Titel: | Ueber die reducirenden Eigenschaften des Wasserstoffgases und der Phosphordämpfe, und über deren Anwendung zum Reproduciren von Zeichnungen; von B. Renault. |
Fundstelle: | Band 204, Jahrgang 1872, Nr. LVII., S. 228 |
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LVII.
Ueber die reducirenden Eigenschaften des
Wasserstoffgases und der Phosphordämpfe, und über deren Anwendung zum Reproduciren von
Zeichnungen; von B.
Renault.
Aus den Comptes rendus, t. LXXIV p. 984; April
1872.
Renault, über einen neuen photographischen Druckproceß.
Wenn man einen kalten Wasserstoffstrahl auf ein Blatt Berzelius'schen Filtrirpapieres richtet, welches mit einem Silberoxydsalz
wie phosphorsaurem, salpetersaurem, arsenigsaurem, schwefelsaurem, schwefligsaurem,
kohlensaurem, essigsaurem, oxalsaurem etc.Dieß sind die Salze womit ich experimentirt habe; wahrscheinlich gehören in
diese Reihe die meisten, wenn nicht alle Salze der Oxyde. getränkt ist, so wird das Silber auf den metallischen Zustand reducirt und das
Papier schwärzt sich augenblicklich.
Eine unsichtbare oder schwach gefärbte Schrift, welche mit einem der erwähnten
Silberoxydsalze auf das Papierblatt gezeichnet wird, erscheint plötzlich unter der
Einwirkung dieses Gases.
Das Chlor-, Brom-, Jod-, Cyan- und Schwefelcyansilber
reducirt der Wasserstoff unter diesen Umständen nicht, vorausgesetzt daß diese
Haloidsalze frei von Oxydsalzen sind. So wird das mit dem käuflichen Jodkalium
bereitete Jodsilber durch den Wasserstoff geschwärzt, welcher hingegen das durch
Einwirkung von Jodwasserstoffsäure auf metallisches Silber erzeugte Jodsilber nicht
verändert.
Wenn man daher mittelst einer Tinte welche ein Alkalichlorid oder Bromid (es ist
vorzuziehen, ein Ammoniaksalz anzuwenden) enthält, ein Dessin auf ein mit
salpetersaurem Silber getränktes und schwach paraffinirtesDas Paraffin bezweckt, zu verhindern daß die Schriftzüge zu weit auseinander
liegen, es leimt gewissermaßen das Papier, welches man mit einer Lösung,
bestehend ausPetroleumessenz100 GrammeParaffin 2 „tränkt und trocknen läßt. Papier zeichnet oder druckt, und dieses Papier der reducirenden Wirkung des
Wasserstoffes unterwirft: so wird es sich in seiner ganzen Ausdehnung schwärzen,
ausgenommen an den Punkten wo die Tinte ein unreducirbares Salz gebildet hat; das
weißgebliebene Dessin wird sich dann auf einem schwarz gewordenen Grunde
hervorheben.
Das ursprünglich sehr poröse Berzelius'sche Papier ist
durch sein Eintauchen in das Silberoxydsalz viel weniger für die Gase durchdringlich
geworden, besonders wenn man dem Silbersalz das derselben Säure entsprechende
Quecksilbersalz zugesetzt hat.
So macht das mit salpetersaurem Quecksilberoxyd versetzte salpetersaure Silberoxyd
(wie das mit arsenigsaurem Quecksilberoxyd versetzte arsenigsaure Silberoxyd), das
Papier für den Wasserstoff undurchdringlich;Die Undurchdringlichkeit rührt sowohl daher, daß die Poren des Papieres zum
Theil verstopft sind, als auch daher, daß das Wasserstoffgas durch die
oberflächliche Reduction des Silbersalzes aufgehalten wird. Die Silberlösung
muß den Gehalt von wenigstens 1/10 haben und die Quecksilberlösung ihr
beiläufig äquivalent seyn. dasselbe wird gleichzeitig am Licht unveränderlich, wenn das Mittel worin es
sich befindet, kein Chlorid suspendirt oder dampfförmig enthält.
Die Striche der Zeichnung hingegen, welche aus einem unter den Bedingungen des
Versuches unreducirbaren Silbersalz (dem Chlorsilber, Bromsilber etc.) gebildet
sind, lassen die Gase mit Leichtigkeit passiren. Diese Eigenschaft gestattet eine
gewisse Anzahl von Abdrücken derselben Zeichnung zu erhalten.
Wenn man daher ein sensibilisirtes Papierblatt unter das ursprüngliche Dessin legt,
dessen Striche die Dicke des Papieres durchdrungen haben und recht trocken seyn
müssen, so wird man dessen genaue Reproduction erhalten, indem man senkrecht auf
seine Oberfläche einen Wasserstoffstrahl richtet; da dieses Gas nur durch die
Striche passirt, so reducirt es die correspondirenden Punkte des zweiten Blattes,
und man hat einen directen Abdruck der ursprünglichen Zeichnung in Schwarz, welchen
man dann fixiren und tonen kann, indem man die gewöhnlichen Verfahrungsarten
nöthigenfalls modificirt, nämlich dem zum Sensibilisiren des Papierblattes benutzten
Silbersalz anpaßt.
Anstatt des Wasserstoffgases kann man vortheilhaft Stickgas oder Kohlensäuregas
anwenden, welche vorher durch eine Röhre geleitet wurden, worin sich Phosphorstücke
befanden; diese Gase schwärzen alsdann nicht nur die Silberoxydsalze, sondern auch
die Salze des Quecksilber- und Kupferoxydes; ich erhielt durch dieses
Verfahren Abdrücke z.B. auf mit kohlensaurem Kupferoxyd imprägnirtem Papier.
Die Phosphormenge welche das Gas mitreißt, ist sehr gering; ich fand bei einer ersten
Versuchsreihe, indem ich den Phosphor mittelst eines sehr empfindlichen Verfahrens
bestimmte, daß bei den Temperaturen 4°, 15° und 17° C., 10
Liter Kohlensäuregas annähernd 0,8; 1,1 und 1,2 Milligrm. Phosphor enthielten.
Das Wasserstoffgas nimmt ebenfalls Phosphordämpfe auf, aber in etwas größerer Menge
bei denselben Temperaturen; überdieß werden die Phosphorstücke, welche im
Kohlensäuregas dunkel bleiben, im Wasserstoffgas (selbst dem mit der größten
Sorgfalt gereinigten) leuchtend; das Wasserstoffgas welches Phosphor aufgenommen
hat, wirkt energischer als die anderen Gase auf die Silbersalze.
Wenn das Gas (sey es Stickstoff, Kohlensäure oder Wasserstoff), nachdem es die Röhre
mit den Phosphorstücken durchstrichen hat, sich in die Luft verbreitet, so ist es in
der Dunkelheit leuchtend. Die mitgerissenen Phosphordämpfe sind die Ursache dieser
Erscheinung; die Phosphorescenz zeigt sich in geringer Entfernung von der
Ausflußöffnung des Gases, sie ist mit dem Wasserstoff glänzender, aber begrenzter
als mit den anderen Gasen.