Titel: | Danks' Puddelofen als Ergänzung des Bessemer-Processes; von P. Tunner. |
Fundstelle: | Band 204, Jahrgang 1872, Nr. LXXVIII., S. 283 |
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LXXVIII.
Danks' Puddelofen als
Ergänzung des Bessemer-Processes; von P. Tunner.
Aus der österreichischen Zeitschrift für Berg- und
Hüttenwesen, 1872, Nr. 18.
Tunner, über Danks' Puddelofen als Ergänzung des
Bessemerprocesses.
Wiederholt ist die Ansicht ausgesprochen worden, daß es gegenüber den allseitigen
Fortschritten auf dem industriellen Gebiete, wodurch das laufende Jahrhundert sich
auszeichnet, sehr befremdend sey, daß eine rein mechanische und in so hohem Grade
anstrengende Arbeit, wie es das Puddeln ist, noch immer und fast ausschließlich
durch Menschenhände verrichtet werde. Die Speculation und der Drang nach Erwerb
haben es sogar dahin gebracht, daß den Puddlern die Arbeit in neuester Zeit, gegen
früher, noch bedeutend erschwert worden ist, indem beispielsweise in Steiermark bei
einem einfachen Puddelofen das Gewicht der Roheisen-Charge von anfänglichen
300 Pfund bis zu 600 Pfund gesteigert, in nahe demselben Verhältnisse das Gewicht
der Arbeits-Krücken und Stangen erhöht, und überdieß die Chargenzahl in der
zwölfstündigen Arbeitsdauer von 8–9 auf 10–13 vermehrt worden ist.
Große Befriedigung gewährt die Thatsache, daß das Bessemern in allen
eisenproducirenden Ländern mit jedem Jahre mehr Boden gewinnt, bei welchem Proceß
der wissenschaftliche Einfluß, die umsichtige Leitung allein maaßgebend für den
Erfolg ist, während die mechanische Arbeit einer Dampfmaschine von ein paar hundert
Pferdekräften übertragen ist. Aber leider sind nach dem bisherigen Stande für das
Bessemern nur gewisse, hauptsächlich von der Beschaffenheit der Erze abhängige
Roheisensorten tauglich,
daher die größere Menge von dem jährlich zu verfrischenden Roheisen noch dem Puddeln
überlassen bleiben muß. Bekanntlich ist ein Roheisen mit einem Phosphorgehalte von
einigen Zehnteln eines Procentes zum Bessemern nicht mehr gut zu verwenden. Welcher
große Werth auf ein zum Bessemern taugliches Roheisen gelegt wird, erhellt am besten
aus dem Umstande, daß die Preise des nach den Erzen sogenannten
Hämatit-Roheisens in England, welches nur einige Hunderttheile eines
Procentes von Phosphor enthält, in den letzten zwei Jahren nahezu auf das Doppelte
gestiegen sind.
Es hat seit zwei Jahren nicht an Versuchen gefehlt, die mechanische Arbeit des
Puddlers aus den Händen der Arbeiter so viel als möglich auf Maschinenkräfte zu
übertragen. Dabei sind zwei wesentlich verschiedene Wege eingeschlagen worden. Bei
dem vorerst erwählten und am öftersten betretenen Wege wurde die Gestalt des
Puddelofens nahezu un geändert belassen und nur die Hauptbewegung der Rührkrücken
durch mechanische Vorrichtungen bewerkstelligt. Theilweise wurden hierbei die
Krücken hohl gemacht und durch dieselben zugleich entweder entsprechend gepreßte
Luft, oder Dampf in und durch das Eisenbad geleitet. Die Bewegung der Krücken
erfolgte hierbei entweder, ähnlich wie durch die Hände des Puddlers, in vorwiegend
horizontaler Richtung, oder aber vornehmlich durch eine rasche Rotation. –
Eine wesentliche Ersparung an Menschenkraft war und ist auf diesem Wege nicht zu
erreichen, weil alle diese Rührvorrichtungen nur in so lange anwendbar sind, als das
Eisen noch ziemlich dünnflüssig ist, in welchem Zustande auch für den Puddler die
Arbeit nicht am schwersten fällt. Deßwegen ist diese Methode nur in jenen
Localitäten längere Zeit beibehalten worden, wo ein sehr schwer frischendes Roheisen
verpuddelt wird, bei dem die Rührperiode von längerer Dauer ist; aber, wie bemerkt,
eine wesentliche Ersparung an Menschenkraft ist damit auch bei diesen
Localverhältnissen nicht zu erreichen.
Auf dem zweiten, etwas später, aber gleichfalls schon vor mehreren Jahren betretenen
Wege wurde die Gestalt des Puddelofens wesentlich verändert, indem anstatt der
Bewegung mit den Rührkrücken der Puddelherd selbst beweglich hergestellt und dessen
Bewegung durch Maschinenkraft vermittelt worden ist. Es leuchtet sogar ein, daß auf
diesem Wege mehr und Vollständigeres erreicht werden kann, indem die ganze
Puddelarbeit, d. i. einschließlich des Umsetzens und Luppenmachens, durch die
Maschinenkraft, u. z. in einer sehr vollkommenen Weise ausgeführt wird. – Der
Erste, welcher diesen Weg betreten hat, ist meines Wissens Hr. A. Oestlund in Schweden, dessen Apparat der Hauptsache nach
aus einem großen, innen
mit Eisenschlacke bekleideten Topf (Grapen) besteht, welchem eine beliebig geneigte
Stellung und zugleich eine nach Bedarf zu regulirende Rotation um seine Achse
ertheilt werden kann. Die Erhitzung dieses Ofens erfolgte durch eine Gasflamme)
welche aus einer beweglichen, brennbares Gas und Verbrennungsluft führenden Leitung,
von der Mündung des Topfes aus, in diesen gelangte und seitlich wieder aus demselben
entweichen konnte. Eine nähere Beschreibung davon ist in Jern
Kontorets Annaler von 1859, erstes Heft, sowie in dem
berg- und hüttenmännischen Jahrbuch der k. k. Bergakademien Przibram und
Leoben und der kgl. ung. Bergakademie zu Schemnitz von 1860, Seite 162–172,
enthalten. Die ersten Berichte über die bei der Arbeit dieses Puddelapparates
erzielten Resultate lauteten der Art, daß sie zu den besten Hoffnungen berechtigten.
Es scheint daher, daß die Versuche mit demselben nicht mit der nöthigen
Beharrlichkeit fortgesetzt worden sind.
Beinahe gleichzeitig mit dem Oestlund'schen Apparat ward
eine von Herrn Anthony Bessemer in London erfundene und
demselben patentirte Vorrichtung (mit einem beweglichen cylindrischen bis
eiförmigen, zwischen dem Feuerroste und der fixen Esse gelegenen Puddelherde) durch
das polytechn. Journal Bd. CLIII S. 138 und
andere technische Zeitschriften bekannt; auch in dem erwähnten berg- und
hüttenmännischen Jahrbuche von 1860, Seite 173–175, ist eine Notiz darüber
nach der Patentbeschreibung in dem Mining Journal No.
1238 vom Jahre 1859 enthalten.
Aus der unklaren und in mancher Beziehung zweifelhaften Beschreibung dieses Patentes
darf gefolgert werden, daß dazumal dieser Apparat in der Praxis noch nicht versucht
war; aber jedenfalls ist derselbe als die Grundlage anzusehen, aus der sich Danks' Puddelofen herausgebildet hat. Schon im Jahre 1862
und später wieder im Jahre 1871 fand ich auf dem bekannten Eisenwerke zu Dowlais in
Südwales eine ähnliche Vorrichtung, jedoch außer Verwendung stehen. Die Versuche mit
diesem Apparate wurden von dem als Eisenhüttenmann rühmlichst bekannten Director von
Dowlais, Hrn. Menelaus, durchgeführt, und nach dessen
Erklärung nur deßhalb eingestellt, weil es nicht gelingen wollte, eine haltbare
innere Bekleidung des Eisenmantels herzustellen, indem jedes dazu verwendete
Material von der Puddelschlacke rasch zerstört wurde.
Durch eine hauptsächlich aus reichem und reinem Eisenerze bestehende Bekleidung des
rotirenden Herdes ist es dem Amerikaner Samuel Danks im
letztverflossenen Jahre gelungen, derselben einerseits eine etwas längere Dauer, und
andererseits eine solche Einwirkung auf das zu verpuddelnde Roheisen zu ertheilen,
daß durch ein vermehrtes Ausbringen an gepuddeltem Eisen die im Vergleich mit einem
gewöhnlichen Puddelofen noch immer häufigen Reparaturen der Bekleidung und dadurch
verursachten Mehrkosten reichlich aufgewogen werden. Zugleich hat Hr. Danks durch einen leicht beweglichen, rechtwinkelig
abgebogenen Fuchscanal, welcher die Verbindung zwischen dem rotirenden Herde und der
Esse herstellt, die Nachsicht, Zukömmlichkeit und die wenigen noch für den Arbeiter
übrig bleibenden Verrichtungen, namentlich das Chargiren und Entleeren des Herdes,
wesentlich erleichtert.
Der Bericht, welchen die vom Iron and Steel Institute of Great
Britain nach Amerika abgeordnete Commission von Fachmännern über Danks' Puddelofen erstattete,Mitgetheilt im polytechn. Journal Bd. CCIII
S. 279 (zweites Februarheft 1872). lautete empfehlend, und sind solche Maschinenpuddelöfen auch in England
bereits mit gutem Erfolg im Betriebe.
Ein besonderes Interesse bieten die Verhandlungen, welche in den Versammlungen des
Iron and Steel Institute vom 19. bis 21. März d. J.
zu London über diesen Gegenstand stattgefunden haben. Es ist aus diesen
Verhandlungen laut der darüber in der Iron and Coal Trades
Review vom 27. März enthaltenen Mittheilung zu entnehmen, daß das Danks'sche Maschinenpuddeln namentlich für die
Abscheidung des Siliciums und besonders des Phosphors entschieden besser, vollständiger wirkt, als
dieß in einem gewöhnlichen Puddelofen der Fall ist.Man sehe den Bericht von G. Snelus über die
chemischen Vorgänge beim Puddeln im Danks'schen
Ofen, mitgetheilt in diesem Bande des polytechn. Journals S. 216
(erstes Maiheft 1872). A. d. Red. Hr. Danks führt an, daß er in Chattanooga
(Amerika) Roheisen zu verpuddeln hatte, welches viel Silicium und bei zwei Procent
Phosphor enthielt, im gewöhnlichen Puddelofen die Schlackensohle sehr stark
angegriffen, dabei aber immer noch ein sehr kaltbrüchiges Puddeleisen geliefert hat;
während dasselbe Roheisen in seinem Maschinen-Puddelofen ein vermehrtes
Ausbringen und eine vorzügliche Qualität von gepuddeltem Eisen gab. Diese beiden
sonst so gefürchteten Verunreinigungen des zu verpuddelnden Roheisens erscheinen
daher in Danks' patentirtem Ofen nicht nur unschädlich,
sondern sogar als nützlich, obgleich Hr. Danks gesteht,
daß er den chemischen Grund für diese Thatsache anzugeben nicht im Stande sey.
Außer Danks' Puddelofen ist in dieser Versammlung noch der
rotirende Puddelherd von Hrn. Adam Spencer zur Sprache
gekommen, welcher auf dem Puddel- und Walzwerke von West Hartlepool (England)
errichtet worden
ist.Man s. die Mittheilung über Spencer's mechanischen
Puddelofen in diesem Bande des polytechn.
Journals S. 257 (erstes Maiheft 1872). Auch von diesem wurde mehrseitig constatirt, daß aus einem bei zwei Procent
Phosphor enthaltenden Roheisen ein sehr gutes Stabeisen dargestellt wird, indem die
Abscheidung des Phosphors hierbei gleichfalls sehr vollkommen erfolgt. –
Besonderen Werth lege ich hierbei auf das günstige Urtheil, welches Hr. Menelaus in der Versammlung über diese beiden
mechanischen Puddelöfen öffentlich ausgesprochen hat, indem sich dieser
Eisenhüttenmann, wie bereits bemerkt, schon vor Jahren praktisch mit diesem
Gegenstande befaßt hat.
Wenn nach Allem dem durch den rotirenden Puddelherd nicht nur ein rascheres,
vollkommeneres und billigeres Puddeln als in den Handpuddelöfen erfolgt, sondern
hierbei insbesondere die Abscheidung des Phosphors viel
vollständiger geschieht, der sich als der Hauptfeind des Bessemerns erweist, so muß
die Aufschrift des vorliegenden Artikels als gerechtfertigt anerkannt werden.
Während der Bessemer-Converter bei den phosphorreineren Roheisensorten die
wirklich unmenschliche Anstrengung des Handpuddelns völlig entbehrlich macht,
scheint in dem mechanischen Puddelofen wenigstens annähernd derselbe Dienst für die
phosphorhaltigen Roheisensorten geboten zu seyn.
Schließlich erlaube ich mir, gleichsam zur Bekräftigung der angeführten Thatsache,
daß in dem Danks'schen Puddelofen die Abscheidung des
Phosphors besser als bei dem gewöhnlichen Puddelofen erfolgt, den wissenschaftlichen
Grund anzuführen, welcher meines Erachtens in der Ausfütterung des Ofens mit
reichen, reinen Eisenerzen zu suchen ist. – Bei jeder 600 Pfund Roheisen
betragenden Charge werden 650 bis 670 Pfund gepuddeltes Eisen ausgebracht. Es mußten
also aus den Erzen des Ofenfutters mindestens 80 bis 100 Pfund Eisen ausreducirt
worden seyn. Nach Hrn. Danks' Angabe soll von den
verwendeten reinen Erzen nahe an 50 Procent des darin enthaltenen Eisens gewonnen
werden. Es folgt daraus also, daß bei jeder solchen Charge ungefähr 100 Pfund Eisen
aus den Erzen in die Schlacke geführt werden, und es muß diese Eisenmenge, da die
Erze selbst nur wenige Procente Kieselerde enthalten dürfen, und aus dem Roheisen
gleichfalls nur wenige Procente Kieselsäure resultiren können, eine sehr basische,
eisenreiche Schlacke geben. Die Zusammensetzung dieser Schlacke wird allerdings
durch die vielen anderweitigen Zusätze an Zänge- und Puddelschlacke
wesentlich geändert; allein die Oberfläche des Futters im Ofen, mit welcher das
Eisen fortwährend in frische Berührung gebracht wird, bietet demselben beständig die vorwaltenden
Eisenoxydate dar. – Der abzuscheidende Phosphor kann nur als Phosphorsäure in
die Schlacke übergehen, indem er theilweise reducirend auf die Eisenoxydate wirkt,
um sich sofort als Säure mit einem anderen Theile des Eisenoxyduls zu verbinden.
Offenbar muß diese Reaction um so kräftiger auftreten, je mehr die Eisenoxydate mit
dem phosphorhaltigen Eisen in Berührung kommen, je mehr davon in der Schlacke
vorhanden sind, und je weniger von Phosphorsäure schon früher in der Schlacke
enthalten war. Daß der Uebertritt des Phosphorgehaltes in die Schlacke nur bei
Anwesenheit einer sehr eisenreichen Schlacke erfolgt, haben nicht allein die neueren
Untersuchungen der Producte des gewöhnlichen Puddelprocesses gezeigt, sondern ist
aus den Resultaten des Betriebes der Stücköfen und der Rennfeuer, gegenüber dem
Resultate des Hohofenbetriebes, schon seit längerer Zeit bekannt.
Es würde schwer halten, und jedenfalls sehr kostspielig seyn, in einer anderen Art
und in gleich wirksamer Weise dem abzuscheidenden Phosphor und Silicium so vieles
und so reines Eisenoxydat darzubieten, als es in der Ausfütterung des Danks'schen Puddelofens der Fall ist. Aus diesem Grunde
erscheint der Danks'sche Puddelofen zur Abscheidung des
Phosphors und Siliciums vorzugsweise geeignet, und erweisen sich diese beiden
Verunreinigungen hierbei sogar als nützlich, indem sie zur Vermehrung des
Ausbringens an Puddeleisen beitragen.