Titel: Ueber die neueren Vorrichtungen zum Vor- und Rückwärtswalzen; von P. Ritter u. Tunner.
Fundstelle: Band 203, Jahrgang 1872, Nr. LXXXVII., S. 338
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LXXXVII. Ueber die neueren Vorrichtungen zum Vor- und Rückwärtswalzen; von P. Ritter u. Tunner. Aus der österreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1872, Nr. 7. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Tunner, über neuere Vorrichtungen zum Vor- und Rückwärtswalzen. Im Journal of the Iron- and Steel-Institute vom 1. Mai 1871 ist ein sehr beachtenswerther Artikel von Hrn. B. Walker in Leeds über die neueren Vorrichtungen zum Vor- und Rückwärtswalzen enthalten, der auch bei den Mitgliedern des Institutes, vor welchen der Verfasser denselben vorgetragen hat, allgemeinen Beifall fand. Leider sind die Zeichnungen und Beschreibungen dieser Vorrichtungen nicht detaillirt genug, um vollständig klar und verständlich zu seyn. Dessenungeachtet soll hier, in Anbetracht der praktischen Wichtigkeit des Gegenstandes, das Wesentlichste davon mitgetheilt werden. Der vermehrte Bedarf an großen gewalzten Platten und Stäben hat das Vor- und Rückwärtswalzen zu einer Nothwendigkeit gemacht. Nenn alle übrigen Verhältnisse unverändert bleiben, so ist einleuchtend, daß durch die Umkehrung der Bewegungsrichtung der Walzen, anstatt des Ueberhebens und leeren Zurückgehens des Walzstückes über die Oberwalze, eine wirkliche Ersparung an Zeit und Arbeit die Folge seyn muß. Ueberdieß, bei dem leeren Zurückgehen des Walzstückes über die Oberwalze, bleibt das heiße Eisen zweimal so lange mit der Oberwalze in Berührung, daher letztere auch die doppelte Erhitzung empfängt; wie aber allgemein bekannt, ist die Begrenzung des in einer bestimmten Zeit zu erzeugenden Quantums an ausgewalzter Waare hauptsächlich durch die Erhitzung der Walzen bedingt. Daraus erhellt, daß unter übrigens gleichen Umständen die in ihrer Bewegungsrichtung umzukehrenden Walzen mehr Arbeit zu verrichten im Stande sind, als dieß bei Walzen ohne Umkehrvorrichtung möglich ist, und dazu kommt noch der Wegfall, das heiße Walzstück heben oder senken Zu müssen. Außerdem ist unter praktischen Walzern bekannt, wie vortheilhaft es bei dem Walzen großer Stücke aus Packeten in der Regel ist, wenn das zuletzt aus den Walzen kommende Ende bei dem nächsten Durchgang zuerst in die Walzen gelangt. Das gewöhnliche Mittel zum Umkehren der Walzen in ihrer Bewegungsrichtung besteht in der Anordnung von fünf Zahnrädern, von welchen sich zwei auf derselben Achse befinden und in entgegengesetzten Richtungen laufen. Jedes dieser zwei lose auf der Achse sitzenden Zahnräder ist mit einer Klauenhülse versehen, deren Klauen aber gegenseitig in entgegengesetzter Richtung gestellt sind; und zwischen diesen beiden Klauenhülsen befindet sich auf derselben Hauptachse eine an beiden Rändern mit Klauen versehene und auf einem sogenannten Mitnehmer verschiebbare Hülse, kurz gesagt, es ist ein doppeltes Ausrückzeug. Der zu bewegende Walzentrain befindet sich mit dieser Hauptachse in einer Linie. Die mittlere, auf dem Mitnehmer verschiebbare Ausrückklaue wird in eine der beiden, mit den Zahnrädern verbundenen Seitenklauen, d. i. nach links oder rechts verschoben, bevor das Walzstück zwischen die Walzen gesteckt wird, und in dem Momente, bevor die Klauen des Ausrückzeuges fassen, befindet sich die Seitenklaue mit ihrem Zahnrade in voller Geschwindigkeit, während die verschobene Ausrückklaue und die Walzen noch in Ruhe sind. Die Verschiebung der Ausrückklaue erfolgt gewöhnlich vermittelst eines zweiarmigen. Hebels durch die Hand des Steuermannes; sie kann übrigens mit Vortheil durch Dampf oder hydraulischen Druck bewerkstelligt werden. Diese Art der Umsteuerung muß nothwendig einen Stoß verursachen, dessen Gewalt von der Geschwindigkeit der Seitenklauen, dem Gewichte des Schwungrades, der Verbindungstheile und der Walzen abhängt. Die gewöhnliche Geschwindigkeit für derartige Walzvorrichtungen kann mit 25 Umgängen in der Minute angenommen werden. Es existiren zwar mehrere derlei Walzvorrichtungen mit Umsteuerung, welche bei Walzen mit 22 Zoll Durchmesser bis 35 Umgänge in der Minute machen; allein es ergeben sich dabei in Folge der gewaltigen Stöße nicht feiten Betriebsstörungen. Zur Beseitigung dieses plötzlichen Stoßes oder Schlages sind verschiedene Vorschläge gemacht worden; Hr. Walker weiß aber nur eine dergleichen Anordnung namhaft zu machen, welche nach dem Entwurfe des Hrn. Bladen bei einem neu erbauten Walzwerke zu Jarrow wirklich versucht worden ist. Diese bestand darin, daß die Klauen des Ausrückzeuges in ähnlicher Art wie die Buffers bei den Eisenbahnwaggons etwas nachgiebig waren. So lange diese Einrichtung aushielt, entsprach sie dem Zwecke ganz gut, allein wegen fehlerhafter Construction wurde sie bald wieder beseitigt. Hr. Walker äußert jedoch, daß bei richtiger Ausführung durch dieses Mittel in der That eine wesentliche Verminderung des Stoßes erzielt werden könnte. Hr. Walker selbst baute in der eigenen Werkstätte zu Leeds ein Grobeisenwalzwerk, welches mit 18zölligen Walzen und bei 40 Umgängen in der Minute eine Umsteuerungsvorrichtung mit doppeltem Ausrückzeug hat, ohne im Betriebe ungewöhnliche Störungen zu veranlassen; allein die Ursache der seltenen Brüche dabei ist nur in dem Umstande gelegen, daß damit ein kleineres Schwungrad verbunden wurde, als sonst üblich ist, und seine Erfahrungen führen ihn zum Ausspruche, daß ein schweres Schwungrad, im Interesse einer guten und billigen Walzarbeit zwar sehr erwünscht, zugleich aber eine der Hauptursachen von Brüchen sey. Walzwerke mit den vorgenannten Ausrückzeugen haben gewöhnlich zu wenig Dampfkraft, und zu große Schwungräder. Die durchschnittliche Geschwindigkeit eines Plattenwalzwerkes, welches mit den Ausrückklauen umgesteuert wird, glaubt Hr. Walker mit entsprechender Sicherheit gegen Brüche zu 30 Umgängen in der Minute annehmen zu sollen. Diese Geschwindigkeit ist jedoch viel zu gering, sowohl für das Walzen der Platten wie der Bahnschienen und sonstiger größerer Stäbe, und deßhalb ist das seit Jahren bestehende allgemeine Verlangen der praktischen Walzer nach einem Mittel zur Umsteuerung der Walzen bei einer größeren Geschwindigkeit ein vollkommen berechtigtes. Die Geschwindigkeit der Walzen soll nur durch jene Grenze beschränkt seyn, wo die Kraft der Arbeiter in der Handhabung des Eisens bei dem Walzen unzureichend wird, sie soll daher bei den Walzen mit Umsteuerungsvorrichtungen nicht geringer seyn als bei jenen ohne Umsteuerung. Eine solche Geschwindigkeit ist jedoch bei der vorstehend erwähnten Umsteuerungsvorrichtung nicht zulässig. Hr. Nasmyth gab zuerst den Vorschlag (und Hr. Ramsbottom führte denselben mit einigen Verbesserungen zuerst durch) für die Anwendung eines Systemes zum Umsteuern der Walzen, welches von der Geschwindigkeit ziemlich unabhängig ist. Der erste nach diesem System von Ramsbottom angelegte Walzentrain war durch horizontale Dampfmaschinen betrieben; später aber ist er mit diesem System auf den Betrieb durch zwei stehende Maschinen übergegangen. Die hierbei in Anwendung gebrachte Umsteuerung ist die bei Locomotiven gewöhnliche, nur ist anstatt des Umsteuerungshebels ein kleiner hydraulischer Cylinder vorhanden, worauf Ramsbottom ein Patent erhalten hat. Die hierbei zur Umsteuerung erforderliche Arbeit ist sehr gering, indem bloß ein mit dem hydraulischen Cylinder in Verbindung stehender Hahn zu drehen ist. Die Anordnung der Handhaben für die Regulirung des Dampfes und des Hahnes für den hydraulischen Cylinder ist derart getroffen, daß sowohl die Geschwindigkeit, wie die Umsteuerung der beiden Maschinen ganz in das Belieben des Steuermannes gestellt sind. Bei diesem System beginnen die Walzen ihre umgekehrte Bewegung bei jeder Umsteuerung, ebenfalls nach einem Zustande der Ruhe, allein die Geschwindigkeit wird nur allmählich in dem Maaße vermehrt, als der Dampf in die Maschine gelangt, wodurch der Stoß vermieden wird. Das fast plötzliche Anhalten der Maschine, und somit der Walzen, wird durch Wendung der Dampfventile bewirkt, wodurch der Dampf auf die entgegengesetzte Seite des Kolbens gelangt. Die Erfahrung hat gezeigt, daß, wenngleich die Maschine mit einer bedeutenden Geschwindigkeit läuft, durch das plötzliche Anhalten kein gewaltiger Stoß erfolgt, indem der Dampf selbst als Polster wirkt. Das System des Hrn. Ramsbottom erlaubt jedoch nicht die Anwendung eines Schwungrades, sondern die Dampfcylinder müssen so groß seyn, daß ohne die Nachhülfe eines Schwungrades sogleich die volle Arbeit der Walzen beginnen kann. Nach Ansicht des Hrn. Walker verdient Hr. Ramsbottom alle Anerkennung für die Art und Weise, in welcher er dieses System bei den Walzen ausgebildet hat, indem er ursprünglich mit dem Glauben, daß Platten ohne Beihülfe eines Schwungrades ausgewalzt werden können, so ziemlich allein stand. Nachdem das Zahnräder-Verhältniß bei Ramsbottom 's Vorrichtung 7 : 18 ist, die Walzen einen Durchmesser von 24 Zoll haben, und der Dampfkolben mit seiner gewöhnlichen Geschwindigkeit von 378 Fuß in der Minute sich bewegt, so ergibt sich eine Umfangsgeschwindigkeit für die Walzen von 125 Fuß per Minute, und die Zahl der Umdrehungen per Minute stellt sich nur auf 21. Ein anderes System zur Umkehrung der Walzenbewegung ist das dem Hrn. F. W. Kitson, Besitzer von Monkbridge Iron Works in Leeds, und dem Hrn. Chalas, Ingenieur dieser Hütte, patentirte. Hr. Kitson hat durch längere Zeit sich mit den Umkehrvorrichtungen der Walzen beschäftigt, und gegenwärtig befinden sich in Monkbridge Iron Works mehrere Walzentrains, welche mit der Umsteuerung nach seinem System versehen sind, im besten Betriebe. Bei diesem System werden flache oder conisch geformte, auf der Hauptachse befindliche Fangscheiben durch hydraulischen Druck aneinander gerückt und fest gedrückt, wofür das Wasser durch das Centrum der Achse zugeführt wird. Hierbei ist ein gewöhnliches Schwungrad zulässig, und kann die Umkehrung der Walzenbewegung bei jeder Geschwindigkeit derselben erfolgen. Hr. Kitson verwendet gewöhnliche ebene Scheiben und die hydraulischen Cylinder wirken in einer Linie mit der Hauptachse. Wie leicht einzusehen, ist nur eine sehr geringe Bewegung der Fangscheiben, von etwa 1/8 Zoll erforderlich, daher der Bedarf an Wasser ein sehr geringer ist; auch sind bei diesem System zwei Cylinder nicht nothwendig. Thatsächlich können von einem Cylinder zwei Walzentrains betrieben werden, und läßt sich diese Vorrichtung mit Leichtigkeit bei jeder vorhandenen Maschine mit ihren Walzentrains anbringen. Es laufen bei diesem System die Maschine und die Räder immer in ein und derselben Richtung, nur die Bewegungsrichtung der Walzen wird umgekehrt. Die Reibungsfläche der beiden Fangscheiben ist so groß gemacht, daß dieselben durch den hydraulischen Druck festgehalten bleiben, ungeachtet sie eingeschmiert werden, um ein gegenseitiges Abreiben der Scheiben zu vermeiden. Wenn die Walzen in Betrieb gesetzt werden, laufen dieselben anfangs leer, daher hierbei nur so viel Reibung zwischen den Scheiben erforderlich ist, als zur Ingangsetzung der Walzen benöthigt wird und der vermehrte hydraulische Druck zum festeren Zusammenpressen der Scheiben stellt sich erst ein, nachdem dieselben bereits in Bewegung sind. Da der hydraulische Druck nur in der Richtung der Hauptachse wirkt, so wird dadurch auf die Lager der Achse kein Druck ausgeübt. Hrn. Walker's Firma (Tannett, Walker und Comp.) hat anstatt diesen Fang- oder Reibungsscheiben zum Umkehren der Walzenbewegung eine andere, allem Anscheine nach entschieden bessere Einrichtung getroffen, indem die Reibung auf einer cylindrischen Trommel mittelst einer schmiedeeisernen Bandbremse bewerkstelligt, daher bei relativ geringerem Druck eine größere Reibung erzielt wird. Das Anziehen der Bandbremse erfolgt durch einen hydraulischen Cylinder, welcher unter einem rechten Winkel zur Hauptachse wirkt. Das Wasser für diesen Cylinder wird durch das Centrum der Achse zugeführt. Das Bremsband kann mit einem Futter aus hartem Holze versehen oder gleich der Bremstrommel glatt bearbeitet und geschmiert werden. Es zeigt sich, daß eine sehr geringe Pressung zureichend ist, das Bremsband fest um die Trommel anzuziehen. Unmittelbar unter dem hydraulischen Cylinder ist ein Gleitstück vorhanden, welches auf der Bremstrommel ruht, wodurch der zur Anspannung des Bremsbandes erforderliche Druck auf der Trommel seinen Stützpunkt findet und somit jede Aeußerung desselben auf eine Biegung der Hauptachse behoben wird. Um die Außenseite des Bremsbandes sind Spiralfedern angebracht, welche in dem Augenblicke wo die Spannung durch den hydraulischen Druck aufhört, das Bremsband von der Bremstrommel abziehen. Hrn. Walker's Firma in Leeds hat ein Paar Condensationsmaschinen mit 42zölligen Dampfcylindern und 5 Fuß Kolbenlauf gebaut, welche zwei Walzentrains für Platten betreiben, deren bis 8 Fuß lange Walzen 26 Zoll Durchmesser haben und in der Minute 35 Umdrehungen machen. Beide dieser Walzentrains sind mit der beschriebenen Umkehrungsvorrichtung versehen und zugleich von einander unabhängig. Selbst während die in der Walzung begriffene Platte noch zwischen den Walzen sich befindet, können die Walzen durch Aufhebung der hydraulischen Spannung nach Belieben augenblicklich in Stillstand versetzt und ebenso durch Wiedergabe der hydraulischen Spannung neuerlich, nach einer oder der anderen Richtung, in Bewegung gesetzt werden. Es ist das Aufheben und deßgleichen die Herstellung der Walzenbewegung in jedem Momente vollkommen in der Gewalt des Steuermannes gelegen. Dieses ist ein sehr großer Vortheil, im Falle die Platte sich um die Walzen zu biegen droht, indem die Walzen sogleich in Stillstand versetzt und sofort durch rückwärtige Bewegung die Platte zurückgebracht werden kann. Gewöhnliche Ausrückzeuge könnten bei der Größe und Geschwindigkeit dieser Walzen nicht angewendet werden; und selbst bei geringerer Geschwindigkeit, welche den Gebrauch des gewöhnlichen Ausrückzeuges zulassen würde, wäre es nicht möglich, eine sich umzuwickeln, oder sonst unrichtig durch die Walzen zu gehen beginnende Platte wieder zurückzugeben. Die hydraulische Umkehrvorrichtung kann in jedem gewünschten Augenblick zur Wirkung gebracht werden, während bei den gewöhnlichen Ausrückzeugen der Moment abgewartet werden muß, in welchem die Fangklauen die gegenseitig richtige Stellung erlangen. Durch das unzeitig versuchte Einrücken bei den gewöhnlichen Ausrückzeugen haben sich in früherer Zeit ernstliche Unglücksfälle ergeben, welche zuerst Hrn. Menelaus bestimmten, für die bewegliche Ausrückklaue eine eigene Führung für das richtige Eingreifen anzubringen. Die vorgenannten Walzentrains mit der hydraulischen Umkehrvorrichtung wurden vorerst nur mit einem Schwungrade von 25 Tonnen (500 engl. Ctr.) versehen. Nachdem dieses sich im Gebrauche als ungenügend erwiesen hat, wurde es gegen ein anderes von 35 Tonnen (700 engl. Ctr.) ausgewechselt. Die Umfangsgeschwindigkeit der Walzen kann dabei rund zu 240 Fuß in der Minute gerechnet werden, während die Kolbengeschwindigkeit an 500 Fuß in der Minute beträgt. Es dürfte dieß die größte Geschwindigkeit seyn, welche bisher bei irgend einem Plattenwalzwerke erzielt worden ist. Die gewöhnliche Umfangsgeschwindigkeit der Plattenwalzen beträgt nicht viel mehr als die Hälfte der angegebenen. Bei den Walzwerken mit hydraulischer Umkehrvorrichtung, welche die Firma des Hrn. Walker bisher gebaut hat, ist zu dem Ende stets eine eigene, gewöhnliche Pumpe und ein Accumulator errichtet worden. Es wäre jedoch unbedenklich zulässig, diese dadurch zu vermeiden, die Vorrichtung zu vereinfachen, daß der Dampfdruck unmittelbar auf einen cylindrischen Wasserbehälter wirkend gemacht würde, indem eine Spannung von 4–6 Atmosphären ausreichend ist. Hr. Walker spricht die Ueberzeugung aus, daß in Zukunft die hydraulische Umkehrvorrichtung bei den schon bestehenden Platten-, Grobeisen- und Railswalzwerken in ausgedehnter Weise zur Anwendung gelangen wird, welche Ueberzeugung gewiß jeder Praktiker insolange theilen wird, als diese wichtige Verbesserung in der Walzwerksmaschinerie nicht durch eine andere Erfindung überboten wird. Die beigegebene Zeichnung Fig. 1 und Fig. 2 ist eine getreue Copie aus dem Eingangs genannten Journal und bezieht sich dieselbe auf die Anlage, welche Hrn. Walker's Firma zum Betrieb von zwei Plattenwalzen-Trains mit 26zölligen Walzen für Hannach und Sohn in Glasgow gemacht hat. Als Motor sind zwei Dampfcylinder von je 42 Zoll Durchmesser vorhanden, und werden von diesen zwei verschiedene, auf den entgegengesetzten Seiten gelegene Walzentrains in Bewegung gesetzt. Eine nähere Beschreibung davon ist jedoch nicht gegeben, sondern es werden bloß einige Leistungsbeispiele von diesen und einigen anderen, nach demselben Systeme eingerichteten Walzentrains angeführt. Deßgleichen ist nach der genannten Quelle in Figur 3 und 4 die genaue Copie einer von Hrn. Walker angegebenen Walzenbetriebs-Vorrichtung zu ersehen, welche sehr wirksam, nicht kostspielig, wenig Dampf verbrauchend und zum Betriebe von 24zölligen Platten- oder 28zölligen Stahlrails-Walzen anwendbar wäre. Der liegende Dampfcylinder ist mit 42 Zoll Durchmesser und 5 Fuß Kolbenweg angegeben; zur Ersparung an Dampf soll die Maschine mit Condensation versehen seyn. Eine nähere Beschreibung ist auch bei diesen Figuren nicht gegeben. Bei der unter den anwesenden Mitgliedern des Iron and Steel-Institute über diese Mittheilungen des Hrn. Walker eingetretenen Discussion berührten Sir John Alleyne von Butterly Iron Works und Hr. Menelaus von Dowlais noch ein anderes System der Umkehrvorrichtungen für Walzen, welches von Hrn. Napier zu Glasgow versucht wird und auf dem Principe des Differentialhebels basirt. Die Einfachheit soll sehr für dieses letztere System sprechen, allein es scheint bisher noch nicht so erprobt zu seyn, wie dieß bei dem besprochenen hydraulischen System der Fall ist. Mit voller Ueberzeugung sprach Hr. Bladen von Blochairn Iron Works Gunsten des Systemes der hydraulischen Umkehrvorrichtung, und es ist auf dessen Aeußerung um so mehr Gewicht zu legen, als er es praktisch mit zwei von Walker's Firma gelieferten Walzentrains mit hydraulischen Umkehrvorrichtungen zu thun hat. Jeder dieser beiden Trains enthält mehrere Walzenpaare, und haben die Walzen des einen 26 Zoll starke, bis 8 Fuß lange, die des anderen 22zöllige Walzen; erstere werden bei 45, letztere bei 55 Umgängen in der Minute anstandslos umgekehrt. Alle von Hrn. Walker im Vorhergehenden angeführten Vortheile dieser Umkehrvorrichtung bestätigt Hr. Bladen nach wiederholt damit gemachten Erfahrungen, wodurch Brüche oder ein Verderben des Walzgutes hintangehalten wurden. Bezüglich der Größe der Production äußert Hr. Bladen, daß mit einem solchen Walzentrain wöchentlich bei 300 Tonnen (6000 Ctr.) Platten erzeugt werden; selbst bei sehr dünnen Platten werden in der zwölfstündigen Schicht 25 bis 26 Tonnen producirt. Platten von 40 Fuß Länge und 38 Zoll Breite werden mit Leichtigkeit in einer Hitze ausgewalzt. Eine Platte, 11 Fuß 9 Zoll lang und 47 Zoll breit, mit einer Stärke von 7/16 Zoll wurde mit 15 Durchgängen zwischen den weichen Walzen, und 4 Durchgängen zwischen den harten Walzen, in 3 1/4 Minuten fertig gewalzt. Hr. Jeremiah Head und schließlich der Präsident des Institutes, Hr. Bessemer, erklärten sich ebenfalls ganz zu Gunsten der hydraulischen Umkehrvorrichtungen, und drückte der Präsident dem Hrn. Walker für seine Mittheilungen den Dank der Versammlung aus. ––––––––– Mit den Figuren 5 und 6 und der folgenden Beschreibung soll hier versucht werden, die Anordnung dieser mechanischen Einrichtung in Uebereinstimmung mit Fig. 3 und 4 deutlicher zu machen. Fig. 5 stellt einen horizontalen, durch die Mitte der Achsen geführten Schnitt dieser Vorrichtung dar. A ist die von der Maschine betriebene Achse mit dem Schwungrade; B ist die Hauptachse, welche auf der Seite a mit dem Walzentrain verkuppelt wird, auf der Seite b die Zuführung des Wassers aufnimmt; c ist die Hülfs- oder Vorgelegsachse. Das auf der Schwungradachse A befindliche Zahnrad c, sowie die beiden Zahnräder d und e der Achse C sitzen auf der betreffenden Achse fest; dagegen die Zahnräder f und g können sich auf der Achse B frei bewegen. Mit der Hauptachse B fest verbunden ist die Scheibe h, welche der Träger für das Bremsband, den hydraulischen Cylinder und die Kranzleisten ist, und zwar trägt dieselbe die gleichen, jedoch gegentheilig gestellten Bremsbänder k, k, hydraulische Cylinder l, l und Kranzleiste m, m, auf beiden Seiten. Die Bremstrommel n ist mit dem Zahnrade g und die Bremstrommel o mit dem Zahnrade f fest verbunden; auf der Achse B aber können sich diese Trommeln mit ihren verbundenen Zahnrädern frei bewegen, so lange die Bremse außer Wirkung ist. Jeder der zwei hydraulischen Cylinder l, l findet an dem Gleitstücke p, p seinen Stützpunkt, wodurch die hydraulische Spannung keinen Druck auf Biegung der Scheibe h und der Hauptachse B äußern kann. Selbstverständlich muß jedes dieser Gleitstücke, wie die hydraulischen Cylinder, eine auf der Scheibe h angebrachte Führung erhalten. In b, q, r und b, q, s ist die Zuleitung des von dem hydraulischen Accumulator kommenden Wassers angedeutet. Damit das gespannte Wasser entweder nach r oder nach s geleitet werden kann, muß bei q eine außerhalb b regulirbare Umsteuerungsvorrichtung angebracht sehn. Diese Umsteuerung, von welcher in der englischen Quelle, als einer einfachen, sich gleichsam von selbst ergebenden Vorrichtung gar keine Erwähnung gemacht ist, kann durch eine von b nach q reichende Röhre oder Kolbenstange bewirkt werden, welche in der bei b anzubringenden Stopfbüchse ihre Drehung findet, oder mit der Achse B die Drehung mitmachen kann, und in der Achsenrichtung um den bei q angedeuteten Abstand der beiden nach r und s führenden Seitencanäle verschiebbar seyn muß, falls man es nicht vorziehen wollte, beide diese Seitencanäle im gleichen Abstande von b anzubringen. In der Zuleitungsröhre des Wassers muß jedenfalls ein Hahn angebracht seyn, durch dessen Drehung einerseits die Verbindung der Wassercirculation mit der innern Leitung nach r oder s, und andererseits die Verbindung dieser letzteren mit dem freien Austritte des Wassers bei dem Hahn hergestellt werden kann. Durch eine kleine Drehung dieses Hahnes wird daher das Anspannen wie das Nachlassen der Bandbremse, somit die Bewegung oder der Stillstand der Walzen vermittelt; wogegen die Entscheidung, ob die Bewegung der Walzen vor- oder rückwärts erfolgt, von der bei q vorhandenen, von b aus zu regulirenden Stellung der Röhren- oder Kolbensteuerung abhängt. Bei der ersten Anwendung dieser hydraulischen Umkehrvorrichtungen ergaben sich Anstände zweifacher Art. Für's Erste geschah es bei dem Gebrauche des schmiedeeisernen Bremsbandes ohne Holzbelegung, daß in der Nachtschichte, wo die Arbeiter das Einschmieren vernachlässigten, die Bremse unerwartet so viel Reibung gab, daß die leer stehenden Walzen in Bewegung gesetzt wurden. Und zweitens blieben die Walzen oft nicht so augenblicklich stehen, als erwartet wurde, indem das Bremsband nicht rasch und vollkommen die Bremstrommel frei ließ, wie es seit der Einführung der sechs Spiralfedern t, t in Fig. 5 und 6 der Fall ist, welche auf der Außenseite des Bremsbandes wirksam sind, und augenblicklich, wie der Steuermann die hydraulische Spannung aufhebt, das Bremsband mit der Holzbelegung von der Berührung mit der Trommel abziehen. Offenbar muß bei der raschen Walzung, wie sie im Vorhergehenden angegeben ist, für Plattenwalzen auch eine andere Walzenstellung, als mit den gewöhnlichen Stellschrauben eingeführt werden; denn die Stellung der Walzen mittelst dieser Stellschrauben erfolgt namentlich bei den ersten Durchgängen viel zu langsam. Vielleicht, daß auch hierbei der hydraulische Druck zu Hülfe genommen ist, oder daß die Drehung der Stellschrauben mit Dampfkraft erfolgt. Die englische Quelle berührt diesen Umstand gar nicht. Sollte wider Erwarten in dieser Beziehung keine Aenderung vorgenommen worden seyn, so würde daraus nur erhellen, daß die Vortheile, welche diese einfache, sinnreiche und praktische Umkehrvorrichtung mit der Bandbremse zu gewähren vermag, noch nicht gehörig ausgenutzt worden sind. Möchte recht bald wenigstens eines der größeren Eisenwalzwerke in Oesterreich sich zur Annahme dieser hydraulischen Vorrichtung zum Vor- und Rückwärtswalzen entschließen, und sofern die hiermit gegebenen Erklärungen nicht genügen sollten, sich dieserwegen am besten unmittelbar an die genannten Firmen zu Leeds wenden. Uebrigens findet sich im Jahrg. 1871 des polytechn. Journals, Bd. CC S. 3–5 (aus Engineering, Februar 1871, S. 97) eine Beschreibung und Zeichnung des englischen Patentes von Walker und Pflaum, aus welcher wenigstens bezüglich der Umsteuerungsvorrichtung eine nähere Belehrung geschöpft werden kann, die sich von der im Vorhergehenden angedeuteten wesentlich unterscheidet. Daß durch diesen älteren Artikel in Dingler's Journal die vorliegende Mittheilung nicht überflüssig gemacht wird, ist am besten aus der Vergleichung zwischen beiden zu ersehen. Leoben, im Januar 1872.

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