| Titel: | Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen, und die daraus beim Gebrauch entstehenden Nachtheile; von Dr. Herm. Vohl in Cöln. | 
| Autor: | Hermann Vohl | 
| Fundstelle: | Band 204, Jahrgang 1872, Nr. XVII., S. 54 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XVII.
                        Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre
                           								Verfälschungen, und die daraus beim Gebrauch entstehenden Nachtheile; von Dr. Herm. Vohl in Cöln.
                        Vohl, über die Schmierseifen, ihre Verfälschungen und die daraus
                           								beim Gebrauch entstehenden Nachtheile.
                        
                     
                        
                           Die weichen oder Schmierseifen sind Kaliseifen, welche man aus an Stearinsäure oder
                              									Margarinsäure armen Samen- und Thierfetten bereitet. Auch das bei der
                              									Stearinfabrication abfallende, mehr oder minder stearinsäurehaltige Olein benutzt
                              									man vielfach zur Darstellung derselben.
                           Die Wahl der zur Bereitung der Schmierseife zu verwendenden Fettsubstanz hängt fast
                              									lediglich vom Marktpreise derselben ab, obgleich auch die Jahreszeit in einer
                              									Hinsicht dem Fabrikanten die Wahl normirt.
                           Der Fabrikant macht nämlich bei der Verwendung der Samenöle in Bezug auf die
                              									Jahreszeit einen Unterschied, und theilt die Oele in warme
                                 										oder weiche und in harte oder kalte ein.
                           Erstere, die warmen oder weichen Oele, wozu das
                              									Lein-, Leindotter- und Hanföl gehören, bilden eine Seife welche bei
                              									der Winterkälte keine oder nur wenige krystallinische,
                              									die Seife trübe machende stearin- oder margarinsäurehaltige Verbindungen
                              									ausscheidet, wohingegen die kalten oder harten Oele diese
                              										Unart, d.h. die entgegengesetzte Eigenschaft
                              									besitzen. Zu den letzteren Samen- und Thierölen gehören das Kohlsaat-
                              									und Rübsamenöl und Thran, welche deßhalb vorzüglich im Sommer ihre Verwendung
                              									finden. Aus demselben Grunde wird auch das Olein der Stearinfabriken vorzugsweise im
                              									Sommer angewendet.
                           Schon die Art und Weise der Darstellung der Schmierseifen gibt sofort zu erkennen,
                              									daß sie anders wie die Natronseifen zusammengesetzt sind, weil bei letzteren häufig
                              									durch das Aussalzen, resp. Abscheiden der Unterlauge das Glycerin aus der
                              									Seife abgeschieden wird, welches niemals bei Kali- oder Schmierseifen
                              									stattfindet und dadurch dieselben glycerinhaltig sind,
                              									wenn sie direct aus Pflanzen- oder Thierfetten dargestellt wurden.
                           Selbstverständlich enthalten die aus Olein, resp. Oleinsäure dargestellten
                              									Schmierseifen kein Glycerin.
                           Es unterliegt keinem Zweifel, daß der Glyceringehalt den Schmierseifen Eigenschaften
                              									ertheilt welche einen gewissen Einfluß bei der Anwendung derselben, z.B. beim Walken
                              									der Tücher ausüben und welche den aus Fettsäuren direct dargestellten Seifen
                              									abgehen. Die glycerinhaltigen Seifen sind stets schärfer und fettärmer wie die
                              									Oleinseifen. Aus diesem Grunde mag wohl die Ansicht vieler Tuchfabrikanten
                              									gerechtfertigt seyn, daß die aus Pflanzen- und Thierfetten direct bereiteten
                              									Seifen beim Walken der Tücher einen minder günstigen Effect hervorbringen, wie
                              									diejenigen welche aus Olein bereitet wurden.
                           Dieser Glyceringehalt bedingt, wie schon angegeben, den geringeren Fettgehalt der aus
                              									Pflanzen- und Thierfetten direct bereiteten
                              									Schmierseifen, den ausgesalzenen Seifen und Oleinseifen gegenüber.
                           Der Gebrauch der Schmierseifen zu Haushaltungszwecken und in der Industrie ist
                              									mannichfaltig und weit verbreitet, daher denn auch die Darstellung derselben einen
                              									wichtigen Fabricationszweig bildet. Der Verbrauch zu Haushaltungszwecken allein ist
                              									schon ein enormer, weßhalb wir denn auch allerorten Seifenfabriken entstehen sehen,
                              									wo nur einigermaßen die Bevölkerung dicht wird.
                           Was die Darstellung selbst betrifft, so hat sie sich im Laufe der Zeit nur wenig
                              									geändert, wenn man nicht die vortheilhaftere Darstellung der Laugen und die
                              									Anwendung fertig gebildeter Fettsäuren als wesentliche Veränderungen der
                              									Fabricationsmethode ansehen will.
                           Auch hat man die Fettsäure und das Kali zu surrogiren versucht; erstere suchte man
                              									theilweise durch Harz, letzteres zum Theil durch Natron zu ersetzen.
                           Die Erfahrung hat uns gelehrt, daß man bei den Schmierseifen einen Theil der
                              									Fettsäure durch Harz (Harzsäuren) ersetzen kann, ohne die Güte der Seife, resp. den
                              									Effect merklich zu beeinträchtigen und es kann, wenn es sich eben nicht um eine
                              									reine Oelseife handelt, der Harzzusatz nicht gerade als eine Verfälschung der
                              									Schmierseife angesehen werden. Das Harz, resp. die Harzsäuren surrogiren bis zu
                              									einer gewissen Grenze die Fettsäuren in dieser Hinsicht.
                           Im Allgemeinen kann man annehmen daß ein Zusatz von 10 Proc. Harz zu dem zu
                              									verseifenden Oel, welchem ein Harzgehalt in der Seife von circa 4 Proc. entspricht, die Qualität der Seife bezüglich des Effectes
                              									nicht alterirt, daß jedoch ein Zusatz von 15 Proc. Harz zu dem Oele das Maximum ist
                              									welches man bei reinen Oelseifen anwendet, wohingegen bei den mit Wasserglas und
                              									Stärkemehl verfälschten Fabricaten oft ein Harzzusatz von 25 Proc. gemacht wird.
                           Was den Ersatz des Kalis in der Schmierseife durch Natron anbetrifft, so
                              									beeinträchtigt er die Güte der Seife in keiner Weise; derselbe ist jedoch sehr
                              									beschränkt (besonders im Winter), da durch die Bildung einer festen Natronseife das
                              									Fabricat trüb wird, von seiner Transparenz verliert und sein empfehlendes Aeußere
                              									theilweise einbüßt.
                           Wie schon bemerkt, wird der Effect der Seife durch einen geringen Sodazusatz nicht
                              									alterirt. Ich habe viele Schmierseifen untersucht, welche bei einem Natrongehalt von
                              									1,5 bis 2 Proc. von ihrem Glanz, ihrer Transparenz und ihrem guten Aeußeren nichts
                              									verloren hatten, und deren Qualität als „vorzüglich“ zu bezeichnen war.
                           Der Zusatz von Harz oder Soda zu den Schmierseifen kann demnach nicht als eine
                              									Verfälschung angesehen werden, insofern die Güte der Seife und der durch dieselbe zu
                              									erzielende Effect nicht geschmälert wird; dagegen sind andere Zusätze, welche den
                              									Wassergehalt erhöhen und den Fettgehalt beeinträchtigen, unzweifelhaft als
                              									Verfälschungen anzusehen und demnach zu verwerfen.
                           Die Zusätze welche man den Schmierseifen gibt, um das Gewicht der Ausbeute zu
                              									vermehren resp. den Wassergehalt zu erhöhen, bestehen aus kieselsauren Alkalien (Wasserglas), Stärkemehl
                              									(Kartoffelstärkemehl oder die geringste Weizenstärkesorte) und Infusorienerde. Viele Fabrikanten begnügen sich mit dem Zusatz eines dieser Verfälschungsmittel, andere dagegen wenden
                              										mehrere und häufig sogar alle
                                 										zugleich an.
                           Durch diese Zusätze wird es dem Fabrikanten möglich, von 100 Pfd. Oel eine Ausbeute von 370 Pfd. und
                                 										selbst über 400 Pfd. Seife zu erzielen, wohingegen bei einem reellen Verfahren nur circa
                              									240 Pfd. gute Schmierseife zu erzielen sind.
                           Der Schaden welcher dem Konsumenten durch diese Verfälschungen erwächst, besteht
                              									nicht nur darin daß er für sein gutes Geld eine schlechte Waare erhält, sondern es
                              									werden bei der Anwendung dieser verfälschten Seife die Gewebe theils mechanisch, theils chemisch
                              									angegriffen und die Haltbarkeit derselben beeinträchtigt; auch wirken derartige
                              									Schmierseifen durch ihre bedeutende Causticität nachtheilig auf die Farben ein, so
                              									daß in manchen Fällen dieselben vollständig zerstört werden.
                           
                           Man kann im Allgemeinen annehmen, daß die mit kieselsauren
                                 										Alkalien verfälschten Schmierseifen sowohl durch ihre Causticität wie auch durch die mechanische
                                 										Einwirkung der ausgeschiedenen Kieselsäure beim Waschen oder Walken einen
                              									schädlichen Einfluß auf die Gewebe ausüben, indem die ausgeschiedene Kieselsäure als
                              									ein wahres Schleifmittel beim Waschen der Zeuge die Oberfläche der Gespinnstfaser
                              									irritirt und die verletzte Epithelialschicht dadurch dem Einfluß der Alkalien
                              									schneller unterliegt, daß dagegen die nur mit Stärkemehl verfälschten Schmierseifen
                              									bloß durch ihre Causticität auf die Zeuge schädlich einwirken.
                           Die Pflanzenfasern, Leinen-, Hanf- und
                              									Baumwollgespinnste leiden zwar von der mechanischen Einwirkung der Kieselsäure,
                              									dagegen sind sie dem nachtheiligen Einfluß der Causticität weniger unterworfen,
                              									weßhalb auch die Schmierseifen welche nur mit Stärkemehl
                              									verfälscht sind, bei diesen Stoffen keinen erheblichen Schaden bringen.
                           Wollen- und Seidenstoffe leiden jedoch in hohem
                              									Grade bei der Anwendung der verfälschten Seifen; bei diesen Stoffen wirkt außer der
                              									mechanischen Einwirkung auch die Causticität im höchsten Grade verderblich ein.
                           Um den nachtheiligen Einfluß der verfälschten Schmierseifen beim Waschen
                              									festzustellen, wurden nachfolgende Versuche angestellt.
                           
                        
                           Einwirkung auf Leinen- und
                                 										Baumwollstoffe.
                           Die zu diesen Versuchen angewandte Schmierseife war eine mit Wasserglas und
                              									Stärkemehl stark verfälschte Seife. Sie enthielt in 100 Gewichtstheilen:
                           
                              
                                 Fettsäure
                                   27,2300
                                 
                                 
                              
                                 Kali
                                     8,8303
                                 
                                 
                              
                                 Natron
                                     0,1146
                                 
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                     1,2967
                                 (davon waren 0,2663 Gewichtsth. Infusorienerde)
                                 
                              
                                 Stärkemehl
                                   15,1699
                                 
                                 
                              
                                 Wasser
                                   47,3420
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                   99,9835
                                 
                                 
                              
                                 Verlust
                                     0,0165
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 100,0000
                                 
                                 
                              
                           Zu den Versuchen wurden reine Leinen- und Baumwollgewebe verwendet, welche
                              									durch kaltes und heißes Ausziehen mit Malzauszug und zuletzt mit destillirtem Wasser
                              									von der Schlichte und der Appretur befreit worden waren.
                           
                           Die einzelnen Stücke hatten eine Größe von 1/16 Quadratmeter. Sie wurden in eine
                              									60° C. warme Auflösung der Seife gebracht und nach einer Einwirkung von circa einer halben Stunde gewaschen, und in destillirtem
                              									Wasser ausgewaschen und dann getrocknet.
                           Beim Einäschern ergaben sowohl die Leinen- wie auch die Baumwollgewebe einen bedeutenden Kieselerdegehalt, den sie früher nicht
                                 										besaßen, so daß dadurch festgestellt wurde, daß die Fasern mit Kieselsäure
                              									gleichsam imprägnirt worden waren.
                           Es unterliegt aber keinem Zweifel, daß ein solches Gewebe beim Gebrauche einem
                              									stärkeren Verschleiß unterworfen seyn wird, weil die zwischen den einzelnen Fasern
                              									abgelagerte Kieselsäure durch ihre rauhe und harte Beschaffenheit, die
                              									Epithelialschicht bedeutend irritiren wird und so den Verschleiß beschleunigt.
                           Die beim Waschen und Auswaschen der Zeuge zurückgebliebenen Laugen wurden mit
                              									verdünnter Essigsäure übersättigt und mit einem gleichen Volumen Canadol in einem
                              									Scheidetrichter durchgeschüttelt.
                           Die trübe wässerige Flüssigkeit, welche die ausgeschiedene Kieselerde neben
                              									Stärkemehl und die Pflanzenfasern enthielt, wurde in
                              									einem Becherglase zur Klärung bei Seite gesetzt und der mit destillirtem Wasser
                              									ausgewaschene Niederschlag unter dem Mikroskop bei circa
                              									400facher Vergrößerung Weiler untersucht.
                           Es wurden neben amorpher Kieselsäure, Stärkemehlkügelchen und Stärkemehlhülsen, bei
                              									dem Baumwollzeuge die charakteristischen gewundenen Baumwollfasern erkannt, welche
                              									auf ihrer Oberfläche eine Rauheit, an manchen Stellen
                              									eine vollständig unebene wollige Oberfläche zeigten, ein
                              									Beweis daß durch das Reiben und Waschen die Epithelialschicht der Baumwolle durch
                              									die harte und rauhe Kieselsäure angegriffen worden war. Bei der Leinwand fand man im
                              									Waschwasser ebenfalls unter dem Mikroskope die charakteristischen hohlen cylindrischen Faserbündel; auch diese waren auf
                              									ihrer Oberfläche mit Einschnitten und wolligen Fasern
                              									bedeckt, so daß auch hier eine mechanische Einwirkung nicht zu verkennen war.
                           Die Gegenprobe wurde mit denselben Zeugen und einer reinen
                                 										Oelschmierseife angestellt, und auch nicht die geringste mechanische
                              									Einwirkung auf die Pflanzenfaser wahrgenommen.Ich kann es nicht unterlassen, hier darauf aufmerksam zu machen, daß die aus
                                    											einer mit kieselerdehaltiger Seife gewaschenen Leinwand gezupfte Charpie
                                    											einen höchst nachtheiligen Einfluß auf den Zustand der Wunden ausübt. In
                                    											einem concreten Falle wurde bei einem Verwundeten Charpie angewandt welche
                                    											aus reiner Leinwand hergestellt war. Jedesmal
                                    											wenn der Verwundete in seinem Quartier sich einen Verband mit
                                    											der im Hause verfertigten Charpie anlegte, nahm die Wunde einen höchst
                                    											entzündlichen Charakter an, wohingegen der im Spital dem Verwundeten
                                    											gemachte Verband diese Wirkung nicht zeigte.Bei einer genauen chemischen Untersuchung zeigte sich nun, daß die Charpie in
                                    											dem Quartier des Verwundeten einen bedeutenden Kieselsäuregehalt besaß,
                                    											welcher der Spital-Charpie fehlte; auch unter dem Mikroskop ließen
                                    											sich bei ersterer die mechanisch zerschlissenen und wolligen Oberflächen der
                                    											Fasern leicht erkennen, wohingegen bei der Spital-Charpie die
                                    											Faserbündel fast noch in ihrer primitiven Form vorkamen. Weitere
                                    											Nachforschungen ergaben, daß in dem Quartier des Verwundeten die Leinwand
                                    											vorher mit einer sehr kieselsäurehaltigen Seife gewaschen worden war.
                              								
                           
                        
                           
                           Einwirkung auf Wollen- und
                                 										Seidenstoffe.
                           Wie schon erwähnt, leiden die Wollen- und Seidenstoffe in einem hohen Grade,
                              									wenn sie mit kieselsäurehaltiger oder mit Stärkemehl versetzter Seife gewaschen
                              									werden. In ersterem Falle tritt zu der caustischen Einwirkung noch die mechanische
                              									Zerstörung, welche durch das Erweichen der Epithelialschicht durch die Alkalien
                              									begünstigt wird.
                           Es wurden zur Untersuchung ungefärbte und ungeschwefelte Zeuge von reiner
                              									Merino-Wolle ganz in derselben Weise wie bei der Leinwand und Baumwolle
                              									verwendet.
                           Auch wurde dieselbe mit Kieselsäure und Stärkemehl verfälschte Seife angewendet,
                              									jedoch vorher auf einen Gehalt an Schwefelalkalien vorsichtig geprüft.
                           Zu dem Ende wurde die fragliche Seife in ihrem 10- bis 12fachen Volumen warmen
                              									destillirten Wassers gelöst und diese Lösung mit reinem
                              									Chlornatrium im Ueberschuß versetzt. Die ausgeschiedene Natronseife wurde abfiltrirt
                              									und das Filtrat mit Nitroprussidnatrium auf einen Schwefelgehalt geprüft. Diese
                              									Seife ergab keine Spur eines Schwefelalkaligehaltes.
                           Bezüglich des Schwefel-, resp. Schwefelalkaligehaltes der Schmierseifen ist zu
                              									bemerken, daß derselbe nur ein zufälliger ist und entweder von der Potasche oder der
                              									Soda, oder von dem Oele herrühren kann. Letzteres ist dann der Fall, wenn das
                              									Samenöl durch Extraction vermittelst Schwefelkohlenstoff dargestellt wurde.Man sehe: Vohl, über die Extraction der Samen
                                    											behufs Gewinnung von Speise-, Brenn- und Schmierölen, im
                                    											polytechn. Journal, 1866, Bd. CLXXXII S. 319.
                              								
                           Eine directe Bestimmung der Abnutzung der Stoffe durch diese verfälschten
                              									Schmierseifen in Folge von Gewichtsabnahme ist, wie wir bei der Baumwolle und dem
                              									Leinen gesehen haben, deßhalb unausführbar, weil die Zeuge Kieselsäure aufnehmen und
                              									in manchen Fällen dieselben nach dem Waschen und Trocknen (bei 100° C.) mehr
                              									wie vor dem Waschen wiegen. Es mußte deßhalb der Nachweis bei den Ersteren lediglich
                              									durch das Mikroskop erbracht werden.
                           
                           Bei den Wollenstoffen tritt jedoch der Umstand ein, daß die abgeschliffenen Theile
                              									sich zum größten Theil in der caustischen Seifenlauge auflösen und man deßhalb im
                              									Stande ist, den nachtheiligen Einfluß der Seife mit großer Bestimmtheit chemisch nachzuweisen.
                           Die Zeuge wurden vorher mit einer lauwarmen Auflösung von Olivenölseife behandelt und
                              									mit destillirtem Wasser vollständig ausgewaschen.
                           Bezüglich des in der Wolle enthaltenen Schwefels muß ich noch bemerken, daß der
                              									sogenannte active Schwefel aus derselben nach dem
                              									Verfahren von Chevreul entfernt worden war, so daß ein
                              									Auftreten von freiem Schwefel nur durch Zerstörung der Wollsubstanz bedingt seyn
                              									konnte.
                           Liefert demnach die Seifenlauge welche zur Behandlung des Wollenstoffes benutzt
                              									worden ist, eine Reaction auf freien Schwefel, so hat die
                              									Seife unzweifelhaft eine zerstörende Einwirkung auf die
                              									Wollfaser (Wollsubstanz) ausgeübt. Auch muß alsdann die filtrirte Lauge, zur Trockne abgedampft und mit Natronkalk behandelt, eine
                              									Reaction auf Ammoniak geben, wodurch die Auflösung, resp. Zerstörung der Wollfaser
                              									abermals nachgewiesen wird, indem das sich bildende Ammoniak nur von dem in der
                              									Wolle enthaltenen Stickstoff herrühren kann.
                           Zum Versuch, um zu bestimmen in welcher Weise die mit Kieselsäure und Stärkemehl
                              									verfälschte Schmierseife auf die Wollenzeuge einen schädlichen Einfluß hinsichtlich
                              									der Haltbarkeit derselben ausübt, wurde 1/16 Quadratmeter großes Stück mit einer 40
                              									bis 45° C. warmen Auflösung der fraglichen Schmierseife circa 1/2 Stunde sich selbst überlassen, alsdann
                              									gewaschen, in destillirtem Wasser ausgespült und bei gelinder Wärme getrocknet.
                           Die gebrauchte Seifenlauge wurde mit reinem Kochsalz übersättigt und die
                              									ausgeschiedene Natronseife durch Filtration getrennt.
                           Die eine Hälfte des Seifenlaugefiltrates wurde in einer Retorte bei guter Kühlung der
                              									Destillation unterworfen und ein Destillat erhalten, welches stark alkalisch reagirte und durch den bloßen Geruch schon das Ammoniak
                              									erkennen lieh.
                           Das Destillat wurde mit Chlorwasserstoffsäure neutralisirt und nach Zusatz von
                              									Platinchlorid im Wasserbade zur Trockne verdampft. Es wurde ein ziemlich bedeutender
                              										krystallinischer Rückstand von Ammoniumplatinchlorid
                              									erhalten, woraus die Bildung von Ammoniak aus der Wolle
                                 										unzweifelhaft schon hervorging. Der Rückstand in der Retorte wurde zur
                              									Trockne verdampft und alsdann mit Natronkalk in der Glühhitze behandelt. Es trat
                              									hier abermals eine
                              									 neue Portion Ammoniak
                              									auf, welche wie vorhin mit Platinchlorid nachgewiesen wurde. Aus den Ergebnissen
                              									dieses Versuches allein geht schon evident die Zerstörung der Wollfaser durch diese
                              									Seife hervor.
                           Die andere Hälfte des Seifenlaugefiltrates wurde mit Nitroprussidnatrium auf freien
                              									Schwefel, resp. Schwefelalkalien geprüft. Es trat eine prächtig blau violette Farbe der Flüssigkeit ein, wodurch
                              									unzweifelhaft die Gegenwart von freiem Schwefel
                              									nachgewiesen wurde. Dieser freie Schwefel konnte nur von der Zersetzung und
                              									Zerstörung der Wollfaser herrühren.
                           Eine Gegenprobe welche mit reiner Schmierseife angestellt wurde, gab nur Spuren von Ammoniak und Schwefel.
                           Es unterliegt keinem Zweifel, daß man den Verlust welchen ein Wollenstoff durch
                              									derartig verfälschte Seifen erleidet, durch die Bestimmung des Stickstoffes (als Ammoniak) in der filtrirten Lauge ziemlich genau quantitativ bestimmen kann. Ich habe diese Bestimmung
                              									jedoch hier unterlassen, weil ich bei den Untersuchungen der
                                 										Walk- und Auswaschseifen (Oekonomieseifen) darauf zurückkommen und
                              									den quantitativen Verlust angeben werde.
                           Die mit der fraglichen Seife gewaschenen Wollfasern zeigten unter dem Mikroskop
                              									nachfolgendes Aeußere.
                           Die einzelnen Wollfasern hatten fast alle die schuppenartige,
                                 										kannenzapfförmige Bildung ihrer Epithelialschicht fast vollständig verloren;
                                 										viele Cylinder waren aufgeschlitzt oder gespalten, und die Oberfläche netzartig
                                 										zerfressen und mit dunkelgelben Flecken bedeckt.
                           Der gewaschene Wollenstoff hinterließ bei der Verbrennung eine sehr
                              									kieselsäurehaltige Asche, welche 0,613 Proc. betrug, wohingegen der ursprüngliche
                              									Stoff einen Aschengehalt von 0,577 Proc. zeigte. (Die Stoffe waren jedesmal bei
                              									100° C. getrocknet worden.)
                           Aus den Ergebnissen meiner Versuche geht demnach hervor, daß die Wollenstoffe durch
                              									das Waschen mit diesen verfälschten Seifen bedeutend leiden, insofern einerseits die
                              									eigentliche Wollsubstanz angegriffen und zerstört, der Rückstand beim Trocknen
                              									spröde und brüchig wird, andererseits durch das Waschen (Reiben) bei Gegenwart der
                              									freien Kieselsäure die aufgelockerte Epithelialschicht mechanisch zerstört wird und
                              									somit der Haltbarkeit der Zeuge bedeutenden Einbruch thut.
                           Es geht ferner daraus hervor, daß derartig verfälschte Seifen nicht zum Walken der Wollenzeuge angewandt
                              									werden dürfen.
                           Ferner ist zu bemerken, daß durch Aufnahme von ausgeschiedener Kieselsäure, welche
                              									sich zwischen den einzelnen Wollfasern lagert, ein 
                              									schnellerer Verschleiß, also eine geringere Haltbarkeit bedingt wird, weil eben die harte und rauhe
                              									Kieselsäure die Abnutzung der einzelnen Fasern und Fäden beschleunigt.
                           Der offenbare Schaden welcher dem consumirenden Publicum durch die betrügerischen
                              									Verfälschungen der Schmierseifen mit Wasserglas, Stärkemehl und Infusorienerde
                              									erwächst, erfordert ein strenges Einschreiten gegen dieses unreelle Treiben und
                              									macht es jedem Fachmanne zur Pflicht, das Publicum in dieser Hinsicht aufzuklären
                              									und zu warnen.
                           
                        
                           Prüfung der Schmierseife.
                           Da man durch bloßes Ansehen den Werth der Schmierseife nicht bestimmen kann und bei
                              									dem Gebrauch derselben der eigentliche nutzbringende Effect nur von dem Gehalt an fettsaurem Kali abhängig
                              									ist, so kommt es bei unverfälschten Fabricaten nur darauf
                              									an, den Gehalt an eigentlicher Seifensubstanz, resp. die
                              									Fettsäure und das Kali direct zu bestimmen und aus dem Verlust den Wasser-, resp. den Wasser-
                              									und Glyceringehalt zu berechnen.
                           Um den Gehalt der Seife zu bestimmen, ist es deßhalb vorab nothwendig, die Reinheit
                              									oder die Verfälschungen des Fabricates nachzuweisen, d.h. also dieselbe einer
                              									Vorprüfung (einer qualitativen Analyse) zu unterwerfen.
                           
                        
                           Vorprüfung.
                           Die zu untersuchende Seife wird in warmem destillirtem
                              									Wasser gelöst. Löst sich die Seife klar und ohne Rückstand auf, so ist dieses ein
                              									gutes Zeichen, denn es schließt eine geflissentliche Zumischung von unlöslichen
                              									Substanzen, Thon, Infusorienerde etc. aus; scheidet sich nach längerer Zeit eine
                              									geringe Menge eines blauen, schwarzen oder grünlichen
                              									Niederschlages ab, so ist dieser nicht von einer geflissentlichen Verfälschung
                              									herrührend zu betrachten, sondern dem der Seife zugesetzten Färbemittel (Indigo,
                              									Schwärze oder Schwefeleisen) zuzuschreiben.
                           Man versetzt nun die klare Lösung mit verdünnter Salzsäure bis zur stark sauren
                              									Reaction und beobachtet ob die Neutralisation unter Aufbrausen stattfand
                              									(Kohlensäure), und ob das entweichende Gas einen Geruch nach faulen Eiern verbreitet
                              									und Bleipapier schwärzt (Schwefelwasserstoff). Ist Letzteres der Fall, so muß wie
                              									schon früher angegeben ein directer Nachweis der Schwefelalkalien mit
                              									Nitroprussidnatrium erbracht werden.
                           Bei dieser Neutralisation scheidet sich zuweilen ein hellblauer Niederschlag aus,
                              									welcher von einem Cyan-, resp. Ferrocyangehalt der Seife herrührt. Wird nämlich zur
                              									Bereitung der Seife eine Potasche benutzt welche aus Schlempekohle bereitet wurde,
                              									so enthält sie fast immer Cyankalium, welches in Berührung mit metallischem Eisen
                              									oder Schwefeleisen sich in Ferrocyankalium (Blutlaugensalz) verwandelt und bei der
                              									Zersetzung der Seife mit einer Säure die Ausscheidung der Eisencyanverbindung
                              									hervorruft.
                           Der Gehalt an Ferrocyan bringt keinen Schaden hervor. Auch kann ein Ferrocyangehalt
                              									der Seife hervorgerufen werden, wenn von unwissenden Fabrikanten der zum Färben der
                              									Schmierseife anzuwendende Indigo durch Berliner- oder Mineralblau ersetzt
                              									wird. Diese beiden Verbindungen bringen jedoch die gewünschte Färbung nicht hervor,
                              									weil durch die Einwirkung des Kalis sich unter Abscheidung von braunem
                              									Eisenoxydhydrat, Blutlaugensalz bildet. Beim Zusatz einer starken Säure tritt die
                              									Rückbildung der blauen Farbe wieder ein.
                           Nachdem die Seifenlösung mit Salzsäure zersetzt ist, welche Operation man
                              									vortheilhaft in einem mit Glashahn versehenen Glasscheidetrichter vornimmt, setzt
                              									man der Flüssigkeit Canadol zu und schüttelt das Gemisch kräftig. Nachdem sich das
                              									Canadol, welches die Fettsäuren und auch einen Theil des
                              									Harzes gelöst enthalten kann, klar abgeschieden hat, läßt man vermittelst, des
                              									Glashahnes die saure wässerige Flüssigkeit ablaufen.
                           Von dieser sauren Flüssigkeit versetzt man eine mit Wasser verdünnte Probe in einem
                              									Proberöhrchen mit einem Tropfen Jodwasser oder mit einer
                              									schwachen Auflösung von Jod in Jodkalium. Entsteht eine dunkel
                                 										veilchenblaue oder violettrothe Färbung, so enthält die Seife unzweifelhaft
                              									Stärkemehl.
                           Den Rest der sauren Zersetzungsflüssigkeit dampft man im Wasserbade vorsichtig zur
                              									Trockne ein, befeuchtet den Rückstand mit reiner starker Salzsäure und verjagt den
                              									Ueberschuß durch gelindes Erwärmen im Wasserbade.
                           War die Seife mit Stärke verfälscht, welches ja schon durch Jod nachgewiesen wurde,
                              									so nimmt beim Eindampfen der Rückstand eine dunkelbraune Farbe an, unter
                              									Ausscheidung einer humusähnlichen Substanz und unter Verbreitung eines
                              									eigenthümlichen faden Geruches, welcher, wenn
                              									Kartoffelstärke angewandt wurde, dem bei der Traubenzuckerbereitung aus
                              									Kartoffelstärke sich einstellenden frappant ähnlich ist.
                           Man bringt den Abdampfniederschlag vermittelst destillirten Wassers auf ein Filter
                              									und süßt denselben vollständig aus.
                           Der Niederschlag wird nun getrocknet und im Platintiegel verbrannt. Bleibt ein weißer
                              									leichter Rückstand, so war Kieselsäure in der Seife vorhanden, d.h. sie war mit Wasserglas oder Infusorienerde, oder mit beiden zugleich
                              									verfälscht. Die Beantwortung der Frage, ob Wasserglas, Infusorienerde oder beide
                              									zugleich zur Verfälschung verwendet wurden, kann nur das Mikroskop geben.
                           Bei einer hinreichend starken Vergrößerung (400facher) erkennt man sofort die
                              									charakteristischen Kieselpanzer, wenn Infusorienerde vorhanden ist, wohingegen die
                              									aus dem Wasserglas ausgeschiedene Kieselsäure sich formlos zeigt.
                           Das von dem Niederschlag erhaltene Filtrat wird im Wasserbade zur Trockne
                              									eingedampft, der Rückstand (A) mit einer Mischung von
                              									Aether und Weingeist (gleiche Volumina) ausgezogen und der Auszug auf dem Wasserbade
                              									von dem Aether-Weingeist befreit.
                           Man nimmt nun den Rückstand mit Wasser auf, setzt neutrale Kupferchloridlösung und
                              									zuletzt überschüssiges Aetzkali zu.
                           Hatte die Seife Stärkemehl oder Glycerin enthalten, so entsteht eine schön
                              									dunkellasurblaue Flüssigkeit. Man erhitzt in einem Kölbchen diese Flüssigkeit im
                              									Wasserbade so lange als sich noch ein Niederschlag (gelb oder roth) ausscheidet und
                              									muß im Falle die geklärte Flüssigkeit farblos geworden ist, bis zur deutlich blauen
                              									Farbe (zuweilen auch grünlichen) noch Kupferlösung zusetzen und abermals im
                              									Wasserbade erwärmen bis die Ausscheidung des Niederschlages erfolgt ist. Dieser
                              									gelbe oder schmutzigrothe Niederschlag besteht größtentheils aus Kupferoxydul und
                              									erscheint wenn die Seife Stärkemehl enthielt.
                           Man versetzt nun die Flüssigkeit mit einigen Tropfen basisch-essigsaurem
                              									Bleioxyd, um gummiähnliche und färbende organische Zersetzungsproducte zu
                              									beseitigen, filtrirt und fällt das Filtrat mit Schwefelkalium im Ueberschuß. Man filtrirt die Schwefelmetalle ab, dampft
                              									nach der Neutralisation mit Salzsäure das Filtrat im Wasserbade zur Trockne ab und
                              									extrahirt mit Aether-Weingeist. Nach dem Abdunsten des Extractionsmittels
                              									bleibt das Glycerin rein zurück. Selbstverständlich ist im Nichtfalle kein Glycerin
                              									vorhanden.
                           Der mit A bezeichnete, mit Aether-Weingeist
                              									extrahirte Filtratrückstand wird im Platintiegel geglüht, der Rückstand mit Wasser
                              									aufgenommen und mit antimonsaurem Kali auf einen Gehalt an Natron geprüft.
                           Die schon früher erwähnte Auflösung der Fettsäuren in Canadol wird nun, wenn sie klar
                              									ist, in einem hohen Glascylinder mit dem 9- bis 10fachen Volumen reinen
                              									Canadols gemischt.
                           Tritt eine Trübung ein, so ist sicher Harz vorhanden.
                              									Dasselbe setzt sich nach einiger Zeit als eine klebrige bräunliche Masse am Boden
                              									des Cylinders ab.
                           
                           Diese ganze Vorprüfung, wie mühsam und umständlich sie auch scheint, ist es für den
                              									Chemiker nicht und sie ist durch die mannichfachen Verfälschungen, welchen die
                              									Schmierseifen ausgesetzt sind, energisch geboten.
                           
                        
                           Quantitative Bestimmung des Wassers bei
                                 										den Schmierseifen.
                           Die directe Bestimmung des Wassers der Kaliseifen bietet insofern Schwierigkeiten,
                              									als sie bei einer geringen Temperaturerhöhung flüssig werden und die Oberfläche sich
                              									mit einer Haut überzieht welche den übrigen Theil der Seife vor dem Eintrocknen
                              									schützt. Steigert man die Temperatur, so tritt häufig ein Schäumen und Blasenwerfen
                              									ein, welches einen Verlust an Substanz zur Folge hat, wodurch die Wasserbestimmung
                              									zu hoch ausfällt. Ferner tritt bei einem Ueberschuß von caustischem Kali der
                              									Uebelstand ein, daß Kohlensäure aus der Atmosphäre aufgenommen wird, was eine
                              									unrichtige Bestimmung veranlaßt und den Wassergehalt zu gering finden läßt. Auch muß
                              									das Abwägen unter Vorsichtsmaßregeln geschehen, die eine Wasseranziehung aus der
                              									Luft vermeiden.
                           Bei meinen unzähligen Wasserbestimmungen bei den Kaliseifen hat sich nachfolgende
                              									Methode am besten bewährt: Man wägt eine Quantität Seife (6 Gramme) zwischen zwei
                              									Uhrgläsern ab, deren Ränder abgeschliffen sind und luftdicht aufeinander passen.
                              									Durch eine Messingklemme werden sie fest auf einander gehalten. Nach dem Abwiegen
                              									bringt man das untere Uhrglas, welches die Seife enthält, in ein Luftbad welches
                              									anfangs auf 100° C. erwärmt ist. Dieses Luftbad ist mit einem Aspirator
                              									versehen, welcher einen continuirlichen Strom trockener und kohlensäurefreier Luft
                              									durch das Luftbad saugt. Man steigert allmählich die Temperatur bis auf 120°
                              									C. und läßt die Seife so lange dieser hohen Temperatur ausgesetzt, bis das Gewicht
                              									constant bleibt. Der Gewichtsverlust entspricht dem Wassergehalt der Seife.
                           Eine directe Wasserbestimmung ist bei allen verfälschten
                              									Seifen nothwendig; bei reinen Schmierseifen genügt die indirecte Bestimmung durch
                              									den Verlust.
                           
                        
                           Quantitative Bestimmung der
                                 										Fettsäuren.
                           Um den Fettsäuregehalt einer Seife zu bestimmen, wird eine abgewogene Menge (circa 10 bis 12 Gramme) derselben in warmem destillirtem
                              									Wasser aufgelöst, diese Lösung mit verdünnter reiner Salzsäure bis zur stark sauren
                              									Reaction versetzt und diese Mischung, nachdem sie bis auf circa 20° C. abgekühlt ist, mit Canadol versetzt (circa das gleiche Gewicht der Seife). Nach einer vorsichtigen Mischung wird
                              									vermittelst eines gläsernen, mit Hahn versehenen Scheidetrichters die Canadolschicht
                              									von der sauren Flüssigkeit getrennt und letztere noch 2- bis 3mal mit neuen
                              									Portionen reinen Canadols ausgewaschen. Die vereinigten Canadolauszüge gibt man in
                              									eine tarirte Porzellanschale oder in ein tarirtes Becherglas und läßt das Canadol
                              									bei gelinder Wärme (circa 30° C.) verdunsten.
                              									Zuletzt bringt man die Schale oder das Becherglas in ein auf 100° C.
                              									erwärmtes Luft- oder Wasserbad und wiegt die zurückgebliebene Fettsäure
                              									ab.
                           Diese Methode ist derjenigen, vermittelst Zusatz von Wachs den Fettsäuregehalt zu
                              									bestimmen, bei weitem vorzuziehen. Sie gibt sehr übereinstimmende und befriedigende
                              									Resultate.
                           Soll auch das Harz bestimmt werden, so löst man die erhaltene Fettsäure in Canadol
                              									und setzt dieser Lösung so lange reines Canadol zu, bis keine Trübung mehr entsteht.
                              									Der Ruhe überlassen (in fest verschlossenen Gefässen), scheidet sich das Harz am
                              									Boden des Gefässes als eine klebrige Masse ab. Man gießt die klare Canadollösung ab
                              									und bestimmt wie vorhin angegeben die in derselben enthaltene Fettsäure. Die
                              									Gewichtsdifferenz gibt den Harzgehalt an.
                           
                        
                           Quantitative Bestimmung der
                                 										Kieselsäure.
                           Da die Kieselsäure in der Seife in zwei verschiedenen Formen vorkommen kann, so ist
                              									ihre Bestimmung eine zweifache.
                           Man bestimmt zuerst die in der Seife enthaltene unlösliche Kieselsäure.
                           Zu dem Ende wird eine gewogene Menge, circa 10 Gramme, in
                              									warmem destillirtem Wasser gelöst und die Lösung filtrirt. Der auf dem Filter
                              									zurückgebliebene Niederschlag wird zuerst mit Wasser, hernach mit verdünnter
                              									Salzsäure und zuletzt wieder mit Wasser gewaschen, getrocknet und im Platintiegel
                              									geglüht. Das Gewicht des unverbrennlichen Rückstandes gibt nach Abzug der
                              									Filterasche die Menge der unlöslichen Kieselsäure an.
                           Die lösliche Kieselsäure bestimmt man in dem eben erhaltenen Filtrat, welchem man
                              									auch die sauren Waschwässer zugibt. Man übersättigt Alles mit Salzsäure und dampft
                              									im Wasserbade zur Trockne ab, befeuchtet den Rückstand mit starker reiner Salzsäure,
                              									verjagt den Ueberschuß der Salzsäure abermals im Wasserbade und bringt den Rückstand
                              									mit destillirtem Wasser auf ein Filter. Nach dem vollständigen Auswaschen wird der
                              									Niederschlag getrocknet und im Platintiegel geglüht. Das Gewicht des Rückstandes gibt
                              									nach Abzug der Filterasche die Menge der löslichen Kieselsäure an.
                           
                        
                           Quantitative Bestimmung der Alkalien und
                                 										Säuren.
                           Zu dieser Bestimmung wird das Filtrat benutzt, welches bei der Bestimmung der
                              									löslichen Kieselsäure erhalten wurde. Man verdampft dasselbe in einer Platinschale
                              									im Wasserbade zur Trockne und glüht zur Zerstörung der organischen Substanz so
                              									lange, bis der Rückstand vollständig weiß ist. Derselbe wird nun in destillirtem
                              									Wasser gelöst, wenn nöthig filtrirt, und die Lösung in einem Platintiegel zur
                              									Trockne abgedampft und geglüht. Das Gewicht gibt uns die Menge der in der Seife
                              									enthaltenen Alkalien als Chloralkalien an. (Selbstverständlich mußte, wenn
                              									Schwefelsäure vorhanden war, diese vorher durch Zusatz von Chlorbaryum auf die
                              									bekannte Weise beseitigt werden.)
                           Man versetzt nun die Chloralkalien mit einer Lösung von Platinchlorid im Ueberschuß,
                              									dampft im Wasserbade zur Trockne ein, und bringt den Niederschlag mit starkem
                              									Alkohol auf ein bei 100° C. getrocknetes und gewogenes Filter. Aus dem
                              									Gewichte des bei 100° C. getrockneten Niederschlages ergibt sich die Menge
                              									des in der Seife enthaltenen Kalis. Zieht man die dem Kali entsprechende Menge
                              									Chlorkalium von der Summe der gefundenen Chloralkalien ab, so erhält man das in der
                              									Seife enthaltene Natron in der Form von Chlornatrium, aus welchem sich leicht der
                              									Natrongehalt berechnen läßt. – Sollen die Alkalien in der Weise bestimmt
                              									werden, daß man angibt wie viel derselben mit den Fettsäuren verbunden sind oder
                              									sich als ätzende oder kohlensaure Alkalien in der Seife befinden, so muß man einen
                              									anderen Weg einschlagen, welchen ich bei den Walk- und Auswaschseifen
                              									ausführlich beschreiben werde.
                           
                        
                           Quantitative Bestimmung des
                                 										Stärkemehles.
                           So leicht der qualitative Nachweis des Stärkemehles in der Seife ist, so schwierig
                              									ist die quantitative Bestimmung desselben, wenn dieselbe direct geschehen soll. Sie
                              									geschieht deßhalb fast immer durch den Verlust in Gemeinschaft mit dem Glycerin.
                           In den Fällen wo eine directe Bestimmung des Stärkemehles gefordert wird, löst man
                              									eine abgewogene Menge Seife, circa 10 Grm. in
                              									200–300 Kubikcentimeter destillirtem Wasser und versetzt diese Lösung mit
                              									verdünnter Schwefelsäure bis zur schwach sauren Reaction. Unter beständigem Ersatz
                              									des verdunstenden Wassers wird nun die Flüssigkeit in schwachem Sieden erhalten, bis
                              									der ganze Stärkemehlgehalt in Zucker verwandelt ist und man mit Jodwasser keine
                              									Reaction auf Stärkemehl mehr erhält. Die Flüssigkeit wird dann mit Kreide oder kohlensaurem Baryt
                              									neutralisirt, filtrirt und der Zucker durch Gährung oder nach der Fehling'schen Methode mit alkalischer Kupferlösung
                              									bestimmt Um das Glycerin direct zu bestimmen, löst man eine gewogene Menge Seife in
                              									destillirtem Wasser, setzt essigsaures Bleioxyd im Ueberschuß hinzu, und kocht. Man
                              									filtrirt und leitet durch das Filtrat so lange Schwefelwasserstoff, bis alles Blei
                              									gefällt ist, filtrirt das ausgeschiedene Schwefelblei ab, verdampft das Filtrat im
                              									Wasserbade zu Syrupconsistenz und zieht den Rückstand mit absolutem Alkohol oder
                              									Aetherweingeist aus. Nach dem Verdunsten des Lösungsmittels in einer tarirten Schale
                              									bleibt das Glycerin zurück und kann dem Gewichte nach bestimmt werden.
                           Diese Methode kann auch zum qualitativen Nachweis benutzt werden.
                           ––––––––––
                           Um annähernd festzustellen, welchen Umfang die betrügerischen Seifenverfälschungen
                              									hier und in der Umgegend erreicht haben, wurden 39 Proben verschiedener
                              									Schmierseifen, welche in den Städten: Aachen, Bonn, Coblenz, Cöln, Deutz, Duisburg,
                              									Elberfeld (Barmen), Eschweiler, Mannheim (Ludwigshafen), Neuwied, Stolberg und Worms
                              									fabricirt werde einer genauen chemischen Untersuchung unterworfen.
                           Die Ergebnisse dieser Untersuchungen, auf 100 Gewichtstheile der verschiedenen
                              									Schmierseifenproben berechnet, sind in nachfolgender Tabelle angegeben.
                           
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 204, S. 68–69
                              Bezeichnung; Seifenbestandtheile;
                                 										Verfälschungen; Bemerkungen; Nr.; Zeichen; Sorte; Fettgehalt; Alkalien in Summa;
                                 										Kali; Natron; Glycerin; Wasser; Kieselsäure (lösliche); Kieselsäure
                                 										(unlösliche); Stärkemehl; Aeußere Beschaffenheit; Zufällige Bestandtheile;
                                 										Aachen; P. N. I; P. J. P.; J. Sch. I; A. W.; Kronseife; Oleinseife; Oelseife;
                                 										Bonna. Rh.; R.; H.; Kolbenz; Schfr. I; deßgl. II; Cöln a. Rh.; B. K.; W. C.;
                                 										Gebr. R.; E. Sch.; W & Comp. I; Deutz a. Rh.; A. V. H. I; Schmierseife;
                                 										klar; getrübt; opalescirend; trüb; hart und trüb; trüb und schmierig; Ferrocyan;
                                 										sehr trüb; trüb und weich; krystallinisch; Duisburg; C. B. I; Kronseife;
                                 										Schmierseife; Silberseife; sehr weich und trüb; schmutzig trüb; krystallinisch;
                                 										Elberfeld (Barmen); Rabch. I; Oh.; ziemlich klar; sehr weich; trüb; Eschweiler;
                                 										V. I; Deßgl. III; getrübt und schmutzig; trüb und schmutzig; Neuwied; Hh. I;
                                 										Schrt. I; Sgr. I; Oleinseife; weich und trüb; sehr trüb und hart; sehr trüb;
                                 										trüb und weich; Stolberg; M. & W. I; dunkel und trüb; Mannheim
                                 										(Ludwigshafen); A. B. I; Palmölwasserglasseife; C. v. B. II (Worms); verhärtet
                                 										an der Luft; Nitrobenzol
                              
                           
                           Die genaue chemische Analyse ergab demnach, daß unter diesen 39 verschiedenen
                              									Schmierseifenproben sich nur 8 befanden welche rein und unverfälscht waren,
                              									wohingegen 31 sich als mehr oder minder schlecht und verfälscht ergaben, demnach
                              									nicht auf eine reelle Waare Anspruch machen können.
                           Von den untersuchten Seifen waren also nur 20,512 Proc. als eine gute Waare, dagegen
                              									79,488 Proc. als schlechte, mehr oder minder verfälschte zu bezeichnen.
                           Von den 79,488 Proc. schlechter Waare waren verfälscht mit:
                           
                              
                                 
                                    Wasserglas
                                    
                                 12,820
                                 Proc.
                                 
                              
                                 
                                    Kartoffelmehl
                                    
                                 5,128
                                    „
                                 
                              
                                 
                                       deßgl. und Wasserglas
                                    
                                 56,410
                                    „
                                 
                              
                                 
                                       deßgl. und Wasserglas nebst
                                       												Infusorienerde
                                    
                                 5,128
                                    „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 79,486
                                 
                                 
                              
                           Ganz tadelfreie, vorzügliche Fabricate sind:
                           Nr.   1  P.N.  I.   Aachen
                           Nr.   2  P.
                                 										N. II.       „
                           Nr.   4  J.
                                 										Sch.  I.    „
                           Nr.   5  J.
                                 										Sch. II.    „
                           Nr. 12  W. C. Cöln.
                           Diesen fast gleich stehend sind die Fabricate:
                           Nr.   3  P.J.
                                 										P. Aachen,
                           Nr. 22  Rsbch. I.
                              									Elberfeld (Barmen), und
                           Nr. 29  Hh. I.
                              									Neuwied.
                           Von den anderen Seifen, welche sämmtlich als verfälschte
                              									Waare anzusehen sind, sind als sehr schlechte Fabricate
                              									zu bezeichnen:
                           Nr.   7  R.
                              									Bonn.
                           Nr.   8  H.    „
                           Nr.   9  Schfr. I. Coblenz.
                           Nr. 10  deßgl.
                              									II.    „
                           Nr. 13  Gebr. R.
                              									Cöln.
                           Nr. 16  W. & Comp.
                              									II. Cöln.
                           Nr. 18  A.V. H. II.
                              									Deutz.
                           Nr. 20  C. B. II.
                              									Duisburg.
                           Nr. 21  deßgl. III.    
                              									„
                           Nr. 32  Schrt. I.
                              									Neuwied.
                           Nr. 33  deßgl.
                              									II.      „
                           Nr. 37  M. & W. II.
                              									Stolberg.
                           Die Nummern 38 A. B. I Ludwigshafen
                              									(Palmölwasserglasseife) und Nr. 39 C. v. B Worms
                              									(Wasserglasseife), sind Fabricate welche den Namen Seife nicht einmal verdienen und gegen deren
                              									Einführung das Publicum energisch protestiren müßte.
                           Cöln, im Februar 1872.