Titel: | Compendiöser Distanzmesser. |
Fundstelle: | Band 203, Jahrgang 1872, Nr. LVII., S. 249 |
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LVII.
Compendiöser Distanzmesser.
Mit einer Abbildung auf Tab. V.
Muencke's Distanzmesser.
Die im Jahrg. 1871 dieses Journals Bd. CCII S. 235 mitgetheilte Beschreibung des v.
Paschwitz'schen Militärdistanzmessers veranlaßt mich,
die Construction und den Gebrauch des von mir erfundenen Distanzmessers desselben
Genre zu veröffentlichen.
Die Grundsätze, welche meiner Construction zu Grunde liegen, sind folgende:
1) Schnelligkeit der Operation, daher: Weglassung der Stative,
und Anwendung von Fernrohrconstructionen mit mäßiger Vergrößerung;
2) die bekannte in Rechnung zu bringende Basis ist möglichst
groß am Aufstellungspunkt zu nehmen und nach Bedarf zu vergrößern oder zu
verkleinern (je nach Zeit und verlangter Genauigkeit).
Jede Distanzmessung im Felde ist für diesen Zweck alsdann als vollkommen zu
bezeichnen, wenn bei Anwendung eines möglichst compendiösen Apparates die Messung
von einer Person in kürzester Zeit genau ausgeführt werden kann. Diese Voraussetzung
bedingt aber die Weglassung der Stative und daher kann, wenn nur der menschliche Arm
als Unterstützung dient, von Fernröhren mit großer Vergrößerung, wie es wohl
wünschenswerth wäre, keineswegs die Rede seyn, da ein kleines Zittern des Armes das
ganze Gesichtsfeld verändert, sicheres Visiren verhindert und der Apparat auch zu
voluminös ausfallen würde.
Die wünschenswerthe Schnelligkeit der Operation läßt aber trotzdem eine ziemlich
genaue Messung der Basis, und die wenn auch kleine Vergrößerung des Fernrohres eine
ziemlich richtige Einvisirung zu. Die hierbei entstehenden unvermeidlichen Fehler
können füglich übersehen werden, da die Größe des Gesammtfehlers nur ein geringer
Bruchtheil des beim Taxiren gemachten ist.
Das Schema, welches die Art der Messung verdeutlicht, ist folgendes:
Textabbildung Bd. 203, S. 250
Die Entfernung AB ist von A aus zu finden. Punkt C
ist irgend ein in der Gegend zur Linie AB
möglichst rechtwinkelig liegender markirter Gegenstand, als Schornstein, Baum
etc. Der Winkel BAC ist meßbar. Wenn AE lochrecht auf AB, als Basis gleich 50 Schritt (37,5 Met.) angenommen wird, so ist,
wenn nicht in E, sondern in der Richtung AC die zweite Aufstellung genommen werden
soll, AD nicht gleich 50x sondern gleich 50x
/(cos . α) zu machen. Wenn dann der Winkel
BAC in D als
Winkelpunkt angetragen wird, schlägt der Schenkel DF 50x bei 6 vorbei. Die
Größe der Schwenkung des Schenkels DF nach BD ist von der Entfernung des Punktes B abhängig; letztere ist daher durch jene bestimmt.
Der Fehler welcher dadurch entsteht, daß von D und
nicht von E aus nach Punkt B visirt wird, und welcher gleich dem Winkel B ist, ist so klein, daß er füglich übersehen werden kann. Er wird
desto geringer je mehr sich Winkel CAB dem
rechten Winkel nähert.
Beschreibung des Instrumentes (Fig. 1 Tab.
V).
Vor einem Galilei'schen Fernrohr (a) mit circa dreifacher Vergrößerung befindet sich ein fester
halbbelegter (b) und ein um seine verticale Achse (c) drehbarer Spiegel (d)
dergestalt, daß durch das Fernrohr sowohl das Object, als auch in dem feststehenden
Spiegel mit Hülfe des drehbaren ein seitwärts liegender Hülfspunkt gesehen werden
kann; dieser und das Object können durch Drehung des Spiegels über einander
eingestellt werden. Der Radius (e), an welchem letzterer
befestigt ist, trägt einen Kreisbogen (f), auf welchem
die halben berechneten Winkel (in Folge der doppelten Reflexion) von 50/(cos . α) mit 51,
52x etc. und im Metermaaß bezeichnet
sind. Der bewegliche Kreisbogen kann an einer von seinem Mittelpunkt (c) abgehenden Alhidade (g)
welche zu gleicher Zeit den Zeiger (i) für die
Schritteintheilung trägt, mittelst einer Klemmschraube (k) festgestellt werden. Das Ende der Alhidade trägt nun in einem
Kugelgelenk (l) die Mutterschraube für die feste
Mikrometerschraubenspindel (m), deren eines Ende die
eingetheilte Trommel (n) und deren anderes Ende ein Rad (o) in Bewegung setzt, an welchem die Zahl der ganzen
Umdrehungen abgelesen werden kann. Der bewegliche Spiegel läßt sich nun nur noch
durch die Mikrometerschraube bewegen. Für jede ganze Umdrehung besitzt der Kopf der
letzteren je eine Eintheilung, auf welcher direct die betreffende Entfernung am
Zeiger abgelesen werden kann. Die Eintheilung der Trommel geschieht am besten auf
empirischem Wege mit kleinerer Basis bei bekannten Entfernungen.
Handhabung des Instrumentes.
Textabbildung Bd. 203, S. 251
Die Entfernung AB ist von A aus zu messen. Ich stelle mich mit dem Instrument
mit gelöster Klemmschraube und Mikrometer-Eintheilung auf Null in A auf und drehe den Spiegel mittelst des Kreisbogens
derartig, daß B auf einen beliebigen markirten Punkt
seitwärts, C, im Spiegel einspielt. Sodann wird die
Klemmschraube festgestellt und die Länge von 50/(cos
. α) abgelesen. Angenommen der Zeiger zeigt
auf 51x, so schreite ich in der
Richtung aus C 51x = AD ab (oder AD wird mittelst Meßbandes gemessen), stelle
mich in D auf und Visire nach B. Die beiden Punkte B und C stehen nun im Spiegel nicht mehr übereinander und
werden mittelst der Mikrometerschraube eingestellt. Die Zahl am Zeiger gibt auf
der vom Zählrade angegebenen Eintheilung die gewünschte Schrittzahl. Je nach der
verlangten Genauigkeit kann die Basis kleiner oder größer angenommen werden;
jedoch muß dann die abgelesene Entfernung mit der Verhältnißzahl multiplicirt
resp. dividirt werden. Die Entfernung des Hülfsobjectes C ist möglichst groß zu nehmen.
Das Hülfsobject kann eben so gut links als rechts stehen, wobei man alsdann das
Instrument nur mit dem Kreisbogen nach unten zu drehen braucht. Sollte es jedoch
unmöglich seyn, rechts oder links ein passendes Hülfsobject zu finden, was gewiß nur
selten vorkommen kann, so ist das Meßband zur Visirlinie möglichst rechtwinkelig
auszuziehen und die Richtung desselben als Hülfsvisirlinie zu verwerthen.
Die Handhabung des beschriebenen compendiösen Instrumentes ist eine so ungemein leichte und
einfache, daß es sich als Militär-Distanzmesser von selbst empfiehlt.Mein Distanzmesser wird von den HHrn. Warmbrunn,
Quilitz und Comp. in Berlin (Rosenthaler Straße Nr. 40)
geliefert.
Berlin, im Januar 1872.
A. Muencke, kgl.
preuß. Premier-Lieutenant im Eisenbahnbataillon.