Titel: | Analytische und pyrometrische Werthbestimmung der Graphite; von Dr. Carl Bischof. |
Autor: | Carl Bischof [GND] |
Fundstelle: | Band 204, Jahrgang 1872, Nr. XXXVII., S. 139 |
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XXXVII.
Analytische und pyrometrische Werthbestimmung der
Graphite; von Dr. Carl
Bischof.
Bischof, über analytische und pyrometrische Werthbestimmung der
Graphite.
Man hatte bisher zur Ermittelung des relativen Werthes der mehr oder weniger unreinen
Graphite, welche im Gegensatze zu den nahe reinen, krystallisirten, zur
Bleistiftfabrication dienenden, vornehmlich in der Pyrotechnik Verwendung finden, die Höhe des
Kohlenstoffgehaltes fast einzig als entscheidend angenommen.
Einer solchen Bestimmung kommt, wie sich nach einer eingehenderen Untersuchung
nachweisen lassen wird, keine Entscheidung zu, und sie hat nur insofern Werth, als
der Kohlenstoff, resp. Graphit, den eigentlichen
gesuchten Bestandtheil in diesem für gewisse Anwendungen so unersetzlichen
Naturproducte ausmacht. – So bilden denn die Werthermittelungen der Graphite
die Methoden zur Kohlenstoffbestimmung, und zwar hat man dabei den praktischen
Gesichtspunkt einer leichten und schnellen Ausführbarkeit (gegenüber der wissenschaftlichen
Bestimmungsweise der organischen Analyse oder mittelst Chromsäure etc.)
beobachtet.
H. SchwarzPolytechn. Journal, 1864. Bd. CLXXI S. 77. empfiehlt zu dem Zwecke, daß man die abgewogene Menge Graphit mit
überschüssigem Bleioxyde in gut bedecktem Tiegel glühe und aus dem erhaltenen
Bleiregulus den Gehalt an reinem Graphit berechne.
Gintl,Polytechn. Journal, 1868, Bd. CLXXXIX S. 234. welcher die nach diesem Verfahren gewonnenen Resultate zu schwankend fand
und im Allgemeinen zu hoch, da Eisen und Silicium gleichzeitig reducirend auf das
Bleioxyd wirken, auch alles Blei nicht immer zu einem einzigen Regulus
zusammenfließe, hat zwei andere Methoden empfohlen. Er führt den Kohlenstoff der
fraglichen Graphitsorten in Kohlensäure über, und bestimmt letztere aus dem Verluste
entweder direct oder indirect. Im ersten Falle schmilzt Gintl den Graphit in einem abgewogenen Glasröhrchen mit Bleioxyd, im
letzten Falle mit Salpeter in einem Tiegel.
Stolba,Polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVIII S. 213.der die einfachste Methode befolgte, verbrennt den
Graphit an der Luft, wobei nur die unerläßliche Bedingung zu beobachten ist, daß das
Verbrennen bei größtmöglicher Erhitzung geschehe.
„Der fein zertheilte, entwässerte und gewogene Graphit wird in einem
Platintiegel der stärksten Hitze einer Bunsen'schen
Gaslampe ausgesetzt und der durchbohrte Deckel auf dem geneigten Tiegel so
angebracht, daß ein lebhafter Luftzug im Tiegel entsteht. Wird dabei die
Oberfläche des Graphites zeitweilig erneuert durch Rühren mit einem Platindraht,
so reichen 3–4 Stunden zur völligen Einäscherung von 1/2 Gramm Graphit
hin.“
Stolba macht darauf aufmerksam, daß hierbei der
Kohlenstoffgehalt um ein Weniges höher ausfällt, als er wirklich ist, weil manche im
Graphit enthaltene Silicate die letzten Wasserantheile nur bei sehr lang anhaltendem
Glühen abtreten, und ferner namentlich die schuppigen Graphitsorten Glimmer
enthalten, welcher wegen seines Fluorgehaltes beim Glühen etwas Fluorkiesel
entwickelt.
Er fügt ergänzend hinzu:
„Diese Methode hat das Angenehme, daß die Mineralstoffe in einer Form
zurückbleiben, welche ihre genaue Untersuchung ermöglicht und dieses ist sehr
wichtig, da die Beschaffenheit der Beimengungen des
Kohlenstoffes im
Graphit für manche Zwecke die Anwendung des Graphites entscheidet.“
Im Anschluß an die beschriebene Methode dürfte eine nähere Beleuchtung der letzten
Bemerkung nicht ohne Interesse seyn.
Nehmen wir zwei Graphite, von denen aus der Erfahrung im Großen in festgestellter
Weise bekannt ist, daß sie sich bei der pyrotechnischen Anwendung wesentlich verschieden verhalten. Ich wählte dazu den
Ceyloner und Passauer Graphit, ersteren wie er als vorzügliches Tiegelmaterial im
Handel vorkommt, und letzteren von ausgezeichneter Qualität, deren
Kohlenstoff- und Aschengehalt nicht sehr verschieden war; beide wurden von
Mène analysirt, dem wir eine ganze Reihe von
Analysen der bekanntesten Graphitsorten verdanken.Polytechn. Journal, 1867, Bd. CLXXXV S. 373.
Mène verbrannte die Graphite in einer Platinschale
innerhalb der rothglühenden Muffel eines Probirofens, und die erhaltene Asche wurde
nach dem bei der Analyse von natürlichen Silicaten gebräuchlichen Verfahren mittelst
kohlensauren Natrons aufgeschlossen.
Procentische Zusammensetzung des bei
120° C., getrockneten Graphites
von der Insel Ceylon(aus dem Handel)
von Passauin
Bayern
Kohlenstoff
68,30
73,65
ThonerdeKieselsäureKalk,
MagnesiaEisenoxydAlkalien und Verlust
11,00 13,33
– 2,17
–
26,50 Asche
4,67 15,40 0,44 1,22 0,42
22,15 Asche
flüchtige Bestandtheile
5,20
4,20
–––––––––
–––––––––
100,00
100,00
spec. Gewicht
2,266
2,311
Pyrometrische Werthbestimmung beider
Graphite.
Der Ceylongraphit, welcher sich durch einen starken metallischen Glanz und seine
charakteristische Großblätterigkeit auszeichnet, läßt sich nur mühsam und ganz
allmählich fein zerreiben, indem er sich in immer neue, unzählige Blättchen
zertheilt. Der Passauer Graphit bildet dagegen ein schwarzes Pulver mit feinen
glänzenden Schüppchen und rundlichen Körnchen, das sich unter merklichem Knirschen
ungleich leichter und eher zu einem Mehl (welches funkelt) zerreibt.
Als die zerkleinerten Graphite über der Berzelius-Lampe in einem offenen Platinschälchen geglüht wurden,
erschien der Passauer am leichtesten
verbrennlich, jedoch reichte, auch bei länger
fortgesetztem Glühen, die Temperatur der Lampe nicht aus, um die Graphite vollständig einzuäschern.
Beide Graphite, gleich feinst zerrieben, davon gleiche
Mengen abgewogen, diese zu gleichen kleinen Pyramiden geformt und bis zur völligen
Schmelzhitze des Platins in einem verschlossenen Tiegel erhitzt:
sind im Wesentlichen unverändert. Bilden
noch eine lose, mürbe Masse.
Der Ceyloner Graphit zeigt reichlich die metallisch glänzenden
Blättchen; der Passauer ist mehr erdig, schwarz.
Dieselben Proben demselben hohen Hitzegrade wiederholt
ausgesetzt, war das Resultat dasselbe.
Graphite, versetzt mit Thon.
Werden die beiden feinst zertheilten Graphite mit einer
vorwiegenden Menge feuerfesten Thones vermengt, nämlich auf 100 Gewichtstheile des
Mühlheimer Thones (Normalthon Nr. IV) je 25 und 12 1/2 Theile Graphit, hierauf nach
innigster Mischung Proben daraus geformt und dieselben der
Platin-Schmelzhitze ausgesetzt, so ergibt sich:
Ceyloner Graphit12 1/2
Proc.
Passauer Graphit12 1/2
Proc.
ist außen hellblau, leise glasirt.
mehr hellblau, umrindet und
vonBläschen erfüllt.
Der Bruch ist wenig porig und
nichtglänzend (bis auf einige Graphitblättchen).
Der Bruch ist porig-höhlig,
glänzend.
Noch höher den
Hitzegrad gesteigert bis zur Schmelzung:
– ist die Form der Probe noch
erkennbar.
– ist zerflossen
Ceyloner
Graphit25 Proc.
Passauer
Graphit25 Proc.
– ist dunkelblau, stärker
glasirt.
– dunkelblau, völlig umrindet und
auchreichlich von Bläschen durchdrungen.
Der Bruch ist günstiger: noch
ziemlichlose und von glänzenden Graphitblättchenerfüllt.
Der Bruch ist nur porig-löcherig
undnicht glasirt.
Wiederholt
demselben sehr hohen Hitzegrad unterworfen:
– ist unvollständig umflossen von
einerhellen Schlacke.
– stärker umflossen von
schwarzerSchlacke.
Der Bruch noch wenig fest, zeigt
einehellere Masse, die mit Glimmerblättchenreichlich übersäet
ist.
Der Bruch zeigt eine schwarze,
lava-artige Masse.
Die tiefere pyrometrische Stellung des Passauer Graphites
gegen den Ceyloner gibt sich somit unzweifelhaft beim Versetzen mit dem bezeichneten
feuerfesten Thone zu erkennen.
Ein charakteristisches Resultat tritt uns hier entgegen, ein an ein- und
derselben Probe vereinigtes Bild der specifischen Wirksamkeit
einestheils der Flußmittel und anderntheils der Kohle.
Während die Glühproben mit dem größeren Graphitzusatz äußerlich eine größere
Glasirung oder resp. völligere Umrindung zeigen, läßt das
Innere oder der Bruch der Proben umgekehrt mit dem
größeren Graphitzusatz geringere Merkmale der Erweichung wahrnehmen.
Die Erklärung dieser Erscheinung liegt nicht ferne. Außen, wo die Kohle wegbrennt,
concentriren sich die flußbildenden Bestandtheile des Graphites; innen, wo sie
erhalten bleibt, tritt deren intensive Wirksamkeit an
sich in den Vordergrund. Eine Vermehrung des Graphites bewirkt daher in
ersterem Falle eine relative Vermehrung der Flußmittel, und in letzterem Falle
steigert sich mit der absoluten Kohlenmenge auch deren Einfluß. Daß in der Praxis
bei fortgesetztem Glühen und so stetiger Aenderung der bezeichneten Verhältnisse,
ein Annähern an ersteren Fall mehr stattfindet, ist
einleuchtend.
Einen noch deutlicheren Ausdruck in bestimmten Zahlen liefert die Berechnung des
Feuerfestigkeitsquotienten (wobei der Kohlenstoffgehalt des Graphites außer Betracht
bleibt) mit Zuhülfenahme der entsprechenden Sauerstoffmengen aus der Analyse des
Mühlheimer Thones.
Für einen Zusatz von 12 1/2 Procent Graphit (auf 100 Mühlheimer Thon 12 1/2 Graphit)
Ceyloner
Passauer
Feuerfestigkeitsquotient =
3,87
= 3,69
auf 100 Mühlheimer Thon 25 Graphit
Feuerfestigkeitsquotient =
3,81
= 3,42
Der Feuerfestigkeitsquotient oder die Schwerschmelzbarkeit nimmt ab mit dem größeren
Graphitzusatz. Diese Abnahme ist bei dem Ceyloner ' Graphit verhältnißmäßig eine
wesentlich geringere.
Andererseits bestätigen ganz folgerecht die Feuerfestigkeitsquotienten den gefundenen
pyrometrischen Abstand zwischen dem Ceyloner und Passauer Graphit zu Gunsten des
ersteren, wie auch zugleich die pyrometrische Beobachtung die (aus den Zahlen nur
anschaulicher sich ergebenden) Differenzen des vermehrten oder verminderten
Graphitzusatzes nicht verkennen läßt.
Die größere Unverbrennlichkeit des Ceyloner Graphites
gegenüber dem Passauer zeigte sich auch zum Theil beim Versuche resp. Zusatze des feuerfesten Thones,
wenn nur die Bedingung erfüllt wurde, daß beide Graphite sich in gleich feinem Zustande befinden. Daß die Kohle aber
relativ mit in Betracht zu ziehen ist, zeigt uns das Innere der Proben.
Graphite, versetzt mit
Kieselsäure.
Noch unverkennbarer wird das verschiedene Verhalten der beiden Graphite
hervorgekehrt, wenn man sie mit chemisch reiner Kieselsäure versetzt und zwar in den
günstigst ausprobirten Verhältnissen: auf 100 Gewichtstheile Kieselsäure je 20 und
40 Theile des bei 100° C. getrockneten Graphites.
Die abgewogenen feinst pulverisirten Gemengtheile werden innigst, erst trocken und dann im breiartigen
Zustande, durch einander gemengt, dann wieder getrocknet und zerrieben,
daraus Proben in Gestalt kleiner Cylinder geformt, und diese geglüht. Dazu genügt
die Gußstahl-Schmelzhitze, denn ein höherer Hitzegrad, in welchem die Proben
bereits völlig zusammenschmelzen, verwischt etwaige Unterschiede.
Ceyloner Graphit20
Proc.
Passauer20
Proc.
– ist ohne Glasirung, von
reiner,hellgrauer Färbung.
– ohne Glasurrinde; doch zeigen
sichglasig-glänzende Stellen.
Der Bruch ist mürbe, lose.
Bruch fest.
Erhaltene Graphitblättchen sind
nochhäufig zu bemerken.
Innerer Kern dunkler, enthält
nochunverbrannten Graphit.
Ceyloner
Graphit40 Proc.
Passauer40
Proc.
– ist ohne Glasirung.
– völlig von
einerglasglänzenden Rinde
eingehüllt.
Probe mürbe und lose,
vonGraphitblättchen reichlich erfüllt.
Innerer Kern schwarz, doch fest undlavaähnlich.
Die geringere Qualität des Passauer Graphites tritt damit
recht entschieden gekennzeichnet auf durch seine augenfällig
leichtere Schmelzbarkeit, wie auch größere
Verbrennlichkeit.
Graphit-Aschen.
Glüht man die beiden Graphite in lebhafter Rothglühhitze in einem Platintiegel, so
verbrennt in Bestätigung obiger Andeutung der Passauer wesentlich rascher und leichter als der Ceyloner, welcher letztere
hartnäckig noch glänzende Blättchen zeigt, die erst nach wiederholtem Zerreiben und
Glühen bis auf einzelne zurückbleibende Glimmerblättchen verschwinden. Der Ceyloner
Graphit hinterläßt so eine braune, wenig glimmerhaltige und merklich knirschende Asche; der
Passauer eine röthlich-gelbe, reichlich glimmerhaltige und recht merklich
knirschende.
Die pyrometrische Prüfung der Aschen ergibt:
In dunkler Rothglühhitze ist bei keiner Asche eine Schmelzung eingetreten. Der Bruch
ist noch erdig, körnig. Steigert man den Hitzegrad bis zur hellen Rothglühhitze,
annähernd bis zur Schmelzhitze des Gußeisens, so:
bläht sich die Asche des Passauer Graphites zu einer
dunkelgrauen, glasglänzenden Blase auf; bei der Asche des
Ceyloner Graphites ist hingegen die Form der Probe noch vollkommen erhalten. Der Bruch der braun gefärbten, körnigen Masse ist ein
erdiger.
Die Asche bekundet demnach die größere
Schwerschmelzbarkeit zu Gunsten des Ceyloner Graphites in diesem Falle am
evidentesten und in recht
bedeutendem Abstande von dem Passauer Graphit.
Die Asche des Ceyloner Graphites schmilzt erst in völliger Gußstahlschmelzhitze zu
einer glänzend blasigen Schlacke.
Wir wollen nun versuchen, auf die vorstehenden pyrometrischen Resultate die Probe zu
machen mittelst Berechnung des Feuerfestigkeitsquotienten aus den analysirten
Graphiten selbst, resp. deren Beimengungen.
Berechnung der entsprechenden
Sauerstoffmengen und der chemischen Zusammensetzung exclus. der verbrennlichen und flüchtigen Bestandtheile.
Ceyloner Graphit
Passauer Graphit
Thonerde
11,00
5,126 O³
4,67
2,176 O³
Kieselsäure
13,33
7,109 „
15,40
8,213 „
Kalk, MagnesiaEisenoxydAlkalien und Verlust
– 2,17 . .
0,434 –
Als Oxydul berechnet.
1,302 „
0,44 . . 0,176 1,22 . .
0,244 0,42 . . 0,071
Als Magnesia berechnet, da nach einer früheren Analyse von Berthier nur diese Erde gefunden
wurde.
Als Oxydul berechnet.
Als Kali berechnet.
0,491
1,473 „
Gibt chemische Formel:
3,94 (Al²O³, 1,39 SiO³)
+ RO
1,48 (Al²O³, 3,77 SiO³)
+ RO
Gibt Feuerfestigkeitsquotienten:
Ceyloner
Passauer
2,83
0,39
Man sieht sofort, wie das günstige Verhältniß für die
Asche des Ceyloner Graphites sich für den Passauer in's Gegentheil – weniger Thonerde und mehr Kieselsäure auf dieselbe
Flußmittelmenge – umkehrt.
Während also die Aschenbestandtheile für den Ceyloner Graphit in pyrometrischer
Hinsicht den so gesuchten Grünstädter feuerfesten Thon noch übertreffen, sinkt für
die Aschenbestandtheile des Passauer Graphites die Feuerfestigkeit beträchtlich unter die Thone welche überhaupt noch im
Handel als feuerfeste gelten. Während letztere Aschenbestandtheile daher als entschiedenes Flußbeförderungsmittel sich geltend machen
müssen, können erstere gewissermaßen als Erhöhungsmittel
der Feuerfestigkeit dienen.
So zutreffend diese Bestätigung zwischen den Versuchen und
der theoretischen Berechnung ist, so können wir doch nicht dabei stehen bleiben,
denn ein sachverständiger, alle Verhältnisse erwägender Beurtheiler wird einwenden,
daß bei dieser Rechnung der Hauptfactor, der graphitische Kohlenstoff (weßhalb man
eben den Graphit zusetzt) ganz unberücksichtigt gelassen wurde.
Die Kohle spielt nämlich als Zusatzmittel zu einem feuerfesten Thone, beispielsweise
für Metall-Schmelztiegel, in mehrfacher Hinsicht eine sehr gewichtige Rolle.
Sie verhindert erstens selbst den leisesten Anfang einer Oxydation des Metalles,
welches als solches keine Verbindung mit den
Thonbestandtheilen eingeht. Zweitens aber erhöht die Kohle auch direct die Strengflüssigkeit des Thones, da sie als
bekanntlich schwerstschmelzbarer Körper, so lange sie in einiger Menge in einem
Thongemenge vorhanden ist, letzteres in der überraschendsten Weise vor Schmelzung
schützt, was um so mehr der Fall ist, in je unverbrennlicherem Zustande die Kohle,
sey es als solche (wie der Graphit), oder durch möglichst
hermetische Einbettung im Thone, sich befindet. Drittens endlich bewirkt der Graphit
wegen seiner größeren Wärmeleitung, daß derartige Tiegel einen raschen
Temperaturwechsel gut vertragen und das Metall darin eher schmilzt.
Aus den angeführten Gründen ist daher, wenn man von dem Falle absieht wo alles
Verbrennliche verbrannt ist und nur die Aschenbestandtheile noch übrig geblieben
sind, die Kohle, diese übrigens in Folge der Verbrennung stets sich ändernde Größe,
mit in Rechnung zu ziehen, wenn auch in beschränktem Sinne.
Multiplicirt man einfach die bezeichneten Feuerfestigkeitsquotienten mit dem
bezüglichen gefundenen Kohlenstoffgehalte, so erhält man:
Ceyloner
Passauer Graphit
193,29
28,72
Auch damit ist die sehr bedeutende Ueberlegenheit des
Ceyloner GraphitesZu Gunsten des Ceyloner Graphites ist noch zu beachten dessen
charakteristische, fast „nur blätterige“ Beschaffenheit
und dessen unendliche Zertheilung in stets neue Blättchen beim Zerkleinern,
sowie die entschieden größere Unverbrennlichkeit dieser Graphitvarietät. gegenüber dem Passauer in einem bestimmten Zahlenverhältniß ausgedrückt.
Wir wollen nun auf Grund der in Rede stehenden Graphite, deren Aschen allerdings eine
eclatante pyrometrische Verschiedenheit zeigen, das
erlangte Resultat kurz zusammenfassen.
Hinsichtlich der Verwendbarkeit des besprochenen Ceyloner und Passauer Graphites als
feuerfesten Zusatz z.B. zu einer Tiegelmasse, ist nicht der
Kohlenstoffgehalt entscheidend, sondern (in Bestätigung der Behauptung Stolba's) die Beschaffenheit der
Beimengungen, welcher allgemeine Ausdruck jedoch dahin zu definiren ist,
daß es auf das Verhältniß dieser Bestandtheile unter
einander ankommt.
Betrachten wir behufs weiter gehenden und vollständigeren Ueberblickes zwei Graphite,
welche analytisch sich bedeutend näher stehen und für die Praxis im Großen deßhalb
viel gewichtiger sind, weil sie bei ihrer sonstigen
großen Aehnlichkeit doch bei der technischen
Verwendung eine wesentliche Verschiedenheit zeigen. Der
Gehalt an Kohlenstoff hat gleichfalls zugenommen wie umgekehrt der Aschengehalt
abgenommen mit dem pyrometrisch entschieden geringeren Verhalten sowohl nach der
Erfahrung in der großen Praxis wie nach den Versuchen im Laboratorium.
Behufs der Analyse wurden die Graphite I und IIDiese Graphite sind böhmische und wurden mir von einem westphälischen
Gußstahlwerk zugeschickt, ohne daß ich die Fundorte in Erfahrung bringen
konnte. bei 110° C. getrocknet.
Der Kohlenstoff- resp. Aschengehalt ward bestimmt durch Verbrennen des
Graphites im Platintiegel, der in eine lebhaft glühende Muffel zu stehen kam. Der
Graphit II verbrannte leicht, während I mehrmals aufgerieben werden mußte, bis sich
constante Aschengewichte ergaben. Den Wassergehalt wie die flüchtigen Bestandtheile
bestimmte ich durch starkes Glühen in einem bedeckten Porzellantiegel, welcher in
einem kohlehaltigen gleichfalls bedeckten und gut verschmierten Tiegel
eingeschlossen war. Für die Analyse der erhaltenen Asche wurde der bei meinen
Thonanalysen angegebene Gang befolgt.
I
II
Kohlenstoff
61,01
69,04
ThonerdeKieselsäureMagnesiaKalkEisenoxydKali
(vorherrschend)
7,8017,341,032,565,540,87
35,14
6,8614,180,530,804,000,91
27,28
Wasser und flüchtige Bestandtheile
3,24
2,89
Schwefel
0,51
0,62
–––––
–––––
99,90
99,83
Berechnung der chemischen Zusammensetzung
exclus. der verbrennlichen und flüchtigen
Bestandtheile.
I
II
Thonerde
7,80
3,635 O³
6,86
3,197 O³
Kieselsäure
17,34
9,248 „
14,18
7,563 „
MagnesiaKalkEisenoxydKali
1,032,565,540,87
. . 0,412 . . 0,731 . . 1,108Als Oxydul berechnet. .
. 0,148
2,399 O =
7,197 „
0,53 0,80 4,00 0,91
. . 0,212. . 0,229. . 0,800Als Oxydul berechnet.. . 0,155
1,3960 O =
4,188 „
Gibt: 0,51 (Al²O³, 2,54
SiO³) + RO
0,76 (Al²O³, 2,376 SiO³)
+ RO
Feuerfestigkeitsquotient = – 0,20Zur Bezeichnung der überwiegenden Flußmittel (umgekehrtes Verhältniß zwischen Thonerde
und Flußmittel wie bei den feuerfesten Thonen) ist ein Minuszeichen
vorangesetzt.
= – 0,32Zur Bezeichnung der überwiegenden Flußmittel (umgekehrtes Verhältniß zwischen Thonerde
und Flußmittel wie bei den feuerfesten Thonen) ist ein Minuszeichen
vorangesetzt.
Vergleicht man die letzteren Formeln mit denen für den Ceyloner und Passauer Graphit,
so fällt eine bedeutende Veränderung in den damit
ausgedrückten Beziehungen auf. Das Verhältniß zwischen Flußmittel und Thonerde
ergibt sich als ein wesentlich verschiedenes von dem,
welches wir bei den Thonen finden. Während bei den feuerfesten Thonen die Flußmittel
stets einen Bruchtheil von der vorhandenen Menge der
Thonerde bilden, tritt hier das Umgekehrte ein. Die Flußmittel überwiegen die Thonerde.
Ferner erscheint beachtungswerth (wie das schon bei dem Passauer Graphit auffällt),
daß die Kieselsäure, gegenüber der Thonerde, bezogen auf 1 Theil Flußmittel,
gleichfalls beträchtlich überwiegend ist. Mit diesem umgekehrten Verhältnisse bei reichlicher Kieselsäuremenge kehrt sich denn
auch das pyrometrische Resultat um: der größere
Thonerdegehalt bezeichnet die weniger schwerschmelzbare
Graphitasche; oder mit dem größeren
Feuerfestigkeitsquotient nimmt die Feuerbeständigkeit nicht
zu, sondern ab.
Dieses bemerkenswerthe Ergebniß entspricht meinen früheren Versuchen,„Verfahren zur pyrometrischen Werthbestimmung kieselreicher
Materialien,“ im polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVI S. 525,
und „theoretische Werthbestimmung der feuerfesten
Thone“ im Jahrg. 1871, Bd. CC S. 289. wornach die Thonerde in den dort bestimmt bezeichneten Fällen als
Beförderungsmittel der Wirksamkeit der Flußmittel auftritt. Wenn über das im
vorliegenden Falle umgekehrte Verhältniß noch ein Zweifel
obwalten könnte, so würde die unten folgende directe pyrometrische Aschenbestimmung
zur unläugbaren Entscheidung führen.
Pyrometrische Bestimmungen.
Graphite für sich.
Beide Graphite I wie II sind erdig und bilden größere oder kleinere wie festere
geballte und losere bereits zu Staub zerfallene Stücke. Die Stücke zeigen stärkeren
oder schwächeren Metallglanz. Graphit I ist von dunklerer, kohlschwarzer Färbung;
dagegen ist Graphit II mehr bleigrau gefärbt. Beide zerreiben sich mild und ohne
Knirschen. Nur feinste glänzende Blättchen (keine
größeren) machen sich bei beiden bemerklich.
Als die fein zerriebenen Graphite in heller Rothglühhitze und unter schließlichem
Zuleiten von Sauerstoff verbrannt wurden, zeigte sich Nr. I entschieden schwerer verbrennbar. Es hinterblieb eine gelblich
gefärbte Asche, welche beim Reiben knirschte. Die Asche von Nr. II ergab deutlich
glänzende Glimmerblättchen.
Wie oben die beiden Graphite im verschlossenen Tiegel geglüht, vertrugen sie
Platin-Schmelzhitze und selbst wiederholt, ohne eine wesentliche Veränderung
geschweige eine Schmelzung zu bekunden.
Graphite, versetzt mit Thon.
Je 25 und 12 1/2 Gewichtstheile des Graphites I wie II mit 100 Th. Mühlheimer Thon
versetzt, die Gemengtheile innigst zerrieben, Proben daraus geformt und
Platin-Schmelzhitze ausgesetzt, ist:
Graphit I12 1/2
Proc.
Graphit II12 1/2
Proc.
– außen umrindet und von
Bläschendurchdrungen.
– außen weniger umrindet und
wenigervon Bläschen durchdrungen, dunkler vonFärbung.
Bruch dicht, kohlig, kaum glänzend.
Bruch mehr porig, kohlig, kaum
glänzend.
Graphit I25
Proc.
Graphit II25
Proc.
– außen stärker umrindet und
vonBläschen durchdrungen.
– außen stärker (wie I) umrindet
undvon Bläschen durchdrungen.
Bruch glänzender (wie II). kohlig,
dunklerund loser (wie II), nicht glänzend.
Bruch kohlig, dunkler, porig,
nichtglänzend.
Es lassen sich nur unbedeutende pyrometrische Differenzen zwischen I und II
beobachten. Beurtheilt man die Proben nach ihrem Aeußeren: so verhält sich II
günstiger wie I; beurtheilt man sie nach dem Bruche: so stellen sich im Ganzen die
Proben von I günstiger wie die von II, – welche Beurtheilung daher hier für
die Praxis im Großen entscheidend ist. – Die Kohle gibt also bei diesen sonst
mehr gleichen Verhältnissen den Ausschlag und zwar in qualitativer Hinsicht,Dabei ist an die gefundene größere Unverbrennlichkeit des Graphites I zu
erinnern. da im Gegentheil bei II die Menge der Kohle zugenommen hat.
Vergleicht man die beiden Graphite hinsichtlich des vermehrten oder verminderten
Zusatzes, so nimmt sowohl bei I wie bei II mit dem vermehrten Zusatze das äußere
Abfließen zu, was auch mittelst der Berechnung des Feuerfestigkeitsquotienten zu
erweisen ist. Wir erhalten nämlich:
Graphit I12 1/2
Proc.
Graphit II12 1/2
Proc.
Feuerfestigkeitsquotient
= 3,01
3,34
Graphit I25
Proc.
Graphit II25
Proc.
Feuerfestigkeitsquotient
= 2,44
2,92
Im Ganzen finden wir analog den obigen dieselben
charakteristischen Resultate wieder: die größere äußere Verschlackung und die innere erhöhte
Feuerbeständigkeit (mehr kohliges Ansehen und geringere Verdichtung) mit den
vermehrten Graphitmengen.
Graphite, versetzt mit
Kieselsäure.
Wie oben 100 Theile reiner Kieselsäure mit je 20 und 40 Theilen des bei 100°
C. getrockneten Graphites innigst vermischt, daraus Cylinderproben geformt und
dieselben der Gußstahlschmelzhitze ausgesetzt, ist:
Graphit I20
Proc.
Graphit II20
Proc.
– ohne Glasirung mit noch
körnigemAnsehen.
– deßgl. wie bei I.
Bruch wenig fest, dunkler Kern kaumzu
bemerken.
– deßgl. wie bei I.
Graphit I40
Proc.
Graphit II40
Proc.
– nicht
glasirt, zeigt nur glänzendeStellen.
– stark
glasirt.
Bruch kohlig, schwarz, erdig.
Bruch kohlig, schwarz, mehr dicht.
Die höhere Stellung des Graphites I wie die tiefere des Graphites II ist evident.
Vergleichen wir die böhmischen Graphite I und II mit dem Ceyloner und Passauer
Graphit, so ist ersterer den böhmischen wesentlich voranzusetzen; der Passauer
dagegen steht tiefer als dieselben.
Graphit-Aschen.
Die durch Verbrennen in der Muffel erhaltenen Aschen wurden mit Wasser angemacht und
kleine Cylinder daraus geformt.
Nachdem die Proben zwei Stunden lang dunkler Rothglühhitze in einem gewöhnlichen
eisernen Stubenofen ausgesetzt worden, war keine der beiden Aschen geschmolzen und
sie erscheinen noch erdig-körnig.
Als durch vermehrten Zug der Hitzegrad höher gesteigert wurde, bis zur hellen
Rothglühhitze und so weit daß Gußeisen zu schmelzen begann, trat innerhalb 20 Min.
ein Schmelzen ein. Die Asche von I ließ noch die Cylinderform erkennen, die
Oberfläche der Probe ist glatt und glänzend. Dagegen ist die Asche von II im
Begriffe tropfenförmig zu zerfließen; die auch mehr glänzende Oberfläche derselben
zeigt warzige Auftreibungen.
In 25 Minuten sind bei derselben Erhitzung beide Aschen zu einer eisenfarbenen
Schlacke zusammengeschmolzen; doch ist die von I unverkennbar zähflüssiger wie die
von II, indem erstere eine geschlossene, letztere eine ausgeflossene Blase
bildet.
Schlußresultate.
1) Bei den Graphiten ist – hinsichtlich ihrer Verwendbarkeit als feuerfesten
Zusatz – die quantitative Ermittelung des
Kohlenstoffes einerseits oder der Beimengungen andererseits nicht maßgebend,
– unter der selbstverständlichen Voraussetzung daß keine außergewöhnlichen
Differenzen (welche allerdings sehr bedeutend seyn können) zwischen diesen
Bestandtheilen obwalten.
Weder die größere oder geringere Menge des Kohlenstoffes, noch die der Beimengungen,
selbst wenn erstere nach vorstehendem Beispiele 8 Proc. beträgt, ist
entscheidend.
2) Vielmehr kommt es auf die Qualität der accessorischen
Bestandtheile resp. auf das Verhältniß der Thonerde zu den
Flußmitteln an (welches, wenn ein umgekehrtes
wie bei den feuerfesten Thonen, um so beachtungswerther ist), nebst dem eventuell
ergänzenden, dem der Thonerde zur Kieselsäure.
3) Die Beschaffenheit der Kohle, deren größere oder geringere Unverbrennlichkeit,
spielt eine Rolle mit; doch erst in zweiter Linie. Bei
gleichen oder sehr ähnlichen
Gesammtverhältnissen ist der Qualität des Kohlenstoffes ein Ausschlag
beizumessen.
4) Die genaue chemische Analyse gibt in der Regel einen
ganz bestimmten Anhalt wie sichere Führung. Wenn die Analyse gleichkommende, sich compensirende
Werthe nachweist, so ist als praktisches Kriterium der pyrometrische Versuch zu
Rathe zu ziehen.
5) Die Ausführung beider Untersuchungen, der analytischen
wie pyrometrischen, wenn auch nicht immer beide unbedingt erforderlich sind,
empfiehlt sich wegen der schließlichen stetigen Controlle. Eine Uebereinstimmung
zwischen dem analytischen und pyrometrischen Resultat bildet die Probe der
Richtigkeit, wie ein Nichtübereinstimmen unzweideutig auf
Beobachtungsfehler schließen läßt.
Wiesbaden, Ende März 1873.