Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 203, Jahrgang 1872, Nr. , S. 320 |
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Miscellen.
Miscellen.
Walzwerk für gekrümmte Röhren.
Gekrümmte Röhren werden zumeist aus zwei halbkreisförmig mit dem Hammer geschlagenen
Rinnen angefertigt, welche zusammengelöthet werden. Zur Herstellung der gebogenen
Rinnen haben J. Penn und W. Hounsell in Greenwich ein Walzwerk (Biegwalzwerk) construirt, zu welchem
für eine gewisse Röhrengröße 2 concav und 2 convex gedrehte Walzen gehören.
In dem vorderen Walzenständer befinden sich über einander die Lager des einen Paares
von zusammengehörigen Walzen, von denen die obere Walze ⌢-, die untere
dagegen ⌣-förmig gedreht ist oder umgekehrt. In dem hinteren
verstellbaren Ständer ruht eine concav, bezieh. convex abgedrehte Walze.
Der zu bearbeitende Blechstreifen wird an dem einen Ende in eine Zange eingespannt
und mit dem andern zwischen die ersten Walzen eingeführt, welche der Blechdicke
entsprechend eine halbkreisförmige Oeffnung zwischen sich freilassen. Nach
wiederholtem Durchziehen des Bleches und allmählichem Nachrücken der unteren Walze,
gewinnt man eine gerade halbkreisförmige Rinne, welche
bisher aus der dritten Walze nur eine Auflage gefunden hat Durch successives Heben
dieser dritten Walze wird nun die gerade Rinne kreisförmig gebogen.
Zur Herstellung der anderen Hälfte werden die Walzen im ersten Ständer vertauscht und
statt der Walze im Gleitständer die vierte Walze eingelagert. Der Vorgang bleibt
dann derselbe.
Referent begnügt sich mit der Darstellung des Principes dieses Walzwerkes für
gekrümmte Röhren, von welchem Engineering, Januar 1872,
S. 9 auch Abbildungen liefert.
Ueber Dampfkessel mit Zwischenfeuer und Unterkessel.
In dem Geschäftsberichte des Sächsisch-Anhalt'schen Vereines zur Prüfung und
Ueberwachung von Dampfkesseln bespricht der Vereinsingenieur Hr. v. Reiche Erscheinungen an diesen Kesseln, und sucht für
selbe eine Erklärung zu geben, welche wir nach den „Mittheilungen des
Gewerbevereines für Hannover,“ 4. Heft 1871 reproduciren.
„Man findet, daß diese Unterkessel, wenn sie mit kaltem Wasser gespeist werden, außerordentlich rasch zu Grunde gehen,
und zwar verrosten sie von außen auf ihren verticalen
Flächen und am stärksten unmittelbar hinter den Stemmfugen. Man findet weiter,
daß diese nämlichen Unterkessel, wenn sie mit sehr warmem Wasser von
beispielsweise 70° C. gespeist werden, eine ungleich längere Dauer
bethätigen. Die Erklärung dieser Thatsachen findet man folgendermaßen: Speist
man mit kaltem Wasser, so sinkt durch die Speisung die Temperatur im Unterkessel
zuweilen unter 100° C. und zwar unter Umständen sehr bedeutend. Der
Unterkessel ist also jetzt ganz mit Wasser angefüllt. Im Unterkessel geht nun
Folgendes vor: Das Wasser erwärmt sich successive und setzt ringsum Kesselstein
ab, bis Dampfbildung im Unterkessel eintritt und sich oben eine continuirlich
durch den Stutzen abfließende Dampfschicht bildet. Von jetzt ab setzt sich
natürlich nur unterhalb der Dampfschicht Kesselstein ab, während oben am
Scheitel der aufgetriebene Schaum sich festsetzt und festbrennt. Außerhalb des Unterkessels
aber und auf der äußeren Oberfläche desselben trägt sich Folgendes zu: Wenn die
Temperatur des Wassers im Unterkessel bedeutend und in Folge dessen auch die der
Kesselbleche unter 100° C. sinkt, so kühlen sich auch die Feuergase unter
100° C. ab. Nicht die ganze Masse derselben, – denn dann würde man
eine so günstige Brennstoff-Ausnutzung erzielen, wie sie eben nicht
vorhanden ist, der Schornstein würde aber auch noch schlecht ziehen, –
wohl aber kühlen sich so bedeutend ab die
Gastheilchen, welche unmittelbar an den Blechen
hinstreichen, weil sie wenig Bestreben haben, sich wieder von den Blechen zu
entfernen. Sinkt nun aber die Temperatur dieser Heizgase unter 100° C.,
so condensirt sich ein Theil des mitgeführten Wasserdampfes, welcher immer darin
enthalten ist und sich namentlich aus unseren naß verfeuerten Braunkohlen in
überreicher Menge entwickelt. Dieses condensirte Wasser schlägt sich natürlich
an den condensirenden Flächen nieder und dieß sind die verticalen Flächen der Unterkessel. Die horizontalen Flächen haben
diese Eigenschaft in ungleich geringerem Grade, die oberen, weil sie in Folge
der Flugaschendecke, und die unteren, weil sie in Folge der Schlammschicht zu
schlechte Wärmeleiter sind. Da nun das condensirte Wasser unfehlbar das
Verrosten der Bleche herbeiführt, so ist es erklärt, weßwegen die verticalen
Wandungen am raschesten zerstört werden; es bleibt aber noch zu erklären,
weßhalb diese Wandungen unmittelbar hinter den Stemmfugen am meisten leiden.
Auch für diese Erscheinung ist der Grund nicht schwer zu finden. Ein Eisenstück
verrostet nämlich viel rascher, wenn die zur Verdunstung des auf ihm
befindlichen Wassers erforderliche Wärme ihm vom Eisen, als wenn diese Wärme ihm
von der Luft zugeführt wird. Im ersten Falle entwickeln sich die Dampfblasen
unmittelbar auf dem metallischen Eisen und lockern, indem sie aufsteigen, den
darüber gelagerten Rost auf, legen also die gesunden Eisentheile immer wieder
für die Einwirkung der Nässe frei. Im zweiten Fall dagegen entwickeln sich die
Dampfblasen an der Oberfläche des Wassers, der auf dem Eisen befindliche Rost
wird also nicht aufgerührt und bildet demnach eine, wenn auch unvollkommene
Schutzdecke für das Eisen. Dieser zweite Fall findet nun seine Anwendung auf die
größere Fläche des Bleches, welche von den successive wärmer werdenden
Feuergasen direct bestrichen werden kann; der erste Fall dagegen findet
Anwendung auf die Blechstellen hinter den Stemmfugen. An diesen Stellen bildet
sich eine stehende Gasschicht, welche das Blech vor der directen Einwirkung der
Heizgase schützt; diese Stellen werden also noch mit Wasser benetzt seyn, wenn
alle übrigen bereits wieder trocken sind. Inzwischen aber ist auch die
Temperatur des Wassers im Vorwärmer auf mehr als 100° gestiegen und
dieses Wasser gibt also jetzt seine Wärme durch die Bleche an die außen haftende
Feuchtigkeit ab, letztere wird daher von unten aus verdampft und das Blech an
diesen Stellen sehr rasch zerstört.
Die An des Brennmateriales, ob man den Kessel also mit Braunkohle, Steinkohle,
Holz oder Torf u.s.w. heizt, vermag an dem besprochenen Resultate Nichts zu
ändern.“
Abtragung eines Schornsteines auf einem englischen
Eisenwerke.
Auf den Tees Iron works der HHrn. Gilkes, Wilson, Pease und Comp. zu
Middlesbrough fiel dem Ingenieur Wood die Aufgabe zu,
einen Schornstein zu demoliren und er löste dieselbe auf eine originelle Weise,
wodurch ein rasches Abtragen und gleichzeitig möglichst geringe Beschädigung der
Ziegel erreicht wurde, so daß letztere noch zu weiteren Bauzwecken verwendbar
blieben. Auf die Sohle im Inneren des Schornsteines wurde ein luftdicht
hergestellter Kasten gesetzt, welcher mit einer gut durch Kautschuk abgedichteten
Thür versehen war. Eine hölzerne Röhre, am Deckel des Kastens befestigt, führte bis
zur obersten Mündung des Schornsteines; dieselbe war 3 1/2 × 5 Zoll im
Lichten, aus 1 1/8zölligen Bretern genagelt und an den Fugen mit etwas Bleiweißkitt
(white lead) gedichtet. Die einzelnen Stücke, aus
welchen die Röhre besteht, sind etwa 12 Fuß lang und durch gußeiserne Muffe und
getheerte Seile verbunden. Wirft nun der Arbeiter, welcher oben am Schornstein
demolirt, die Ziegel, welche eine Größe von 3 × 4 1/2 Zoll haben, in die
Röhre, so ist hinreichend Spielraum, um so viel Luft entweichen zu lassen, daß diese
herabfallen können; andererseis aber ist jener nicht so groß, daß sich nicht ein Luftpolster
bilden könnte, um die Ziegel vor dem heftigen Auffallen und daraus resultirender
Beschädigung zu schützen.
Ist der Kasten voll, so gibt der Arbeiter unten jenem oben ein Zeichen mit dem
Herabwerfen inne zu halten und fährt die Ziegel heraus. Der demolirende Arbeiter
versetzt sein Gerüst selbst und verkürzt sich die Röhre durch Absägen nach Bedarf.
(Nach Engineering; technische Blätter, 1871, Heft IV, S.
274.)
Mushet's sogen.
Special-Stahl.
Dieser Stahl eignet sich vorzüglich zur Bearbeitung von Stahl-Gußstücken und
überall dort, wo sonst die Härte des Materiales die Werkzeuge schnell stumpf macht.
Mushet's Stahl braucht nicht
gehärtet zu werden, sondern erlangt durch leichtes Hämmern die
erforderliche Härte.
Erzeugt wird dieser Special-Stahl durch die Titanic
Steel and Iron Company, Forest Steel works, Coleford, Gloucestershire.
(Agentur für den Continent: August Pillot in London, Lombard Exchange)
Mushet's Stahl kann von der Firma Specht und Hutzelsieder in Augsburg bezogen werden.
Ueber das Hämmern von flüssigem Stahl; von Director J. Stummer.
Ueber diesen Gegenstand hielt Hr. Director J. Stummer
Ritter v. Traunfels in der Wochenversammlung des
österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines vom 23. December 1871
einen Vortrag, welchem er die Bemerkung vorausschickte, daß man denselben nicht als
eine Reclame für die von ihm gemachte Erfindung, sondern als eine einfache
Mittheilung im Interesse der Wissenschaft betrachte, von der er hoffe, daß sie
manchen Fachgenossen anregen werde, in der von ihm begonnenen Richtung weiter zu
arbeiten.
Redner bezeichnet als den Gegenstand seiner Mittheilungen die Art der Manipulation
mit Gußstahl oder überhaupt mit gußbarem Metall und gibt die Mängel an, welche sich
bei derselben früher in größerem, später zwar in geringerem, immer ' aber noch in
bedeutendem Maaße dadurch stets fühlbar machten, daß insbesondere bei der
Fabrication von Gußstahlblechen sich mit Oxyden
ausgefüllte Gruben gebildet haben, deren Entstehen man sich auch anfänglich nicht zu
erklären vermochte; deßgleichen machte sich auch stets der Uebelstand fühlbar, daß
in der Mitte des Bleches unzusammenhängende Stellen sich bildeten. Beide Uebelstände
wurden dadurch beseitigt, daß diese Zwischenräume durch die Schmiedearbeit derart
zusammengeschlagen wurden, daß sie eine gegen kleine mechanische Widerstände
genügende Adhäsionskraft erlangten.
Die Ansicht, daß die Ursache dieser Uebelstände in der Art der Bearbeitung des
Stahles zu suchen sey, hatte sich bald allgemein als die richtige verbreitet und
Redner habe diese Ansicht durch fortgesetzte Versuche und gestützt auf die in
England und Frankreich in dieser Beziehung gemachten Versuche, vollkommen bestätigt
gefunden.
Die bezeichneten Uebelstände hätten darin ihren Grund, daß man bisher die
Schmiedearbeit am Stahl nach seiner Abkühlung und abermaligen Erwärmung vorgenommen
habe und diese werden beseitigt, wenn der Stahl in noch
flüssigem Zustande geschmiedet wird.
Die früher an Stahlblechen häufig wahrgenommenen Fehler seyen nichts Anderes als
Blasen, welche nicht zusammengeschweißt werden können, weil sie mit einer
Oxydschicht bedeckt sind; diese Blasen treten oft gar nicht an die Oberfläche, oft
treten sie nahe an dieselbe heran, manchmal münden sie auch in derselben aus.
Redner gibt ferner eine Darlegung der von ihm im Eisenwerke zu Neuberg gemachten,
hierauf sich beziehenden Versuche mit Pressen, und erwähnt es als eine merkwürdige
Thatsache, daß nach Einwirkung der Presse sich zeigte, daß sämmtliche Gasblasen sich
in der Mitte des durch die Presse behandelten Blockes zusammengedrängt hatten,
welcher letztere Umstand der nach diesem Verfahren auszuführenden Kanonenerzeugung um so vortheilhafter sey, weil hier der
innere Theil, also der Theil wo die Blasen sich angesammelt haben, herausgebohrt
wird.
Schließlich gibt Redner noch einige Daten über die Kosten dieses Verfahrens und
deßgleichen einige Andeutungen in mechanischer Beziehung. (Zeitschrift des
österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines, 1872 S. 14.)
Ueber eine neue Methode zur Bereitung von Collodium für die
Photographie; von Dr. van
Monckhoven in Wien.
Es ist eine in der Photographie wohl bekannte Thatsache, daß das Silberbad nach dem
Silbern einer gewissen Anzahl von Platten seine Eigenschaften verändert. Diese
unliebsame Veränderung tritt nicht in einem bestimmten Zeitpunkte ein, sondern das
Erscheinen derselben hängt ganz von der Natur des Collodiums und dessen
Jodirungssalzen ab; gewisse Collodien scheiden nämlich viel schneller als andere die
organischen Substanzen aus, welche beim Entwickeln der Platten die bekannten
Schleier erzeugen. Daß sich im Silberbade von den collodionirten Platten wirklich
eine gewisse Menge organischer Substanz auflöst, läßt sich aus den Versuchen über
die theilweise Löslichkeit des (in Aether und Alkohol aufgelösten) Pyroxylins in
Wasser schließen, welche Camuzet vor einiger Zeit
angestellt hat. Der Verf. hat die Versuche wiederholt und ebenfalls gefunden, daß
die Pyroxyline einen Theil ihres Gewichtes im Wasser verlieren, und zwar ist dieser
Theil im Verhältnis um so größer, als jene dicke
Collodien geben. Das Wasser, welches man zum Niederschlagen der Wolle aus dem
Collodium verwendet, enthält eine der Gelatine ähnliche Materie.
Der Verf. empfiehlt nun, zur Vermeidung des oben erwähnten Uebelstandes ein Collodium
zu verwenden, welches aus niedergeschlagener Wolle bereitet ist. Das Präcipitiren
der Wolle nimmt man am einfachsten folgendermaßen vor. In 1 Liter Alkohol und 1
Liter Aether löst man 40 Grm. Pyroxylin, gleichgültig, ob von guter oder schlechter
Qualität, gießt die Flüssigkeit in ein großes, 10 Liter Wasser enthaltendes Gefäß
und schüttelt kräftig. Das Pyroxylin scheidet sich aus und wird auf einem Filter von
Musselin aufgefangen. Den Alkohol und Aether kann man aus dem abfiltrirten Wasser
durch Destillation wieder gewinnen.
Die neu erhaltene Collodiumwolle wiegt je nach ihrer ursprünglichen Qualität 20 bis
35 Grm. und bildet nach dem Trocknen sehr harte und leichte Klumpchen, welche in
keiner Weise mehr an das gewöhnliche Pyroxylin erinnern. Man kann derartig
niedergeschlagene Wolle nur sehr schwer anzünden, da sie kaum brennt. Sie löst sich
ferner gänzlich in Alkohol, ein Umstand der sehr in's
Gewicht fällt, wo es sich darum handelt, ein alkoholreiches, für lange Expositionen
bestimmtes Collodium zu haben.
Die hervorragendste Eigenschaft der auf diese Weise bereiteten Wolle ist jedoch die,
daß dieselbe ein vorzügliches Collodium gibt, auch wenn
man ursprünglich das schlechteste Pyroxylin verwendet
hat. Es hat somit das Wasser alle photographischen Verunreinigungen der
Collodiumwolle entfernt.
Außerdem hat der Verf. noch einen besonders merkwürdigen Umstand bei aus
präcipitirter Wolle bereitetem Collodium gefunden: man kann dasselbe auf die
verschiedenste Manier jodiren, es bleibt sich in seiner Consistenz vollständig
gleich. Bekanntlich wird z.B. durch Jodcadmium das Collodium dick und gelatinös,
während Jodnatrium und Jodammonium dasselbe dünnflüssig machen. Dieß ist aber bei
dem aus präcipitirtem Pyroxylin dargestellten Collodium nicht der Fall.
(Photographische Correspondenz und Notizen.)
Dr. H. Vogel hat verschiedene
Sorten von Wolle nach dem vorstehend angegebenen Verfahren behandelt, und gefunden
daß die Resultate in manchen Fällen ausgezeichnet waren.
Er fand aber, daß es Collodiumwolle gibt, welche, in dieser Weise aufgelöst und
niedergeschlagen, sich abnorm verhält, nämlich ein sehr schwer absetzbares und zu
Schleiern geneigtes Collodium liefert. Namentlich war dieß bei Wollsorten der Fall,
welche stark faserig waren und sich nur theilweise in Alkohol und Aether lösten.
(Photographische Mittheilungen, 1871 S. 226.)
Woodbury's neues photographisches
Druckverfahren.
Seit Paul Pretsch's photographischem Druckverfahren sind
mancherlei Verfahren versucht worden, um druckfertige Metallplatten zu liefern,
welche neben dem Korn und den Linien eines Kupferstiches die zarten Halbtöne einer
Photographie besitzen.
Das Verfahren, welches ich hier zu beschreiben beabsichtige, hat schon einige
annehmbare Resultate geliefert, und verspricht mehr. Ein Gelatine-Relief wird
in folgender Weise hergestellt:
Eine Glasplatte wird mit Wachs abgerieben und mit einer dünnen Collodiumschicht
überzogen; auf diese wird eine Auflösung von Gelatine und doppelt chromsaurem Kali
aufgegossen, welche eine gewisse Menge fein gepulvertes Glas, Schmirgel oder Kohle
enthält. Nach dem Trocknen wird diese Schicht vom Glase entfernt, mit der
Collodiumseite auf das Negativ gelegt, und so dem Lichte ausgesetzt. Nach
hinreichender Belichtung wird sie mittelst Kautschuklösung auf eine Glasplatte
aufgeklebt, sodann mit warmem Wasser gewaschen. Nach der Entwickelung löst man das
Reliefbild von der Glasplatte wieder ab. Die Bezeichnung
„Reliefbild“ ist nicht ganz richtig, denn wir haben nun ein
Bild, dessen höchste Lichter durch eine glatte polirte Fläche repräsentirt sind, und
dessen Schattenpartien mehr oder weniger gekörnt erscheinen, und zwar genau dem
Negativ entsprechend.
Um nun dieses zarte Korn auf eine Metallplatte zu übertragen, gibt es keinen anderen
Weg, als die Anwendung einer hydraulischen Presse. Denn wollte man versuchen, das
Bild auf galvanoplastischem Wege zu reproduciren, so würde die ganze Schönheit
seiner Oberfläche durch die Anschwellung der Gelatine verloren gehen; denn kein
Härtungsverfahren für Gelatine ist so wirksam, daß nicht eine geringe Anschwellung
derselben im Wasser stattfände. Durch Einpressen des trockenen Bildes in eine weiche
Metallplatte bleibt aber das zarteste Detail vollständig erhalten. Von der weichen
Metallplatte wird eine galvanoplastische Contreform, und von dieser wieder ein eben
solches Cliché erzeugt, welches sodann verstählt wird.
Eigenthümlicherweise erhält man sowohl von der einen wie von der anderen Platte
positive Abdrücke; der einzige Unterschied ist der, daß in der negativen Platte die
Farbe die hohlen Stellen zwischen den Reliefkörnern ausfüllt, während in der
positiven Platte die Farbe von den Kornvertiefungen zurückgehalten wird.
Ein anderes Verfahren zur Herstellung von Reliefkornbildern, welches mir von großer
Zukunft zu seyn scheint, wird folgendermaßen ausgeführt:
Man bereitet verschiedene Mischungen von Chromgelatine wie oben, die sich nur durch
die größere oder geringere Feinheit der korngebenden Substanz von einander
unterscheiden. Man läßt ein Blatt dünnes Papier auf der Mischung schwimmen, welche
das gröbste Korn enthält; nach dem Trocknen läßt man es auf der zweiten Mischung mit
dem mittleren Korn schwimmen, und nach nochmaligem Trocknen auf der mit dem feinsten
Korn. Die Gelatineschicht wird unter dem Negativ belichtet, dann unter Wasser an
einer fein polirten Stahlplatte befestigt, in warmem Wasser entwickelt und
getrocknet. Das so erhaltene Bild wird ganz wie oben angegeben mittelst
hydraulischen Druckes auf eine weiche Metallplatte übertragen, und diese auf
galvanoplastischem Wege clichirt.
Die feinsten Töne erhalten auf diese Weise das feinste Korn, die tiefsten Partien das
gröbste, während das mittlere Korn die Halbtöne wiedergibt.
Solches Papier kann ebenso wie Kohlepapier ohne Chromsalz hergestellt und vor dem
Gebrauch empfindlich gemacht werden. Je dichter das Negativ, um so stärker müßte man
in diesem Fall die Auflösung von doppelt-chromsaurem Kali nehmen. (Photographie Almanac; photographisches Archiv, 1872 S.
27.)
Ueber gefahrlose Fabrication und über Haltbarkeit der
Schießbaumwolle.
In Folge der im vorigen Jahr in der Schießbaumwollfabrik von Prentice und Comp. zu Stowmarket vorgekommenen
Explosionen hat die englische Regierung durch eine besondere Commission Erörterungen
darüber anstellen lassen, ob die Herstellung und Verwendung der Schießbaumwolle so
gefährlich sey, daß deßwegen von einer weiteren Benutzung derselben (wie seitens der
österreichischen Regierung thatsächlich geschehen ist) abzusehen sey. Die Commission faßt nun ihr
Urtheil dahin zusammen, daß die comprimirte Schießbaumwolle,Die Fabrication der comprimirten Schießbaumwolle nach Abel's Verfahren zu Stowmarket ist im polytechn. Journal Bd. CCII
S. 374 beschrieben. im Besonderen auch für militärische Zwecke, ein wirksames, zuverlässiges,
sicheres, transportfähiges und bequem anzuwendendes Explosionsmittel sey; ein Grund,
die Verwendung desselben aufzugeben, liege für das Kriegsministerium nicht vor. Der
einzige mit Gefahr verbundene Proceß bei der Fabrication sey das Trocknen; bis zu
diesem Fabricationsstadium enthalte die Masse 15 bis 20 Proc. Wasser. Allerdings
ließen sich Bedenken gegen die Art erheben, wie das Trocknen in der durch Explosion
zerstörten Fabrik zu Stowmarket ausgeführt worden sey, doch werde sich ohne
Schwierigkeit eine Methode auffinden lassen, nach welcher der Proceß einfach und
sicher in jeder beliebigen Localität ausgeführt werden könne. Was die Haltbarkeit
der Schießbaumwolle betrifft, so besitzt das englische Kriegsministerium Proben,
welche 9 Jahre alt und so gut wie neu hergestellte sind. (Mechanics' Magazine, Januar 1872, S. 47; deutsche Industriezeitung, 1879,
Nr. 6.)
Verfahren zum Reinigen des Rohzuckers von einem
Eisengehalt.
A. Drummond und Sterry Hunt in
Montreal, Canada, nahmen kürzlich für Amerika ein Patent auf ein Verfahren um den
Zucker von einem Eisengehalt zu reinigen; zu diesem Zweck wenden sie Schwefelbarium
oder Einfach-Schwefelcalcium in Verbindung mit schwefelsaurer Magnesia
an.
Der Auflösung von Zucker (oder dem Syrup) setzt man so viel Kalkmilch zu, daß sie
schwach alkalisch wird. Dann wird das Schwefelbarium oder Schwefelcalcium in
Pulverform, vorzugsweise aber in Wasser aufgelöst, zugesetzt, indem man das Ganze
bei einer Temperatur zwischen 38 und 65° C. tüchtig umrührt.
Wenn diese Lösung nun einem mit Bleizucker befeuchteten Papier eine dunkle Farbe
ertheilt, so ist die Menge des Schwefelbariums (oder Schwefelcalciums) hinreichend;
außerdem muß mehr zugesetzt werden. Nun wird schwefelsaure Magnesia in Lösung
zugesetzt, indem man von diesem Salze anderthalb Pfund für jedes Pfund
Schwefelbarium oder für jedes halbe Pfund Schwefelcalcium verwendet. Das Ganze wird
tüchtig umgerührt und erhitzt.
Eine geringe Quantität Blut oder Eiweiß erleichtert die nachfolgende Filtration. Das
Ganze wird nun durch ein Filter passirt und ist dann für den nachfolgenden
Raffinirproceß fertig. In den meisten Fällen werden zwei oder drei Pfund
Schwefelbarium (oder beiläufig halb so viel Schwefelcalcium) für die Tonne Zucker
ausreichend seyn.
Die Theorie des Verfahrens ist folgende: Das Eisen, welches als Oxyd in dem Syrup in
Lösung gehalten ist, wird durch das Schwefelbarium (oder Schwefelcalcium) in
Schwefeleisen verwandelt, welches unlöslich ist. Der nachherige Zusatz von
schwefelsaurer Magnesia verwandelt alles überschüssige Schwefelbarium (oder
Schwefelcalcium) in ein sehr unbeständiges Schwefelmagnesium, während der Baryt,
wenn solcher angewandt wurde, als ein ganz unlösliches Sulfat abgeschieden wird,
welches, man mit dem Schwefeleisen durch Filtriren absondert. (Scientific American, Januar 1872, S. 67.)
Künstliche Bildung der Honigsteinsäure.
Nach Schulze erfolgt die Umwandlung
von Kohlenstoff in Honigsteinsäure durch Oxydation des ersteren mittelst
Uebermangansäure in alkalischer Lösung, wodurch das natürliche Vorkommen der
Mellithsäure in Braunkohlenlagern unserem Verständniß näher gebracht wird. (Berichte
der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1871, Nr. 14.)
Gegenmittel gegen Carbolsäure.
Der ausgedehnte Gebrauch der Carbolsäure in der Medicin, besonders als
Desinfectionsmittel, hat in den letzten Jahren eine Reihe von Vergiftungen
veranlaßt, welche in der überwiegenden Mehrzahl tödtlich verlaufen sind. Als
Gegenmittel gegen Carbolsäurevergiftung hatte Prof. Calvert früher fettes Oel, Baumöl oder Mandelöl empfohlen. Dr. Th. Husemann in Göttingen
hat dagegen neuerdings durch Versuche, über die er im „neuen Jahrbuch für
Pharmacie“ Bd. XXXVI S. 129 ausführlich berichtet, constatirt, daß
die Anwendung von fettem Oel, sowie von Glycerin, wenigstens bei inneren
Vergiftungen, entschieden zu widerrathen ist; sehr zweckmäßig soll sich dagegen der
Zuckerkalk erweisen. Husemann bereitet denselben durch Auflösen von 16 Theilen weißen
Hutzuckers in 40 Theilen Wasser, Zusetzen von 5 Theilen guten in Wasser gelöschten
Kalkes, dreitägiges Digeriren der Mischung unter öfterem Umschütteln, Filtriren und
Verdampfen des Filtrates unter 100° Cels. zur Trockne.
Versuche mit Desinfectionsmitteln; ausgeführt von einer
Commission der französischen Akademie.
Die Akademie beauftragte eine von ihr erwählte Specialcommission mit Untersuchungen
über die geeigneten Mittel zur Desinfection von Oertlichkeiten in denen sich während
der Belagerung an contagiösen Krankheiten leidende Personen aufgehalten hatten. Der
Bericht dieser Commission enthält einige nützliche Anweisungen für die Wahl und
Anwendung dieser Mittel.
Indem die Commission das Chlor und die unterchlorigsauren Salze, welche eine
wahrhafte Desinfection durch Zersetzung der ansteckenden Gase bewirken, auf gleichen
Rang mit der Carbolsäure stellte, welche die faulige Gährung verhindert oder
aufhält, indem sie die lebenden Agentien der Gährung tödtet, verglich sie die
erhaltenen Wirkungen mit denjenigen welche sich von sehr kräftigen chemischen
Agentien erwarten lassen, die die Keime zu verbrennen oder in anderer Weise zu
zerstören vermögen.
Die Mitglieder der Commission stimmten überein, daß die erste Stelle unter den
Agentien welche ansteckende Keime angreifen und zerstören können, der Untersalpetrigsäure zukommt. Bei Anwendung der sehr
gefährlichen untersalpetrigsauren Dämpfe muß jedoch große Vorsicht beobachtet
werden; Thüren, Fenster etc. sollten mit gummirtem Papier sorgfältig verklebt
werden. Für je 30 bis 40 Kubikmeter zu desinficirenden Raumes sind die Materialien
in folgenden Verhältnissen anzuwenden: Wasser 2 Liter; gewöhnliche käufliche
Salpetersäure 1500 Gramme, Kupferdreh- oder Feilspäne 300 Gramme. Für den
gedachten Rauminhalt verwendet man Steinzeuggefäße von 8 bis 10 Liter Fassungsraum.
Die Ausgangsthür wird sorgfältig verklebt und das Zimmer 48 Stunden lang den Dämpfen
ausgesetzt. Die Person welche das Zimmer nach Verlauf dieser Zeit öffnet, muß durch
irgend ein Mittel, z.B. durch den Galibert'schen Apparat,
vor der Einwirkung der Dämpfe auf die Athmungsorgane geschützt seyn.
Die Carbolsäure läßt sich weit bequemer anwenden; sie ist
nicht so gefährlich, überdieß billiger und erwies sich von ganz gleicher
Wirksamkeit. Am besten wird sie mit Sand oder Sägspänen gemischt verwendet; auf 1
Kilogrm. Säure nimmt man 3 Kilogr. von der indifferenten Substanz. Das Gemenge kommt
in irdene Töpfe und wird zu denselben Zwecken benutzt wie die Untersalpetrigsäure.
Carbolsäure, mit ihrem 15- bis 25fachen Gewicht Wasser verdünnt, wurde zum
täglichen Besprengen des Fußbodens und des Bettzeuges der Krankenzimmer sehr
nützlich befunden.
In dem Berichte ist ein interessanter Fall angeführt, in welchem weder durch Chlor
noch durch unterchlorigsaure Salze die von den Leichen in der Pariser Morgue während
der Sommerhitze ausgegebenen Gase zerstört oder in geruchlose Producte umgewandelt
werden konnten. Der Zweck wurde aber erreicht, indem man 1 Liter flüssige
Carbolsäure in dem 1900 Liter frisches Wasser enthaltenden Reservoir auflöste,
welches zum Besprengen der Leichen diente. Die faulige Gährung wurde dadurch
vollständig unterdrückt.
Devergie hat gefunden, daß Wasser welches nur 1 bis 4
Tausendtel seines Gewichtes Carbolsäure enthält, zur Desinficirung des Todtenhauses
selbst bei der heißesten Witterung genügte, wenn in demselben sechs bis sieben
Cadaver lagen.
Zum Ausräuchern des Leinenzeuges, der Matrazen und des übrigen Bettzeuges mit Chlor verfährt man nach den neuesten Vorschriften Regnault's in folgender Weise:
In einen starken, aus Segeltuch angefertigten Beutel von 1 Liter Fassungsraum bringt
man 500 Gramme Chlorkalk; dann näht man den Beutel zu, und steckt ihn in einen
irdenen Topf welcher 1 Liter gewöhnliche Salzsäure von 1,15 spec. Gewicht und 3
Liter Wasser enthält. Sobald der Chlorkalk mit der verdünnten Säure in Berührung
kommt, wird das Zimmer verschlossen und die Gegenstände bleiben der Einwirkung der
Chlordämpfe 24 Stunden lang ausgesetzt; dann wird das Zimmer 48 Stunden lang
gelüftet. Zehn von den erwähnten irdenen Töpfen entwickeln 500 Liter Chlorgas,
welche zur Desinficirung von zwanzig bis fünfundzwanzig mehr oder weniger
beschmutzten Matrazen hinreichen. (Im Auszug aus dem Bullletin du Musée de l'Industrie.)
Conservirung von Blumen und Früchten.
Hierzu hat neuerdings Dr. Piesse ein Verfahren wieder in Erinnerung gebracht, welches darin besteht,
daß man die Früchte oder Blumen einfach in geschmolzenes Paraffin taucht und sie
rasch wieder herauszieht, wodurch sie mit einer dünnen Haut von Paraffin überkleidet
werden, welche die Luft abhält, sie folglich vor dem Verderben schützt. Blumen, die
man so behandeln will, müssen frisch gepflückt und von Regen- oder
Thautropfen frei seyn. Man muß auch das Paraffin nicht stärker erhitzen, als eben
nöthig ist, es flüssig zu machen, Die Blumen sind einzeln einzutauchen, indem man
sie an den Stengeln hält und etwas bewegt, um das Anhaften von Luftbläschen zu
verhüten. Theile, welche nicht conservirt werden sollen, schneide man vor dem
Eintauchen mit einer Schere ab.
Ueber die Production und den Export des in Tunis wachsenden
Esparto.
Die großen Papierfabriken Englands verarbeiten seit Jahren schon einen Rohstoff, den
sie anfangs nur aus Spanien, später auch aus Algerien und in ganz jüngster Zeit
ebenfalls aus den östlichen Districten von Tunis (Susa, Sfaks u.s.w.) bezogen. Auch
in Deutschland soll man, dem Vernehmen nach, beginnen, die zur Verarbeitung dieses
Rohstoffes erforderlichen Maschinen zu erstellen und sich zu Bezügen dieses Stoffes
hier von Tunis in Bereitschaft setzen. Da vermuthlich in Deutschland, wie
anderwärts, die Papierfabriken auch fortwährend mehr oder weniger mit der
Schwierigkeit zu kämpfen haben werden, sich ihre Rohstoffe, wie Hadern,
Papierabfälle u.s.w. in genügender Quantität zu verschaffen, so erscheint die
hiesige, so zu sagen unerschöpfliche Rohstoff-Quelle ganz besonders als ein
mächtiges Förderungsmittel für diese Industrie.
Der fragliche, auf gewissen Theilen des Flachlandes von Tunis und den erwähnten
beiden Nachbarländern für jeden Bedarf im Ueberfluß wachsende Rohstoff ist eine
faserreiche Grasart, welche unter dem Namen „Sparterie,“
„Esparto“ und hier „Halfa“ in den Handel
kommt. Wo dieses Halfa nicht regelmäßig geerntet wird, sondern niederfault, düngt
sich dadurch der Boden derart, daß die Pflanze fett und strotzend emporschießt,
unten grobstengelig und erst nach oben dünner, eine Beschaffenheit welche zur
Papierfabrication wenig tauglich ist, indem für diesen Zweck die Stengel den Proceß
einer Abkochung durchzumachen haben, wobei, bis die gröberen unteren Theile
hinlänglich gaar geworden, die Fasern der oberen dünneren Partie in der Regel
verkocht und zu Grunde gerichtet werden. Das tunesische Halfa steht aus diesem
Grunde der Zeit nach qualitativ dem Gewächse von Algerien und Spanien nach, indem
die Ausbeutung desselben für die Papierfabriken erst in jüngster Zeit begonnen hat.
Es wird sich aber von Jahr zu Jahr besser machen, sowie dem Boden, durch die
Verhinderung des Niederfaulens der Pflanze, die Nahrung entzogen und der Stengel in Folge dessen magerer,
d.h. in gleichmäßiger Dicke aufwachsen wird, so daß es ohne Zweifel seine
ebenbürtige Stelle neben dem algerischen und spanischen Producte in Bälde dürfte
einnehmen können. Zu anderen Zwecken, wie z.B. für Seilerarbeiten, wurde zwar aus
Tunis von jeher etwas Halfa ausgeführt; im Vergleich zu den enormen
Gewinnungsstrecken ist dieser Export aber so gering, daß er kaum der Erwähnung
verdient.
Von Vortheil für das tunesische Halfa wird jeweilen der Umstand seyn, daß es sich,
der niedrigen Arbeitslöhne und der bequemen Verschiffung wegen, voraussichtlich auch
bei verbesserter Qualität, im Preise immer billiger stellen wird, als das Gewächs
der anderen Länder. Gegenwärtig variirt der Preis, an Bord geliefert, zwischen 6 und
8 Piaster (circa 4 bis 5 Frcs.) per 50 Kilogrm. (Quintal), was ungefähr dem Preise des Heufutters in
Deutschland gleichkommen mag. Stünden gute Fahrstraßen und Wagen zu Gebote, so würde
dieser Preis weit niedriger sich stellen, denn derselbe repräsentirt bloß die
Ernte-, Transport- und Preßkosten; das Material kostet nichts, es
wächst auf herrenlosem, d.h. dem Bey, als unumschränkten Eigenthümer des ganzen
Reiches, zuständigem Lande. So aber kommt die Waare als Traggut durch Kameele auf
die Hafenplätze, welche Transportweise keineswegs zu den billigen zählt, und wird
dort durch hydraulische Pressen in Ballen, wie Baumwolle, geformt, um den Schiffen
im Gewichte ausreichende Ladung verschaffen und damit die Frachtkosten vermindern zu
können.
Bei dem ersichtlich zunehmenden Exporte Deutschlands nach Tunis gewinnt auch die
Halfa-Frage für die deutschen Länder eine höhere Bedeutung. Bis in die
jüngste Zeit standen die Schiffsfrachten nach Tunis ab allen europäischen Plätzen
unverhältnißmäßig hoch, weil in Tunis in der Regel nur unzureichender Rückcargo zu
finden war. Kein Rheder nolisirte daher gern für Tunis. Findet aber das hiesige
Halfa auch Abfluß für die deutschen Papierfabriken, was keinem Zweifel zu
unterliegen scheint, so ist jener Uebelstand für den Verkehr mit Deutschland
gehoben, indem der Transport des Halfa so zahlreiche Seefahrzeuge erheischt, daß die
Rheder der deutschen Stapelplätze immer sicher auf volle Rückfrachten ab Tunis
rechnen können. Welchen Vorschub nun dieser Umstand der deutschen Industrie für
ihren Absatz nach Tunis zu leisten vermag, springt leicht in die Augen.
Zur Zeit, als das spanische Halfa noch einzig den englischen Markt versah, fand sich
die Regierung von Spanien bemüßigt, einen Ausgangszoll auf diesen Artikel zu legen,
der aber gerade bewirkte, daß die englischen Importeurs auf algerisches Halfa sich
legten, das die französische Regierung wohlberechnend ohne jedwede Besteuerung ließ.
Als endlich auch Tunis sein Halfa auf den englischen Markt zu werfen begann, gerieth
der Export des spanischen Gewächses so sehr in Verfall, daß die dortige Regierung
sich gezwungen sah, den darauf gelegten Ausfuhrzoll gänzlich wieder aufzuheben, so
daß die Ausfuhr des algerischen wie des spanischen Halfa heute vollkommen steuerfrei
ist.
Ganz im Widerspruch mit der Haltung der französischen und spanischen Regierungen
decretirte das tunesische Gouvernement vom September 1871 ab einen Ausgangszoll auf
Halfa von 1/2 Piaster per Quintal (50 Kilogrm.) und
stieg damit gleich darauf bis auf 1 Piaster (circa Frcs.
0,65) zahlbar vom 8. November an. (Aus einem von dem Generalconsul des deutschen
Reiches an den Reichskanzler erstatteten Bericht; hier aus den Mittheilungen des
Gewerbevereines für Hannover, 1871 S. 355.)