Titel: | Verfahren zur Decorationsmalerei auf Zinnfolie; von C. Daniel. |
Fundstelle: | Band 204, Jahrgang 1872, Nr. CIX., S. 392 |
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CIX.
Verfahren zur Decorationsmalerei auf Zinnfolie;
von C. Daniel.
Aus den Comptes rendus, t. LXXIV p. 1229; Mai
1872.
Daniel's Decorationsmalerei auf Zinnfolie.
Man nimmt ein möglichst dünnes, somit sehr biegsames Zinnblatt und breitet dasselbe
auf einer harten und glatten Unterlage, z.B. auf einem Spiegel oder einem dicken
Glase aus, indem man die Oberfläche dieser Unterlage anfeuchtet, damit sich das
Zinnblatt besser ausbreiten läßt und an der Platte haftet. Dieses Zinnblatt bildet
dann eine sehr glatte Fläche, auf welcher man die in einfarbigem Tone oder in
decorativer Manier gehaltene Oelmalerei herstellt, wie auf Wänden oder Holzgetäfel.
Man läßt trocknen und lackirt, worauf die Malerei, nachdem sie mit ihrem Zinnboden von der
Unterlage (Glasplatte etc.) abgenommen wurde, aus dem Atelier in das Gebäude worin
sie angebracht werden soll, transportirt werden kann.
Dieses neue Decorationsproduct läßt sich für den Transport wie Tapeten
zusammenrollen; es ist aber von diesen wesentlich verschieden, denn die Malerei auf
Zinnfolie ist Oelmalerei, mit allen Abstufungen in den Farbentönen und sämmtlichen
Attributen der Decorationsmalerei. Die als Boden dieser Malerei dienende Zinnfolie
bildet eine wasserdichte Fläche und schmiegt sich in Folge ihrer außerordentlich
großen Biegsamkeit allen Verzierungen und den verschiedensten Contouren vollständig
an.
Vor dem Aufziehen der Zinnmalerei bestreicht man die zu decorirende Fläche (Wand,
Getäfel etc.) mit einem wasserdichten Ueberzuge; dann schneidet der Tapezirer die
Zinnmalerei aus und zieht sie auf, so daß alle vertieften oder erhabenen Contouren
der Ornamente auf Holz, Gyps oder Stein damit bekleidet sind.
Auch die Vergoldung kann durch die Zinnmalerei ersetzt werden; man trägt im Atelier
das Gold mit der gewöhnlichen Grundirung auf das Zinnblatt auf, läßt trocknen und
schneidet die aus vergoldetem Zinn bestehenden Decorationen aus; dann bestreicht der
Tapezirer die zu decorirenden Rundstäbe, Ornamente etc. mit dem wasserdichten
Anstrich und zieht nun die Vergoldung auf.
Diese Zinnvergoldung hat vor der gewöhnlichen Vergoldung auf Metallen den großen
Vorzug, daß sie jeder Oxydation widersteht, während die letztere, namentlich auf
Zink, bekanntlich sehr bald „wurmstichig“ wird.
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In der (französischen) Akademie erregten die vorgelegten Proben dieser Zinnmalerei
großes Interesse. Dumas mißt der weiteren Entwickelung
dieses Industriezweiges um so größere Wichtigkeit bei, als derselbe, obgleich in
etwas abweichender Form, die Sanction einer sehr langen Praxis für sich hat. Die
Chinesen wenden nämlich die Malerei auf Zinnfolie bei ihren Möbeln und lackirten
Holzarbeiten an, und was man an diesen Gegenständen meistens für Vergoldung hält,
ist nichts Anderes als Zinnfolie, welche mit einem ihr die Farbe des Goldes
verleihenden gelben Firniß überzogen ist.