Titel: | Ueber die Verwendung des übermangansauren Kalis in der galvanischen Batterie; von J. H. Koosen. |
Fundstelle: | Band 203, Jahrgang 1872, Nr. CXVI., S. 461 |
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CXVI.
Ueber die Verwendung des übermangansauren Kalis
in der galvanischen Batterie; von J. H. Koosen.
Aus Poggendorff's
Annalen, 1871, Bd. CXLIV S. 627.
Koosen, über die Manganbatterie.
Die merkwürdigen Eigenschaften des übermangansauren Kalis, durch welche dasselbe in
den letzten Jahren eine so hohe Bedeutung für die Medicin und Chirurgie erlangt hat,
beruhen auf dem Reichthum dieses Salzes an Sauerstoff, und der Leichtigkeit mit der
es einen großen Theil dieses Sauerstoffes an organische und unorganische Körper
abgibt.
Diese letztere Eigenthümlichkeit des mangansauren Salzes veranlaßte mich zu
untersuchen, in wie weit es im Stande sey, die Salpetersäure in der Grove'schen Platinbatterie zu ersetzen; und war ich
erstaunt zu finden, daß die auf diesem Wege entwickelte elektromotorische Kraft
diejenige der Grove'schen Kette bedeutend übertrifft.
Aus mehr als hundert Messungen, welche ich an einer großen Anzahl auf die
verschiedenste Weise mit Benutzung dieses Salzes construirter Elemente machte, ergab
sich die elektromotorische Kraft: Platin in Lösung von übermangansaurem Kali mit
1/30 Schwefelsäure versetzt, und amalgamirtes Zink, in verdünnter Schwefelsäure,
zwischen 1,9 und 2,2 (Daniell = 1 gesetzt). Diese
Messungen waren nach der Methode der Einschaltung bekannter Widerstände gemacht, und
gaben eine desto größere Zahl für die elektromotorische Kraft, je schwächer die
entstandenen Ströme waren, ein Zeichen daß bei starken Strömen und nicht
concentrirter Lösung des Mangansalzes ein Rest von Polarisation am Platin auftritt.
Wenn der Strom durch eingeschalteten Widerstand so abgeschwächt wurde, daß gegen
diesen Widerstand der eigene Widerstand des Elementes zu vernachlässigen war, so
ergab die Vergleichung eines derartigen Elementes mit einem Daniell'schen von ähnlichem eigenem Widerstande an einer multiplicirenden
Tangentenbussole für ersteres immer nahezu die elektromotorische Kraft 2,1. Mittelst
einer anderen, gleich zu beschreibenden, großer Zuverlässigkeit fähigen Methode, das Verhältniß der
elektromotorischen Kräfte zweier Elemente zu bestimmen, fand ich den Werth für die
Kraft der Mangancombination genau gleich 2,0.
Als Probe für die Richtigkeit dieser Bestimmung machte ich folgenden Versuch: Es
wurden zwei frische, stark geladene Daniell'sche Elemente
und ein Manganelement hintereinander aufgestellt und durch die Tangentenbussole
geschlossen, jedoch so, daß die elektromotorischen Kräfte der Daniell's der Kraft der Mangancombination entgegen wirkte; auf den
Metallring der Tangentenbussole waren 44 Windungen Kupferdraht gewunden, durch
welche der Strom des Elementes ging: Es fand keine Ablenkung statt, nur zuweilen
glaubte ich eine Ablenkung von 1° zu Gunsten des Manganelementes
wahrzunehmen, während jedes der Daniell'schen Elemente
allein durch die Tangentenbussole geschlossen, eine
Ablenkung von 71°, das Manganelement allein eine solche von 85°
bewirkte. Dieser Versuch läßt keinen Zweifel darüber, daß die elektromotorische
Kraft der Mangancombination genau das Doppelte der Daniell'schen Kette ist.
Die eben erwähnte Methode zur Vergleichung der elektromotorischen Kräfte zweier
Combinationen besteht im Folgenden. Man schließt die beiden Elemente hintereinander
durch eine Tangentenbussole, einmal so, daß sich ihre elektromotorischen Kräfte
addiren, das andere Mal durch Umkehrung der Pole des einen Elementes so, daß sich
die betreffenden Kräfte subtrahiren; wenn man nun die Tangenten der beiden so
erhaltenen Ablesungswinkel addirt und diese Summen durch die Differenz derselben
Tangenten dividirt, so erhält man die Zahl, welche das Verhältniß der beiden
elektromotorischen Kräfte ausdrückt. Diese Methode ist deßhalb so zu empfehlen, weil
beide Beobachtungen bei genau denselben Widerständen gemacht werden, man also nicht
von der Unzuverlässigkeit in dem Maaße eingeschalteter Widerstände abhängig ist.
Die Werthe beider Ablesungen sind allerdings im Allgemeinen sehr verschieden, mithin
auch die Stromstärken; wenn man daher mit inconstanten Elementen experimentirt und
fürchtet, daß durch den verschiedenen Stromwerth die Polarisation, mithin auch die
elektromotorische Kraft, zwischen beiden Versuchen verändert werden könnte, so
schaltet man einen beliebig großen Widerstand (für beide Ablesungen natürlich
denselben) ein und man wird, wenn man nur eine hinreichend empfindliche und
zuverlässige Tangentenbussole hat, diese Fehlerquelle ganz eliminiren können.
Nach dieser Methode wurde von mir die elektromotorische Kraft der Mangancombination
genau gleich 2,0 gefunden; ich bestimmte auf diese Weise ebenso die Kraft einer mit
käuflicher aber schwacher Salpetersäure geladenen Grove'schen Kette = 1,58; dieselbe mit achtfach verdünnter Säure = 1,41;
dieselbe mit vierzigfach verdünnter Salpetersäure = 1,34. Man sieht also, daß die
von der elektrochemischen Zersetzung der Salpetersäure hervorgerufene
elektromotorische Kraft ganz von dem Concentrationszustand der Säure abhängt; daher
die schwankenden Angaben der Physiker über die Kraft der Grove'schen und Bunsen'schen Kette. Ganz anders
verhält sich das Platin, wenn es durch Lösung von übermangansaurem Kali erregt wird;
die elektromotorische Kraft bleibt immer dieselbe, welches auch die Concentration
der Lösung seyn mag; ein Tropfen Chamäleonlösung in die Thonzelle gebracht, in
welcher sich das Platin in angesäuertem Wasser befindet, ruft augenblicklich die
große elektromotorische Kraft dieser Substanz hervor, welche ebenso schnell wieder
verschwindet, sobald durch den entstandenen Strom die in der unmittelbaren Nähe des
Platins befindlichen Flüssigkeitstheile alle Manganlösung verloren haben. Diese
Eigenschaft, bei jedem Grade der Concentration mit derselben elektromotorischen
Kraft zu wirken, kommt übrigens auch dem Kupfervitriol in der Daniell'schen Kette und wahrscheinlich allen Metallsalzen zu, während das
entgegengesetzte Verhalten der Salpetersäure, worauf ich später noch zurückkommen
werde, wahrscheinlich in einer Spaltung der elektromotorischen Wirkung des
galvanischen Stromes zwischen der Säure und dem Wasser seinen Grund hat.
Die Sicherheit, mit der man bei der Mangancombination auf das augenblickliche
Eintreten ihrer großen elektromotorischen Kraft rechnen kann, gibt dieser Kette für
den Physiker, wie für die praktische Anwendung des galvanischen Stromes, einen
großen Werth. Nachdem wir über die elektromotorische Kraft der Kette im Reinen sind,
bleibt noch übrig, ein Wort über ihren inneren Leitungswiderstand zu sagen. Wenn
man, wie oben erwähnt, in die Platinzelle zur Manganlösung etwa 1/30 bis 1/20
Schwefelsäure hinzusetzt, das amalgamirte Zink in zehnfach verdünnte Schwefelsäure
stellt, so läßt sich daraus einsehen, daß diese Kette ungefähr denselben inneren
Widerstand wie die Grove'sche und Bunsen'sche Kette darbietet; ich habe aber ein einfaches Mittel gefunden,
dieser Ketten einen geringeren inneren Widerstand zu geben, als ihn irgend eine
andere der bekannten Kombinationen darbietet; dieß Mittel besteht in der Weglassung
der Thonzelle und Hinzufügung einer gleich zu beschreibenden Vorkehrung, die directe
Berührung von Platin und Zink im Elemente zu verhindern; das amalgamirte Zink
scheint selbst durch eine concentrirte Lösung von übermangansaurem Kali in
Verbindung mit Schwefelsäure nicht wesentlich angegriffen zu werden. Ein solches Element mit einem
Zinkcylinder von 7 Centim. Durchmesser und 12 Centim. Höhe bringt einen Platindraht
von 0,35 Millim. Durchmesser zum Weißglühen; dünnere Platindrähte werden sogleich
geschmolzen.
Wir kommen nun zu der Discussion der wichtigsten Eigenschaft eines galvanischen
Elementes, wenn es für den Physiker wie für die technische Anwendung die
Anforderungen überbieten soll, welche die uns bisher bekannten galvanischen
Kombinationen erfüllen: die Constanz des Stromes; und in dieser Beziehung habe ich
viele Schwierigkeiten zu überwinden gehabt, ehe ich eine genügende Construction der
Kette ausfindig machen konnte.
Obwohl ich über die Bedingungen, unter welchen eine gleichmäßige Ausdauer des Stromes
zu erwarten ist, im Allgemeinen klar bin, so treten doch unter gewissen Umständen
manche räthselhafte Erscheinungen auf, über deren Natur erst eine ausgebreitete
Benutzung dieser merkwürdigen Kette Aufschluß zu liefern im Stande seyn wird.
Ohne erst näher auf die vielfältigen Constructionen des Manganelementes, welche ich
untersucht habe, einzugehen, will ich nur diejenigen beschreiben, welche sich mir
für die verschiedenen Benutzungsweisen des galvanischen Stromes als die
brauchbarsten herausgestellt haben.
Die erste Bedingung, unter welcher das übermangansaure Kali in Berührung mit Platin
seine elektromotorische Kraft entwickelt, ist die Anwesenheit einer starken Säure,
also namentlich der Schwefelsäure, und ich habe gefunden, daß der Zusatz von 1/20
bis 1/15 concentrirter Schwefelsäure zur ebenfalls concentrirten Manganlösung einen
constanten Strom liefert. Die Schwefelsäure zersetzt hierbei das übermangansaure
Kali in Sauerstoff, welcher zum Zink geht, in Kali, welches mit Schwefelsäure
verbunden in der Flüssigkeit gelöst bleibt, und in Manganoxydhydrat, welches als
schwarzes Pulver allmählich zu Boden sinkt.
Für jedes auf galvanischem Wege gelöste Atom Zink muß auch in dieser Kette Ein Atom
Kali frei werden; daher wird hier die doppelte Menge Schwefelsäure consumirt als in
jeder anderen galvanischen Combination; also ist für die Anwesenheit einer
hinreichenden Menge Säure jedenfalls Sorge zu tragen.
Das Kali hypermang. cryst. pur. ist in Wasser nur schwer
löslich (nach Mitscherlich erfordert 1 Th. Salz bei
15° C. 16 Th. Wasser); die Lösung dieses Salzes hat außerdem die Eigenschaft,
in Wasser zu Boden zu sinken, ohne im Geringsten zu diffundiren. Wenn man daher aus
einem Elemente einen Strom entwickelt von der Stärke, um einen Platindraht weißglühend zu
erhalten, so kann die hierzu erforderliche Menge Uebermangansäure nur dann frei
werden, wenn Platin und Manganlösung in einer sehr großen Oberfläche mit einander in
Berührung stehen, wenn ferner der Flüssigkeit die Möglichkeit freier Beweglichkeit
gelassen, dieselbe also nicht vom Platin ganz eingeschlossen wird. Ist dieß nicht
der Fall, so werden bei starkem Strome die dem Platin zunächst liegenden Theile der
Flüssigkeit bald von ihrem Mangansäuregehalt befreit, und der Strom macht dann an
der Platinplatte Wasserstoff frei, wodurch diese polarisirt und ihre
elektromotorische Kraft vermindert wird. Die geringste Erschütterung der
Platinplatte oder ihr Hin- und Herbewegen in der Flüssigkeit, läßt den Strom
wieder zu seiner früheren Stärke anwachsen, allein eine solche Kette ist nicht
praktisch brauchbar, und kann nicht als constant bezeichnet werden. In der
Salpetersäure-Batterie wird durch die sich ausscheidende salpetrige Säure die
Flüssigkeit in steter Bewegung gehalten und dadurch fortwährend dem Platin neue
Flüssigkeit zugeführt; in der Daniell'schen Kette wird
ein ähnlicher Strom durch den Unterschied in der specifischen Schwere der
concentrirten Lösung und der ihres Kupfergehaltes beraubten Flüssigkeitstheile
unterhalten; außerdem diffundiren beide Lösungen stark nach allen Richtungen; diese
Eigenschaften finden bei der Lösung von übermangansaurem Kali nicht statt. Man muß
diesen Mangel daher durch andere Vorkehrungen zu ersetzen suchen, und dahin gehört
zunächst die möglichste Vergrößerung der Berührungsfläche von Platin und
Flüssigkeit. Als die hierfür geeignetste Form und Größe der Platinelektrode hat sich
mir nach vielen Versuchen folgende ergeben.
Man schneidet aus sehr dünnem Platinblech (man hat es jetzt bis zu 0,005 Millim.
Plattendicke) viereckige Blätter, deren Breite etwas geringer als der Durchmesser
der Thonzelle, deren Höhe etwa 4 Centim. geringer als die Höhe der Thonzelle, alle
von gleicher Größe, legt sie genau übereinander, so daß sie sich decken, löthet sie
an den Mitten ihrer schmalen Seiten oben und unten mit Gold zusammen, löthet an der
Einen dieser Seiten in der Mitte einen wenigstens 1 Millim. starken Platindraht als
Poldraht, und biegt dann die einzelnen Hälften dieser Blätter so auseinander, daß
das Ganze einen cylindrischen Fächer aus Platinplatten bildet. In dieser Weise wirkt
das Platin mit seinen beiden Flächen elektromotorisch auf die Lösung. Je größer die
Oberfläche des hierzu verwandten Platins ist, desto constanter wirkt der Strom bei
kurzer Schließung, z.B. durch die Tangentenbussole direct; ohne wenigstens 1/2
Quadratfuß Platinblech kann man keinen starken andauernden Strom erzeugen; mit einem
cylindrischen Platinfächer von der angegebenen Größe und Construction bei gleichzeitig angewandter
Thonzelle habe ich aber schon mit einem Element einen Platindraht von 0,15 Millim.
Durchmesser stundenlang im Weißglühen erhalten.
Ich habe nun noch über die Art und Weise, in welcher das übermangansaure Kali
zugesetzt wird, Auskunft zu geben. Dieses Salz kommt käuflich entweder als Kali hypermang. crud. vor, ein braunes Pulver, welches
an der Luft bald Wasser anzieht, oder als Kali hypermang.
cryst. pur. in braunen Krystallen. Ersteres ist für das galvanische Element
nicht zu gebrauchen; denn obwohl es etwa nur 1/4 so viel kostet, als das zweite, so
enthält es höchst wahrscheinlich auch nur 1/4 so viel Uebermangansäure, der Nest
besteht aus Chlorkalium und Braunstein, und entwickelt in der Batterie in Berührung
mit Schwefelsäure viel Chlorgas. Das reine Kali hypermang.
cryst. entwickelt, wenn man es mit concentrirter oder wenig verdünnter
Schwefelsäure in einem Reagensglase übergießt, reinen Sauerstoff und ein
hineingetauchter glimmender Span muß sich sofort entzünden; manche Proben des
sogenannten reinen Salzes thun das Letztere nicht, dann entwickeln sie zugleich
Chlor, was nicht seyn darf. Ebensowenig ist die käufliche Lösung des Salzes,
sogenannte Chamäleonlösung, galvanisch zu verwenden, da man nie weiß, wie viel Salz
sie enthält.
Wie man auch das übermangansaure Kali in der Batterie verwenden mag, so ist vor allen
Dingen darauf zu achten, daß nie Krystalle des Salzes auf den Boden der Thonzelle
oder des Glases geschüttet werden, da sie hier nicht die geringste Wirkung üben
können; sie werden bei der Thätigkeit der Batterie bald von Manganoxydhydrat
eingehüllt und bleiben dann unlöslich, oder wenn ein Theil davon gelöst wird, bleibt
diese Lösung am Boden der Thonzelle, und da sie nicht diffundirt, kommt sie nie in
die Nähe des Platins. Man kann sich nun aus dem Kali
hypermang. pur. eine concentrirte Lösung in Wasser bereiten, 1/10
Schwefelsäure hinzu setzen, das Ganze nebst dem Platinfächer in die Thonzelle thun,
so erhält man einen starken und für alle Art elektromagnetischer Versuche, bei
welchen ein Gesammtwiderstand der ganzen Schließung von 40–50 Meter
Normaldraht vorhanden, stundenlang constanten Strom. Ich selbst verfahre, um bei
starken wie bei schwachen Strömen, also bei jeder Art von Schließung der Kette,
möglichst constante Wirkungen zu haben, folgendermaßen, indem ich weder Thonzelle
noch Lösung von übermangansaurem Kali anwende. In dem gut amalgamirten Zinkcylinder
wird ein zweiter Cylinder aus Haargewebe (vom größten Pferdehaar), sogenanntes
Haartuch, lose eingesetzt; dieß geschieht nur, damit der Platinfächer, dessen Ränder
sehr nahe an den Zinkcylinder heranreichen, nie mit diesem in Berührung komme;
dieser Haartucheinsatz, das einzige organische Gewebe, welches wenigstens auf einige
Tage der vereinten Wirkung von Schwefelsäure, Sauerstoff und übermangansaurem Kali
zu widerstehen vermag, muß noch einige Centimeter über den oberen Rand des
Zinkcylinders hinausreichen. Dann setzt man den Platinfächer in das Haartuch, füllt
das Ganze bis nahe an den oberen Rand des Zinkcylinders mit Wasser, dem 1/10
Schwefelsäure zugesetzt worden, oder noch mehr, wenn es das Zink vertragen kann,
ohne angegriffen zu werden. Nun wird, auf das Haargeflecht sich stützend und
ungefähr mit dem Boden einen Centimeter in die Flüssigkeit tauchend, ein Sieb von
Platinblech oder ein Geflecht von Platindraht in das Element hineingesenkt, so daß
der Boden des Geflechtes ganz nahe über der oberen Fläche des Platincylinders sich
befindet. Die Maschen des Platingeflechtes dürfen höchstens 1 Millim. Durchmesser
haben, können aber so zahlreich wie möglich seyn. Dieses Platinsieb darf natürlich
nirgends den Zinkcylinder berühren. Deßhalb ist es rings von dem Haartuch umgeben;
der vom Platin ausgehende Poldraht wird seitwärts zwischen dem Platinsieb und dem
Haartuch herausgeführt. Schüttet man nun 20 bis 30 Grm. Kali
hypermang. cryst. in das Sieb, so ist in 2 bis 3 Minuten das Element in
voller Kraft, so daß man die oben angeführte Wirkung vom Weißglühen 0,3 Millim.
starken Platindrahtes damit erhält; an meiner Tangentenbussole von 18 Centimeter
Durchmesser des Metallringes gibt Ein Element frisch gefüllt eine Ablenkung von 70
bis 75°. Benutzt man eine Thonzelle von ungefähr 5 Centim. Durchmesser, so
ist die Ablenkung nur 65 bis 70° und man kann nur Platindrähte von 0,2
Millim. Durchmesser weißglühend erhalten. Solche starken Ströme sind natürlich nicht
constant, denn wo sollte bei der Schwerlöslichkeit des Kalisalzes das Material
herkommen, um die fortwährende chemische Thätigkeit der Batterie zu unterhalten?
Schaltet man jedoch einen Widerstand von 40 bis 50 Meter Normaldraht ein, so wird
das Element einen constanten Strom von etwa 20° Ablenkung geben; bei dem
Elemente ohne Thonzelle wird der Strom schon bei 30 Meter Einschaltung mit etwa
30° Ablenkung der Tangentenbussole unveränderlich und bleibt in dieser
Stärke, bis entweder das Mangansalz aus dem Platinsiebe verschwunden, oder die freie
Schwefelsäure verbraucht ist, dann aber nimmt der Strom rasch ab. Um starke constante Ströme zu unterhalten, hinreichend stark
für alle elektromagnetischen Versuche, wo mehr oder minder lange Spiralen in den
Kreis eingeschaltet werden, ist das Element ohne
Thonzelle daher vorzuziehen; nur muß man, wenn man die Versuche einige Stunden
unterbricht, Zinkcylinder nebst Haareinsatz und Platinsieb aus der Flüssigkeit entfernen, da es mir
häufig geschienen, als ob in Gegenwart von Zink die verdünnte Schwefelsäure eine
Zersetzung des Mangansalzes bewirkte; ohne Zink habe ich bei verdünnter Schwefelsäure nie eine solche Zersetzung bemerkt, obwohl die
concentrirte Säure auf das krystallisirte Kali
hypermang. so stark einwirkt. Die Konstanz der Wirkung dieser Kette hängt
außer von der Größe der Platinoberfläche wesentlich von der Flächengröße des
Platinsiebes ab, d.h. von der Geschwindigkeit mit der der niedersteigende
Flüssigkeitsstrom der schweren Manganlösung frisches Material von Uebermangansäure
an die Oberfläche der Platinelektrode führt; daher die bedeutend beständigere
Wirkung des Elementes ohne Thonzelle, welche keineswegs dem geringeren
Leitungswiderstande zuzuschreiben ist. Ich rathe daher unter allen Umständen für
Entwickelung starker Ströme zur Benutzung des Elementes ohne Thonzelle; die Instandsetzung des Elementes ist höchst einfach, dabei
die Batterie ganz geruchlos, wenn einigermaßen reines übermangansaures Kali benutzt
wird.
Die Anwendung der Manganbatterie ohne Thonzelle dürfte
vorzugsweise für die Darstellung des Lichtbogens zwischen Kohlenspitzen geeignet
seyn, da sie zur Erlangung eines gleichen Effectes nur etwas mehr als die Hälfte der
Anzahl der Elemente erfordern würde deren man bisher mit der Bunsen'schen Batterie bedurfte. Da der Lichtbogen einen großen Widerstand
darbietet, und die Messungen ergeben haben, daß auch bei dem intensivsten Strome,
unter welchem das Kohlenlicht bisher erhalten worden, die Stromstärke welche durch
jedes einzelne Element geht, kaum die Hälfte derjenigen beträgt, welche man durch
directen Schluß der Pole eines Elementes erhalten kann, so läßt sich ein mehrere
Stunden hindurch constantes Verhalten der Lichtquelle bei Anwendung der
Mangancombination nicht bezweifeln.
Es gibt nun in der Technik noch eine Classe von galvanischen Strömen, zu deren
Entwicklung die neue Batterie außerordentlich geeignet zu seyn scheint: die
schwachen Ströme mit großem Leitungswiderstande, wie sie bei Telegraphen und
Glocken-Apparaten erfordert werden und bei denen an die Batterie die
Anforderung gestellt wird, daß sie Monate und Jahre lang ohne Erneuerung einen
constanten Strom liefern soll; bisher verwandte man hierzu die Meidinger'sche Kupfervitriolbatterie. Wenn es aber gelingt, die Thätigkeit
der Manganbatterie für schwache Ströme ebenso lange Zeit hindurch in gleichmäßigem
Zustande zu erhalten, woran ich nicht zweifle, obwohl ich bei der Kürze des
Zeitraumes, seit welchem ich mich mit dieser Sache beschäftige, noch keine
ausreichende Erfahrung darüber habe sammeln können, so wird man zu allen diesen
technischen Zwecken nur
die halbe Anzahl galvanischer Elemente nöthig haben, deren man bisher bedurfte.
Ich wende zu solchen schwachen Strömen ein Element mit Thonzelle an, die Flüssigkeit
in der letzteren enthält 1/10 Schwefelsäure; diejenige, in welcher das amalgamirte
Zink steht, kann schwächer seyn; in die Thonzelle wird ein einfaches Kreuz vom
dünnsten Platinblech eingesetzt, dann ein kleines Sieb aus Platinblech in die
Thonzelle, so daß der Boden des Siebes 1 Centim. in das Wasser taucht, eingehängt,
und an dem Rande der Thonzelle befestigt, dann 40 bis 50 Grm. Kali hypermang., in das Sieb geschüttet. Eine andere Construction ist die,
daß ich anstatt des Platinsiebes eine kleine Glasflasche mit kurzem Halse, deren
Oeffnung mit einem Gewebe aus Platindraht verschlossen war, mit dem Halse nach unten
auf die Thonzelle setzte, so daß dieser fast ganz in die Flüssigkeit tauchte; die
Flasche wurde vorher mit etwa 100 Grm. Kali hypermang.
cryst. gefüllt, und dann bis an die Oeffnung voll Wasser gegossen. Die
erstere Art der Construction mit oben offenem Platingefäße scheint jedoch
zuverlässiger zu seyn, weil man dann sicher ist, daß das Nachuntenströmen der
Manganlösung nicht durch den Luftdruck verhindert werden kann. Ein Element dieser
Art habe ich seit zwei Monaten ununterbrochen durch einen etwa 30,000 Meter
Normaldraht großen Widerstand geschlossen und es scheint nicht an Kraft verloren zu
haben; es dient dazu, ein conisches Pendel in Bewegung zu halten; früher verwandte
ich zu demselben Apparate zwei Meidinger'sche Elemente;
ein anderes ähnliches Element, seit derselben Zeit in unveränderter Stärke, dient in
Verbindung mit jenem zum Glocken-Apparate; dieß wird freilich nur selten
geschlossen und ich zweifle nicht, daß es in dieser Weise mehrere Jahre functioniren
kann. Vermuthlich ließe sich eine für solche schwachen Ströme recht befriedigende
Construction durch Benutzung der Meidinger'schen Elemente
ausführen, indem man das Kali hypermang. in den Ballon
oder Glastrichter thäte, aber dafür Sorge trüge, daß keine Krystalle auf den Boden
des unteren Glasbechers, in welchem das Platin steht, fallen könnten; das Zink muß
natürlich amalgamirt seyn.
Wenn es gelänge, einigermaßen chemisch reines übermangansaures Natron zu erlangen,
welches Salz in Wasser sehr leicht löslich ist, so zweifle ich nicht, daß man damit
auch die stärksten Ströme, welche ein Element geben kann, vollkommen constant machen
könnte; ich habe mich bis jetzt vergebens bemüht, von den chemischen Fabriken das
Präparat in der gewünschten Reinheit zu erlangen. Vielleicht werden andere Physiker
in dieser Beziehung mehr Erfolg haben, wie ich denn hoffe, daß es den ferneren
vereinten Bemühungen vieler Experimentatoren gelingen werde, durch weitere Verbesserungen in der
Construction der Kalihypermangankette aus dieser ein Hülfsmittel für die
Wissenschaft wie für alle technische Verwendung des galvanischen Stromes zu
schaffen, welches die bisher gebräuchlichen galvanischen Combinationen verdrängen
wird.
Schließlich mag noch erwähnt seyn, daß ich die elektromotorische Kraft des
übermangansauren Kalis mit Bunsen'scher Kohle ganz gleich
der mit Platin gefunden habe, daß ich aber die Kohle zur Construction von solchen
Elementen nicht für geeignet halte, einmal weil sie der Lösung zu wenig Oberfläche
darbietet, hauptsächlich aber deßwegen, weil mir geschienen hat, daß die Wirksamkeit
der Kohle nach einiger Zeit sich vermindert, was wahrscheinlich in der Ablagerung
von schwefelsauren Kalikrystallen oder Manganoxydhydrat in den Poren der Kohle
herrührt.
Dresden, im December 1871.