Titel: | Beschreibung des dephosphorirenden Puddel-Processes zur Darstellung guten Stabeisens aus phosphorhaltigem Roheisen; von Theodor Scheerer, Bergrath und Professor an der k. Bergakademie in Freiberg. |
Fundstelle: | Band 204, Jahrgang 1872, Nr. CXXXV., S. 482 |
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CXXXV.
Beschreibung des dephosphorirenden
Puddel-Processes zur Darstellung guten Stabeisens aus phosphorhaltigem Roheisen;
von Theodor Scheerer,
Bergrath und Professor an der k. Bergakademie in Freiberg.
Bayerisches Patent vom 24. December
1870.
Scheerer's dephosphorirender Puddelproceß.
Die hierzu dienenden chemischen Agentien sind hauptsächlich: Chlorcalcium und Chlornatrium (Kochsalz).
Dieselben werden – zu etwa gleichen Theilen – zusammengeschmolzen, und bilden solchergestalt den dephosphorirenden Zuschlag. Als solchen Chlorcalcium
für sich (ohne Zusatz von Chlornatrium) anzuwenden, würde nicht allein
weniger wirksam, sondern natürlich obenein auch theurer seyn; während Chlornatrium für sich (wegen seiner zu leichten
Flüchtigkeit im Puddelofen) ganz ohne dephosphorirende Wirkung ist, wie Versuche
ergeben haben.
Die Gegenwart anderer Chlormetalle in dem
dephosphorirenden Zuschlage – wie namentlich Chlormangan, Chloreisen,
Chlormagnesium wirkt schädlich, sobald dieselben in so beträchtlicher Menge
vorhanden sind, daß dadurch die Zersetzbarkeit und Flüchtigkeit des Zuschlages in
zweckwidriger Weise gesteigert werden. Nur durch ein größeres Uebermaaß von
Chlorcalcium werden ihnen diese schädlichen Eigenschaften benommen.
Es kommt darauf an, den dephosphorirenden Zuschlag in
möglichst vielfache Berührung und innige Mengung mit dem im Puddelofen
eingeschmolzenen Roheisen zu bringen. Dieß kann entweder durch allmähliche Einbringung und Einrührung des Zuschlages (in
wasserdichte Papierpatronen von etwa 2 Pfund Inhalt verpackt) oder dadurch
geschehen, daß man, nach dem Einsetzen der Charge, sogleich die ganze Menge des Zuschlages auf den Herd des Puddelofens
bringt, und das Eisen darin niedergehen läßt. In beiden Fällen ist dann ein
fleißiges und sorgfältiges Durchrühren der flüssigen Massen des Eisens und
Zuschlages eine Hauptbedingung zum Gelingen der Dephosphorirung. Der eigentliche Puddelproceß erleidet dabei keine Abänderung im
Verfahren, wird aber durch die kräftig dephosphorirende Wirkung des Zuschlages meist
erheblich abgekürzt.
Was die relative Menge des Zuschlages betrifft, so sind
ungefähr dreimal so viel Zuschlag erforderlich, als
– dem Gewichte nach – Phosphor im Roheisen
vorhanden ist. Für ein Roheisen von beispielsweise 2 1/2 Procent Phosphorgehalt
gebraucht man daher, bei einer Charge von 3 1/2 Centner:
2 1/2 × 3 1/2 × 3 = 26 1/4 Pfund Zuschlag.
Das Minimum des Zuschlages ließe sich wohl nur durch
besondere Versuche für jede Roheisensorte ermitteln. Inzwischen dürfte dieß kaum von
erheblicher Wichtigkeit seyn, wenigstens nicht in ökonomischer Beziehung. Denn die
Erfahrung hat – in Folge der kräftig dephosphorirenden Wirkung des Zuschlages
– eine solche Abkürzung des Puddelprocesses und damit zusammenhängende Verminderung des Eisenabganges herausgestellt, daß dadurch die Kosten des Zuschlages meist so gut wie
gedeckt werden. Man gewinnt also durch diesen Puddelproceß, ohne erhebliche
Mehrkosten, aus phosphorreichem Roheisen ein Stabeisen von vorzüglicher, fadig
sehniger Qualität. (Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt, 1872 S.
168.)