Titel: | Ueber die Dichtigkeiten der Salzsäure; von J. Kolb. |
Fundstelle: | Band 204, Jahrgang 1872, Nr. LXXXIII., S. 323 |
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LXXXIII.
Ueber die Dichtigkeiten der Salzsäure; von
J. Kolb.
Aus den Comptes rendus, t. LXXIV p. 737; März
1872.
Kolb, über die Dichtigkeiten der Salzsäure.
Die meisten unserer Aräometerfabrikanten sind jetzt im Stande, ihren Instrumenten
eine solche Genauigkeit zu geben, daß es auch dem wenigst Geübten leicht wird, die
Dichtigkeit einer Flüssigkeit bis auf einen Baumé'schen Fünftelgrad zu bestimmen.
Eine solche Genauigkeit bleibt jedoch ohne Werth, wenn man nicht gleichzeitig mit einem
empfindlichen Aräometer genaue Angaben über das Verhältniß zwischen der
Zusammensetzung der zu prüfenden Flüssigkeit und ihrer Dichtigkeit bei einer
gegebenen Temperatur besitzt.
Dieß ist für Salzsäure gegenwärtig nicht der Fall. Allerdings sind zur Feststellung
jenes Verhältnisses zwei Tabellen aufgestellt worden, die eine von Davy, die andere von Dr. Ure; dieselben stimmen jedoch, obschon sie für dieselbe
Temperatur (15° C.) construirt sind, nicht überein.
So z.B. enthält eine Salzsäure von der Dichtigkeit 1,194 nach Ure 39,6 Procent Chlorwasserstoffgas, während Davy nur 38,8 Proc. angibt, was 2 Procent Differenz im Gehalt an
Chlorwasserstoffgas ausmacht.
Ferner beträgt nach Davy der Chlorwasserstoffgasgehalt
einer Säure von 1,114 Dichtigkeit 22,2 Procent, nach Ure
dagegen 23,2. Sonach zeigt sich auch hier eine Differenz von 4 Procent.
Diese Thatsachen veranlaßten mich, die früher für die Salpetersäure ausgeführten Dichtigkeitsbestimmungen (polytechn. Journal,
1866, Bd. CLXXXII S. 43) auf die Salzsäure auszudehnen.
Hierzu verwendete ich reine Salzsäure und bestimmte die Dichtigkeiten bei 0°
und bei 15° C. mittelst des Regnault'schen
Fläschchens, indem ich alle zur Erzielung ganz genauer Resultate erforderlichen
Vorsichtsmaßregeln beobachtete und sämmtliche Wägungen auf das Vacuum reducirte.
Nach der Dichtigkeitsbestimmung wurde die im Fläschchen gewogene Säure analysirt; das
in ihr gelöste Chlorwasserstoffgas wurde nämlich als Chlorsilber bestimmt.
Sättigt man Wasser, welches auf einer Temperatur von 0° erhalten wird, mit
Chlorwasserstoffes, so erhält man eine Flüssigkeit welche bis zu 45,3 Procent von
diesem Gase enthält; es ist jedoch sehr schwierig, die Dichtigkeit derselben mit
Genauigkeit zu bestimmen. Die Arbeiten von Roscoe und Dittmar lehren uns nämlich daß die Menge des gelösten
Gases nicht nur mit der Temperatur, sondern auch mit dem Drucke variirt, und ich
habe wiederholt die Beobachtung gemacht, daß eine solche Säure so unbeständig ist,
daß schon das Füllen oder das Entleeren des Fläschchens hinreicht, um das Aufsteigen
von Gasblasen zu veranlassen, welche so zahlreich sind daß der Versuch alle
Zuverlässigkeit verliert. Eine derartige Säure kommt jedoch in der Praxis niemals
vor, und ich habe mich daher darauf beschränkt, meine Versuchsreihe mit der bei
15° C. mit Chlorwasserstoffgas gesättigten Flüssigkeit zu beginnen, welche
weit beständiger ist, als die erwähnte.
Die Bestimmung der Dichtigkeiten einer und derselben Säureprobe bei 0° und bei
15° gestattet die Ausdehnungscoefficienten der mehr oder weniger verdünnten
Säuren zwischen diesen Temperaturen festzustellen.
Der Ausdehnungscoefficient der concentrirtesten (43,09 Procent Chlorwasserstoffgas
enthaltenden) Säure ist = 0,058, also neunmal größer als der des Wassers.
Der Coefficient der gewöhnlichen käuflichen Salzsäure (mit 36,63 Procent
Chlorwasserstoff) ist achtmal größer als der des Wassers. Hieraus ersieht man, daß
es sehr wichtig ist, bei der Ermittelung von Aräometergraden die Temperatur zu
berücksichtigen; so wird z.B. eine käufliche Säure, welche 22° Baumé
zeigt, 35,7 oder 34,1 Procent Chlorwasserstoff enthalten, je nachdem man bei
0° oder bei 15° operirt hat, was im Gehalt an aufgelöstem Gase eine
Differenz von 4,5 Procent ausmacht.
In der folgenden Tabelle sind die von mir erhaltenen Resultate zusammengestellt. Ich
habe nach dieser Tabelle die Curve für die Dichtigkeiten gezogen und dabei gefunden,
daß dieselbe bis zur Dichtigkeit von etwa 1,190 eine vollkommen gerade Linie ist (in
welcher die typischen Säuren des Handels inbegriffen sind); erst in der Nähe der
Dichtigkeit 1,190 beginnt eine Krümmung.
Hierauf habe ich mittelst Interpolation die zunächst folgende Tabelle entworfen,
welche den Bedürfnissen der Industrie entspricht. Im Handel nimmt man bald die Säure
von 20°, bald die von 21°, bald endlich die von 22°
Baumé als Typus an. Ich habe daher diese drei Säuren in letzterer Tabelle
aufgenommen, in welcher alle Elemente auf die Temperatur von 15° C. bezogen
sind.
Tabelle für den technischen
Gebrauch.
Textabbildung Bd. 204, S. 324
Arömetergrad; Spec. Gewicht; 100
Th. Säure enthalten Chlorwasserstoff bei 0°:; 100 Th. Säure enthalten bei
15° C. an:; Chlorwasserstoff; Säure von 20° Baumé; Säure
von 21° Baumé; Säure von 22° Baumé.
Textabbildung Bd. 204, S. 325
Arömetergrad; Spec. Gewicht; 100
Th. Säure enthalten Chlorwasserstoff bei 0°:; 100 Th. Säure enthalten bei
15° C. an:; Chlorwasserstoff; Säure von 20° Baumé; Säure
von 21° Baumé; Säure von 22° Baumé.
Versuchsresultate.
Textabbildung Bd. 204, S. 325
100 Th. Säure enthalten
Chlorwasserstoff:; Specifisches Gewicht; bei 0°; bei 15° C.