Titel: | Das Corallin und seine Verwendung zum Färben und Drucken. |
Fundstelle: | Band 204, Jahrgang 1872, Nr. CXI., S. 397 |
Download: | XML |
CXI.
Das Corallin und seine Verwendung zum Färben und
Drucken.
Aus der Musterzeitung, 1872, Nr. 15.
Ueber Verwendung des Corallins zum Färben und Drucken.
Die Anwendung des Corallins zum Rothdruck auf Baumwolle, Wolle und Tapeten hat sich
in der letzten Zeit sehr bedeutend erweitert. Die beiden großen Berliner
Kattundruckereien haben bereits Tausende von Stücken damit gedruckt und zwar
hauptsächlich Kattune in Dessins, welche dem Geschmack für Vorhänge, Draperien,
Portièren etc. entsprechen; – die Berliner Tapetenfabriken benutzen
sehr vielfach das Corallin zum Rothdruck und ebenso wird für Wolldruck das Corallin
vielfach gebraucht. Es findet also in der That eine ausgedehnte Verwendung des
Corallins statt und es liegt auf der Hand, daß sich dieselbe mit Hülfe der für
tauglich befundenen Beizen immer weiter entwickeln wird.
Der rothe Farbstoff wurde zuerst von Th. Würtz in Leipzig
1864 aus Phenylsäure dargestellt und im Handel Corallin
genannt. Würtz verwendete zu seiner Darstellung:
20 Pfund
Phenylsäure,
8–10 „
Oxalsäure,
6–12 „
Schwefelsäure.
Diese Säuren werden zusammen erhitzt, bis der rothe Farbstoff fertig gebildet ist,
was an der Farbe der Mischung und an ihrer dickflüssigen Beschaffenheit leicht erkannt wird. Nach Beendigung der Reaction wird die
überschüssige Säure durch Auswaschen mit kochendem Wasser entfernt. Die dickflüssige
Masse wird durch längeres Stehen oder durch Erhitzen in Trockenkästen fest und kann
in Pulverform gebracht werden. Man löst dieses Pulver durch Kochen mit
Ammoniaksalzen, vorsichtig 3–4 Stunden lang unter Erhöhung der Temperatur bis
150°C., und kann durch starke Säuren den Corallin-Niederschlag
bewirken.
Dieser Darstellung des Corallins gingen die Arbeiten von Schmidt und Kolbe über die Reaction der
Schwefelsäure auf Phenol voran.
Anfangs wurde dem Corallin selbst von Fachmännern große Aechtheit zugeschrieben. Man
rühmte dem Corallinroth auf Wolle nach, daß es walkächt sey und sich beim Walken
nicht trübe, wenn zum Walken Thon und Seife verwendet würden. Ebenso war man über
die Corallinfarben am Seide und über die Anwendbarkeit zum Druck entzückt.
Dieser Ueberstürzung und Voreiligkeit ist dann später eine ziemlich große
Ernüchterung gefolgt, die ihrerseits wieder das richtige Maaß überschritt und den
Farbstoff schlechter machte als er in der That war. Zuerst nahm die
Tapetenfabrication das Corallin wieder auf und schon 1868 erzeugte R. Knosp in Stuttgart ein Corallinpräparat für Tapetendruck
(2 Thlr. per Pfd.), welches schnell Verbreitung fand,
und heute sehen wir im Tapetendruck den Corallindruck sehr viel angewendet.
Allmählich hat dann auch die Färberei und der Kattundruck sich des Corallins wieder
bemächtigt. Während man für die Befestigung des Corallins ursprünglich eine Beizung
mit Gemisch von Zinnchlorid und Zinkvitriol anwandte, später aber zinnsaures Natron
benutzte, sodann dieses in Verbindung mit Zinkvitriol, ferner mit Wasserglas die
Befestigung versuchte, endlich mit Natronlauge, also immer mit dem Gesichtspunkt
verfuhr die Säuren dem Corallin fern zu halten, hat man allerdings noch bis heute
kein gutes Mittel gefunden, welches den Gebrauch des Corallins zum Färben endlich
gestattete bei Erzielung möglichst haltbarer Farben. Eine Vorschrift welche ziemlich
gute Resultate für die Färberei mit Corallin auf Wolle
und Seide gegeben hat, theilt Schröder mit. Man färbt
Wolle und Seide, indem man das Corallin in Alkohol auflöst, hierauf sofort etwas
Natron zusetzt und die alkalische Flüssigkeit in eine große Menge Wasser eingießt.
Durch einen schwachen Zusatz von Weinsteinsäure wird der
Farbstoff in Freiheit gesetzt, ohne indessen gefällt zu werden, und in einem solchen
Bade kann man selbst in der Kälte Wolle und Seide ausfärben.
Dagegen ist die Frage bezüglich Anwendung des Corallins zum Wolldruck als gelöst zu betrachten, ebenso für den Seidendruck. Bezüglich des ersteren verweisen wir auf die Vorschrift von
Dr. Kielmeyer, welche
einer großen Druckerei zur Unterlage dient (mitgetheilt im vorhergehenden Heft des
polytechn. Journals S. 338). Für Seidendruck erhalten wir aus dem Elsaß folgende
Vorschrift, welche zum Corallindruck auf Möbelstoffen aus Bourettegarn benutzt
wird:
Es werden 2 Kilogrm. Corallin in Natronlauge von 10° Baumé aufgelöst
und diese Lösung mit Wasser vermischt. Nun erhitzt man und fügt Zinnchloridlösung
von 40° Baumé zu, erhitzt wieder und filtrirt dann. Den erhaltenen
halbdicken Lack vermischt man zu 10 Liter mit 100 Grammen Magnesia und 260 Grm.
Oxalsäure, ferner mit 2000 Grm. Gummipulver, und verrührt diese Ingredienzien gut
mit einander, erhitzt nochmals und siebt durch. Nach dem Aufdruck dämpft man nach 10
Stunden etwa 30 bis 40 Minuten lang.
Wir kommen nun zur Benutzung des Corallins für Baumwolle.
Man weiß, daß es
möglich ist, auf Baumwolle welche mit Zinn und Sumach oder Tannin gebeizt ist, mit
Corallin eine Art Ponceau herzustellen, wie es zumal in
Belgien viel versucht worden.
Man löst hierzu das Corallin in Natronlauge von 12° Baumé oder in
kohlensaurer Natronlösung, und zwar mit 4 Litern Lauge per Kilogrm. Farbstoff. Unter Erhitzen geht die Lösung schnell vor sich.
Die Lösung wird verdünnt mit Wasser und neutralisirt mit
Schwefelsäure von 10° Baumé. Der Farbstoff wird frei und kann sich auf
der gebeizten Faser ablagern. Je größer die Masse des Farbstoffes genommen wird,
desto dunkler wird die Nüance des Roths.
Für den Aufdruck auf Kattun verfuhr man früher so, daß man
das Corallin nur mit Caseinlösung verdickte. Man löste 100 Grm. Corallin in 400 Grm.
Alkohol und vermischte mit circa 2250 Grm. Caseinlösung
(von 100 Grm. Caseïn auf 300 Grm. Wasser und 20 Grm. Salmiakgeist). Später
vermischte man diesen Ansatz innig mit Zinkoxyd. Nach einem anderen Verfahren
mischte man zunächst die alkoholische Lösung des Corallins innig mit Zinkoxyd und
verdickte hernach mit Albumin. Ebenso gut als Zinkoxyd wurde kohlensaurer Kalk
feingepulvert verwendet. Neuerdings setzt man der Auflösung des Corallins Magnesia
und Zinkoxyd zu und verdickt mit Albumin, oder mit Glycerin und Gummiwasser. Die
Benutzung der Natronlauge beim Druckansatz für Baumwolle allein findet nicht mehr
statt, weil diese Druckfarben wenig haltbare gewesen sind.