtigen,
nämlich daß ätherische Oele und Alkohole, um Harze glänzend zu machen, jedem
einzelnen Körper beigegeben werden müssen, da die Farben, gemengt befeuchtet, leicht
in einander verschwinden.
Anilinfarben werden ferner zum Färben von Säften verwendet. Streitigkeiten einiger
Liqueurfabrikanten, die sich mit der Production voll Himbeer- und
Veilchensaft, sowie von Essenzen zum Färben von Liqueuren und diversen Branntweinen
beschäftigen, lenkten die Aufmerksamkeit des Verf. auf diesen Gegenstand, und
derselbe hat gefunden, daß ein Aufguß von Radix Iridis,
gefärbt mit Anilinviolett (Anilinpurpur), wirklich ein Präparat liefert, welches von
einem aus Veilchenblüthen bereiteten schwer zu unterscheiden ist, da auch Chlor die
bekannte Reaction auf Anilin wie auf Veilchenblüthensaft ausübt. Dasselbe gilt von
einem mit Anilinroth dargestellten Himbeersaft. Himbeersaft mit Anilinroth
dargestellt, unterscheidet sich nur durch die bekannte Reaction des Tartarns emeticus, welcher den natürlichen Saft violett
färbt.
Anilinroth wird ein bedeutender Concurrent des Carmins in der Darstellung von Zahnpasten, Zahnlatwergen
und Zahnpulvern; es hat die gute Eigenschaft, weder zu verschwinden, noch mit der
Zeit braun oder schmutzig grau zu werden.
Anilinroth als Schminke ist nicht verwischbar, mit dem Handtuch nicht abreibbar, noch
beim Schwitzen abreibbar.
Deßgleichen erfreuen sich die Anilinfarben einer vielfachen Anwendung in der
Zuckerbäckern, deren Producte besondere Aufmerksamkeit verdienen.
Anilintinten haben die Gallustinten verdrängt, weil ihre Darstellung eine viel
billigere und mühelose ist. Zu diesen verschiedenen Tinten färbt man gleichartige
Streusande (weißen Sandstein) mit gelösten Anilinen. Toiletteseifen mit Anilinen
sind prachtvoll. (Schweizerische Wochenschrift für Pharmacie.)
Schweflige Säure als Desinfectionsmittel.
Kalker Alkohol absorbirt sein 300faches Volumen schwefligsauren Gases. Einige Tropfen
einer solchen Solution sollen nach dem Pharm. Journal and
Transact. hinreichend seyn, um eine ganze Kiste mit Kleidungsstücken zu
desinficiren. (Polytechnisches Notizblatt, 1871, Nr. 18.)
Willkürliches Auskriechenlassen der Eier von
Seidenraupen.
Sorgfältige Beobachtungen der äußeren Bedingungen, welche das Auskriechen der Eier
vom Seidenwurm begünstigen und beeinflussen, führten Hrn. Duclaux zu nachstehenden Regeln, mittelst welcher man das Auskriechen
willkürlich zu jeder beliebigen Zeit herbeiführen kann.
„Will man verhindern, daß ein Ei zur gewöhnlichen Zeit auskriecht, so muß
man es von der Zeit, da es gelegt wird, in einer Temperatur halten, die zwischen
15 und 20° C. liegt; dasselbe dann vierzehn Tage lang der Kälte
aussetzen, und zwar drei Monate vor der Zeit, in der man das Auskriechen
wünscht, und es später in gewöhnlicher Weise behandeln.
Will man das Ei vor der gewöhnlichen Zeit auskriechen lassen, so muß man es
zwanzig Tage, nachdem es gelegt ist, der Kälte aussetzen, es zwei Monate dieser
überlassen und dann entfernen. Sechs Wochen später ist es in demselben Zustand
wie das gewöhnliche Ei, und kann in derselben Weise behandelt werden.
Man kann daher in jeder beliebigen Jahreszeit Seidenraupeneier haben, die zum
Auskriechen bereit sind.“Comptes rendus, t. LXXIII, vom 9. October 1871;
Naturforscher Nr. 49.)
Berichtigung.
Durch Irrthum ist der Abhandlung von F. Schott
„über den in der Glühhitze behandelten
Gyps“ am Schluß (S. 363 dieses Bandes) ein Nachsatz mit
Bemerkung über den Einfluß der Zerkleinerung des Portlandcementes angefügt, welche
an den Schluß der Abhandlung über den Portlandcement auf
S. 446 dieses Bandes gehört.