Titel: | Schnellwaage zur Bestimmung des Stärkegehaltes der Kartoffeln; von Dr. Aug. Schwarzer, Professor an der landwirthschaftlichen Lehranstalt zu Tabor in Böhmen. |
Fundstelle: | Band 203, Jahrgang 1872, Nr. XVI., S. 67 |
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XVI.
Schnellwaage zur Bestimmung des Stärkegehaltes
der Kartoffeln; von Dr. Aug. Schwarzer, Professor an der
landwirthschaftlichen Lehranstalt zu Tabor in Böhmen.
Schwarzer, Schnellwaage für die Kartoffelprobe.
Der Stärkegehalt der Kartoffeln wird gewöhnlich nach der Dichte derselben beurtheilt,
da zwischen der Dichte und dem Stärkegehalte eine ziemlich constante und bekannte
Beziehung besteht.
Die Dichte kann nun in mannichfacher Weise ermittelt werden; handelt es sich aber um
möglichst genaue Resultate, so ist dazu die Anwendung der Waage kaum durch irgend
ein anderes Meßinstrument zu ersetzen. Nach dem gewöhnlichen bekannten Verfahren
wird die Dichte gefunden, indem man das Gewicht des Körpers durch den
Gewichtsverlust desselben im Wasser dividirt. Die doppelte Abwägung und der Umstand,
daß der der Dichte entsprechende Stärkegehalt erst in einer Tabelle aufgesucht
werden muß, macht dieses Verfahren für die Praxis unbequem.
Durch die Anwendung der Schnellwaage wird jedoch diese Methode bedeutend vereinfacht,
da die Abwägung im Wasser schnell ausgeführt und der Stärkegehalt unmittelbar auf
dem Waagearme abgelesen werden kann.
Damit die Richtigkeit der Resultate nicht leide, muß die Schnellwaage eine
hinreichende Empfindlichkeit besitzen. Dieß kann durch eine entsprechende
Construction des Waagebalkens erreicht werden.
Die Constructionsverhältnisse welche die Empfindlichkeit des Waagebalkens bedingen,
sind für die Schnellwaage dieselben wie für die gleicharmige Waage. Es muß nämlich
der Schwerpunkt des unbelasteten Balkens nahe unter der Drehungsachse desselben
liegen; die Linie welche die Angriffspunkte der auf beiden Armen wirkenden Gewichte
verbindet, muß ebenfalls möglichst nahe unter dieser Drehungsachse durchgehen, und
der Arm für das abzuwägende Gewicht muß eine entsprechende Länge haben. Da der
Angriffspunkt des Laufgewichtes veränderlich ist, so muß die Bahn auf welcher sich
derselbe verschiebt, eine gerade Linie oder eine Ebene seyn, deren Verlängerung in
die Aufhängekante der Last fällt, und zugleich möglichst nahe unter der
Drehungskante des Waagebalkens durchgeht.
Die weitere Einrichtung der Waage ergibt sich aus folgenden Erfordernissen.
Damit die Durchschnittsdichte einer größeren Quantität Kartoffeln einigermaßen
verläßlich bestimmt werde, muß die zur Prüfung entnommene Probe aus einer größeren
Anzahl Knollen bestehen, da selbst Knollen von derselben Herkunft je nach ihrem Alter, ihren
Entwickelungs- und Ernährungsverhältnissen bedeutende Unterschiede in der
Dichte zeigen. Balling hält etwa 10 Pfd. Knollen dazu für
erforderlich, welches Gewicht (10 Zollpfund oder 5000 Gramme) auch hier als
Grundlage für die Construction der Waage beibehalten werden mag.
Zur Aufnahme der Knollen wird auf dem kürzeren Arme der Waage ein hinreichend
geräumiger Drahtkorb mittelst einer Drahtkette aufgehängt, und das Gewicht desselben
mit dem Gewichte des Waagebalkens so ausgeglichen, daß wenn der leere Korb unter
Wasser versenkt wird, die Zunge in die lothrechte Lage sich einstellt. Zur
jeweiligen Ausgleichung kann auf dem längeren Arme eine verschiebbare, mit einer
Schraube festzustellende Hülse angebracht werden.
Werden nun die abgewogenen 10 Pfd. Kartoffeln in den Drahtkorb unter Wasser gebracht,
so üben sie auf den kürzeren Arm einen Zug aus, welcher gleich ist dem ihnen unter
Wasser verbliebenem Gewichte. Dieses Gewicht ist von ihrer Dichte und folglich auch
von ihrem Stärkegehalte abhängig, und da dasselbe durch ein auf dem längeren Arm
verschiebbares Laufgewicht ausgeglichen wird, so entsprechen die verschiedenen Lagen
des Laufgewichtes dem Stärkegehalte der Kartoffeln und können denselben unmittelbar
bezeichnen.
Die Gewichte welche 5000 Grm. Kartoffeln unter Wasser behalten, sind nach den von Balling ermittelten Beziehungen zwischen der Dichte und
dem Stärkegehalte in der nachfolgenden Tabelle verzeichnet.
Stärkeprocente
Trockensubstanz-procente
Dichte
Gewicht von5000 Grm.Kartoffeln
unterWasser
Längenverhältnisseder Scalentheile
9
16,4
1,0576
272,1
10
17,4
1,0621
292,3
20,2
11
18,5
1,0666
312,1
19,8
12
19,5
1,0710
331,5
19,4
13
20,5
1,0754
350,7
19,2
14
21,5
1,0798
369,6
18,9
15
22,6
1,0842
388,2
18,6
16
23,6
1,0885
406,5
18,3
17
24,6
1,0928
424,5
18,0
18
25,7
1,0971
442,3
17,8
19
26,7
1,1013
459,8
17,5
20
27,7
1,1055
477
17,2
21
28,8
1,1096
494
17,0
22
29,8
1,1138
510,8
16,8
23
30,8
1,1179
527,3
16,5
24
31,9
1,1220
543,5
16,2
25
32,9
1,1260
559,5
16,0
26
33,9
1,1300
575,4
15,9
Auf Grund dieser Tabelle können nun das Laufgewicht und die Dimensionen der Scale
ermittelt werden.
Textabbildung Bd. 203, S. 69
Es seyen a, m und b die
Stellungen des Laufgewichtes für den größten, für einen mittleren und für den
kleinsten Stärkegehalt.
Das Laufgewicht sey p Gramme.
Für das Gleichgewicht bestehen die Gleichungen:
272,1
cd
= p . bc
q
cd
= p . mc
575,4
cd
= p . ac
oder: 575,4/ac = q/mc = 272,1/bc = (575,4 – q)/am = 303,3/ab
und: ab/bc = 303,3/272,1, am/ab = (575,4 – q)/303,3
Daraus sieht man, daß das Längenverhältniß der Scalentheile am/ab unabhängig ist von der Größe des
Laufgewichtes und von der Länge dc.
Die Länge ab soll 17 Scalentheile umfassen, da die
Stärkegehalte von 9 bis 28 Proc. zu verzeichnen sind. Ein solcher Scalentheil
entspricht einem Procent. Gibt man den 17 Scalentheilen zusammen die Länge von 20
Centimetern, so wird jeder, da ihre Längen nur wenig verschieden sind, mehr als
einen Centimeter betragen, und kann noch deutlich in 10 Unterabtheilungen, einem
Zehntel-Procent entsprechend, abgetheilt werden.
Es ist somit für ab die Länge von 20 Centimetern
angemessen.
Aus dieser Länge berechnet sich die Länge:
bc = (ab . 272,1)/303,3 = 17,94 Centimet.
Die Länge cd ist bestimmt durch die Gleichung:
cd = (p . bc)/272,1 = (p . 17,94)/272,1,
und ist demnach abhängig von der Wahl des Laufgewichtes p.
Berücksichtigt man, daß mit der Verkürzung der Länge cd die Empfindlichkeit der Waage abnimmt, und andererseits die
Verlängerung von cd auch eine verhältnißmäßige
Verlängerung des ganzen Waagebalkens zur Folge hat, so wird man sich für einen
mittleren Werth zu entscheiden haben. Wählt man p =
272,1 Grm., so wird cd = 17,94 Centimet. seyn, und diese
Länge wird nach beiden angedeuteten Richtungen entsprechen.
Die einzuhaltenden Dimensionen sind somit:
a) die Entfernung des Aufhängepunktes des Korbes von der
Drehungsachse des Balkens rund 18 Centimeter;
b) die Entfernung der Drehungsachse vom Endpunkte der
Scale rund 38 Centim.;
c) das Laufgewicht 272,1 Grm.
Wenn der Waagebalken nach diesen Dimensionen hergestellt ist, werden die Grenzpunkte
der Scale am besten empirisch bestimmt, indem man den Anfangspunkt dort verzeichnet,
wo das Laufgewicht einem ihm gleichen Gewichte von 272,1 Grm. und den Endpunkt dort,
wo es dem Gewichte von 575,4 Grm. das Gleichgewicht hält. Die dazwischen liegenden
Scalentheile erhalten Längen welche den in der letzten Rubrik der Tabelle
verzeichneten Zahlen proportional sind, und werden mit den Ziffern bezeichnet welche
den ganzen Stärkeprocenten entsprechen. Zur Ablesung von Zehntelprocenten kann jeder
Scalentheil in zehn gleiche Unterabtheilungen abgetheilt werden.
Das Laufgewicht ist mit einem Rahmen versehen, welcher mittelst einer scharfen Kante
auf dem längeren Waagearme aufruht und vorn einen Schlitz hat, durch welchen die
Theilstriche sichtbar werden, auf welche die scharfe Kante weist. Einer jeden Waage
wird ein Gewichtsstück von 5000 Grm. zum Abwägen der Kartoffeln beigegeben.
Die Bestimmung des Stärkegehaltes ist nun leicht verständlich:
Die zu prüfenden Kartoffeln werden abgewaschen und abgetrocknet; dann werden davon
5000 Grm. abgewogen. Der Korb der Schnellwaage wird in ein Gefäß mit Wasser
versenkt, und wenn die Zunge bei unbelastetem Waagebalken nicht in die Verticale
einspielen sollte, so wird dieß durch die Verschiebung der verstellbaren Hülse
bewirkt. Ist der Waagebalken einmal so hergerichtet, so wird es wohl erst nach
längerer Zeit nöthig seyn denselben wieder zu controlliren. Die abgewogenen
Kartoffeln werden nun in den Korb unter Wasser gebracht, das Laufgewicht so weit als
zur Ausgleichung der Waage nöthig vorgeschoben, und die Zahl, auf welche die Kante
des Laufgewichtes weist, als die gesuchten Stärkeprocente abgelesen.
Man kann so leicht in kurzer Zeit mehrere Proben, welche man vorher abgewogen hat,
prüfen, da an der Anordnung der Waage dabei nichts zu ändern ist.
Will man die Schnellwaage auch zum Abwägen der Probe benutzen, so bringt man auf dem
kürzeren Arme zwei Körbe über einander an, von denen der untere in's Wasser taucht.
Der unbelastete Waagebalken muß dann mit beiden Körben, während der eine unter Wasser
versenkt ist, in die Gleichgewichtslage sich einstellen.
Dem Laufgewichte wird noch ein Gewichtsstück angehängt, welches so abgemessen wird,
daß das so belastete Laufgewicht, auf den Endpunkt der Scale gestellt, ein auf den
kürzeren Arm wirkendes Gewicht von 5000 Grm. ausgleicht.
Die abzuwägenden Kartoffeln werden in den oberen Korb gebracht, mit dem belasteten
Laufgewichte werden 5000 Grm. davon abgewogen, dann in den unteren Korb unter Wasser
übertragen, und es wird mit dem von dem Zulagegewichte befreiten Laufgewichte in
bereits bekannter Weise der Stärkegehalt bestimmt.
Diese complicirtere Einrichtung der Schnellwaage wird jedoch in vielen Fällen
entbehrt werden können, da man dort, wo diese Bestimmungen ausgeführt werden,
hinreichend gute Waagen zur Verfügung hat. Die zu diesem Zwecke zu verwendende Waage
braucht eben nicht außergewöhnlich empfindlich zu seyn, denn wenn auch beim Abwägen
der 5000 Grm. Kartoffeln um 5 Grm. gefehlt würde, so beträgt der daraus entstehende
Fehler in der Stärkebestimmung erst 1/7 Procent.
Nachdem ich nun die Construction und die Anwendung der Schnellwaage zur
Stärkebestimmung der Kartoffeln hinreichend beschrieben zu haben glaube, will ich
noch eine Bemerkung über eine Methode beifügen, welche man zu demselben Zwecke
häufig anwendet. Es ist das die Stärkebestimmung mittelst einer Kochsalzlösung, in
welcher man die zu prüfenden Kartoffeln schwimmen läßt. Handelt es sich um die
Ermittelung des Stärkegehaltes oder der Dichte einzelner Knollen, so läßt sich gegen
diese Methode nichts einwenden, sie ist nicht nur richtig sondern auch sehr bequem.
Nicht so ist es aber, wenn es sich um eine verläßliche Durchschnittsdichte handelt.
Man nimmt in diesen: Falle an, daß die Durchschnittsdichte der Kartoffeln
gleichkomme der Dichte der Salzlösung, bei welcher einige Knollen in der Lösung
schwimmen und einige niederfallen. Diese Annahme setzt voraus, daß die Dichte der
niedergesunkenen Kartoffeln um ebensoviel die Dichte der in der Lösung schwimmenden
übertrifft, als die Dichte der obenschwimmenden darunter bleibt. Offenbar wird diese
Voraussetzung nur zufällig zutreffen, und kann in ungünstigen Fällen sich bedeutend
von der Wahrheit entfernen. Es ist somit zur Bestimmung der Durchschnittsdichte
diese Methode principiell unrichtig. Die Unsicherheit des Resultates wird um so
größer, je weniger Knollen man zur Ermittelung des Durchschnittes verwendet. Wollte
man aber eine größere Menge Knollen anwenden, so hätte man dazu eine große Menge Salzlösung und
ein ungewöhnlich großes Glasgefäß nöthig, damit die Knollen frei schwimmen und
beobachtet werden könnten.
Mit Rücksicht auf diese Umstände wird gewiß die Anwendung der Waage, besonders der
oben beschriebenen Schnellwaage, zur Ermittelung der Durchschnittsdichte dieser
Methode vorzuziehen seyn.