Titel: Neuer Wasserdruckmotor von A. Schmid in Zürich; beschrieben von G. Delabar in St. Gallen.
Fundstelle: Band 203, Jahrgang 1872, Nr. XVII., S. 81
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XVII. Neuer Wasserdruckmotor von A. Schmid in Zürich; beschrieben von G. Delabar in St. Gallen. Mit Abbildungen auf Tab. II. Schmid's Wasserdruckmotor. Wie einige andere Städte der Schweiz, so ist auch Zürich in den letzten Jahren mit einer allgemeinen Wasserleitung versehen worden, welche nicht nur das nöthige Wasser zum Waschen und Kochen für den Hausgebrauch, zum Straßenreinigen, bei Feuersbrünsten u.s.w. liefert, sondern auch nebenbei zu gewerblichen Zwecken benutzt werden kann. Dazu wurde zur Zeit von der städtischen Bauverwaltung, an deren Spitze Ingenieur Bürki-Ziegler, ein sehr unternehmender und tüchtiger Mann steht, ein Reglement über Erstellung und Benutzung der hierzu geeigneten Wassermotoren aufgestellt und zur Lieferung solcher Motoren öffentlich eingeladen.Die städtische Verwaltung beabsichtigte nämlich eine Anzahl solcher Motoren anzuschaffen und dann auszuleihen gegen eine Taxe von 1/2 Franc pro Stunde und Pferdekraft. In diesem Programm wurde bemerkt, daß diese hydraulischen Motoren durchschnittlich für einen Druck von 30 Metern berechnet seyen, daß sie sich aber mit möglichst geringer Abänderung auch einem Druck von 20 Metern bis 50 Metern sollen anpassen lassen, sowie daß sie einem zufälligen Druck bis zu 15 Atmosphären sollen widerstehen und während des Ganges regulirt werden können. Auf diese Einladung hin, welche im Januar 1870 stattgefunden hat, sind 14 verschiedene Constructionen solcher Motoren dem Bauamt zur Verfügung gestellt worden, die hernach von einer besonderen Experten-Commission unter verschiedenen Druck- und Geschwindigkeitsverhältnissen auf ihre Leistungsfähigkeit geprüft worden sind. Die zur Prüfung zugelassenen Muster-Motoren waren nach verschiedenen Systemen gebaut. Vier davon waren Turbinen nach dem System von Schwammkrug, zwei andere solche nach den Systemen von Girard und Jonval, ein weiterer Motor war ein Tangentialrad nach Zuppinger und fünf andere waren Wassersäulenmaschinen verschiedener Construction. Von diesen Maschinen haben die Prüfungscommission am meisten befriedigt diejenige von Escher, Wyß und Comp., von Civilingenieur Felber und von Maschineningenieur A. Schmid in Zürich. Erstere war das erwähnte Tangentialrad, die von Felber war eine Säulmaschine mit zwei aufrechten schwingenden, einfach wirkenden Cylindern, und jene von Schmid eine solche mit liegendem, etwas geneigtem, schwingendem, doppelt wirkendem Cylinder. Diese letztere Maschine, welche bei den officiellen Proben die besten Resultate ergab – der Nutzeffect betrug über 80 Proc. des absoluten Effectes – wurde bereits in den meisten Ländern patentirt und soll hier mit Einwilligung des Erfinders kurz beschrieben werden. Dieselbe ist in den Figuren 47 in 1/5 natürlicher Größe abgebildet; Fig. 4 zeigt einen Längenschnitt, Fig. 5 einen Querschnitt, Fig. 6 den Grundriß mit theilweisem Schnitt, und Fig. 7 eine Seitenansicht. Die Haupttheile der Maschine bestehen in dem gußeisernen Gestell A mit den beiden gußeisernen Lagern B, B für die schmiedeeiserne gekröpfte Treibwelle C und das gußeiserne Schwungrad D, welches zugleich als Riemenscheibe dient; sodann in dem gußeisernen Cylinder E mit der Stopfbüchse F, welcher auf der unteren Seite in der schalenartigen Vertiefung aufliegt und um die beiden seitlich angegossenen Zapfen G, G, welche von den beiden schmiedeeisernen Gabeln H, H getragen werden, schwingt; ferner in dem gußeisernen Kolben J, welcher durch die Stange K mit dem Krummzapfen der Welle C verbunden ist und die Triebkraft auf diese überträgt; in dem Querstück L, das die Seitenstangen H, H, welche vorn die Treibwelle C umfassen und in der Mitte die Zapfen G, G tragen, an der hinteren Seite verbindet und mittelst der Schraube M an das Gestell niedergehalten wird; endlich in dem Zuflußrohr N mit dem kupfernen Windkessel O, welcher zur Abschwächung allfälliger Stöße dient, die bei rascher Zu- und Ableitung des Wassers entstehen könnten. Das Spiel der Maschine ist nun folgendes: Das Wasser tritt durch das Zuflußrohr N in die am Gestell angegossene Aushöhlung P, welche auf der anderen Seite mit dem Windkessel O in Verbindung steht, und gelangt von da in die Oeffnung Q und durch dieselbe abwechselnd in die Canäle R, R, und dadurch in den Cylinder E, worin es den Kolben J in hin- und hergehende Bewegung versetzt und dabei diesem und mittelst der Stange K der Treibwelle C seine Kraft abgibt. Nachdem das Wasser auf diese Weise dem Kolben und der Welle seine Kraft abgegeben, tritt es wieder abwechselnd durch dieselben Canäle R', R aus dem Cylinder aus, und entfernt sich durch die Mündungen S', S in den Canal T. Die Maschine arbeitet mit einer mittleren Geschwindigkeit von 150 bis 180 Umdrehungen per Minute und kann bis 1 1/2 Pferdekräfte leisten. Ihre Haupteigenthümlichkeit liegt, wie sich aus dem Vorhergehenden von selbst ergibt, in der Art und Weise der Wasservertheilung vor und hinter dem Kolben, hergestellt durch die oscillirende Bewegung des Wassercylinders, welcher auf der unteren Seite eine convexe cylindrische Gleitschieberfläche besitzt, deren Längenachse durch die beiden Drehungszapfen des Cylinders geht und die Längenachse des letzteren in ihrer Mitte und unter rechtem Winkel schneidet. Vermöge dieser Construction besitzt die Maschine folgende wichtige Eigenschaften: Die Oeffnungen oder Canäle, durch welche das Wasser ein- und ausströmen muß, sind im Verhältniß zur Kolbenquerschnittsfläche sehr groß (circa gleich der Hälfte der letzteren); das Wasser hat deßhalb einen leichten Durchgang, weßhalb die Umdrehungszahl, resp. Kolbengeschwindigkeit der Maschine, wie auch die Versuche ergaben, bedeutend variiren kann (zwischen 60 und 200 Umdrehungen per Minute), ohne daß der Nutzeffect bedeutenden Schwankungen ausgesetzt ist. Wegen dieser größeren zulässigen Kolbengeschwindigkeit, resp. Umdrehungszahl pro Minute, ist die lebendige Kraft des Schwungrades hinreichend, den sogen. todten Punkt zu überwinden, auch wenn nur ein einziger Cylinder – wie bei gewöhnlichen Dampfmaschinen – angewendet wird. Wie schon oben bemerkt, ist der Cylinder an seinem Drehungszapfen mit der Kurbelwelle durch einen Rahmen verbunden, wodurch derselbe zugleich durch eine Schraube auf die feste convexe Gleitfläche der Fundamentfläche gepreßt wird. Die letztere ist daselbst mit drei Oeffnungen versehen, von denen die mittlere die Einströmungsöffnung und die beiden äußeren die Ausströmungsöffnungen sind. Die erwähnte Schraube hält dem Druck des Wassers gegen den Cylinder das Gleichgewicht, und ist auch nöthig, um die Dichtung der beiden Gleitflächen auf einander herzustellen. Schraubt man die Schraube los, so kann man den Cylinder radial von seinem Sitze aufheben. Der Reibungswiderstand der Maschine ist so gering, daß 1 Meter Druckhöhe genügt, dieselbe in Bewegung zu setzen, und zwar mit 60 Umdrehungen per Minute. Dieser neue Wasserdruckmotor kann daher in jeder Beziehung zur Anwendung bestens empfohlen werden.

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